16.54

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Liebe Kollegen! Ja, Kollege Bader, Sie dürfen sich so, wie Sie da argumentieren, nicht wundern, wenn die ÖVP und Sie in diesem Schlamassel sind, in dem Sie jetzt sind.

Während uns der Herr Bundeskanzler noch einigermaßen wahrheitsnahe die tatsächli­chen Zustände in der verstaatlichten Industrie oder in der staatsnahen Industrie geschildert hat dass sich die Parteien nämlich Vertraute aussuchen und dass es ein Recht jedes Politikers ist, der an der Macht ist, solche Vertrauten hineinzuschicken , tun Sie so, also ob die formal bestehenden Gesetze irgendeine Spiegelung in der Realität der österrei­chischen staatsnahen Politik hätten, und reden davon, dass ein Komitee die Bewer­bungsunterlagen für Schmid gezimmert und der Aufsichtsrat das dann einstimmig be­schlossen habe (Heiterkeit bei FPÖ und SPÖ) – als ob das irgendetwas mit den tatsäch­lichen Vorgängen zu tun hätte. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Also es ist ja wohl, wie Sie selbst wissen da kann ich dir (in Richtung Bundesrat Schen­nach) auch nicht ganz recht geben –, ein Wesenszug der staatsnahen Industrie in Öster­reich seit den Verstaatlichungsgesetzen 1946 bis 1949, dass dort alle Posten proporz­mäßig oder, wenn es Alleinregierungen gibt, von der regierenden Partei alleine besetzt werden. Das wissen wir. Diese Dinge, die Sie sagen, sind ja eine Täuschung der Öf­fentlichkeit; es ist ja die große Unehrlichkeit der österreichischen Politik, dass man den Leuten vorgaukelt, es wird objektiviert.

Es gibt ein Gesetz, das in der Regierung Vranitzky II gemacht worden ist warten Sie, das war 1989, glaube ich, ja –, das Ausschreibungsgesetz 1989. Da hat man erstmals versucht, den Leuten Sand in die Augen zu streuen und so zu tun, als ob politische Besetzungen im staatsnahen Bereich objektiv erfolgen würden, als ob es da irgendwel­che Kommissionen gäbe, die in Fällen, in denen seither immer schon entschieden war, wer den Posten bekommt, bevor die Kommissionen überhaupt getagt haben, etwas mit­zureden hätten. (Beifall bei der FPÖ.) In der Causa Schmid ist ja das unter Anfüh­rungszeichen – „Problem“ für die Handelnden, dass Schmid selbst, noch bevor die Firma überhaupt existiert hat, alles auf sich zugeschnitten designed hat. (Bundesrat Spanring: Die Schmid AG!)

Dann wird davon geredet, da habe es eine Ausschreibung gegeben. – Ja, die hat es zum Schein gegeben, das wissen wir eh aus den Chats. Und dann wird davon geredet, es sei objektiv vorgegangen worden und ein Aufsichtsrat habe das gemacht. – Der Auf­sichtsrat in der staatsnahen Industrie ist ja der Witz an sich. Vorstand und Aufsichtsrat sind Gremien, die für Handelsgesellschaften gegründet worden sind, um einen Interes­sensausgleich zwischen Eigentümern und Exekutive zu schaffen. Das gibt es da ja alles nicht, weil das eine Gremium genauso wie das andere politisch besetzt ist, das eine Gremium tut wie das andere Gremium auf politischen Zuruf das, was geschehen soll. Das wissen wir aus leidvoller Erfahrung. Ich muss in diesem Fall ja zugeben, dass unser früherer Parteiobmann und Vizekanzler auch nicht völlig immun gegen diese Mechanis­men der österreichischen Nachkriegspolitik gewesen ist. (Bundesrat Schreuder: Das kann man ein bisschen schärfer formulieren!)

Deshalb ist die Antwort, die wir heute von Ihnen – speziell von Kollegen Bader, aber auch vom Bundeskanzler  bekommen haben, natürlich ein völliges Vorbeigehen an der Sache. Die Frage ist: Wollen wir dieses Politsystem, so wie es bis jetzt existiert hat, oder wollen wir das nicht? Wenn wir es wollen, dann schaffen wir bitte diese Gesetze ab! Derzeit ist es ja nicht mehr das Ausschreibungsgesetz 1989, sondern das Gesetz über Transparenz bei der Stellenbesetzung im staatsnahen Unternehmensbereich von 1988.

