15.23

Bundesrätin Andrea Kahofer (SPÖ, Niederösterreich): Werte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt schon oft gehört, dass unser vorweihnachtliches Zusammenkommen, diese Sitzung, ei­nem Formfehler geschuldet ist. Die Tatsache an sich, dass wir heute hier zusammen­kommen, ist nichts Schreckliches, wir sehen uns gerne noch vor Weihnachten. (Bundes­rat Schennach: Unbedingt!) Außerdem ist es unsere Arbeit, und wenn wir hier gebraucht werden, dann haben wir hier zu sein und sind auch hier. Ich muss Kollegen Schilchegger aber ein bisschen widersprechen: Es betrifft die Bürgerinnen und Bürger schon auch, denn das heute hier kostet viel Geld, und zwar auch den Steuerzahler.

Ich kann Kollegen Sebastian Kolland beruhigen: Ich werde mich auf ein Thema bezie­hen, nämlich auf das Bezügegesetz, obwohl es mir eigentlich lieber wäre, wir müssten das gerade jetzt, in dieser Zeit, gar nicht in der Form behandeln.

Es geht hier nicht darum, eine Neiddebatte loszutreten. Es geht auch ganz bestimmt nicht darum, dass irgendjemandem der Bezug oder die Erhöhung des Bezuges nicht vergönnt sei. Es geht auch nicht darum – ich glaube, es war Kollege Hübner, der von Leistung gesprochen hat –, jemandem die Leistung abzusprechen. Ich denke, jeder Mandatar, jeder Verantwortliche hat in diesem Jahr durchaus viel geleistet. Wir sind auch, wie wir gehört haben, sehr, sehr oft zusammengekommen: zu Sitzungen, zu Be­schlussfassungen, aus welchem Grund auch immer. Trotzdem kann ich nur den Kopf schütteln, dass wir jetzt, in dieser Zeit, überhaupt darüber diskutieren müssen, welche Politikerinnen und Politiker eine Erhöhung der Bezüge bekommen und welche nicht.

Es gibt eine politische Metapher, die Metapher vom Vater Staat, und diese impliziert schon durch diese Personifizierung, dass die Verantwortungsträger dieses Staates für­sorglich, gerecht und weitblickend agieren müssen. Darunter verstehe ich auch, dass sie sich so zu verhalten haben und in dieser sehr schweren Zeit der Pandemiebekämpfung, die neben enormen gesundheitspolitischen Herausforderungen auch ganz, ganz große und extreme wirtschaftspolitische Herausforderungen mit sich bringt, nicht das eigene Einkommen im Sinn haben und an die erste Stelle rücken.

Die Erhöhung der PolitikerInnenbezüge ist in dieser Zeit mehr als unangebracht, aber es hat erst den Protest der SPÖ und dann auch der FPÖ gebraucht, damit man hier in Bewegung gekommen ist, dass hier überhaupt eine Diskussion zustande gekommen ist.

Uns von der SPÖ geht die nun erzielte Lösung, der Beschluss, der nach dem Antrag von ÖVP und Grünen wohl gefasst werden wird, nicht weit genug, nämlich dass die Erhö­hung der Bezüge für den Bundespräsidenten bis zu den Volksanwälten wohl nicht kom­men wird, sehr wohl aber alle Abgeordneten zum Nationalrat und Bundesräte diese Er­höhung bekommen werden.

150 Nationalratsabgeordnete – die einfachen Nationalratsabgeordneten, ohne Klub­chefs, ohne die Präsidenten – sind, denke ich, nicht auf diese 138 Euro im Monat ange­wiesen. Bei uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind es rund 68 Euro; auch wir würden es verschmerzen. Wir sind in dieser Zeit privilegiert: Wir haben Arbeit, und wir haben ein gesichertes Einkommen; ein Einkommen, von dem wir durchaus leben können. Uns geht es nicht wie den 490 000 Arbeitslosen in diesem Land, denen Sie aber ständig zurufen: 55 Prozent, das muss doch reichen, davon muss man doch leben können!

