19.20

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Gesundheitsminister! Jetzt muss ich einmal einen klaren Unterschied zu meinem Vorredner machen. Kollege Appé hat bereits gesagt: Wir sind froh, dass Sie wieder hier und gesund sind! – Das sage ich jetzt als Redner auch gleich für die ganze Fraktion: Wir sind froh, dass Sie wieder hier und gesund sind! Weil Sie aber von Partei­politik gesprochen haben, möchte ich Ihnen eine kleine Erinnerung mitgeben: Im Unter­schied zu Ihrem Koalitionspartner hat meine Fraktion während Ihres Krankenstandes Sie und Ihr Ministerium nie attackiert. Ich denke, es gibt eine einzige Politikerin in diesem Land – das ist für uns auch schon manchmal sehr schwer –, die ganz ohne irgendwelche Parteipolitik da Maßnahmen setzt, die Sie auch immer sehr dankbar aufgreifen: Das ist Pamela Rendi-Wagner. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Anschober: ... ist ja eh in Ordnung!) – Was war das jetzt? (Bundesminister Anschober: Ich habe gesagt: Die ist ja eh in Ordnung!) – Ist eh in Ordnung, gut. Bist ja auch in Ordnung, es passt ja.

Aber in der Diskussion müssen wir jetzt einmal zwei Dinge unterscheiden. Wir reden von zwei unterschiedlichen Dingen: Das eine ist die Neufassung des Epidemiegesetzes, und das andere – das hat man da dazugeschwindelt – sind neue Covid-Maßnahmen.

Wir, lieber Rudi Anschober – du weißt das ganz genau –, haben im Nationalrat angebo­ten und haben ein eigenes Gesetz vorgelegt, wie all das, was zum Beispiel Landeshaupt­mann Doskozil, was der Wiener Bürgermeister, was die gesamte Ostregion braucht, gemeinsam zu retten ist , nämlich: durch Eingangstestung in den Handel. (Beifall bei der SPÖ.) Das haben wir vorgeschlagen, und jetzt kommt es (in Richtung ÖVP blickend): Wo ist denn der Mantra-Mann – der Herr Köck –, der ja heute wie ein Mantra gesprochen hat? Es fruchtet aber nicht. (Bundesminister Anschober: Mantras sind nicht immer schlecht!) Mantras sind auch gut, aber manchmal kann die allzu häufige Wiederholung das Gegenteil bewirken. Wir haben weder von der türkisen noch von der grünen Seite auf unseren Vorschlag: Machen wir einen Schulterschluss, retten wir den Eingangstest in den Handel!, eine Antwort erhalten. (Beifall bei der SPÖ.) Damit hätten wir gemeinsam und einfach eines der größten Probleme, das jetzt offenbleibt, lösen können.

Es geht aber um das Epidemiegesetz. Dieses Epidemiegesetz, das bleibt – das bleibt! ‑, und alle seine Auswirkungen bleiben. Wenn diese Krise vorbei ist – hoffentlich! –, dann bleibt dieses Epidemiegesetz. Wir hatten so ein gutes Epidemiegesetz aufgrund von zwei Erfahrungen – der Spanischen Grippe und der Kinderlähmung – 1950 abgefasst. Das hat diese Regierung einfach zerstört. Was wir jetzt haben, ist ein Fleckerlteppich von Covid-Gesetzgebungen, bei dem man sich in Wirklichkeit nicht mehr auskennt. Wir haben hier als gesetzgebende Körperschaft ein Gesetz zu beurteilen, das auf Jahre – wenn nicht ein Jahrzehnt – weiterwirken wird. Da können wir nicht sagen: Da machen wir jetzt die Augen zu!, oder wie Herr Köck sagt: Na, gebt euch doch einen Ruck! – Das geht so nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum einen werden darin Grundrechte verletzt.

Zweitens – und jetzt kommt es, das ist hier überhaupt nicht diskutiert worden –: der Da­tenschutz. Warum, liebe türkise Gemeinde und liebe Grüne dazu, schreibt ihr dort hinein, dass ihr nicht nur die positiv, sondern auch die negativ Getesteten registrieren wollt? Wer in aller Welt braucht die Namen und Adressen jener, die negativ getestet wurden? – Genau niemand.

