10.00

Bundesrätin Mag. Dr. Doris Berger-Grabner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Sehr ge­ehrte Zuschauer, die Sie zu Hause dabei sind! Ich habe in den heutigen Redebeiträgen sehr viel Konsens gehört, sehr viel Konsens bei einem äußerst wichtigen Thema.

Wir haben auch bereits gehört, nach einem virtuellen runden Tisch bei Opferschutzein­richtungen wurde ein Maßnahmenpaket geschnürt und als Sofortmaßnahme 24,6 Millio­nen Euro aufgebracht – das größte Gewaltschutzpaket der letzten Jahrzehnte. Und das ist wichtig, um auf diesen Anstieg der Femizide reagieren zu können und evidenzbasierte Maßnahmen, insbesondere Motivforschung, durchführen zu können.

Ich habe zu diesem Thema einiges recherchiert und in diesem Zusammenhang eine sehr interessante Studie einer Kriminologin der University of Gloucestershire gefunden, die ich kurz vorstellen möchte. Dabei wurden über 300 Tötungen von Frauen untersucht, und es hat sich Folgendes bestätigt: Femiziden gehen in sehr vielen Fällen häusliche Gewalt, Stalking und eine Beziehung voraus, die geprägt ist von Kontrolle, starker Eifer­sucht, psychischer Gewalt und vor allem auch einer starken Isolierung. Mehr als die Hälfte der Täter, die ihre Partnerin, Ex-Partnerin umgebracht haben, sind vorher auch polizeilich auffällig.

Experten und Expertinnen sind sich einig, dass die Ursache für Tötungen von Frauen nicht, wie medial oft dargestellt, ein vermeintlicher Migrationshintergrund oder eine psy­chische Störung des Täters ist, sondern vielmehr – auch Sie, sehr geehrte Frau Minis­terin, haben es schon erwähnt – gesellschaftlich tief geprägte patriarchale Muster und eine mangelnde Gleichstellung von Frauen.

Ich bin der Meinung, dass es nicht sein kann, dass Frauen im 21. Jahrhundert noch immer Angst haben müssen, wenn sie allein im Dunklen nach Hause gehen, dass Frau­en noch immer nicht gleichwertig von unserer Gesellschaft angesehen werden. Gewalt gegen Frauen kann nur beendet werden – auch das haben Sie schon angesprochen –, wenn Männer auch etwas dagegen unternehmen. Dazu gehört vor allem auch diese gesellschaftliche Grundhaltung, welche Gewalt an Frauen nicht toleriert, und da muss man schon bei der Erziehung im Kindesalter ansetzen.

Männer müssen mehr in die Familienarbeit eingebunden werden. Auch Männer in sor­genden Tätigkeiten, egal, ob bezahlt oder unbezahlt, verändern das Männlichkeitsbild, und das reduziert Gewalttätigkeit. Wichtig sind auch Kampagnen für Männlichkeitsbilder, die eben nicht an Härte, Dominanz und patriarchalen Vorstellungen orientiert sind, son­dern an Partnerschaftlichkeit, Beziehungsorientierung und Sorgearbeit. Ich bin deshalb sehr froh über diese Initiativen, die in diesem Bereich gesetzt werden.

Weil es wichtig und notwendig ist, zu reagieren, hat am 19. Mai in Niederösterreich ein runder Tisch gegen Gewalt an Frauen stattgefunden. Teilgenommen haben: Vertreter und Vertreterinnen aus Opferschutzeinrichtungen, der Frauenberatung, der Täterarbeit sowie der Landespolizeidirektion Niederösterreich, des Kriminalamtes Niederösterreich, der Kinder- und Jugendhilfe, der Landesgesundheitsagentur, der Schulpsychologie und der Bildungsdirektion. Dieser Teilnehmerkreis war also sehr umfangreich. Dabei ist he­rausgekommen, dass wir mehr in Richtung Prävention und Aufklärung tun müssen –auch da sind wir uns einig.

Es gibt schon zahlreiche Angebote in Niederösterreich, die wir alle zur Genüge kennen, die aber der breiten Bevölkerung dennoch oft nicht bekannt sind. Deshalb dürfen wir nicht müde werden, immer wieder auf diese Informationsmaterialien, auf die Anlaufstel­len, die es gibt, hinzuweisen.

Bei diesem runden Tisch wurde beispielsweise auch ein Handlungsleitfaden vorgestellt: Interventionskette häusliche Gewalt. In diesem wird zum Beispiel grafisch dargestellt, was auch sehr wichtig ist, an welche Einrichtungen man sich tatsächlich in prekären Situationen wenden kann und welche Informationsflüsse zwischen diesen Einrichtungen stattfinden. Dieses Informationsmaterial richtet sich nicht nur an die von Gewalt Betrof­fenen, sondern an uns alle, an die Zivilbevölkerung, es dient als Handlungsleitfaden für Menschen, die anderen, im Speziellen Frauen, helfen wollen. Es gibt auch Beispiele für diverse Fragestellungen, etwa wie man von Gewalt betroffene Personen auch darauf ansprechen kann, weil, wir haben es auch schon gehört, - -

Präsident Mag. Christian Buchmann: Frau Bundesrätin, die Redezeit ist erschöpft. Bitte um den Schlusssatz!

Bundesrätin Mag. Dr. Doris Berger-Grabner (fortsetzend): - - Betroffene vor allem mit dem Gefühl der Scham konfrontiert sind.

Nicht zu vergessen bei diesem Thema sind die Kinder. Daher ist es auch wichtig, dass diese 400 Familienberatungsstellen zusätzlich mit 2,9 Millionen Euro ausgestattet wer­den, um hier helfen zu können.

Zum Schluss eine Bitte an Sie alle: Wir dürfen nicht müde werden, immer wieder auf diese umfassenden Informationsmaterialien und Anlaufstellen, die es gibt, hinzuweisen. Wir müssen mit allen Mitteln gegen Gewalt an Frauen vorgehen, denn Ziel muss sein, dass alle Frauen und ihre Kinder in Österreich sicher sind. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.06

Präsident Mag. Christian Buchmann: Als Nächste gelangt Frau Vizepräsidentin Doris Hahn zu Wort. – Bitte.