18.46

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuse­her! Als wir gestern gehört haben, dass ein Formalfehler passiert ist und der Herr Bun­despräsident dieses Gesetz nicht unterschreiben wird, haben wir uns alle unisono ge­dacht: Was ist denn jetzt schon wieder passiert? – Ich glaube, das ist bezeichnend.

Es geht in keiner Weise um Schadenfreude, auf dem Niveau sind wir nicht – darum geht es nicht, sondern es geht um viel mehr. Wir alle wissen, Fehler können passieren, auch solche Formalfehler, das ist im parlamentarischen Betrieb sicher möglich und dagegen ist ja auch nichts einzuwenden, das Problem ist aber die Wiederholung der Fehler und die Situation, in der diese Fehler passieren. In einer Krisensituation wie jener, in der wir uns jetzt befinden, stimmt es mehr als bedenklich und es ist sogar gefährlich. Es zeigt sich nämlich einmal mehr: Diese Regierung ist nicht krisenfest und signalisiert das durch diese Fehler wieder nach außen.

Schauen wir uns die Reihe jener Fakten an, die uns bei dieser Annahme einfach recht geben: Die fehlenden Nullen beim Budget, die Bundesrat Bader bereits erwähnt hat, hätten im Frühjahr beinahe zur Zahlungsunfähigkeit der Regierung geführt. Weiters gab es die fehlenden Unterschriften beim Bundesfinanzrahmen beim Budget im Herbst, es gab reihenweise VfGH-Urteile, die fehlerhafte Verordnungen und Gesetze aufhoben (Bun­desrat Bader: In Wien sind sie egal!), in denen die ÖVP-Regierung Fehler gemacht hat und diese verantworten muss, vom Überwachungspaket bis zum Kopftuchverbot.

Und dann gab es noch eine Trägerrakete, und das war schon wirklich – man kann es ja lustig sagen – keck: Vergangene Woche wurde im Nationalrat ein leerer Antrag der Re­gierungsfraktionen eingebracht. Erst nach Protesten der Opposition wurde er zurückge­nommen. Es war ein leerer Antrag, sozusagen unter dem Motto: Na ja, den füllen wir dann irgendwie mit den Inhalten, die wir gerne hätten. – Das kann es ja wohl nicht sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Es kam zur Rücknahme umstrittener Erlässe und Verordnungen wie beispielsweise zu Ostern. Damals hat man geglaubt, die Regierung hätte etwas daraus gelernt, aber jetzt mit dieser Verordnung bezüglich Weihnachten gibt es wieder nur Chaos und Verunsiche­rung, keine klaren Richtlinien; die Leute kennen sich nicht mehr aus.

Heute, gerade zu dieser Zeit, passiert etwas, das einen ja wirklich an der Handlungsfä­higkeit zweifeln lässt: Wie kann es sein, dass über die Medien bereits verbreitet wird, dass es ab dem 26. Dezember einen Lockdown geben wird? Das wissen die Medien, bevor es wir im Bundesrat und der Nationalrat wissen! Das wird hinausposaunt. Dann wird auch noch ausgerichtet, dass morgen drei Stunden lang mit den Landeshauptleuten geredet wird. So kann man doch nicht vorgehen, und so wird es nicht zu einer Gemein­samkeit und zu einer gemeinsamen Regelung kommen! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, sagen Sie uns bitte: Kommt es jetzt zum Lockdown oder nicht? Sie haben vorhin die Möglichkeit gehabt, dazu zu sprechen. Sie haben nichts gesagt. Bitte informieren Sie uns Parlamentarierinnen und Parlamentarier auch, das würde uns wirk­lich sehr freuen! (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Bundesrat Steiner: Bitte!)

