11.42

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Damit wir die Damen nicht vergessen: Liebe Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Herren Bundesmi­nister! Geschätzte ZuseherInnen, die Sie unserer Debatte folgen! Leider hat es die Bun­desregierung mit diesem Budgetbegleitgesetz 2021 wieder geschafft, in dieser Vorlage in einem Sammelgesetz ein Sammelsurium von Gesetzen zu verpacken. Es ist eine Vielzahl von betroffenen Ressorts mit eingebunden, sodass zum Beispiel im Finanzaus­schuss die Fachexperten, obwohl in sehr großer Anzahl anwesend, nicht in der Lage waren, die Hälfte der Anfragen der Abgeordneten zu beantworten. Dieses Budgetbegleit­gesetz umfasst, wie Kollegin Schumann bereits erwähnt hat, sage und schreibe 38 Ge­setze. Somit könnte der Eindruck entstehen, dass die Regierung die derzeitige Pande­mie dazu benützt, der Opposition solche Sammelgesetze unterzujubeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Darunter verstehe ich Folgendes: Man verpackt ein bestimmtes Gesetz in dieses Ge­samtpaket, von dem man ausgehen kann, dass die Opposition sicherlich nicht dagegen sein kann. In der Folge werden aber Gesetze im vollen Bewusstsein, dass diese bei einer getrennten Abstimmung nicht die Mehrheit in diesem Hause finden würden, mit­transportiert. Wir haben diese Vorgangsweise im Laufe dieses Jahres bereits des Öfte­ren angeprangert. (Beifall bei der SPÖ.)

In der ersten Phase der Pandemie haben wir dies auch mitgetragen und hier den Schul­terschluss mit der Regierung demonstriert. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, jetzt ist diese Phase aber vorbei, jetzt befinden wir uns im Modus der Gesetzgebung wieder in einem Bereich, in dem die Zusammenfassung unter solchen Sammelgesetzen nicht mehr angebracht ist.

Liebe Kollegen Bader und Schwindsackl! Ich kann euch versichern: Wir Sozialdemo­kraten brauchen keine Belehrung vonseiten der türkisen Bundesratsfraktion darüber, wie wir unser Abstimmungsverhalten hier im Hohen Hause ausüben müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie lautet deine APA-Botschaft, Karl? – Ich zitiere: Einen dringlichen Appell an die SPÖ-Fraktion im Bundesrat, ihre demokratische Haltung zu überprüfen und ihrem so­zialen Gewissen zu folgen, formulierte der Fraktionsobmann der ÖVP-Bundesräte, Karl Bader [...]. ‚Es ist Zeit, das Oppositions-Trotzbankerl zu verlassen [...].‘“ – Lieber Karl! Wir sitzen bestimmt nicht auf einem Trotzbankerl! Auch wir haben noch immer ein sehr ausgeprägtes soziales Gewissen, von dem sich diese Regierung leider schon meilenweit entfernt hat. (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schwindsackl.)

Kollege Schwindsackl! Ein Blick auf die Rednerliste hätte dich eines Besseren belehrt und du hättest dir die dir aufgetragenen Stehsätze sparen können. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Auch wenn ihr euch vielleicht wünschen würdet, dass es keine Opposition geben sollte: Auch in Zeiten von Krisen kann man eine Opposition nicht zusperren. Die Meinungsfrei­heit und auch die Gegenstimmen in unserer Republik sind immer noch die Eckpfeiler der Demokratie. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist klar, egal ob gut oder schlecht: Die Verantwortung für die Bewältigung dieser Krise trägt nicht die Opposition, sondern tragen der Bundes­kanzler und diese Regierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sehen ja, wie das mit der Verantwortung läuft: Wenn etwas nicht funktioniert, sind immer die anderen schuld, und wenn etwas gut ist, dann ist es der Bundeskanzler. – Irmgard Griss hat es treffend formuliert: „Aufgabe der Opposition ist es, die Arbeit der Regierung kritisch zu begleiten und Alternativen zu deren Vorhaben aufzuzeigen. [...] Eine Opposition, die alles abnickt und vielleicht sogar beklatscht, ist verzichtbar.“ Ich zitiere weiter: „Sie gibt auch denen eine Stimme, die von der Regierung nicht gehört werden. Beide, Regierung und Opposition, haben ihren Anteil daran, ob ihr Austausch als unnützer Streit oder als konstruktive Debatte wahrgenommen wird.“

Der Bundesrat ist aber auch die Länderkammer, und so haben auch wir hier die Inter­essen unserer Bundesländer zu vertreten. Daher besteht auch die Möglichkeit, dass Bundesratsfraktionen ein anderes Abstimmungsverhalten hier in der Länderkammer vollziehen als im Nationalrat die Fraktion. Das ist heute zum Beispiel bei dieser Geset­zesvorlage der Fall.