Der Datenschutzbeirat im Bundeskanzleramt hat das auch schon heftig kritisiert. Das ist ja noch im Nachhinein hineingeschrieben worden, also irgendein Schlaufuchs hat ge­sagt: Jetzt holen wir uns noch ein bisschen mehr Daten! Wir sind ja aber keine Börse, wir machen keinen gläsernen Menschen. Gesundheitsdaten sind extrem sensible Da­ten – nämlich für alles: in der Arbeitswelt, im Privaten und so weiter. – Bitte passt auf die Gesundheitsdaten auf! (Beifall bei der SPÖ.)

Drittens: Warum das Epidemiegesetz? – Aus demokratiepolitischen Gründen! Wir hier sind die, die Gesetze machen. Wir leben nicht in einer Verordnungsdemokratie, sondern die Parlamente haben die Gesetze zu machen, es ist unser Job. (Beifall bei der SPÖ.) Jeder Bürger und jede Bürgerin müsste sonst sagen: Wofür bekommt ihr eigentlich be­zahlt? Macht ihr denn nicht die Gesetze? Tretet ihr das alles ab, sodass irgendwelche Verordnungen dabei herauskommen, die irgendwelche Dinge konkretisieren, die so nicht zu konkretisieren sind?

Dann kommt der letzte Punkt: Wenn euch die Grundrechte, der Datenschutz und die Demokratie noch nicht genügen, dann, liebe Leute, die vielleicht auch zuhören oder zusehen, gibt es noch verfassungsrechtliche Fragen. Gerade die letzte Frage war eine verfassungsrechtliche Frage. Wir sind kein Staat der Verordnungen. Wir sind ein Staat mit Gesetzen, die klipp und klar sind, und dazu haben wir einen Nationalrat und einen Bundesrat, und so ist das ordentliche Gesetzwerdungsverfahren. (Beifall bei der SPÖ.)

Lieber Rudi Anschober, ich habe schon viele Komplimente gesagt, jetzt sage ich kein Kompliment. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Anschober.) – Muss auch sein! 2020 kam unser Minister Anschober auf die Idee – nicht aus religiösen Gründen, wie das der Papst macht, sondern aus anderen Gründen –, einen Ostererlass auszugeben. Den hat er aus wichtigen und richtigen Gründen zurückgenommen, denn wie wir zu Hause sind, geht Nehammers Flex – sprich: die Polizei – nichts an. Dieser Ostererlass ist aber jetzt indirekt in diesem Epidemiegesetz drinnen, und das wollen wir nicht. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Ich weiß, jetzt kommt schon das rote Licht (auf die rot blinkende Lampe auf dem Red­nerpult deutend), Herr Gesundheitsminister, jetzt muss ich es ein bisschen schneller ma­chen. Den grünen Pass betreffend haben wir im EU-Ausschuss – Kollege Steiner, viel­leicht habt ihr es im Gesundheitsausschuss auch gemacht – einmal eines geklärt – das in Richtung Köck und so weiter (in Richtung ÖVP weisend) –: Der grüne Pass ist keine Erfindung der österreichischen Bundesregierung. Sprecher des Bundeskanzleramts ha­ben im EU-Ausschuss gesagt: Nein, das kommt von Griechenland und Zypern! – Also da kommt es einmal her. (Vizepräsidentin Hahn übernimmt den Vorsitz.)

Zweitens: Die Kommission sagt, das Allerschlimmste wäre, wenn jetzt jedes Mitglieds­land eine nicht einheitliche Regelung macht. Lieber Herr Gesundheitsminister, das Aller­schlimmste bei 6 Prozent Geimpften ist, wenn wir die Kluft in einer Gesellschaft noch größer machen. Die ist ja schon so groß zwischen jenen Menschen, die keine Arbeit haben, und jenen, die Arbeit haben, zwischen jenen Menschen, die in Kurzarbeit sind, und jenen, die es nicht sind, zwischen jenen, aus deren Familienverband schon jemand gestorben ist, und jenen, die noch keinen derartigen Verlust erlitten haben. Wie viele Klüfte verträgt eine Gesellschaft? Das geht einfach nicht mehr, und wir können nicht sagen: Für 6 Prozent, für 7 oder für 10 Prozent machen wir ein Privileg! Ihr könnt reisen, wohin ihr wollt! – Das geht nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Bevor wir zum Ende kommen (auf seinem Smartphone tippend) – ich habe das Handy extra mitgenommen, ich sage auch gleich, warum –: (Ruf: ... Smiley ...?) – Nein, nicht wegen der Smileys.