Da gibt es § 4, den auch der Herr Bundeskanzler vergessen haben könnte, in dem steht nämlich drinnen, dass die für die Bestellung zuständigen Organe dazu verpflichtet sind, ausschließlich nach fachlicher Qualifikation zu entscheiden. Gesetzlich ist es überhaupt keine Frage, ob der das Vertrauen des Bundeskanzlers genießt, welche Farbe der hat oder welcher sozialpartnerschaftlichen Organisation er angehört. Gesetzlich ist das alles nicht zulässig. Diese Gesetze existieren, werden aber nicht gelebt, deshalb Herr Kol­lege Schennach, da muss ich dir auch widersprechen (Bundesrat Schennach: Nur zu!)  ist die Aussage des Bundeskanzlers, dass diese Republik nicht so ist, falsch. Ge­nau so ist diese Republik konstruiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich werde jetzt nicht einzelne Exponenten dieses Systems offenbaren oder bloßstellen (Zwischenruf des Bundesrates Schennach), das werde ich nicht machen. Ich werde mir speziell für Kollegen Schennach einen einzigen herausnehmen, der hat näm­lich wie das im Mediengesetz steht  die Schwelle an die Öffentlichkeit mit voller Be­reitschaft betreten, das ist der ehemalige SPÖ-Parteichef, Bundeskanzler, ÖBB-Direktor und so weiter Christian Kern.

Nur als Beispiel dafür, dass Österreich tatsächlich so ist, ein kurzer Werdegang ÖBB, Christian Kern –: Es wird ja hier auf der linken Seite bekannt sein, Christian Kern war ja bis 1996 Klubsekretär im SPÖ-Parlamentsklub und ist dann angeblich über ein Treffen mit einem sozialdemokratischen Aufsichtsratsmitglied der Verbundgesellschaft zur Ver­bundgesellschaft gestoßen. Er hat dort eine sehr rasche Karriere gemacht und ist schon 2007 Vorstand in der Verbundgesellschaft geworden, zuständig für den Bereich Beteili­gungen und Ausland. (Bundesrat Steiner – in Richtung Bundeskanzler Kurz, Bundesmi­nisterin Köstinger und Bundesministerin Tanner, die auf ihre Smartphones schauen –: Was ist? Seid ihr alle wieder beim Whatsapp-Schreiben? Alle drei?)

Eine interessante Sache, was hat er da gemacht? Er hat gleich Anfang 2008 eine neue Offensive gestartet: Wachstum im Ausland. Das ist sehr sinnvoll für die Verbundgesell­schaft, die eigentlich im weitesten Sinne unsere Elektrizitätsversorgung überwachen, kontrollieren und steuern soll. Da wurden Erfolgsmodelle gemacht, es hat drei große Schritte ins Ausland gegeben: der eine nach Frankreich ich schaue gerade nach, wie diese Gesellschaft geheißen hat: Poweo S.A. –, der zweite nach Italien Beteiligung als Sorgenia S.p.A.  und der dritte in die Türkei. – Das war kurz die Erfolgsgeschichte von Christian Kern, bevor er den Verbund gerade noch rechtzeitig verlassen hat.

Die Erfolgsgeschichte Poweo S.A.: Anschaffungskosten für die Verbundgesellschaft ins­gesamt 503 Millionen Euro. Wie hat das Engagement geendet? Nach dem Abgang von Christian Kern wurde das Programm Wachstum durch Expansion ins Ausland in einer Notoperation beendet. Die Anteile an dieser Poweo wurden um den Buchwert von 26 Millionen Euro verkauft. Natürlich nicht transparent, wie das bei einer staatsnahen Firma im Gesetz verlangt wird – ich habe mir das angeschaut, es hat eine dürre Mittei­lung der Verbundgesellschaft gegeben. Man hat sich aufgrund einer strategischen Neu­orientierung von den Anteilen an der Poweo um den Buchwert getrennt – 26 Millionen Euro Verlust, der Schaden, der angerichtet wurde: 480 Millionen Euro.

