17.18

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Kanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundeskanzler, ich verstehe schon, dass diese Anfrage von den Sozialdemokraten an Sie gerichtet ist. Schließlich und endlich stehen Sie an der Spitze des Landes, dieser Regierung, bei Ihnen laufen alle Fäden zusammen. Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt: Wie die Marionetten werden die Regierungsmitglieder herumgejagt. Sie sind derjenige, der die Linie vorgibt. Das Thema ist ressortübergreifend, und darum sind auch Sie für uns der Haupt­verant­wort­liche für die momentane Murkspolitik, egal in welchem Ministerium herumgewurschtelt wird. Momentan hat man das Gefühl, dass außer Versprechungen und Ankündigungen, außer leeren Worthülsen nicht viel kommt. Das Thema dieser Anfrage, Familie, trifft es ja genau: wie die Familien, die Kinder in über einem Jahr Coronapandemie belastet worden sind.

Was mir jetzt ganz, ganz erschreckend und frisch in Erinnerung ist, worauf ich bei diesem Thema hauptsächlich eingehen möchte, ist das Frauenthema. Von den schrecklichen Ereignissen der vergangenen Tage, der vergangenen Monate hätte vielleicht das eine oder andere vermieden werden können, wenn man früher reagiert hätte. Wir mussten heute Nacht Frauenmord zehn und Frauenmord elf erleben, Morde, die, wie ich gesagt habe, vielleicht hätten vermieden werden können. Österreich ist mit 11 Frauenmorden trauriger Spitzenreiter in Europa, aber alle Anträge, die die Opposition seit Beginn der Pandemie eingebracht hat, damit Verbesserungen der Situation der Frauen umgesetzt werden, wurden vertagt oder abgelehnt.

Wir Freiheitliche sind nicht mehr bereit dazu, zuzuschauen, wie die Regierung immer nur redet und nicht handelt. (Beifall bei BundesrätInnen der FPÖ.) Konkrete Schritte und Maßnahmen braucht unser Land und nicht immer nur Reden. Diese Ankündigungspolitik ist unerträglich geworden, die kennen wir zur Genüge. Wenn man das Problem nicht erkennt oder nicht erkennen will, dann ist es halt schwierig, dass man Lösungen findet.

Dass man dann immer wieder alte Ankündigungen aufwärmt, haben wir ja auch jetzt nach einem traurigen Anlassfall gesehen: Minister Mückstein und Frau Maurer wollen eine Kampagne gegen Gewalt an Frauen haben. – Ja, das haben wir schon 2020 im Zuge des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen gehabt, aber da ist dann nichts mehr weiter geschehen, da hat es halt dann eine Kampagne gegeben, und dann war nichts mehr. Zadić und Raab kündigen einen runden Tisch an. Den hat es aber auch schon im November 2020 gegeben, und seither ist wieder nichts geschehen.

So kann man Probleme nicht lösen: wenn man nur Ankündigungen von einem Jahr ins andere mitnimmt. Was letztes Jahr schon angekündigt wurde, wird dieses Jahr einfach wieder angekündigt. Wir brauchen klare Lösungen, und wir brauchen Handlungen.

Bereits unter Innenminister Herbert Kickl hat es Handlungen und Lösungen gegeben. Er war es, der eine Screeninggruppe im BKA eingerichtet hat, um Muster zu erkennen, wenn Gefährdungen entstehen, aber anscheinend ist diese ganze Geschichte unter Minister Nehammer eingeschlafen. Nach dem elften Frauenmord im heurigen Jahr fehlt es im Gewaltschutz weiterhin an durchdachtem Konzept und wirksamen Maßnahmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich darf nur daran erinnern, dass die türkis-blaue Regierung bereits 2018 die Taskforce Strafrecht eingerichtet hat. Da hat sich dann Frau Edtstadler noch hingestellt, hat groß­artig präsentiert und groß angekündigt. Es ist auch am 13. Februar 2019 ein 20-seitiges Papier präsentiert worden, aber angekündigt – ich habe jetzt nachrecherchiert – ist das 2019 worden, 2020 ist angekündigt worden und jetzt, 2021, wieder.

Was ist denn daraus geworden? Was ist denn besser geworden, bitte? In dem Papier stehen zwei verschiedene Arten von Maßnahmen: solche, die durch Gesetzesänderung umgesetzt werden könnten, und solche, die einfach auf kurzem Weg im Ministerium gemacht werden könnten, die übrigens den größten Teil ausmachen. Jetzt frage ich Sie schon, Herr Kanzler: Hat Frau Edtstadler diese Ankündigung umgesetzt? Falls nicht, warum nicht?