Lieber Herr Fraktionsvorsitzender der Türkisen, vielleicht kannst du unser heutiges Ab­stimmungsverhalten zum Anlass nehmen, in einer anderen Frage dein regierungstreues Bankerl zu verlassen. Nehmen wir ein einfaches Beispiel, bei dem du dir sicher leicht tust (Heiterkeit bei der SPÖ), nämlich die finanzielle Unterstützung der Gemeinden. Du bist Bürgermeister, ich bin Bürgermeister und viele Kolleginnen und Kollegen hier he­rinnen sind ebenfalls in dieser Funktion. Wir alle wissen, wie es wirklich hinsichtlich der finanziellen Situation der Gemeinden aussieht: Wir stehen mit unseren finanziellen Res­sourcen am Abgrund. Im Hinblick darauf wäre es doch an der Zeit, lieber Kollege, ge­meinsam, Schulter an Schulter im Interesse unserer Gemeinden, unserer Bundesländer, aber auch im Interesse des Bundes jene Institution zu schützen und ihr zu helfen, die direkt beim Bürger ist und die all das vollzieht, was auch hier in diesem Hause be­schlossen wird, nämlich die Gemeinde. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Ich möchte jetzt nicht noch einmal wiederholen, was ich in der letzten Sitzung des Bun­desrates Ihnen, Herr Bundesminister, aus Sicht der Gemeinden und unserer finanziellen Nöte zu erklären versucht habe. Ihre Reaktion, Herr Bundesminister, war für uns als Bürgermeister eine große Enttäuschung. Es war Ihnen anscheinend wichtiger, mit der Reinigung Ihres Handys beschäftigt zu sein, als ein einziges Wort zu all unseren Wort­meldungen zu verlieren. Es hätte genügt, zu sagen: Ich verstehe euch. Ich weiß über eure Sorgen Bescheid. Wir bemühen uns, eine Lösung zu finden. Es ist für uns derzeit nicht leicht, aber gemeinsam schaffen wir das. – Aber wortlos aufzustehen und zu ge­hen, sehr geehrter Herr Minister, das war beschämend! (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.) Es hat allen Anschein, dass Sie, was die finanziellen Nöte der Gemeinden betrifft, ziemlich teflonbeschichtet sind.

Der eigentliche Grund für mich als Kärntner Abgeordneten und auch als betroffenen Bür­germeister, mich zu Wort zu melden, ist aber eigentlich das im Begleitgesetz primär ge­nannte Abstimmungsspendegesetz 2020. Schon allein dieses Gesetz wäre für mich als Kärntner Abgeordneten eine Herausforderung gewesen, das Budgetbegleitgesetz abzu­lehnen, Herr Kollege Bader. Damit wären wir wieder beim Thema Sammelsuriumge­setze.

Für das restliche Österreich mag es vielleicht eigenartig erscheinen, der 10. Oktober ist jedoch für das Bundesland Kärnten ein ganz besonderer, denkwürdiger und historischer Tag. Heuer vor 100 Jahren gab es in Kärnten den ersten demokratischen Volksent­scheid. Übrigens waren damals zum ersten Mal auch Frauen wahlberechtigt. Es ging darum, über den Verbleib eines Großteils Kärntens, der zu dieser Zeit von jugoslawi­schen Truppen besetzt war, bei Österreich zu entscheiden. Zum positiven Ausgang die­ser Volksabstimmung hatten auch viele slowenischsprachige Kärntnerinnen und Kärnt­ner beigetragen.

Es ist sicherlich begrüßenswert, dass es für die betroffenen 35 Gemeinden in der Ab­stimmungszone auch im 100. Jubiläumsjahr eine Zuwendung seitens des Bundes gibt. Wie bereits im Jahr 2010 werden mit Umsetzung dieses Gesetzes 4 Millionen Euro zur Auszahlung gebracht. In der jetzigen finanziellen Situation der Gemeinden ist das si­cherlich eine kleine Erleichterung für die Gemeinden des Kärntner Unterlandes, weil sie ja nicht zu den finanzstärksten Gemeinden Österreichs zählen. Dafür gilt es auch Danke zu sagen.

Ich hoffe, dass dieses Abstimmungsspendegesetz der erfolgreiche Anstoß für ein zu­künftiges Hilfsgesetz für alle in Not geratenen österreichischen Gemeinden ist. – Herzli­chen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.51

Vizepräsidentin Mag. Elisabeth Grossmann: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mag.a Elisabeth Kittl. – Bitte, Frau Kollegin.