12.06

Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsi­dent! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­herinnen und Zuseher! Nach dieser Rede, Herr Kollege Spanring, bin ich tatsächlich sehr froh, dass wir das Recht auf freie Meinungsäußerung haben und dass auch ich jetzt ganz frei meine Meinung dazu äußern kann. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir haben bei Ihrer Rede ein Phänomen erlebt, das Ingrid Brodnig in ihrem Buch „Hass im Netz“ so treffend beschreibt, dass nämlich der Blick von den eigenen sprachlichen Provokationen weggelenkt wird und dass man versucht, jene an den Pranger zu stellen, die verhindern wollen, dass andere verletzt werden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Lassen Sie mich deswegen ganz klar sagen: Es gibt ein Recht auf freie Meinungsäuße­rung. Das ist eines der höchsten Güter, und ich bin froh, wenn wir das gemeinsam hoch­halten. Lassen Sie mich aber auch sagen: Es gibt kein Recht auf Verhetzung, kein Recht auf die Verbreitung von gezielten Falschinformationen und vor allem auch kein Recht auf Ausgrenzung und persönliche Diskreditierung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt nichts Gutes an Hass im Netz, nichts zu beschönigen, nichts zu verharmlosen, und gerade deswegen ist der heutige Tag wirklich ein guter. Es ist ein echter Meilenstein. Wir werden heute ein Gesetzespaket beschließen, mit dem wir eindeutig klarstellen, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Wir schaffen ein Gesetz, das neuen Entwicklungen, neuen Kommunikationsformen, neuen Technologien Rechnung trägt, mit dem wir auch der unendlichen Dynamik in den sozialen Netzwerken Rechnung tragen und mit dem wir Vorreiter in Europa sind. Vor allem aber, und das ist das Allerwichtigste: Wir geben jenen ein wirksames Instrument und Handwerkszeug in die Hand, die von Hass im Netz betroffen sind.

Das Gesetz, wir haben es gehört, ist Ergebnis von intensiven Verhandlungen, der Ein­beziehung und der Meinung von ganz vielen Expertinnen und Experten und auch von einem umfangreichen Begutachtungsprozess. Ich möchte an dieser Stelle wirklich den beiden Ministerinnen, die dieses Gesetz federführend verhandelt haben, und allen, die ihre Expertise in dieses Gesetz eingebracht haben, ein großes Dankeschön sagen. (Bei­fall bei ÖVP und Grünen.)

Ich möchte anhand von drei Beispielen versuchen, Ihnen noch einmal zu erklären, wa­rum dieses Gesetz so wichtig ist: Eine junge Frau postet ein Foto von sich auf Instagram. Ihr Ex-Freund nimmt dieses Foto, bearbeitet es, setzt es vielleicht sogar in einen porno­graphischen Kontext und veröffentlicht es zusammen mit herabwürdigenden Beleidigun­gen. Dank eines neuen Schnellverfahrens, das wir heute beschließen werden, hat die Frau nun die Möglichkeit, einfach unbürokratisch dagegen vorzugehen. Sie kann einen Screenshot machen, sich an das zuständige Bezirksgericht wenden, und dann wird die­ses Posting sehr, sehr rasch – und glauben Sie mir, das ist in diesem Fall das Alleraller­wichtigste – aus dem Netz genommen.

Darüber hinaus hat die junge Frau in Zukunft auch Anspruch auf psychosoziale Prozess­begleitung, und ihrem Ex-Freund droht ein Strafverfahren – und zwar auch dann, wenn es nur ein einmaliger Tatbestand ist – mit einem Strafausmaß von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe oder 720 Tagsätzen.

Zweites Beispiel: Ein Mann entdeckt auf Facebook ein Posting, in dem offensichtlich Fakenews und verhetzende Inhalte verbreitet werden. Er hat nun die Möglichkeit, dieses Posting zu melden. Jetzt wird der eine oder andere sagen, diese Möglichkeit gab es bereits. Ich weiß nicht, wer es von Ihnen einmal ausprobiert hat, ich habe einmal etwas bei Facebook gemeldet und ich kann Ihnen nur sagen, dieses Posting ist heute noch öffentlich. In Zukunft sind die Plattformbetreiber aber verpflichtet, ein effektives und transparentes Verfahren über Meldungen für strafrechtswidrige Inhalte zu implemen­tieren. Sie müssen innerhalb von 24 Stunden offensichtlich strafrechtswidrige Inhalte lö­schen, und wenn die Rechtswidrigkeit nicht offensichtlich ist und eine Prüfung erforder­lich ist, dann haben Sie dafür bis zu sieben Tage Zeit.

Und noch ein drittes Beispiel: Von einer Volleyballmannschaft werden in der Umkleideka­bine unbefugt Filmaufnahmen gemacht, und diese Filmaufnahmen verletzen ganz klar die Intimsphäre. Das ist alles andere als ein Kavaliersdelikt, das gehört auch entspre­chend bestraft, und das tun wir. Wir schaffen einen Straftatbestand gegen solch unbe­fugte Bildaufnahmen, Stichwort Upskirting, mit einer Strafdrohung von bis zu sechs Mo­naten Freiheitsstrafe, und wenn diese Fotos zusätzlich noch in den sozialen Netzwerken veröffentlicht werden, dann drohen bis zu zwölf Monate Freiheitsstrafe oder 720 Tag­sätze.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, all diese Beispiele sollten Ihnen zeigen, warum dieses Gesetzespaket wirklich eine vernünftige Lösung ist und warum es da weder um Overblocking noch um ein Beschneiden der Meinungsfreiheit geht. Es geht schlicht und ergreifend um strafbare Tatbestände, gegen die wir entschieden vorgehen müssen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Antrag

gem. § 43 Abs. 1 GO-BR

der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen zu Top 7, Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geän­dert wird

„Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.“

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Internet wird sich weiterentwickeln, und ich bin davon überzeugt, wir werden dieses Gesetzespaket und die gesetzlichen Richt­linien noch weiterentwickeln, und zwar nicht nur, weil das der technische Fortschritt mit sich bringt, sondern auch, weil es unsere gesamtgesellschaftliche Verantwortung ist. Da kann jeder Einzelne einen Beitrag leisten und sich vom Hass nicht anstecken lassen.

In diesem Sinne freue ich mich, wenn wir gemeinsam die Chancen der Digitalisierung nützen, wenn wir uns aber vor allem auch vor den Gefahren bestmöglich schützen. Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.12

Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Der von den Bundesräten Karl Bader, Mar­co Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung ein­gebrachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 10. Dezember des Jahres betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geän­dert wird, keinen Einspruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses. – Bitte, Herr Kollege.