17.28

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Herr Minister! Hohes Haus! Schilda lässt grüßen! Seit Beginn der Coronapande­mie erleben wir einen Schildbürgerstreich nach dem anderen. Es werden an einem Tag Gesetze beschlossen, es werden Verordnungen erlassen, die dann oftmals am nächsten Tag gar nicht mehr gelten.

Vor knapp einem Jahr hat dieses schwarz-grüne Chaos begonnen. Mit Angst, Schrecken und Panik wurde gearbeitet. Seit einem Jahr werden unsere Freiheitsrechte einge­schränkt. Das Land wurde wirtschaftlich an die Wand gefahren, und jetzt also sind die Schulen wieder geschlossen, oder sie bleiben vielmehr geschlossen.

An der Spitze dieser Regierung stehen Sie, Herr Bundeskanzler, und als Chef dieser Chaostruppe tragen Sie die Hauptverantwortung für diesen Wahnsinn, der sich momen­tan gerade abspielt. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie können sich auch nicht einfach abputzen, sich hinstellen und so tun, als wäre nichts geschehen, als ginge Sie das alles nichts mehr an. Dieser Schmäh zieht nicht mehr. Sie sind es – und das ist ein offenes Geheimnis –, der im Hintergrund die Fäden zieht und die Minister wie Marionetten über die politische Bühne tanzen lässt. Sie selbst jagen von einer Pressekonferenz zur anderen und stehen da beziehungsweise möchten dastehen wie ein Strahlemann in der weißen Weste.

Die Leidtragenden dieser Politik sind die Menschen in diesem Land. 530 000 Arbeits­lose, über 400 000 Menschen in Kurzarbeit stehen rund 50 000 gemeldeten offenen Stellen beim AMS gegenüber. Das haben Sie geschafft, Herr Kanzler! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie treiben die Menschen mit Ihrer völlig verfehlten Politik, mit Ihren völlig überzogenen Maßnahmen in den physischen, psychischen und wirtschaftlichen Ruin – Sorgen, Sor­gen, Sorgen! Die aktuelle Lebensrealität ist besonders für Familien sehr belastend. Die besonders Leidtragenden sind die Kinder, die Jugendlichen; sie trifft es besonders hart. Sie haben keine Lobby. Kinder müssen es so nehmen, wie die Erwachsenen es ihnen richten. Sie können sich nicht wehren, obwohl Sie, Herr Kanzler, den Kindern und Ju­gendlichen die Zukunft rauben.

Rund 1,2 Millionen Schülern in Österreich – alle Schultypen zusammengerechnet – ha­ben Sie bereits wertvolle Bildungszeit gestohlen. Die Schulschließungen sind eine Ka­tastrophe für die jungen Menschen, weil sie zu verheerenden Langzeitfolgen für die so­genannte Coronageneration führen. Die OECD warnt schon seit Monaten davor und wird durch eine aktuelle IHS-Studie unterstützt, und was machen Sie? – Nichts oder fast nichts! Das Einzige, was Ihnen eingefallen ist: Schulen zu schließen und die Schüler, als die Schulen noch offen waren, mit einer Maskenpflicht zu sekkieren und zu schikanieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Oder auch wenn ich an diese komischen Selbsttestungen denke – die Antigenschnell­tests, die eigentlich gegen das Medizinproduktegesetz verstoßen, weil dieser Test nur von Fachleuten und keinesfalls von Laien angewandt werden darf –, muss ich sagen, dass ich das mehr als eigenartig und merkwürdig finde, was unsere schwarz-grüne Re­gierung den Menschen zumutet.

Den ganzen letzten Sommer haben Sie anscheinend verschlafen. Es wurden keine Konzepte entwickelt, wie man denn im Herbst eventuell die Schulen öffnen könnte. Man hätte den ganzen Sommer über Vorsorge treffen können. Man hätte flächendeckend Lüftungsanlagen einbauen oder größere Räumlichkeiten anmieten können, die Ausrüs­tung mit Einzeltischen hätte aufgestockt gehört, kleinere Lerngruppen, zeitliche Staffe­lung des Schulbeginns, Luftmessgeräte und, und, und. Es hätte unendlich viele Möglich­keiten gegeben, wie man die Schulen hätte sicher öffnen können. (Beifall bei der FPÖ.)

Alle guten Ideen und Anregungen von den Freiheitlichen und von der Opposition wurden aber vom Tisch gefegt. (Bundesrat Seeber: Man hätte auch ..., keine Frage!) All das hätten Sie, ÖVP und Grüne, umsetzen können. All das hätten Sie umsetzen können, denn es war bereits nach dem ersten Lockdown bekannt, dass es Bildungsmankos gibt.

Man wollte eigentlich im Sommer sogenannte Check-in-Gespräche mit den Schülern führen, um deren Wissensstand zu überprüfen – das ist leider bis heute nicht geschehen. Stattdessen hat man die Kinder im Herbst in die Schule geschickt und dann völlig unvor­bereitet im nächsten Lockdown mit Schulschließungen zwangsverdonnert. Dabei spre­chen sich alle Experten und alle Institutionen für das Offenhalten der Schulen aus, denn jeder weiß, dass die Schulen nicht die Treiber des Infektionsgeschehens sind.

Kinder sind keine Ansteckungsquelle. Da muss ich zum Kollegen von den NEOS schau­en, denn das schreibt ein Mitglied der Salzburger Landesregierung in einem offenen Brief an Pädagogen und Eltern, und dieser Brief ist ein öffentliches Schreiben. Ein Mit­glied der Salzburger Landesregierung vertritt genau das, was ich jetzt soeben gesagt habe: Kinder sind keine Ansteckungsquelle!

