16.25

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerin­nen und Zuhörer zu Hause! Mein Redebeitrag wird sich in erster Linie auf den Tagesord­nungspunkt 4, also auf das Zweckzuschussgesetz beziehen.

Wie mein Kollege Günther Novak schon so treffend ausgeführt hat, wird die SPÖ-Frak­tion dieser Gesetzesvorlage die Zustimmung geben, ganz einfach deshalb, weil diese Zweckzuschüsse des Bundes den Ländern und den Gemeinden für die Mehr­ausgaben zur Bekämpfung der Pandemie ganz schlicht und einfach auch zustehen, weil sie unbedingt notwendig und auch mehr als gerechtfertigt sind.

Wir als SPÖ fordern diese Kostenersätze schon seit Monaten, und einmal mehr muss ich mir, müssen wir uns die Frage stellen: Warum erst jetzt? Warum lässt man die Ge­meinden über Monate in der Warteschleife zappeln? Warum wird diese Regierung immer dann aktiv, wenn der Druck von außen zu groß wird, und man ganz einfach nicht mehr länger wegschauen kann?

Diese fragwürdige Vorgangsweise zieht sich ja in den letzten Monaten auch durch viele andere Bereiche wie ein türkis-grüner Faden. Schaue ich mir an, wie mit den Gemeinden umgegangen wird beziehungsweise wo die Gemeinden für Sie, Herr Minister, und für den Bundeskanzler einspringen müssen und für Sie Ihre Kohlen aus dem Feuer holen müssen, dann kommt mir ein oft strapaziertes Zitat von Willi Molterer über die Lippen, Sie alle kennen es, aber es trifft es am besten: „Es reicht!“

Es reicht wirklich, Herr Minister, und es nervt auch immens. Die Länder, die Gemeinden, die Feuerwehren, das Bundesherr, das Rote Kreuz und viele Freiwillige machen seit Monaten zum Teil auch Ihre Arbeit, werden dadurch finanziell belastet und müssen dann auch noch Monate auf Entschädigungen und Zuschüsse warten. Ganz ehrlich: Das versteht bald niemand mehr. Das raubt uns, den Menschen in den Gemeinden, Energie, die Motivation, und gerade diese brauchen wir in dieser so schwierigen Zeit.

Mein Kollege Ingo Appé hat schon ein sehr gutes Beispiel aus der Kärntner Gemeinde geschildert, ich habe jetzt ein zweites aus meiner oberösterreichischen Gemeinde, das Ihr schlechtes Krisenmanagement sehr gut auf den Punkt bringt. Hören Sie zu! Meine Gemeinde war Anfang Dezember Teststandort für den ersten Massentest, Sie können sich sicher erinnern. Ganz abgesehen davon, dass die Ankündigung des Bundes­kanz­lers überfallsartig kam, die so wichtigen Detailinformationen für die Bevölkerung durch Bund und Länder völlig misslungen beziehungsweise gar nicht erfolgt sind, war auch die Gesamtunterstützung für die handelnden Personen vor Ort, ich darf es höflich formulie­ren, mehr als ausbaufähig. (Heiterkeit der Bundesrätin Schumann.)

Ohne Eigenstrategie, ohne Engagement und Kompetenz der Feuerwehren, des Roten Kreuzes und der Gemeindebediensteten hätten Sie, Herr Minister, bei diesen Massen­tests Schiffbruch erlitten. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehren und des Roten Kreuzes, des Bundesheeres und natürlich auch bei den vielen Freiwilligen und bei den Gemeindebediensteten für diese großartige Arbeit herzlich bedanken. (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie der Bundesrätin Kittl.)

Es ging dann aber weiter: Die Regierung kündigte für Anfang Jänner den zweiten Durch­gang für Massentests an. Da sollten es aber dann weniger Teststandorte sein, worauf mir die Gesundheitsbehörde mitteilte, dass wir nicht mehr dabei sind und den Teststand­ort abbauen sollen. Irgendwie vorausahnend haben wir das ganz einfach nicht gemacht, und siehe da, zwei Tage später erreichte mich ein Mail: Wir sind doch wieder Teststand­ort.

