15.38

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie wichtig ist Ihnen Tierschutz? Man könnte meinen, diese Frage stellt sich seit dem vorhergegangenen Tagesordnungspunkt wohl nicht mehr wirklich. Bei diesem Tagesordnungspunkt aber stellt sie sich seit der Entscheidung des Europäi­schen Gerichtshofes vom 20. Dezember zum umstrittenen Thema des Schächtens viel mehr.

Mit dem Urteil des EuGH, des Europäischen Gerichtshofes, wird es jetzt den EU-Staaten auf nationaler Ebene ermöglicht, vorzuschreiben, dass Tiere nur noch geschlachtet, ge­tötet werden können, wenn sie vorher betäubt werden. Diese Regelung, diese Entschei­dung des Europäischen Gerichtshofes gilt also auch für das rituelle Schlachten: Tiere müssen vor dem Schächten, vor dem Tötungsvorgang betäubt werden.

Das war eine schwierige Entscheidung. Der EuGH musste zwischen zwei Rechtsgütern entscheiden: zwischen der Religionsfreiheit nach Artikel 10 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union auf der einen Seite und Artikel 13 AEUV – Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union – betreffend Tierrechte, Tierschutz, Wohlergehen der Tiere auf der anderen Seite.

Es war ein langer, langer Entscheidungsprozess, der von einer Klage aus Belgien aus­gegangen ist. Dieser Prozess hat über drei Jahre gedauert, aber letztendlich hat der EuGH dann eine Entscheidung getroffen: Er hat sich für den Tierschutz entschieden.

Insgesamt erachtete der EuGH die belgische Regelung als verhältnismäßig und begrün­dete dies mit drei Erwägungen: Zum einen wurden wissenschaftliche Untersuchungen herangezogen, um mit dem modernsten Tötungsverfahren zu arbeiten, zum Zweiten hat – was man leider heute hier nicht gesehen hat – die Sensibilisierung für Tierschutz in der Gesellschaft generell zugenommen; und zum Dritten lässt Belgien tierische Pro­dukte aus anderen Ländern, die von rituell geschlachteten Tieren stammen, zu.

Darüber hinaus, und das ist ganz wichtig, werden durch diese Regelung laut dem EuGH die Gläubigen nicht diskriminiert oder irgendwie ungleich behandelt. Selbstverständlich kann die Religionsfreiheit nach wie vor ausgeübt werden. Man will auch das rituelle Schlachten nicht verbieten, wenngleich dafür andere Regeln gelten: Die Tiere müssen vorher betäubt werden.

Österreich kann diese Chance nutzen, unnötiges Leid der Tiere zu vermeiden, und wir können jetzt mit dem Beschluss dieses Antrags unter Beweis stellen, dass auch wir in Österreich für die Einführung einer Regelung sind, dass die Tiere vor der Schlachtung betäubt werden müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt ja einen wissenschaftlichen Konsens darüber, dass die vorherige Betäubung als bestes Mittel anzusehen ist, um das Leiden des Tieres zum Zeitpunkt seines Todes zu verringern, denn der Tötungsvorgang an sich führt für die Tiere, auch wenn man die besten technischen Mittel verwendet, zu Schmerzen, zu Stress, zu Angst und anderen Formen des Leidens – und beim Schächten ist das noch einmal verschärft, weil es eben ohne Narkose, ohne Betäubung durchgeführt wird.

Sie müssen sich das vorstellen: Man setzt beim Kehlkopf an, führt den Schnitt weiter bis zur Speiseröhre durch, bis man dann zur Halsschlagader kommt. Die Tiere erleiden wäh­rend des Tötungsvorgangs, während sie verenden müssen, höllische Schmerzen, bis sie restlos ausgeblutet sind. Das ist nicht notwendig! (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Art von Schächten ist barbarisch, diese Art von Schächten ist bestialisch! Die Tiere erleiden Höllenqualen. Stellen wir uns nur den Stress vor, den die Tiere allein beim Fixie­ren erleiden – das geschieht mit speziellen Geräten, damit sie danach ausbluten kön­nen –; allein das Fixieren bedeutet unnötigen Stress für die Tiere.

