20.56
Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Liebe Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher! Beim Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission im justiziellen Bereich möchte ich auf die Überarbeitung der EU-Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt eingehen. Laut Bericht gibt es noch keine Aussage zur Haltung Österreichs, aber eine solche findet sich im Regierungsabkommen und in Äußerungen der Justizministerin.
Vorweg: Die Gesellschaft schützt Rechtsgüter durch gerichtliches Strafrecht erst dann, wenn ihr diese Güter besonders wichtig sind oder mit anderen Mitteln nicht das Auslangen gefunden werden kann. Verwaltungsstrafen reichen offensichtlich nicht aus, um die Umwelt effektiv vor langfristigen Schädigungen zu schützen. Ganz im Gegenteil: Sie werden oft betriebswirtschaftlich einkalkuliert, weil die Übertretung Wettbewerbsvorteile mit sich bringt. Die Kosten der Beseitigung von Umweltschäden und die vielleicht über Generationen gehenden Auswirkungen von Umweltdelikten trägt aber die Allgemeinheit.
Die Bedeutung des Rechtsguts Umwelt als Lebensgrundlage für alle Menschen macht den strafrechtlichen Schutz der Umwelt so wichtig. Es braucht also ein effektives Umweltstrafrecht, um einerseits umweltschädigendes Verhalten zu sanktionieren, aber vor allem, damit andererseits umweltschädigendes Verhalten vermieden wird. Dafür ist der Aspekt der Abschreckung notwendig: drohende Freiheitsstrafen, hohe Geldstrafen und ein Strafregistereintrag, die weit abschreckender als verwaltungsrechtliche Konsequenzen sind. Das erzeugt generalpräventive, also vorbeugende Wirkung.
Die Regierung hat sich im Koalitionsabkommen dazu bekannt, das Umweltstrafrecht zielsicher zu machen, um verstärkt gegen Umweltkriminalität aufzutreten, zum Beispiel durch bessere Anwendung des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes, durch mehr Kontrollen, durch Bündelung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungskompetenzen und auch durch eine bessere Ausbildung der RichterInnen im Umweltstrafrecht. Das Justizministerium will darüber hinaus Rechtsetzung und Vollzug besser aufeinander abstimmen.
Die EU-Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt wird gerade evaluiert, und man kommt dabei auch zu dem Schluss, die verstärkte Kompetenz der EU im Bereich des Strafrechts auch im Umweltstrafrecht besser zu nutzen und strafrechtliche Vorschriften mit anderen grünen Initiativen besser zu koordinieren.
Ein Hauptaugenmerk der Überarbeitung der EU-Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt soll auf der Harmonisierung des Umweltstrafrechts in den Mitgliedstaaten liegen, die noch nicht so ganz gelungen ist. Manche Staaten haben hohe, manche haben weniger hohe Umweltstandards. Letztere bedienen wirtschaftliche und damit auch immer politische Interessen. Daher sollen die Definitionen von Umweltstraftaten und das Strafmaß vereinheitlicht werden und die Sanktionen auf mehr und neue Bereiche der Umweltkriminalität erweitert werden, denn es ist klar: Es braucht gleiche Rahmenbedingungen, auch im Hinblick auf grenzüberschreitende Emissionen.
Die Effektivität des Vollzugs des Umweltrechts und der Prävention von Umweltkriminalität hängt aber auch stark von den eingesetzten Ressourcen ab. Daher, besagt die Evaluierung der EU-Richtlinie, bedarf es ausreichend vieler Sachverständiger und spezialisierter UmweltbeamtInnen, spezialisierter Polizeieinheiten, spezialisierter Staatsanwaltschaften und entsprechend ausgebildete RichterInnen sowie öffentlich zugängliche Daten und Statistiken zu Umweltkriminalfällen und Kontrollen. Das braucht es auch in Österreich. (Vizepräsident Raggl übernimmt den Vorsitz.)
Zum Umweltstrafrecht passend möchte ich abschließend noch auf etwas hinweisen: auf die Rechte der Natur. Um sich klarer vor Augen zu führen, wie existenziell die natürliche Umwelt für unser aller gutes Leben ist, wäre es folgerichtig, der Natur selbst Rechte zu geben, verfassungsmäßige Rechte zuzuerkennen. Diese sollten auch von jeder Bürgerin und von jedem Bürger, zumindest aber von Umweltschutzorganisationen, Betroffenen und Gemeinden, durchgesetzt werden können.
Manches südamerikanische Land, zum Beispiel Ecuador, hat die Rechte der Natur bereits verfassungsrechtlich verankert. Dem zu folgen wäre nicht nur ein mutiger Schritt, sondern es würde uns auch mehr Respekt und Achtung gegenüber den natürlichen Ressourcen bringen. Denken wir aber zumindest diese Idee der Rechte der Natur immer mit, wenn wir vom Umweltschutz sprechen, denn es geht nicht um die Beherrschung der Natur, sondern es geht um das Leben in und mit der Natur! – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
21.01
Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Eduard Köck. Ich erteile ihm dieses.