Das nächste Projekt, Sorgenia S.p.A. in Italien, war noch besser. Laut Bilanzen sind insgesamt 654 Millionen Euro in dieses Investment geflossen. Nach dem Abgang 2011 gab es verzweifelte Versuche, das Engagement durch Verkauf zu beenden, ein Verkauf war am Ende unmöglich, die Verschuldung lag bei 1,8 Milliarden Euro. 2013 gab es eine Wertberichtigung des Sorgenio-Engagements auf 0 Euro, seither sind die Anteile un­verkäuflich, seit 2015 unter Bankenverwaltung. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Bei der türkischen Beteiligung haben wir bereits die Milliardengrenze an angerichtetem Schaden überschritten – da will ich aus Gründen der Zeit jetzt nicht weiter in die Tiefe gehen. Was aber tut das System Österreich, der Staat, der so ist, mit so einem erfolgrei­chen Manager? Man beendet den Vertrag des damaligen ÖBB-Generaldirektors vor­zeitig. Am 3. März 2010 gibt der Generaldirektor bekannt, dass er sich mit Jahresende nicht um eine Verlängerung bewerben wird. Am 9. März, sechs Tage später, fasst der Aufsichtsrat bereits den Beschluss, Christian Kern zum neuen Vorstandsvorsitzenden zu bestellen. Dieses Amt tritt er mit 1.6.2010 nach Auflösung des Vertrags mit dem bis­herigen Vorstand an. (Bundesrat Schachner: Brauchst du was vom Bundeskanzler?! – Heiterkeit bei der SPÖ.) So läuft es! Das ist das System Österreich! (Beifall bei der FPÖ.)

Die weitere Karriere von Christian Kern kennen Sie eh gut: Mai 2016, das Erfolgsmodell Christian Kern hat sich als Parteivorsitzender, als Kanzler hervorragend geschlagen. (Anhaltende Heiterkeit bei der SPÖ.) – So lustig ist das nicht, immerhin hat Christian Kern den österreichischen Steuerzahler plus/minus 1 Milliarde Euro allein in der Ver­bundgesellschaft gekostet (Zwischenrufe bei der SPÖ), von weiteren Dingen rede ich gar nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieser kleine Exkurs ändert aber nichts daran, dass jetzt erstmalig in der Geschichte Vorgänge bekannt werden, die bisher mangels Einsicht in Handyprotokolle, E-Mails und so weiter der handelnden Personen der Öffentlichkeit weitgehend verborgen gewesen sind. Auch die Fakten über den Erfolg seines Engagements sind nicht den Medien zu entnehmen gewesen, sondern in einem Rechnungshofbericht Bund 2014/13 zu sehen. Der hat das aufgegliedert, untersucht und diese Zahlen zusammengesetzt, die in dem Geschäftsbericht in der Verbundgesellschaft natürlich nicht zu finden waren.

So, jetzt sind wir aber so weit, dass durch Umstände welcher Art auch immer die Handyprotokolle über Vorgänge unter anderem betreffend Schmid, aber auch viele andere  ermittelt wurden und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Herr Bundeskanzler, also das, was da drinnen steht – ich will gar nicht daran denken, was da noch alles an Hintergründen mitspielt –, geht natürlich nicht, das ist klar. Österreich ist so, aber nicht in dieser Diktion, nicht mit dieser Brutalität, nicht mit dieser Direktheit und nicht mit dieser Unverschämtheit. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb sind wir der Meinung, da muss es jetzt Konsequenzen geben. Da kann man nicht zur Tagesordnung übergehen, da kann man nicht sagen, es sind durch positive Entwicklungen bei Aktienkursen und Immobilienaufwertungen 5 Milliarden Euro Wert­steigerungen gemacht worden. Das ist ja wohl ein Witz. Da müssen die verantwortlichen Personen Konsequenzen ziehen, und Hauptverantwortlicher neben Ihnen ist nun einmal der Verteidigungsminister. (Bundesministerin Tanner: Was?! – Heiterkeit des Bundesra­tes Steiner.) Als Minimalmaßnahme, sage ich, in dieser Sache bringe ich folgenden Ent­schließungsantrag an:

Entschließungsantrag

der Bundesräte Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Entlassung des Bundesministers für Finanzen Gernot Blümel“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Der Bundeskanzler wird aufgefordert, im Interesse Österreichs, dem Bundespräsiden­ten vorzuschlagen, den Bundesminister für Finanzen, Mag. Gernot Blümel, zu entlassen und durch eine geeignete Person zu ersetzen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Ich füge dem jetzt nicht folgende Bitte hinzu: Tu es für mich, Herr Bundeskanzler! (Heiter­keit und Beifall bei der FPÖ.)

17.06

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Der von den Bundesräten Johannes Hübner, Kolle­ginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Entlassung des Bundesministers für Finanzen Gernot Blümel“ ist genügend unterstützt und steht dem­nach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Dr. Marco Schreuder. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.