12.07

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundes­rates! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Als Bereichssprecherin für die Seniorinnen und Senioren habe ich in vielen Gesprächen mit den Vertretern der Pensionistenverbände den Unmut über die Reform der Hacklerregelung, also der Möglichkeit, abschlagsfrei nach 45 Jahren vor dem Regelpensionsalter in Pension zu gehen, eingefangen. Ich möchte hier einige mir übermittelte Meinungen kundtun.

Unisono finden es alle ungerecht, dass man Menschen dafür bestraft, dass sie 45 Jahre lang – und oft sogar noch länger – ununterbrochen ihren Anteil zum Pensions- und damit zum Steuersystem beigetragen haben. Diese Personen haben brav eingezahlt, viele schon ab dem 15. Lebensjahr, so lange wie niemand anderer. Nachdem sie 45 Jahre lang voll in das Pensionssystem eingezahlt haben, werden sie mit Abschlägen von bis zu 15 Prozent lebenslang bestraft (Bundesrätin Steiner-Wieser: Pfui!), wenn sie vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Pension gehen, verlieren also im Schnitt 300 Euro monatlich. (Ruf bei der SPÖ: Wahnsinn!) – Das ist ein Wahnsinn, ja!

Ein Zitat aus der Steiermark, und zwar vom Präsidenten des Pensionistenverbandes Klaus Stanzer: „Gerechtigkeit und Fairness sehen anders aus!“ (Beifall bei der SPÖ.)

Scharfe Kritik kommt von Hubert Lötsch, dem Landesgeschäftsführer des Pensionisten­verbandes Vorarlberg. Sein Zitat: „Nach der Abschaffung der Hacklerregelung, der Frot­zelei um den Frühstarterbonus, erhalten Neu-Pensionisten nur mehr eine aliquotierte Pensionserhöhung. Damit wird über die Hintertür die 2019 gestrichene Wartefrist wieder eingeführt, der zufolge sich Neu-Pensionisten bis zu 24 Monate gedulden“ müssen, „bis die erste Pensionserhöhung wirksam“ wird. Er bezeichnet diese Pensionskürzung als eine „Nacht- und Nebelaktion, die mitten im Lockdown und ohne Ankündigung passiert“. (Beifall bei der SPÖ. Bundesrat Schennach: Und als Pensionsraub!)

Ich habe natürlich auch von Herrn Dr. Peter Kostelka einen Brief, aber komischerweise steht bei mir ein bisschen etwas anderes. Dr. Peter Kostelka, Präsident des Pensionis­tenverbandes Österreich und auch Mitglied der Alterssicherungskommission, sieht auch den Vertrauensschutz gefährdet. Sein Zitat:

„Auf was können sich die Menschen denn noch verlassen? Schon dass es drei Jahr­gänge gibt, die die vollen Abschläge verkraften müssen [...] war ungerecht [...]. Seit 2020 gibt es einen Jahrgang der keine Abschläge zahlen muss. Jetzt soll wieder eine andere Pensionsvariante kommen, – das führt zu einer Vielzahl an Ungerechtigkeiten, die die Menschen weder verstehen noch bereit sind zu akzeptieren.“ (Beifall bei der SPÖ.)

Kostelka weiter: „Im Pensionssystem geht es um Verlässlichkeit und auch um Beitrags­gerechtigkeit. Wenn ich mir die Staatszuschüsse bei den Bauern- und Selbstständigen-Pensionen ansehe und mit jenen der Hackler-Pensionen vergleiche, sehe ich einen an­deren Handlungsbedarf, als jene zu benachteiligen, die volle 45 Jahre ihre Pensionsbei­träge bezahlt haben [...] Bauern-Pensionen müssen zu rund 80 Prozent und Selbststän­digen-Pensionen zu rund 50 Prozent vom Staat bezuschusst werden, weil die Eigenbei­trags-Deckung so gering ist.“

Im Gegensatz dazu zahlen sich jene Personen (Zwischenruf bei der FPÖ), die volle 45 Jahre einbezahlt haben, das weitestgehend selber, Herr Kollege.