Die Nettoersatzrate von 55 Prozent ist zu wenig! Glauben Sie mir, diese Menschen wä­ren froh über diese Erhöhung, die sich Politikerinnen und Politiker jetzt gönnen. Denken Sie doch an die vielen, die in der Pflege, im Versorgungsbereich in diesem Jahr wirklich Außergewöhnliches geleistet haben, an die vielen Menschen in den unterschiedlichsten Bereichen, die trotz Risiko gearbeitet haben und immer draußen an der Front waren und die noch immer auf den Coronatausender warten! (Beifall bei der SPÖ.)

Denken Sie an die Pensionistinnen und Pensionisten, die Kürzungen hinnehmen müs­sen – nicht Erhöhungen –; denken Sie an die vielen EPUs und KMUs, die kleinen Unter­nehmer in allen Bereichen, die lang nicht genug Unterstützung bekommen haben, um auch wirklich gut überleben zu können! Und wir brauchen diese Menschen.

Denken wir aber auch an die kleinen Dinge! Ich habe gestern eine Nachricht von einer Mutter bekommen, die im Monat 170 Euro für Hortbetreuung zu bezahlen hat. Diese Hortbetreuung wird verrechnet, auch wenn die Eltern dazu aufgefordert werden, aus Solidarität die Kinder nicht hinzuschicken. Die Eltern tun das, sie sind solidarisch, aber sie müssen, weil der Hort ja nicht gesperrt ist, weil die Betreuung da ist, den monatlichen Betrag bezahlen, und das kann für jeden Einzelnen doch viel sein. Das alles sind Sum­men, die vergleichbar sind.

Denken Sie auch an die Menschen, die sehr bald infolge von Gebührenerhöhungen in den Gemeinden, die notwendig sein werden, mit einem eventuell niedrigeren Einkom­men diese Gebühren werden zahlen müssen, während Nationalratsabgeordnete und auch wir Bundesräte eine Erhöhung bekommen!

Da möchte ich jetzt noch einmal Kollegen Sebastian Kolland sagen: Es gab in Nieder­österreich einen Abgeordneten, der immer gesagt hat: Mit einer Buckelkraxen voller Dankeschön kann ich nicht leben. So geht es den Gemeinden. Sie haben sie heute hier gelobt und ihnen gedankt, die brauchen aber Geld! Dank ist gut und schön, aber das wird nicht reichen. Die Bürgerinnen und Bürger werden es bezahlen, und wir alle leben in einer Gemeinde. (Beifall bei der SPÖ.)

Da muss ich auch fragen: Wenn Ihnen schon die Erhöhung der Bezüge, so wie sie jetzt ist, zu viel ist – Sie wollten noch mehr für alle! –, warum haben Sie dann zugestimmt? Warum passiert das dann in dieser Form? (Beifall bei der SPÖ.)

Die Reduktion für die 30 obersten Regierungsposten und Politiker, die jetzt von der Er­höhung von 1,5 Prozent ausgenommen werden, ist uns von der SPÖ einfach zu wenig. Das ist ein falsches Signal, das ist kein Signal der Solidarität! Diese Solidarität, die wir von jedem da draußen immer wieder einfordern, muss gelebt und vor allem vorgelebt werden, auch dann, wenn sie das eigene Geldbörsl betrifft.

Ich bitte Sie, darüber noch einmal nachzudenken, und wünsche Ihnen als letzte Rednerin des heutigen Tages (Nein-Rufe bei der SPÖ) – nicht? –, trotzdem, auch wenn ich jetzt nicht die letzte Rednerin bin, ein frohes Weihnachtsfest!

Ich habe zuvor ein sehr schönes Gedicht gelesen, das ungefähr folgendermaßen endet: Solange das Licht der Hoffnung brennt, ist alles zu bewältigen. – Ich wünsche Ihnen Zuversicht und Hoffnung, und ich wünsche uns allen ein bisschen mehr Empathie und ein bisschen mehr Gemeinsamkeit im Sinne unseres Österreich, im Sinne der Menschen hier. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.33

Präsidentin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler: Als Nächster ist Herr Fraktionsführer Bun­desrat Karl Bader zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Fraktionsführer, ich erteile es Ihnen.