12.13

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren zu Hause via Livestream! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit Desi beginnen, das ist Ihnen sicherlich ein Begriff: der Digital Economy and Society Index der Europäischen Kommission, also der Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft.

Dieser Index ist nämlich hochinteressant, denn wenn man jetzt die vorangegangenen Reden mitverfolgt hat und da den Jubelschreien sozusagen gefolgt ist, wird man schnell merken, dass Österreich in Wahrheit im europäischen Mittelfeld liegt und kein bisschen weiter vorne.

Desi untersucht immerhin fünf Bereiche, was die gesamte Digitalisierung betrifft. Allein in zwei von diesen Bereichen befindet sich Österreich etwas über dem EU-Durchschnitt, nämlich bei den Humanressourcen und bei den digitalen Diensten. Das heißt, wir schnei­den im europäischen Vergleich gut ab, was das E-Government betrifft, was Onlinever­fahren betrifft, Onlineformulare, digitale Ausweise und dergleichen – wir haben es heute schon gehört –, die Bürgerkarte beispielsweise, ebenso aber auch beim Humankapital. Da liegt Österreich eben erfreulicherweise deswegen über dem EU-Durchschnitt, weil wir, gerade was digitale Fähigkeiten und IT-Spezialisten, die wir in unserem Land haben, betrifft, sehr gut aufgestellt sind.

Was aber das Breitband betrifft, also die 4G-Abdeckung und insbesondere Netze mit sehr hoher Kapazität, ist Österreich – ja, kann man schon fast sagen – zwar nicht Schlusslicht, aber aus meiner Sicht ein Nachhilfeschüler. Mit Rang 22 von 27 besteht nicht nur aus meiner Sicht also noch wirklich großer Aufholbedarf. Dabei hat man bereits in der letzten Breitbandstrategie 2020 angekündigt, dass eine flächendeckende Versor­gung mit ultraschnellen Anschlüssen bis 2030 gewährleistet sein soll.

Ich muss auch darauf hinweisen, wir haben es heute auch schon gehört: Die Krise hat uns im vergangenen Jahr ganz, ganz deutlich vor Augen geführt, wie bedeutsam eine digitale Infrastruktur in Wahrheit für das Homeoffice, für Homeschooling et cetera ist. Ohne gute Bandbreiten ist dieses sinnvolle digitale Arbeiten nur schwer möglich und wirklich sehr, sehr mühsam für alle Betroffenen.

Sie können sich vielleicht nicht wirklich vorstellen, wie schwierig es ist, zum Beispiel eine Onlineunterrichtsstunde abzuhalten, wenn man ständig Dinge hört wie: Frau Lehrerin, ich kann Sie gerade nicht hören, mein WLAN ist so schlecht. Oder: Könnt ihr meinen Bildschirm sehen? Nein, schon wieder nicht? Oje! Meine Mama und mein Papa machen auch gerade Homeoffice, ich muss die Kamera abdrehen, denn sonst haut es mich aus dem WLAN. – Das sind Originaltöne, die ich tagtäglich in meiner Schulpraxis erleben darf. (Beifall bei der SPÖ.)

Dabei hat die Frau Ministerin noch Mitte Jänner ganz stolz präsentiert: Jeder zweite Haushalt ist mit 5G abgedeckt. – Ja, aber!, kann man da nur sagen. Ich habe mir den Breitbandatlas, der erst kürzlich – auch recht stolz – präsentiert und relauncht wurde, einmal ganz genau angeschaut, und ich komme – noch einmal eigentlich – zu einer Erkenntnis (eine Abbildung aus dem Breitbandatlas zum Mobilfunknetz in Österreich in die Höhe haltend): Nach superschnellem Internet sucht man besonders im Mobil­funk­netz vergeblich.

Ich habe mir das genauer angeschaut: Ich finde kein einziges Kasterl im Raster, keine Region mit einer Downloadrate von über 1 Gigabit, kein einziges Kasterl im gesamten öster­reichischen Bundesgebiet. Beim Festnetz schaut es etwas besser aus (eine Abbildung aus dem Breitbandatlas zum Festnetz in Österreich in die Höhe haltend), aber auch da bestätigt sich das Bild des Desi: Aufholbedarf an allen Ecken und Enden. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt wollte ich es aber noch genauer wissen und habe bei mir zu Hause einmal einen Netztest durchgeführt. Es hat sich herausgestellt: Ich habe eine Downloadrate von 7,4 Megabit pro Sekunde und eine Uploadrate von 0,63 Megabit pro Sekunde. In Ampelfarben dargestellt wäre das gelb und rot.

Also ich bin jetzt nicht unbedingt die große Technikerin, aber ich habe das Gefühl: 5G und ultraschnell ist das nicht, ganz im Gegenteil. Ich wohne auch nicht irgendwo in der Peripherie, ich wohne im Speckgürtel von Wien. Also jetzt wundert es mich nicht, dass gerade das Homeschooling, der Videounterricht manchmal so schwierig durchzuführen ist, wie es inzwischen ist.

Auch auf der Homepage der Nögig, der Niederösterreichischen Glasfaserinfrastruktur GmbH, habe ich nachgeschaut: Wo ist denn in meiner Umgebung Glasfaser verfüg­bar? – Siehe da: in einer Gemeinde von 22 im gesamten Bezirk, in dem ich zu Hause bin.

Weshalb erwähne ich das alles? – Weil ich mir große Sorgen mache. Ich mache mir Sorgen, dass in Österreich eben nicht alle Menschen gleichermaßen Zugang zu digitaler Infrastruktur haben, Zugang zu Informationen, zu Medien haben und die Möglichkeit haben, im Homeoffice zu arbeiten. Ich mache mir Sorgen, dass der Digital Divide, also die digitale Kluft, noch weiter aufgeht.

„Der Standard“ hat auch darauf hingewiesen, dass diese 50 Prozent Netzabdeckung zwar vielleicht gegeben sind, aber genutzt werden sie nicht, abgerufen werden sie nicht. Es wird nicht nachgefragt. Warum? – Auch dazu wieder ganz tagesaktuelle Daten: 100 Euro pro Monat für den Endkunden, für den Privathaushalt, um schnelles Internet nutzen zu können – das ist für viele Familien ein riesengroßer Teil ihres monatlichen Budgets.

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Frau Vizepräsidentin, die Redezeit ist erschöpft. Ich bitte, zum letzten Satz zu kommen.

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (fortsetzend): Ich komme daher schon zum Schlusssatz: Wir müssen wirklich darauf achten, hier die Kluft nicht weiter auseinander­klaffen zu lassen.

Eines darf ich Ihnen schon noch mitgeben: Vielleicht weniger auf den PR-Turbo setzen, frei nach Elvis Presley formuliert: A little less PR-Aktionismus, a little more action, please. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei BundesrätInnen der FPÖ.)

12.19

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. Ich erteile es ihr.