12.32

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edt­stadler: Herr Präsident! Sehr geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich stehe vor Ihnen als Vertreterin der Regierung, als Ver­fassungs- und EU-Ministerin, als Vertreterin für die Justizministerin, ich stehe aber auch vor Ihnen als Frau, als Menschenrechtlerin und als ehemalige Strafrichterin, und ich sage Ihnen, ich stehe mit jeder Faser zu jeder Maßnahme dieses gesamten Paketes gegen Hass im Netz, und ich werde Ihnen auch sagen, warum. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir sind immer noch mitten in der Pandemie. Wir kommunizieren sehr viel über digitale Medien, und wir sind froh, dass wir diese digitalen Medien haben, um darüber in Kontakt bleiben, uns austauschen und Beschlüsse fassen zu können – ich erinnere an eine Ver­fassungsänderung ganz am Beginn auch im Ministerrat –, Beschlüsse im Wege von Vi­deokonferenzen fassen zu können, um die Gesundheit zu schützen. All das sind Vorteile, die die Digitalisierung gebracht hat, all das ist so wichtig und mit all dem müssen wir in Zukunft auch noch besser umgehen. Es gibt aber auch einen ganz klaren Nachteil, und dieser Nachteil heißt Hass – ja, meine sehr geehrten Bundesrätinnen und Bundesräte der FPÖ –, Hass im Netz, und dieser Hass im Netz verbreitet sich unglaublich schnell.

Ich darf deshalb gleich am Beginn auf den Begriff eingehen, weil das auch im Nationalrat einige Male angesprochen worden ist. Das Wort Hass findet sich nicht im Gesetz. Wa­rum? – Weil Hass in der Tat, und da gebe ich Ihnen recht, eine Emotion beschreibt, weil Hass, wenn man das Wort nachliest, eine „feindselige Abneigung“, ein „starkes Gefühl der Ablehnung und Feindschaft“ darstellt. Dieser Hass wird im Gesetz genau definiert, nämlich mit strafrechtlichen Bestimmungen, und zwar taxativ, das heißt abschließend mit einer Aufzählung von Straftaten wie Mord, Drohung, Nötigung, Verhetzung oder anti­semitische Äußerungen, die auch unter das Verbotsgesetz fallen. Das einmal vorweg.

Gegen diesen Hass gilt es vorzugehen, dass die Verbreitung im Internet nicht unkon­trolliert schnell passiert, dass als Hilfe für die Menschen, die von Hass im Netz betroffen sind, als Hilfe für die Opfer die Verbreitung schnell unterbunden werden kann. Und das tun wir mit diesem Paket in zweierlei Hinsicht; einerseits durch Maßnahmen im Justizbe­reich, im zivil- und im strafrechtlichen Bereich, durch Nachschärfungen etwa beim Cyber­mobbing, dass die einmalige Begehung schon strafbar ist, durch Nachschärfungen beim Verhetzungstatbestand, durch Nachschärfungen auch im prozessrechtlichen Bereich, dass es schneller möglich ist, eine Entscheidung auch bei einer Unterlassungsklage zu bekommen, durch mehr Unterstützung auch bei der Prozessbegleitung, und zwar bei der psychosozialen und bei der juristischen Prozessbegleitung, was ich für eine ganz wichtige Maßnahme halte und wofür ich im Übrigen auch schon damals als Staatsse­kretärin im Innenministerium eingetreten bin, als ich die Taskforce Strafrecht leiten durf­te. So weit, glaube ich, stößt das hier bei allen auch auf große Zustimmung.

Ich möchte daher zum zweiten Teil kommen, den ich – völlig richtig, Herr Bundesrat Schennach – als Verfassungsministerin auch verantworte, nämlich zum Kommunika­tionsplattformen-Gesetz. Worum geht es da? – Es geht darum, dass das Opfer, noch bevor es Straf- oder Zivilgerichte anruft, die Möglichkeit hat, rasch strafrechtswidrige In­halte löschen zu lassen. Bis jetzt gibt es dafür teilweise keine Ansprechpartner.

Ich kann Ihnen sagen, es war ein langer Weg bis hierher in den Bundesrat, und ich freue mich auch über die offene Aussprache mit Ihnen. Ich habe sehr viel mit Experten gespro­chen, runde Tische gemacht, ich habe vor allem in der Zeit der Begutachtung – und es war mir wichtig, dass wir mit sechs Wochen eine ordentliche Begutachtungsphase hat­ten – mit den Plattformen selbst, mit Vertretern von Google, Facebook, von Microsoft und wie sie alle heißen gesprochen, und sie alle haben mir versichert, sie wollen diese soziale Verantwortung wahrnehmen, sie wollen dem nachkommen, was wir von ihnen erwarten. Wenn sie Milliardengewinne machen, dann müssen sie auch die entsprechen­den verantwortlichen Schritte setzen, jemanden benennen, der verantwortlich ist, einen Zustellbevollmächtigten nennen. Das ist auch Voraussetzung dafür, dass Entscheidun­gen der Gerichte zugestellt werden können und Hass in Form von strafrechtswidrigen Inhalten, definiert im Strafgesetzbuch, rasch gelöscht wird.