Es zieht sich aber – ich habe es bereits gesagt: eine Querschnittsmaterie – durch fast alle Ministerien durch, dass zwar Frauenthemen und Präventionsmöglichkeiten da wä­ren, aber nichts umgesetzt wird.

Justizministerium: Da wurde zugesagt, die Exekutionsordnung dahin gehend zu refor­mieren, dass einstweilige Verfügungen auch nach einem Wohnsitzwechsel noch gelten. Da geht es um jene einstweiligen Verfügungen, die nach einem ausgesprochenen Betre­tungs­verbot verhängt wurden. Es geht auch um Verfahren nach dem Unterbringungs­gesetz, bei denen es um psychisch kranke Menschen oder Menschen mit Anzeichen von Selbst- oder Fremdgefährdung geht, darum, dass man dann auch andere Stellen, Behörden informiert, wie zum Beispiel Waffen- oder Führerscheinbehörden. Herr Kanz­ler, wurden diese angekündigten Maßnahmen, welche Ministerin Zadić vor mehr als zwei Jahren präsentiert hat, umgesetzt? Falls nicht, warum nicht?

Wir kommen zum Bildungsministerium. Angekündigt wurde ein verbesserter Aufklä­rungs­unterricht, der insbesondere darauf Wert legt, dass Jugendliche erkennen, was denn genau unter Freiwilligkeit beim Geschlechtsverkehr zu verstehen ist, weil es offenbar in manchen Milieus, sage ich jetzt einmal, sehr weite Interpretationen dieses Begriffs gibt. Versprochen wurde auch ein Leitfaden zum Umgang mit Cybermobbing, kinderpornographischen Darstellungen, Gewaltvideos an Schulen. Wissen Sie, Herr Kanzler, ob diese versprochenen Maßnahmen von Minister Faßmann umgesetzt wur­den? Falls nein, warum nicht? (Beifall bei der FPÖ.)

Weiter zu Ihnen ins Bundeskanzleramt und zu den dort ansässigen Ministerien: Die Frauenministerin hat angekündigt, dass besonders gefährdeten Frauen der Wechsel in ein Frauenhaus in einem anderen Bundesland ermöglicht wird. Das wäre ja eine besonders wichtige Maßnahme. Was mich an dieser Geschichte aber ärgert, ist, dass die ganze ÖVP österreichweit anscheinend die Augen zumacht, wenn in Salzburg mit ÖVP-Regierungsbeteiligung die Strukturen des Salzburger Frauenhauses komplett zerstört werden. Es wurden alle Mitarbeiter gekündigt – wir haben eine NEOS-Lan­desrätin –, also das ist das Übelste. Die ganze Struktur der Frauenhäuser wurde zerstört, alle Mitarbeiter wurden gekündigt. Leidtragend sind die Hilfe suchenden Frauen. (Beifall bei der FPÖ.) Ich empfinde es als Armutszeugnis, dass man da redet, dass man zuschaut. Wo sollen denn die Frauen hingehen, bitte? Das ist alles zerstört worden.

Versprochen worden ist auch ein dreistelliger Opfernotruf. Ein weiteres Versprechen betrifft flächendeckende Fachberatungsstellen bei sexueller Gewalt, damit es wenigstens das in allen Bundesländern flächendeckend gibt. Da hat es ja letztlich noch Mängel in Niederösterreich, im Burgenland, in Kärnten und Vorarlberg gegeben. Ebenfalls ganz wichtig sind die Übergangswohnungen.

Jetzt frage ich Sie, Herr Bundeskanzler: Wurden diese Schritte von Ihnen und von Ministerin Raab umgesetzt? Falls nicht, warum nicht?

Innenministerium: Da wurde die Ausweitung des Betretungsverbots auf ein Annähe­rungsverbot ja bereits von Minister Kickl – der hat ja Gott sei Dank immer Nägel mit Köpfen gemacht – umgesetzt und dann auch abgestimmt. Was noch offen ist, was mo­mentan aber versprochen wird: die Etablierung der sogenannten dritten Gewaltschutz­säule, die beinhaltet, dass es bundesweit Gewaltschutzzentren gibt.