Wie diese Sitzung heute: Es wurden Massen an Sammelgesetzen hineingestopft, ohne dass Abgeordnete und BundesrätInnen wirklich die Chance haben, sich genau zu infor­mieren, sich gut vorzubereiten, ohne Begutachtung, Sammelgesetze, von denen man nicht weiß, wie man jetzt abstimmen soll, denn es sind gute Teile und für uns schwierige Teile drinnen. So funktioniert doch Parlamentarismus nicht. So kann es in einer Demo­kratie doch nicht gehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Und wenn es Ihnen, werte KollegInnen von ÖVP und Grünen, so wichtig ist, dass man gemeinsam agiert – und das wäre in dieser Situation, die wir jetzt in dieser Krise haben, mit 500 000 Menschen ohne Arbeit, Ansteckungszahlen, die nicht wirklich sinken, mehr als notwendig –, dann muss man anders vorgehen! Dafür muss man schauen, dass man einen Konsens findet, dass man Regelungen findet, die man auch überprüfen kann, dass miteinander gesprochen wird, dass Begutachtungen stattfinden, in die Expertinnen und Experten eingebunden werden. So kann das Gemeinsame funktionieren, aber auf Ihre Art und Weise sicher nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Ihnen ein Beispiel geben, das einen wirklich schmerzt: In dem Paket betreffend Möglichkeit zur vorzeitigen Alterspension, 45 Jahre sind genug, ist die Regelung für die Verlängerung für die Risikopersonen drinnen. Das heißt, mit unserer Ablehnung im Bun­desrat bleibt diese Regelung für die Risikopersonen jetzt mit 1. Jänner liegen. Wie konnte man diese Regelung, die die Menschen, die Risikopersonen sind, so dringend brauchen, in dieses Gesetz hineinpacken, obwohl man zu 100 Prozent wusste, dass wir dem nicht zustimmen können, weil wir die Abschaffung dieser Regelung nicht wollen? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das kann es also wirklich nicht sein. Herr Bundesminister, bitte finden Sie im Interesse der Menschen, die Risikopatienten sind, eine Lösung! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Noch etwas: Es ist Zeit, zu einer normalen Gesetzgebung zurückzukehren. Es ist Zeit, mit Massengesetzen Schluss zu machen. Es ist Zeit, mit dem Einbringen und dem Re­gieren auf den letzten Drücker und mit den Pressekonferenzen aufzuhören. Es ist wirk­lich Zeit für gemeinsames Agieren.

Ich möchte Ihnen noch etwas mitgeben – da kommt die Gewerkschafterin in mir durch, das geht nicht anders –: Die Masken sind ganz, ganz wesentlich und testen ist natürlich ganz wesentlich, aber es muss schon klar sein, dass das Tragen der Masken für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer höchst belastend ist. Wir tragen die Masken, und es ist wirklich nicht immer angenehm, aber Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten noch dazu körperlich und haben keine Chance auf Maskenpausen. Bitte, Herr Bundes­minister, setzen Sie sich dafür ein, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht auf Maskenpausen bekommen! Das ist mehr als dringend notwendig. (Beifall bei der SPÖ.)

Irren ist menschlich, das ist klar, aber irren in dieser Zeit ist gefährlich, weil es all jenen das Wort redet, die versuchen, diese Pandemie lächerlich zu machen, klein zu machen, und das ist nicht gut. Wir können uns nicht viele Fehler erlauben, sondern wir brauchen ein Miteinander und wir brauchen eine andere Art und Weise des Umgangs auch mit der Opposition und mit den Ländern. Es kann nicht sein – und das ist wirklich ärgerlich; ich weiß nicht, wie viele SMS und Mails wir von Kolleginnen und Kollegen aus den Bundes­ländern gekriegt haben –, dass Sie einen Lockdown über die Medien ausrichten lassen. So kann Pandemiebekämpfung nicht funktionieren. Bitte lösen Sie diese Problematik anders! Das ist keine Vorgangsweise, die gut ist, um unser Land sicher durch diese Pandemie zu bringen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

18.54

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. – Bitte, Frau Bundesrätin. Ich erteile Ihnen das Wort.