Heute gab es ja eine Sitzung des Hauptausschusses. Liebe Leute, alles, was wir wollen, ist Klarheit. Was wir nicht wollen, ist, dass man für den Alltag ein Handbuch braucht, in dem steht, wie man zu leben hat.

Aber was ist jetzt (von seinem Smartphone vorlesend) der Inhalt? – Es gibt eine Ver­längerung der allgemeinen Auflagen wie Zutrittstests und Abstand bis 25. April. Und es gibt eine Verlängerung der Ausgangsbeschränkung bis 10. April – und nicht bis 13. April, das muss man nur wissen. Für Österreich ohne die Ostregion gilt für die Kontakte: vier plus sechs aus zwei Haushalten. Haben wir es noch? – Gut.

Im Osten gibt es jetzt aber eine ganztägige Ausgangsbeschränkung für Niederösterreich und das Burgenland vom 1. bis einschließlich 6. April. Das gilt auch für Wien, aber für Wien gilt das von 1. bis 10. April. Braucht ihr das zum Mitschreiben? Das alles sollen die Menschen zu Hause wissen. (Zwischenruf der Bundesrätin Eder-Gitschthaler.)

Auch die Beschränkung von Kontakten vier plus sechs aus zwei Haushalten gilt aber nicht im Osten. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Ich kann das jetzt noch weiter vorlesen, aber ihr wollt wahrscheinlich nicht mitschreiben. Ihr könnt euch bei mir melden, dann kann ich euch das zukommen lassen.

Das ist nicht das, was wir unter Klarheit verstehen. Was wir auch nicht verstehen, ist, dass Menschen, die sich an ein so kompliziertes Kompendium an Regeln für den Alltag vielleicht nicht immer ganz genau halten, bestraft werden. Das brauchen wir nicht. (Bei­fall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Ofner.)

Kommen wir noch zu zwei Dingen: Ich weiß nicht, ob der Herr Gesundheitsminister mit uns eine Klärung durchführen will. Ich weiß, ihr habt heute eine Geheimklausel unter­schrieben. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Anschober.) – Die APA sagt, ihr habt eine Geheimklausel. Vielleicht hat das ja nur der Herr Bundeskanzler unterschrie­ben. Bekommen wir eine Million Dosen Sputnik V oder nicht? Offensichtlich ist das in drei Tranchen ausgehandelt. Ist es richtig, dass Österreich auf 1,5 Millionen Dosen John­son & Johnson verzichtet hat?

Und die letzte Sache ist – das muss ich jetzt zu euch sagen: – diese Astra-Zeneca-Het­ze: Das größte Drama ist dieser Impfstoff. Das ist nämlich der einzige Impfstoff, den keine Pharmafirma, sondern die University of Oxford entwickelt hat. An dieser Universität wurde ein sehr guter Impfstoff entwickelt, und man hat den dann an eine Pharmafirma gegeben, und zwar mit einer einzigen Auflage: Mit unserer Forschung dürft ihr keine Gewinne machen! – Wen stört das? Alle anderen Pharmafirmen, die etwas verdienen wollen. Deshalb wurde von Anfang an gegen diesen wirklich guten Impfstoff Hetze be­trieben.

Natürlich hat Astra Zeneca einen Fehler gemacht. Man hat bei der ersten Untersuchung die älteren Menschen vergessen. Allerdings muss man auch das ganze Mobbing im Hintergrund sehen. Dann kam die EMA-Entscheidung: nur bis 65 Jahre. Dann wurde das revidiert und so weiter. Trotzdem ist Astra Zeneca ein guter Impfstoff, und wir sollten da kein Mobbing betreiben.

Herr Bundesgesundheitsminister, wir werden dem Epidemiegesetz nicht zustimmen – das ist keine Überraschung –, aber all die anderen Maßnahmen hätte die Regierung, und das war unser Angebot, mit uns machen können. Die Regierung hat es aber abge­lehnt. Es ist nicht unsere Verantwortung – das sage ich auch in Richtung des Herrn Köck und auch anderer. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.34

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster ist Herr Bundesrat Markus Lein­fellner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.