20.06

Bundesrätin Mag. Bettina Lancaster (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Herr Minister! Werte Bundesratskolleginnen und -kollegen! Sehr geehrte Zuse­herinnen und Zuseher vor dem Livestream! Das Animal-Health-Law-Paket der EU ist in bestehende nationale Gesetze einzuarbeiten. Betroffene nationale Gesetzesmaterien sind das Tierseuchengesetz, das Tiergesundheitsgesetz und das Bienenseuchenge­setz.

Mit der vorliegenden Veterinärrechtsnovelle 2021 unternimmt die Regierung – unterneh­men Sie, Herr Minister – nun einen Versuch, diese Verankerung von EU-Recht auf natio­naler Ebene zu bewerkstelligen. Die Betonung liegt auf Versuch, da die Umsetzung äu­ßert mangelhaft ist.

Ein Blick zurück: Die Verordnung (EU) 2016/429, so die formale Bezeichnung, wurde bereits am 31. März 2016 im Amtsblatt der Europäischen Union verlautbart. Die Mit­gliedstaaten erhielten eine Übergangsfrist von fünf Jahren, um die nötigen Durchfüh­rungsbestimmungen in ihren nationalen Gesetzen und Verordnungen zu verankern. Die letzten zentralen Rechtsakte zur Durchführung des Basisrechtsaktes sind zwar erst En­de Dezember 2020 veröffentlicht worden, aber: Hätten Sie nicht sinnvollerweise in Vor­bereitungsarbeiten gehen können? – Die letzten Rechtsakte hätten dann nur noch final eingearbeitet werden müssen. Die Veterinärbehörden der Bundesländer haben das zu­ständige Ministerium mehrmals sehr deutlich auf die Notwendigkeit dieser Anpassung hingewiesen. Beachtung haben sie jedoch wenig erhalten – so unsere Wahrnehmung.

Wie gesagt, die Zeit wurde nicht genützt. Es wurden keine sichtbaren Vorbereitungsar­beiten geleistet. Auf eine Begutachtung wurde wieder einmal verzichtet. Im rasch zusam­mengezimmerten Initiativantrag wird dann die Verantwortung für die eigenen Unzuläng­lichkeiten auf die EU-Ebene gehievt – ein bewährtes Prinzip der jetzigen Regierung. Schuld sind die anderen und am besten ist es Brüssel. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie geht es weiter damit? – Die Landesbehörden, die die Maßnahmen der EU-Verord­nung und der darauf basierenden delegierten und Durchführungsverordnungen in mit­telbarer Bundesverwaltung zu vollziehen haben, werden am 21. April 2021 viele Vorga­ben der EU-Rechtsordnung aufgrund fehlender nationaler Durchführungsbestimmungen nicht vollziehen können beziehungsweise sehen sich die normunterworfenen Bürger mit EU-Rechtsbestimmungen konfrontiert, die zum Teil den weiter geltenden nationalen Be­stimmungen widersprechen.

Hier ein konstruiertes Beispiel dazu: In Wien und auch in den umgebenden niederöster­reichischen Bezirken werden den Veterinärbehörden immer wieder Ausbrüche von New­castle Disease bei Brieftauben gemeldet. Der Grund dafür ist, dass der Erreger dieser Krankheit in der Population der verwilderten Stadttauben kursiert und es beim Kontakt mit diesen Tieren zu Übertragungen auf die gehaltenen Brieftauben kommen kann. Die derzeit anwendbare nationale Norm zur Bekämpfung der Krankheit sieht vor, dass bei Feststellung dieser in einem Brieftaubenbestand die Tiere mindestens sechs Tage zu isolieren sind und im Anschluss daran der Taubenschlag sowie alle Geräte und Ein­richtungsgegenstände zu reinigen und zu desinfizieren sind. Auf die bei anderen Vogel­arten, wie zum Beispiel Hühner, verpflichtende Tötung der Tiere wird ausdrücklich ver­zichtet. Die ab dem 21. April 2021 anwendbaren EU-Rechtsbestimmungen sehen jedoch bei Ausbruch dieser Krankheit in einem Brieftaubenbestand verpflichtend die Tötung der Tiere vor. Diese sich widersprechenden Vorgaben in einer Situation handhaben zu müssen, in der sofortiges Handeln von den Veterinärbehörden gefragt ist, ist unzumut­bar. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist daher auf jeden Fall nötig, im Sinne der vollziehenden Veterinärbehörden als auch der betroffenen Tierhalter für Rechtssicherheit zu sorgen, indem wenigstens jene nationalen Rechtsnormen, die den Vorgaben des EU-Rechts widersprechen, außer Kraft gesetzt werden. Wir von der sozialdemokratischen Fraktion können dieser Novelle nicht zustim­men. Herr Minister, sorgen Sie raschest für die Rechtssicherheit und lassen Sie die Be­hörden mit der akribischen Suche nach Rechtsfindung nicht allein! – Danke für Ihre Auf­merksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

20.12

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Andreas Lackner. – Herr Bundesrat, bitte.