Die Kinder, die Schulen leiden darunter. Die Schulen sind von einer Bildungseinrichtung zu einer Betreuungseinrichtung degradiert worden, und das zulasten der Schüler und der Kinder. Herr Kanzler, Bildung ist kein Privileg. Bildung ist ein Recht und deshalb auch dezidiert in den Artikeln 28 und 29 der UN-Kinderrechtskonvention verankert. Über all das setzen Sie sich hinweg. Wir werden sehen, welche Langzeitfolgen die aktuelle Si­tuation haben wird. Die Bildungsschere geht jetzt noch weiter auseinander als bereits vorher.

Homeschooling via Internet ist eigentlich nur ein reines Experiment, bei dem wir schon ahnen können, welche Folgen es haben wird. Die Kollateralschäden dieses Experiments gibt es bereits, sie liegen auf der Hand. Armutsgefährdete Schüler haben zu Hause nicht einmal einen Computer. Laut IHS können die Lehrer während der Schulschließungen 36 Prozent der Schüler schwer oder gar nicht erreichen. Es ist offensichtlich, dass sich Armut durch die geschlossenen Schulen in noch höherem Ausmaß als sonst auf den Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen auswirken wird. Diese schwarz-grüne Re­gierung sitzt da, spielt mit dem Handy, wie der Herr Kanzler gerade, und bringt es nicht auf die Reihe, vorausschauend zu planen. (Beifall bei der FPÖ.)

Bis heute gibt es keine mittel- oder langfristigen Pläne für das Reparieren eurer Pfusch­politik. Wie stellt sich Österreich der Herausforderung einer möglichen verlorenen Gene­ration? Die von Minister Faßmann angekündigten 200 Millionen Euro für Förderunter­richt allein werden zu wenig sein. Herr Kanzler, Sie haben leider keinen blassen Schim­mer, wie es den Menschen in diesem Land geht. Wenn man Sie so beim Agieren beob­achtet – auch jetzt gerade –, hat man wirklich den Eindruck, als ob Ihnen das alles egal wäre.

Bildungsökonom Ludger Wößmann warnt vor materiellen Folgen für Schüler. Der Lock­down hat nämlich auch drastische Folgen für die späteren Verdienstchancen. Ich brau­che kein Volkswirtschaftsstudium wie unser Arbeitsminister gemacht zu haben, damit ich weiß: Je besser die Ausbildung ist, desto geringer ist die Chance, dass ich in Arbeitslo­sigkeit abrutsche, oder je besser die Ausbildung ist, desto höher sind die Verdienstchan­cen. – Durch den Schullockdown wird eben weniger Wissen vermittelt und die Ausbil­dung ist eine schlechtere. Ich habe es vorhin schon gesagt, ein Drittel der Schüler ist wenig bis gar nicht erreichbar und hat gar keinen Computer – ein Drittel! Es ist einfach ein Indiz dafür, dass der Präsenzunterricht durch nichts, durch gar nichts zu ersetzen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Die ökonomischen Folgen lassen sich ausrechnen. Wenn ein Drittel des Lernstoffs eines Schuljahres verloren geht, hat man im Durchschnitt circa 3 Prozent weniger Lebensein­kommen. Dieses Drittel haben unsere Schüler locker innerhalb des letzten Jahres ver­säumt. Die tun mir wirklich leid. Es ist zu befürchten, dass viele Schüler wegen des Lock­downs keine Lehrstelle finden oder das Ende ihrer angestrebten Lehrausbildung gar nicht erreichen werden. Dieses Desaster wiederum führt uns zu einem weiteren Fachar­beitermangel in diesem Land. Kinder und Jugendliche gehören gefördert, schließlich und endlich sind sie unsere Zukunft. (Beifall bei der FPÖ.)

Je mehr Zeit vergeht, umso schlimmer wird die Situation. Die Kinder verlernen das Ler­nen. Die Kinder verlieren die Lust am Lernen. Es werden mit Ihren Maßnahmen die Zu­kunftschancen für die österreichischen Kinder und Jugendlichen mit jedem Tag der Schulschließung kleiner. Kinder brauchen Kinder um sich, Jugendliche brauchen Ju­gendliche um sich. Gerade bei Jugendlichen auf dem Weg zum Erwachsenwerden spie­len die sozialen Kontakte eine große Rolle. Wenn diese schwarz-grüne Regierung mit Ihnen, Herr Kanzler, so weiterwurschtelt, werden wir grobe soziale Defizite in der nächs­ten Erwachsenengeneration erleben müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben es ja gestern und in den letzten zwei, drei Tagen ganz drastisch gehört, wie überfüllt die Kinder- und Jugendpsychiatrien sind. Es ist einfach bitter, sagen wir, wie man jungen Menschen mit falscher Politik das Leben so verhunzen kann. Es ist falsche Politik. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher ist diese schwarz-grüne Bundesregierung verpflichtet, ihre falsche Placebopolitik zu beenden und alles zu unternehmen, damit Kinder und Jugendliche den besten Start ins Leben haben. Das bedeutet für Sie, Herr Kanzler: Sperren Sie die Schulen auf! (Bei­fall bei der FPÖ.)

17.40

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesmi­nister Dr. Heinz Faßmann. Ich erteile dieses.