11.04

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Liebe Präsidentin! Liebe Minis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen! Ich möchte meinen Fokus auf das 1. und 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz richten. Mit den hier besprochenen Ge­setzesänderungen werden Covid-19-Sonderregelungen in der Justiz befristet verlängert beziehungsweise werden einige Regelungen ins Dauerrecht übertragen.

Peu à peu treten wir ins Zeitalter der Digitalisierung ein und erleichtern so manches Ver­fahren. Damit schaffen wir ein Mehr an Barrierefreiheit und Niederschwelligkeit. Zwei Punkte möchte ich gerne herausstreichen: die vereinfachte Beantragung von Unterhalts­vorschüssen bis Ende März 2021 und die erleichterte Beantragung von einstweiligen Verfügungen im Bereich des Gewaltschutzes.

Was mich besonders freut, ist die Verlängerung der vereinfachten Beantragung von Un­terhaltsvorschüssen, denn das hilft vor allem den Alleinerzieherinnen. Ich sage bewusst Alleinerzieherinnen, denn 90 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen, und davon ist etwa die Hälfte von Armut betroffen. Für sie ist das eine überlebenswichtige Maßnahme zur Sicherung ihrer Existenz, gerade jetzt in der Coronakrise, wo sie noch mehr an unbe­zahlter Carearbeit leisten und noch weniger verdienen. (Beifall bei den Grünen.)

Auch die erleichterte Beantragung von einstweiligen Verfügungen im Bereich des Ge­waltschutzes durch die Opferschutzeinrichtung ist in der Pandemiesituation eine wich­tige Maßnahme, denn es reicht ein Anruf oder eine E-Mail bei Opferschutzeinrichtungen, damit diese im Namen der von Gewalt betroffenen Frau bei Gericht eine einstweilige Verfügung beantragen können, klar gesagt: ein Betretungs- und Annäherungsverbot, mit dem Gewalttätern der Aufenthalt an bestimmten Orten verboten wird, und mit dem ihnen aufgetragen wird, eine Kontaktaufnahme oder Eingriffe in die Privatsphäre, sogenanntes Stalking, zu unterlassen.

Mit beiden Verlängerungen schaffen wir wichtige Erleichterungen für Gruppen, die sich in Situationen befinden, die wir niemandem wünschen: Leben am Existenzminimum oder in einer Beziehung, in der Gewalt als Bedrohung immer wieder präsent ist. Menschen in diesen ohnehin schon extrem prekären Situationen sind durch die Pandemie noch mehr gefährdet, denn die Möglichkeit der Inanspruchnahme informeller persönlicher Hilfe, wie zum Beispiel der vorübergehende Umzug zu einer Freundin, sind durch die Ausgangsbe­schränkungen noch weiter eingeschränkt.

Wahrscheinlich muss sogar gegen Maßnahmengesetze verstoßen werden, um bei­spielsweise vor Gewalt im eigenen Haushalt zu flüchten oder Hilfe bei der Kinderbetreu­ung in Anspruch zu nehmen. Die vereinfachte Beantragung von Unterhaltsvorschüssen und die erleichterte Beantragung von Betretungsverboten sind Möglichkeiten, die von den Betroffenen eben nicht immer leicht in Anspruch genommen werden, weil sie mit Demütigung und Gesichtsverlust zu tun haben, denn einer Täter-Opfer-Umkehr mit dem Verantwortlichmachen der Opfer anstatt der Täter als Ausdruck patriarchalen Denkens sind wir immer noch verhaftet. Mit einer Erleichterung durch diese Gesetzesänderungen wurden Hemmschwellen niedriger gemacht. Das ist gut so und soll so weitergehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

11.07

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Otto Auer. – Bitte, Herr Bundesrat, ich erteile es Ihnen.