Wer muss das machen? – Gewinnorientierte Plattformen. Das müssen die machen, die mehr als 100 000 User haben, das müssen die machen, die mehr als 500 000 Euro Um­satz machen und ihre Gewinne in Österreich machen.

Ja, es sind damit natürlich auch Aufwendungen verbunden. Wir wollen zukünftig auch Berichte darüber haben, was gelöscht und was nicht gelöscht wird. Es gibt ein Melde­verfahren, es gibt ein Überprüfungsverfahren und – ich sage Ihnen auch, wir haben aus den Beispielen, die es schon gibt, nämlich in Deutschland das Netzwerkdurchsetzungs­gesetz, und aus einem Versuch, den man in Frankreich gestartet hat, gelernt – es gibt einen Schutz gegen Overblocking. Es gibt, wie gesagt, ein Überprüfungsverfahren, und wir wollen in einem Bericht dann auch sehen, was tatsächlich gelöscht worden ist und was nicht.

Es geht dabei – und das ist der entscheidende Punkt – um den Schutz eines verfas­sungsrechtlichen Grundrechtes, nämlich der Meinungsäußerungsfreiheit. Jeder hat das Recht auf die eigene Meinung, aber davon nicht erfasst ist das Recht, jemanden zu be­schimpfen, jemanden mit Mord, mit Verhetzung oder Ähnlichem zu bedrohen. Das hat keinen Platz, weder in Österreich noch in Europa. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Damit komme ich zur europäischen Dimension. Als Europaministerin sage ich Ihnen, ich habe es begrüßt und während des Prozesses auch mit der Kommission ganz engen Kontakt gehalten, dass dieser DSA, der Digital Services Act, präsentiert wird, dass wir hier zu einer gesamteuropäischen Lösung kommen. Es wurde auch schon von einigen angesprochen, das war der Starting Point, als er vor zwei Tagen präsentiert worden ist. Das ist der Beginn von Verhandlungen, die auf europäischer Ebene wichtig und richtig sind, aber es wird noch Jahre dauern, bis dieser Akt dann tatsächlich in Form einer Ver­ordnung in ganz Europa Gültigkeit haben wird, weil sich alle 27 Staaten darüber einig sein müssen.

Bis dahin wollen wir in Österreich Tempomacher sein, wir wollen vorangehen, wir wollen auch unsere Expertise einbringen, wenn es darum geht, Hass im Netz effektiv und rasch zu bekämpfen. Das ist das, wofür ich stehe, das ist das, wofür wir in der Regierung ste­hen, wofür die Justizministerin steht. Ebenso stehen wir für die Schaffung von neuen Tatbeständen, was auch von Frauenministerin Susanne Raab sehr unterstützt worden ist. Das ist ein Paket, das fortschrittlich ist, das Tempo gemacht hat und das auch, glaube ich, seitens der Europäischen Union und der Kommission sehr wohlwollend aufgenom­men worden ist, weil wir damit vorangehen und einen ersten Schritt setzen.

Jetzt möchte ich noch eines sagen, weil ich das nicht so stehen lassen will: Ich finde die Diskussion über eine angebliche Zensur durch dieses Paket gelinde gesagt bedenklich, es erschüttert mich aber, wenn ich hier höre, dass im Zusammenhang mit der Einschrän­kung der Meinungsäußerungsfreiheit Vergleiche mit einer Zeit aus den dunkelsten Ka­piteln dieser Geschichte gezogen werden. Ich möchte das auf das Allerallerschärfste zurückweisen! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Das, worum es hier geht, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nichts Geringeres als der Schutz der Freiheit der Meinungsäußerung. Und wenn wir auch von Fakenews sprechen, was in diesem Paket nicht vorkommt, dann reden wir davon, dass es gefähr­lich sein kann, diese zu verbreiten, und dass das kein Spaß ist. Jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung, aber es gilt auch, dass wir dieses Recht freihalten von Hass und von strafrechtswidrigen Eingriffen oder gar von Vergleichen, die einfach historisch so etwas von nicht nur an den Haaren herbeigezogen, sondern einfach schockierend sind. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich stehe zu diesem Paket, auch zu dem Teil, der das Kommunikationsplattformen-Ge­setz betrifft, weil es ein richtiger Schritt ist, auf die Höhe des 21. Jahrhunderts zu kom­men, und ich hoffe wirklich inständig, dass dieses Gesetz auch von Ihnen befürwortet wird und dass wir vielleicht auch danach in der Zusammenarbeit, im Gespräch, im Dis­kurs das eine oder andere noch ausräumen können. Ich glaube, die Opfer haben es sich verdient, dass sie rasch wissen, wohin sie sich wenden können, und dass das keine unkontrollierte Verbreitung findet.

In diesem Sinne möchte ich mich schon jetzt für die Zustimmung bedanken und hoffe, dass wir den Weg gemeinsam weitergehen können. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.41

Vizepräsident Mag. Christian Buchmann: Danke, Frau Bundesministerin.

Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Dr. Michael Schilchegger. Ich erteile ihm dieses.