11.10

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Coronakrise ist nicht nur eine Gesundheitskrise, sondern hat auch viele Menschen in ihrer wirtschaftlichen Existenz hart getroffen, das wissen wir alle. Für viele ist das nach einer bisher linear verlaufenden Berufslaufbahn, in der man mit dem Gefühl der Sicherheit auch Verbindlichkeiten einge­gangen ist – längerfristige Verbindlichkeiten wie zum Beispiel für Wohnraum und Miete – auch völlig unerwartet gekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Wohnen ist ein Grundrecht, und wir dürfen es selbstverständlich nicht zulassen, dass Menschen aufgrund von coronabedingten Ein­kommensverlusten jetzt auf die Straße gesetzt werden, weil sie mit ihrer Miete in Verzug geraten. Es war daher schon im Frühjahr Gebot der Stunde, den Mieterinnen und Mie­tern eine längere Rückzahlungsfrist für ihre Mietrückstände einzuräumen, das haben wir ja gemeinsam beschlossen. Da die Krise jetzt leider anhält, muss auch diese Frist aber­mals verlängert werden, damit die Mieter und Mieterinnen mit ihren Familien in ihren Wohnungen verbleiben können und diese nicht räumen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist allerdings, muss ich sagen, bis 31.3. eine sehr knappe Frist. Ich habe das gestern schon bei den Schutzbestimmungen für Schwangere angemerkt, auch da hat man mit Ende März eine sehr knappe Frist gewählt. Es ist ein Wertungswiderspruch und verwun­derlich, dass man bei anderen Rechtsmaterien großzügiger war und eine Frist bis 30. Juni gesetzt hat. Es ist heute schon einiges angesprochen worden, ich möchte Wie­derholungen aus Zeitgründen vermeiden, aber das ist etwa der Fall bei Rechtshand­lungen, bei der Videoübertragung zur Beweisführung bei Gericht oder bei der erleichter­ten Identitätsfeststellung bei Notaren und Notarinnen zur Gründung einer GmbH.

Betreffend die Rechtshandlungen wurde sogar vieles ins Dauerrecht übernommen. Das erleichtert natürlich das Berufsleben von Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen sowie von Notaren und Notarinnen, und das ist in Ordnung so, soll so sein. Ich ersuche aber, da möchte ich eine kleine Randbemerkung machen, auch ein wachsames Auge darauf zu haben, dass da kein Missbrauch betrieben wird. Es darf nicht dazu kommen, dass einfacher Scheinfirmen gegründet werden können, um gesetzliche Bestimmungen oder Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenschutzbestimmungen zu umgehen. Das ist ein Vertrauensvorschuss, aber das ist in Ordnung so und soll so sein.

Bei juristischen Berufen war man also sehr großzügig – aber eine derartige Großzügig­keit hätte ich mir auch für Menschen erwartet, die akut unsere Unterstützung brauchen, wie die besagten Mieter und Mieterinnen, die dringend auf Wohnraum angewiesen sind. Da hätte es mehr gebraucht und braucht es auch mehr, wie zum Beispiel einen Unter­stützungsfonds für Härtefälle, der dann einspringt, wenn Mieten oder Betriebskosten unverschuldet nicht gezahlt werden können. Da sollte unbürokratisch Hilfe geleistet wer­den.

Es gibt da auf Länderebene einige Modelle, aber es wäre natürlich auch gut, auf Bun­desebene etwas zu haben, mit dem man den Mieterinnen und Mietern stärker unter die Arme greift und mit allen Mitteln verhindert, dass Menschen jetzt krisenbedingt auf die Straße gesetzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ganz besonders schutzbedürftig sind selbst­verständlich auch Kinder von Alleinerziehenden, in erster Linie Kinder alleinerziehender Mütter. Frau Kollegin Kittl hat es schon angesprochen: Es ist gut so, dass es in diesem Bereich Erleichterungen gibt, dass es kein langes Prozedere mit Exekution und so weiter mehr gibt, dass der Zugang weniger bürokratisch gemacht wird. Es ist aber auch da sehr verwunderlich, dass die Frist für die erleichterte Geltendmachung von Unterhaltsvor­schüssen nur sehr knapp ist – und auch diese Bestimmung hätte es verdient, ins Dau­errecht übernommen zu werden.

Sie nicken, Frau Kollegin Kittl: Ich glaube, wir sind uns da inhaltlich einig, so wie ich bei diesem Thema auch immer mit Frau Ministerin Zadić inhaltlich einig war – nur konnte man das offensichtlich nicht durchsetzen. Es bräuchte in diesem Bereich nämlich drin­gend Erleichterungen, und zwar im Dauerrecht, und es bräuchte eigentlich noch mehr. Wir sollten das auch als Vorstufe für einen Systemwandel sehen: Weg vom Vorschuss­system hin zu einem System der Unterhaltssicherung, sodass Kindern dieser Unterhalts­betrag, wenn die Bedingungen gegeben sind, automatisch gewährt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Fehlende beziehungsweise unzureichende Unterhaltszahlungen sind nämlich immer noch der Hauptgrund für Kinderarmut – und Kinderarmut in einem immer noch reichen Land wie Österreich sollte einfach nicht mehr vorkommen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sollten gemeinsam alles daran setzen, dass Kinder menschenwürdig aufwachsen können und die bestmöglichen Bedingungen vorfinden, um sich optimal entwickeln zu können. In diesem Sinne kann ich nur folgenden Gesamtbefund ausstellen: Ja, es sind richtige Schritte, die gesetzt werden – aber auch in diesem Bereich sind wir auf halbem Weg stehen geblieben. Ich ersuche, wirklich ganzheitliche Lösungen zu finden, die den Bedürfnissen der Menschen gerecht werden. Wir gehen bei diesem Gesetzentwurf mit, weil er ein Schritt in die richtige Richtung ist – aber es hätte mehr möglich sein können und auch möglich sein müssen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.17

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bun­desministerin Mag.Karoline Edtstadler gemeldet. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.