Offen sind auch: in Zusammenarbeit mit den Gewaltschutzzentren verbesserte Gefähr­dungseinschätzung und Sicherheitsplanung sowie verbindliche Fallkonferenzen mit allen zuständigen Organisationen.

Herr Kanzler, haben Sie geschaut, ob Minister Nehammer diese Versprechen und die weiteren Versprechen, die im Zuge der Taskforce Strafrecht gemacht wurden, umgesetzt hat? Falls nicht, warum ist das nicht umgesetzt worden? (Beifall bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Wir kommen zum Außenministerium. Da wurde ein spezielles Beratungsangebot zum Themenkreis Gewalt im Namen der Ehre versprochen. Es geht dabei etwa um Ehren­mord oder Zwangsheirat. Das Außenministerium wollte ja gemeinsam mit einschlägigen Organisationen in der operativen Arbeit einen stärkeren Fokus auf die Gewaltprävention bei Männern und Jugendlichen legen, für die das zur Natur gehört, weil Gewalt im Namen der Ehre ja oft ein Symbol für Männlichkeit ist. Das steht so in dem Taskforce­papier. Herr Kanzler, hat Herr Minister Schallenberg das umgesetzt? Was ist damit ge­schehen? Falls nicht, warum nicht?

Sie sehen, Herr Kanzler, Sie hätten jede Menge Arbeit. Eigentlich sollte diese Arbeit schon lange erledigt sein, weil es von Ihrer Seite seit über zweieinhalb, drei Jahren, versprochen wird.

Gewalt an Frauen gibt es ja nicht erst seit diesen elf Morden im heurigen Jahr. Wir hätten da vielleicht etwas verhindern können, und es ärgert mich so, dass da nichts weiter­gegangen ist. (Beifall bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Wie ich eingangs erwähnt habe, sind Sie dafür verantwortlich, dass alle Ministerien reibungslos funktionieren. Es wäre wesentlich gescheiter, Ihre Energie dafür einzu­setzen, die angekündigten Versprechungen umzusetzen.

Es darf in diesem Land keine Frau mehr Gewalt oder gar einem Mord ausgesetzt wer­den, nur weil wir eine Regierung haben, die schläft beziehungsweise alles verschläft. Das darf es nicht mehr geben. All die Krokodilstränen, die dann vergossen werden, wenn wirklich ein Unglück passiert, könnt ihr euch bitte bei diesen Vorfällen sparen. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu glauben, dass man irgendwann unverletzlich wird, wenn man nach einer Verletzung ein Pflaster aufklebt, reicht in der Debatte rund um Gewalt an Frauen einfach nicht. Das dient höchstens der Symptomlinderung, aber keinesfalls der Ursachenbekämpfung.

Seit Beginn der Coronapandemie warnen wir Freiheitliche davor, dass es durch all die Lockdowns, durch das Einsperren der Menschen zu Spannungen in den Familien kommen wird. Zahlreiche Studien belegen ja mittlerweile schon, dass die Gewalt in den Familien dramatisch zugenommen hat, weil die aktuelle Lebensrealität die Familien einfach unheimlich belastet: Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Geldsorgen.

Die Leidtragenden sind die Kinder, die Jugendlichen. Die trifft es besonders hart. Kinder müssen nämlich die Spannungen, die Streitereien der Eltern miterleben. Sie sind oftmals selbst Opfer von Gewalt, und einige dieser Kinder wurden in den letzten Wochen und Monaten zu Waisen oder Halbwaisen gemacht. Die Kinderpsychiatrien sind übervoll, und es müssen Triagen gemacht werden.

Die völlig überzogenen Coronamaßnahmen dieser schwarz-grünen Regierung haben das Aufstauen und das Aufbauen von Aggressionen verstärkt und dazu beigetragen, dass den Menschen die Decke auf den Kopf fällt und dass sie nicht mehr können. Die Menschen haben die Nase gestrichen voll von Ihren Maßnahmen und von Ihren Experimenten. Die Menschen wollen endlich wieder frei leben, ohne Zwang, ohne Druck, ohne Drohungen oder Bestrafungen durch diese schwarz-grüne Bundesregierung. Was uns ganz wichtig ist: Geben Sie den Kindern ihr Lachen wieder zurück! (Beifall bei der FPÖ.)

17.31

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Ich darf bei uns im Plenum unsere Frau Bundesminister Margarete Schramböck begrüßen. – Herzlich willkommen!

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl. Ich erteile ihr dieses.