15.47

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren im Saal und via Livestream! Das Coronavirus begleitet die gesamte Menschheit, den gesamten Globus und natürlich auch uns als Bundesrätinnen und Bundesräte seit über einem Jahr. Uns allen wäre es lieber gewesen, es wäre nicht so gewesen. – Es hilft nichts.

Weltweit gab es – mit Stand heute – rund 2,8 Millionen Tote. Das ist eine Zahl, die man eigentlich nicht mehr erfassen kann. Das ist eine Größenordnung, die man sich im Kopf weder als Piktogramme noch als tatsächliche Menschen vorstellen kann. Das ist eine traurige Bilanz, und sie zeigt uns, dass wir immer noch vorsichtig sein müssen. Es ist schwierig, es ist eine Zumutung – das hat Bundeskanzlerin Merkel gesagt; ich finde, das ist ein schönes Wort –, dass wir immer noch so vorsichtig sein müssen, aber das muss sein, wenn wir Menschen schützen wollen, wenn wir unser Gesundheitssystem schützen wollen und wenn wir uns gegenseitig schützen wollen, und nur darum geht es. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das macht es nach einem Jahr nicht leichter: Wir haben eine hoch ansteckende neue britische Mutation, wir haben eine neue Mutation aus Südafrika, und was wir aus Bra­silien hören, ist auch nicht gerade eine sehr beruhigende Nachricht. Wir wissen noch gar nicht, wie sehr uns das noch in Bedrängnis bringen wird – auch hinsichtlich zukünftiger Immunisierungen. Das Thema wird bleiben – auch wenn wir das nicht wollen – und leider so schnell nicht gehen.

Das Impfen wird noch ein bisschen dauern; es wird noch dauern, bis wir eine flächende­ckende Immunisierung haben werden. (Bundesrat Spanring: Und warum ist das so?) Die Impfrate in Österreich ist im europäischen Vergleich besser, als die Opposition das sagt (Bundesrat Steiner: Schlechtes Mittelfeld!), aber wir werden natürlich weiter impfen.

Es gilt jetzt, weitere gesetzliche Maßnahmen zu verabschieden, die für die Bekämpfung und vor allem für die Eindämmung des Virus von allergrößter Wichtigkeit sind. Die heu­tigen Beschlüsse wurden bereits kurz dargestellt. Es geht darum, dass Zusammenkünfte von kleineren Menschenmengen im öffentlichen Raum und im privaten Bereich geregelt werden beziehungsweise geregelt werden können. Klargestellt sei aber auch: Die Anzei­ge- und Bewilligungspflicht besteht nicht für Veranstaltungen im privaten Wohnbereich oder vergleichbare private Veranstaltungen – das noch zu meiner Vorrednerin. Die Re­gelung wird nun im COVID-19-Maßnahmengesetz und nicht im Epidemiegesetz veran­kert. Das ist auch deswegen wichtig, weil sie damit befristet ist und keine allgemeine Gültigkeit bekommt.

Bevor hier Spekulationen oder weitere Mutmaßungen auftauchen: Es gibt keine behörd­lichen Kontrollbefugnisse der PVB, somit auch keine Betretungsrechte im privaten Wohnbereich. Die Polizei hat keine Betretungsrechte für den privaten Wohnbereich. Das Gesetz legt diesbezüglich den maximal möglichen Regelungsrahmen fest. Wie die Re­gelung dann tatsächlich aussieht, hängt von entsprechenden Verordnungen und somit auch von der aktuellen epidemiologischen Lage ab.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der grüne Impfpass. Es wurde schon sehr oft gesagt – im Bundesrat wurde uns das vorgeworfen –, Israel sei so ein tolles Vorbild. Am Beispiel Israel können wir durchaus sehen, wie so etwas funktionieren kann, wenn man aufgrund eines Impfpasses eine Eintrittskarte hat, um zum Beispiel wieder ein Fitnessstudio oder ein Restaurant besuchen zu können. Da werden die Rechtsgrundlagen zur Ausstellung eines Immunitätsnachweises für die Gleichstellung von Geimpften, Genesenen und Ge­testeten geschaffen. Das ist ein wichtiger Schritt für die Vereinfachung der Zutrittsmög­lichkeiten und wohl in späterer Folge auch – und das ist nicht unwesentlich – beispiels­weise für die Reisemöglichkeiten innerhalb der Europäischen Union.