So, damit der Informationsfluss zumindest dieses Mal besser laufen sollte, nützte ich die Gemeindezeitung zum Jahreswechsel, informierte die Bevölkerung darüber und richtete, wie es sich gehört, an diese einen Appell zum Mitmachen.

Die Druckfarbe der Zeitung war noch gar nicht trocken, da wurde der von Ihnen ange­kündigte Test um eine Woche nach hinten verschoben. Um die Bevölkerung von dieser Verschiebung abermals in Kenntnis zu setzen – schließlich geht es ja um die Gesundheit der Menschen –, bereiteten wir ein Gemeindesonderblatt mit der Terminkorrektur vor. Kurz darauf wurde mir erneut schriftlich mitgeteilt, dass der Massentest jetzt am Ende des Lockdowns, von 22. bis 24. Jänner, über die Bühne gehen solle. (Bundesminister Anschober: Von wem eigentlich?) – Von der Gesundheitsbehörde, von der Bezirks­hauptmannschaft. (Bundesminister Anschober: Ja ...!) – Immer über Weisung oder Anordnung, durch eine Information des Krisenstabes des Landes, Sie kennen ja die Hierarchien. – So weit, so gut.

Nachdem wir den Teststandort seit eineinhalb Monaten aufrechterhalten hatten, teilte mir aber nun die Gesundheitsbehörde, wieder die BH, mit, dass wir als Testgemeinde jetzt doch nicht mehr gebraucht werden und den Standort endgültig abbauen können. (Heiterkeit der Bundesrätin Schumann.)

Jetzt frage ich Sie, Herr Bundesminister: Wie bewerten Sie dieses chaotische Hin und Her? Welches Bild zeichnen Sie mit Ihrem Krisenmanagement, was bewirken Sie damit? (Zwi­schenbemerkung von Bundesminister Anschober.) – Sie sind, glaube ich, der Chef der Gesundheitsbehörden, und die sind weisungsgebunden. (Bundesminister Anschober: ... ich bin der Chef des Landes Oberösterreich ...!) – Nein, nicht des Landes, Sie wissen, was ich meine. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Anschober.) Wie, glauben Sie, geht es den Menschen, die sich auf das Testen verlassen wollen, und jenen, die sich tagelang – tagelang! – für den reibungslosen Ablauf ins Zeug legen?

Sie müssen doch ganz einfach verstehen, dass durch Ihr Missmanagement – noch ein­mal: Es ist Ihr Missmanagement! – unnötig Probleme verursacht und die Menschen verunsichert und auch demotiviert werden. Deshalb richte ich mich heute nicht wie gewohnt als Bürgermeister an die Bevölkerung, sondern mit einem Appell an Sie und an den Regierungschef: Hören Sie bitte endlich auf – und das ist jetzt die Antwort auf Ihren Einwand –, sich bei Ihren Pannen ständig auf die komplexe Lage und auf andere aus­zureden! Wir alle wissen, dass es eine riesige Herausforderung ist, die wir gemeinsam meistern müssen (Zwischenbemerkung von Bundesminister Anschober), aber, Herr Minister, nicht alles (Zwischenruf des Bundesrates Beer), was schiefgeht, ist krisen­bedingt, sondern vieles ist hausgemacht. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Hören Sie bitte auch mit Ihrer beweihräuchernden Selbstinszenierung in den Medien auf! Landeshauptmann Peter Kaiser hat in Kärnten sehr eindrucksvoll und verantwortungs­bewusst bewiesen, dass ein Impfstart auch ohne Effekthascherei und Foto über die Bühne gehen kann!

Herr Minister, nicht, dass Sie mich falsch verstehen, meine Kritik betrifft nicht Ihr Arbeits­pensum – ich weiß, dass Sie über beide Ohren in Arbeit stecken und das respektiere ich auch (Zwischenruf des Bundesrates Bader–, aber es geht nicht um Quantität, es geht um die fehlende Qualität. Ich hoffe daher, dass Sie, der Bundeskanzler und auch die restliche Regierung bald in die richtige Spur finden. (Beifall bei der SPÖ.)

16.33

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Noch einmal zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günther Novak. Ich erteile ihm das Wort.