12.20

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Zuseher und Zuseherinnen! Die anstehende Erhöhung der Kategorie- und Richtwertmieten betrifft bundesweit Hunderttausende Mieterinnen und Mieter. Für sehr viele Familie sind das zusätzliche Belastungen.

Die Richtwertmieten – das wurde schon mehrmals gesagt – steigen alle zwei Jahre am 1. April aufgrund der Inflationsanpassung, diesmal um rund 3 Prozent. Auf Initiative der sozialdemokratischen Fraktion soll die Erhöhung der Richtwertmieten heuer ausgesetzt werden. Die Richtwertmieten betreffen in Österreich circa 750 000 Haushalte, also nahe­zu 1,5 Millionen Mieterinnen und Mieter, die vorwiegend in Altbauten, in Gemeindebau­ten wohnen. Betroffen sind allerdings auch Mietverträge mit einer Wertsicherungs­klausel.

Mitten in der Krise, in der jetzt schon viele Menschen nicht mehr wissen, wie sie mit ihrem Geld auskommen sollen, wäre eine Erhöhung dieser Mieten ein ganz schlechter, falscher Weg. Vor Corona waren, wie Zahlen belegen, bereits 380 000 Personen mit den Wohnkosten überfordert beziehungsweise überlastet, weil sie mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens für das Wohnen ausgeben. In Wien ist der Wohnungsanteil mit bis zu 80 Prozent besonders hoch. Jetzt ist die Situation für Zehntausende Arbeitslose und Hunderttausende Personen in Kurzarbeit noch prekärer geworden. Existenzängste und das Gefühl der Überforderung stehen im Raum.

In den ersten beiden Märzwochen hatten laut Medienberichten 38 Prozent der österrei­chischen Haushalte mit finanziellen Einbußen zu kämpfen. 17 Prozent – meine Vorred­ner haben es schon erwähnt – der betroffenen Haushalte können ihre Fixkosten gar nicht mehr aufbringen. Das sind um fast 500 000 Haushalte mehr als im Oktober 2020, die meisten davon Haushalte mit Kindern. Nehmen wir ihnen zumindest diesen Druck, in­dem wir diese Mieterhöhung aussetzen! Das ist eine Erleichterung für sehr, sehr viele Menschen in dieser schwierigen Zeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch die Arbeiterkammer und die Mietervereinigung Österreich fordern diese Ausset­zung. Laut der Mietervereinigung entstehen bei der Wertanpassung bei einer 80-Quad­ratmeter-Wohnung in einem Altbau folgende Mehrkosten pro Jahr: in Wien ungefähr 185 Euro, in der Steiermark circa 250 Euro und in Niederösterreich, habe ich mir aus­gerechnet, 172, 173 Euro; die Richtwerte sind ja je nach Bundesland verschieden. Diese zusätzlichen Kosten sind für die betroffenen Mieter schwer leistbar und schon gar nicht, wenn sie zu der halben Million Arbeitslosen, die es in Österreich jetzt gibt, beziehungs­weise zu den 460 000 Menschen in Kurzarbeit gehören.

Es braucht jedoch noch viel, viel mehr: Es braucht eine Mietrechtsreform, ein univer­selles, transparentes, nachvollziehbares neues Mietrecht. Die Reform des Wohnrechts ist im Regierungsprogramm zwar enthalten, und es liegen auch Vorschläge auf dem Tisch, was jedoch auf sich warten lässt, ist die Umsetzung. Es muss auch endlich eine politische Entscheidung getroffen werden, um die Spekulationen in der Wohnungsbran­che einzudämmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Laut Angaben von Statistik Austria ist während der Coronakrise die durchschnittliche Teuerungsrate um 1,4 Prozent gestiegen, die Mieten jedoch um 4,1 Prozent und die Preise für Eigentumswohnungen sogar um 7 Prozent. Wohnen ist ein Grundbedürfnis und kein Luxusartikel, vergessen wir das nicht!

Die Wiener Mietervereinigung weist darauf hin, dass 50 000 Haushalte früher oder spä­ter von Räumungsklagen betroffen sein werden und bei etwa 19 000 Personen Delogie­rungen anstehen. Was passiert mit diesen Tausenden Familien? Wo kommen diese unter? Auch für die Mietstundungen ist noch keine Lösung in Sicht, obwohl schon am 31. März die Maßnahmen für die gesetzlichen Fristverlängerungen auslaufen. Es sind dann vier Monatsmieten samt 4 Prozent Verzinsung fällig. Die Situation ist für viele Leute schwierig.

Ich glaube, wir haben festgestellt, dass wir im Bundesrat heute mehrheitlich diesem An­trag zustimmen. Das bringt sicherlich eine Erleichterung für viele, aber ich möchte nochmals erwähnen, dass die Mieten viel, viel zu hoch sind und ein einheitliches Miet­recht für alle dringend notwendig ist. Eine weitere Fristverlängerung bei der Mietstun­dung ist unumgänglich. (Beifall bei der SPÖ.)

Das kann aber nur eine Übergangslösung und keine endgültige Lösung sein. Die dro­hende Wohnungslosigkeit für Tausende Familien lässt uns seitens der sozialdemokrati­schen Fraktion alles andere als kalt. Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Eva Prischl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „weitere Entlas­tungen für Mieterinnen und Mieter im Rahmen der COVID-19-Krise“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, wird aufgefordert, dem Nationalrat und dem Bundesrat baldigst eine Regierungsvorlage vorzulegen, die rasch auf die dringendsten Probleme der Mieterinnen und Mieter im Rahmen der COVID-19-Pandemie eingeht und insbesondere folgende Maßnahmen vorsieht:

- eine weitere Fristverlängerung bei Mietstundungen,

- die Schaffung eines Mietausfallsfonds zur Unterstützung von in Not geratenen Miete­rinnen und Mieter durch die COVID-19-Pandemie,

- im Jahr 2021 auslaufende befristete Mietverträge können auf Wunsch des Mieters um ein Jahr verlängert werden.“

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Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ.)

12.26

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Der von den Bundesräten Eva Prischl, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „weitere Entlastungen für Miete­rinnen und Mieter im Rahmen der COVID-19-Krise“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Michael Schilchegger. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.