Sie erleiden größte Schmerzen! Das muss man sich vorstellen: Setzt euch einmal das Messer an und schneidet durch! Warum macht man das bei einem Mitgeschöpf, bei ei­nem Tier? Warum muss man einem Tier unnötiges Leid zufügen? (Beifall bei der FPÖ.)

Und das alles geschieht ohne Narkose, bei vollem Bewusstsein dieses Geschöpfes! Da entstehen dann Bilder wie diese hier (einen Ausdruck in die Höhe haltend), auf denen man sieht – Sie können gern alle herschauen! –, wie die Tiere leiden müssen.

Schade ist, dass die ÖVP und die Grünen leider – und ich bedaure das sehr – im Aus­schuss diesem Antrag nicht zugestimmt haben. Die Argumentation, warum sie dem An­trag nicht zustimmen, ist für mich ein bissel fragwürdig, ein bissel halbseiden gewesen, aber das Argument, mit dem der ÖVP-Bundesrat Preineder im Ausschuss die Ablehnung begründet hat, ist völlig daneben gewesen. Er hat gegen ein Verbot des Schächtens dahin gehend argumentiert, dass das Schächten einen Wirtschaftsfaktor darstelle.

Ich habe zuerst geglaubt, ich verstehe nicht richtig, und habe noch einmal nachgefragt. Ich fragte: Herr Kollege, was meinen Sie damit? Was hat das Schächten damit zu tun? – Darauf wurde mir zur Antwort gegeben: Wenn wir in Österreich nicht mehr schächten, muss koscheres Fleisch eben importiert werden! – Das ist eine Farce von der ÖVP, von Herrn Kollegen Preineder, dass er den Tierschutz hinter dem schnöden Mammon stellt. Es ist so typisch: nur Geld, Geld, Geld!, und das Dollarzeichen in den Augen – und wie es den Tieren geht, ist euch völlig wurscht. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber auch das Argument der Grünen, warum sie dagegenstimmen und somit das Tier­leid verlängern, ist eher fadenscheinig: In Dialog treten, hat es geheißen. – Na, no na net! Ich bin auch mit den Religionsgemeinschaften im Dialog – ihr könnt euch meinen E-Mail-Verkehr anschauen; also das habe ich gemacht –, und als freiheitliche Tierschutz­sprecherin, aber vor allem als Tierliebhaberin ist es mir ein Rätsel, wie es sein kann, dass man in einer säkularen und aufgeklärten Gesellschaft wie der unsrigen dieses mit­telalterliche, rituelle, leidvolle Töten von Tieren überhaupt noch diskutieren muss. Warum kann man das nicht schon a priori verbieten?

In den Landesverfassungen steht es ja teilweise, dass Tiere Mitgeschöpfe sind. Einige Bundesländer, wie zum Beispiel Salzburg, haben das ja schon in die Landesverfassung aufgenommen. Sie können heute unter Beweis stellen, wie wichtig Ihnen der Tierschutz tatsächlich ist, und Sie können diesem Antrag zustimmen und das Tierleid beenden. All jene, die so wie ich das Tierschutzvolksbegehren unterschrieben haben, können heute Nägel mit Köpfen machen – denn nur einfach aufs Gemeindeamt zu gehen, ein Tier­schutzvolksbegehren zu unterschreiben oder zu unterstützen und dann nichts mehr da­zuzutun, das ist nicht in Ordnung.

Sie können heute unter Beweis stellen, wie wichtig Ihnen der Tierschutz ist. Tierschutz muss über die Parteigrenzen hinweg ein Anliegen sein. Da geht es nicht um den schnö­den Mammon, liebe ÖVP, da geht es nicht ums Geld, sondern da geht es um Mitge­schöpfe, da geht es um Tiere, da geht es darum, dass man den Tieren diese unnötigen Qualen erspart. Darum: Gebt eurem Herzen für den Tierschutz einen Ruck und stimmt diesem Antrag zu! (Beifall bei der FPÖ.)

15.47

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Martin Preineder. – Bitte, Herr Bundesrat.