Im COVID-19-Zweckzuschussgesetz wiederum wird künftig geregelt, dass – das betrifft uns im Bundesrat besonders – den Ländern und Gemeinden via Zweckzuschuss folgen­de Leistungen durch den Bund ersetzt werden: Leistungen, die bisher nur für ASVG-Versicherte zugänglich waren, sollen nun über diesen Weg auch an KFA-Versicherte ergehen. Das betrifft den Aufwand für die kostenlose Durchführung von Tests – das sind maximal 25 Euro je Test – und die kostenlose Verteilung von Sars-Cov-2-Antigentests zur Eigenanwendung. Zusätzlich soll den Rettungs- und Krankentransportdiensten ihr Covid-19-bedingter Mehraufwand abgegolten werden. Darunter fallen etwa besondere Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen oder zusätzliche Ausgaben aufgrund des Transports von Covid-19-Verdachtsfällen.

Ein nächster wichtiger Schritt ist die Schaffung der gesetzlichen Grundlage für die Vertei­lung und Anschaffung von Covid-19-Arzneimitteln durch die Europäische Union. Auf europäischer Ebene wird derzeit die gemeinschaftliche Beschaffung von Arzneimitteln zur Behandlung von Covid-19-Patienten im Rahmen von Joint Procurements diskutiert. Da im Fall einer Teilnahme Österreichs das Gesundheitsministerium der Vertragspartner wäre, ist es notwendig, eine gesetzliche Grundlage für die Verteilung der auf diesem Weg beschafften Arzneimittel an inländische Rechtsträger oder Einzelpersonen zu schaffen. Das ist als einmalige Maßnahme im Rahmen der aktuellen Pandemie zu ver­stehen und hat keinerlei Implikationen für die generelle Regelung der Kostentragung bei einer Beschaffung von Arzneimitteln in Österreich.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen: Es ist wichtig, diese Gesetzesände­rung zeitnah zu beschließen. Wir müssen auch nach diesem langen Jahr noch einmal die Kräfte bündeln und zusammenhalten, damit wir das Infektionsgeschehen in den Griff bekommen, denn jeder und jede Erkrankte ist einer oder eine zu viel. Auch eine achtwö­chige Verschiebung dieser Maßnahmen ist keine sinnvolle Idee.

Ich möchte in diesem Sinne einen Antrag einbringen:

Antrag

der BundesrätInnen Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR zu TOP 18) Beschluss des Nationalrates vom 25. März 2021 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnah­mengesetz geändert werden

„Die unterzeichneten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen gemäß § 43 Abs. 1 GO-BR den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.“

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Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.55

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Karl Bader, Marco Schreuder, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung einge­brachte Antrag zum Verhandlungsgegenstand, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates vom 25. März 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemie­gesetz 1950 und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden (1324/A und 757 der Beilagen sowie 10577/BR der Beilagen und 10603/BR der Beilagen), keinen Ein­spruch zu erheben, ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Ich darf darauf hinweisen, dass um 16 Uhr die Dringliche Anfrage aufzurufen ist. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schilchegger, aber ich nehme an, er möchte seinen Redebeitrag lieber im Anschluss an die Dringliche Anfrage abgeben. (Bundesrat Schilchegger: Ja!)

Ich werde die Dringliche Anfrage um 16 Uhr aufrufen und unterbreche daher die Sitzung für die nächsten 4 Minuten.

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(Die Sitzung wird um 15.56 Uhr unterbrochen und um 16 Uhr wieder aufgenommen.)

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Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Ich nehme die unterbrochene Sitzung hiermit wieder auf und unterbreche nunmehr die Verhandlungen zur Tagesordnung.

Ich darf an dieser Stelle den Herrn Bundeskanzler in unserer Mitte begrüßen. – Herzlich willkommen im Bundesrat! (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)