Für Andreas Wohlmuth, den Generalsekretär des Pensionistenverbandes Österreich, ist besonders unverständlich: „Die ÖVP hat beide Maßnahmen – abschlagsfreie Hacklerre­gelung und volle Pensionsanpassung im ersten Pensionsjahr – noch vor der letzten Wahl im Parlament mitbeschlossen, um schon im zweiten Jahr ihrer Regierungstätigkeit bei diesen beiden Maßnahmen wieder“ weitgehende Verschlechterungen durchzupeit­schen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wohlmuth weiter: „Die jetzt – offenbar mit dem Segen des Seniorenbundes – beschlos­senen Kürzungen wurden niemals mit den Pensionistenorganisationen verhandelt. Es gab und gibt auch kEinen gemeinsamen Beschluss der im Seniorenrat“ verbundenen „Pensionistenvereinigungen, wonach Personen, die im November und Dezember in Pension gehen, bis zu 14 Monate auf ihre erste Pensionserhöhung warten müssen und damit im Laufe ihrer Pensionszeit eine ganze Jahrespension einbüßen“.

Gefragt ist eine faire Pensionsanpassung, auch für 500 000 Menschen, die nach jahr­zehntelanger Arbeit eine Pension ab 2 333 Euro beziehen und nicht einmal eine Infla­tionsabgeltung von 1,5 Prozent bekommen. Sie mit einem Pauschalbetrag von 35 Euro brutto pro Monat abzuspeisen ist mehr als unfair. Noch weniger verständlich ist es, dass aber bei den Luxuspensionen über 10 000 Euro – es gibt in Österreich 10 000 Personen, die eine solche beziehen – eine volle Inflationsabgeltung vorgesehen ist.

Ich möchte, bevor ich einen Entschließungsantrag einbringe, mit einem Zitat von Prof. Dr. Hannes Bauer, Landespräsident des Pensionistenverbandes Niederösterreich, also in meinem Heimatbundesland, enden. Sein Zitat: Die Welt steht noch immer im Bann der Pandemie und diese führt zu sehr unterschiedlichen Reaktionen. Die Verunsiche­rung unter den Menschen, die ein paar Jahre vor ihrer Pensionierung stehen, ist rie­sengroß, aber auch die Verunsicherung unter den Pensionistinnen und Pensionisten. Die ältere Generation sorgt sich um die Sicherheit ihres Einkommens. – Zitatende.

Ich stelle folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Eva Prischl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die abschlags­freie Pension nach 45 Arbeitsjahren muss bleiben!“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die abschlagsfreie Pension bei 540 Beitrags­monaten beizubehalten und keine Maßnahmen zu setzen, um diese Pensionsart wieder abzuschaffen.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, die bestehende abschlagsfreie Pension mit 45 Arbeitsjahren dahingehend zu adaptieren, dass

- alle Berufsgruppen diese Pensionsmöglichkeit erhalten,

- eine Neuberechnung aller Pensions- und Ruhegenussleistungen mit 1.1.2021, die auf § 15 APG (Kontoerstgutschrift) beruhen oder die mit einem Stichtag ab 1.1.2014 und vor 1.1.2020 gewährt wurden und somit Abschläge bis zu 12,6 Prozent trotz 540 Beitrags­monaten aufweisen, durchgeführt wird, damit diese Leistungen ab dem 1.1.2021 ohne Abschläge ausbezahlt werden und

- Zeiten des Präsenz- und Zivildienstes als Beitragsmonate der Erwerbstätigkeit für den Pensionsanspruch der abschlagsfreien Pension mit 45 Arbeitsjahren anerkannt werden.“

*****

Abschließend möchte ich mich bei den Pensionistenvertreterinnen und -vertretern für ihren ganzjährigen Einsatz bedanken. Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

12.14

Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Eva Prischl, Kol­leginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „die abschlags­freie Pension nach 45 Arbeitsjahren muss bleiben!“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Ing. Edi Köck zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort und ersuche, auf die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung Rücksicht zu nehmen. – Bitte.