16.34

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister, der grüne Pass – ein im Vorfeld sehr stark diskutiertes Thema! Eingangs möchte ich Ihnen, Herr Bundesminister, dafür danken, dass Sie in dieser sehr sensiblen Angelegenheit den Weg des Dialogs gesucht haben und mit der Sozialdemokratie auch einen praktikablen Weg zur notwendigen Mehrheit gefunden haben, um noch rasch eine Umsetzung zu ermögli­chen. (Beifall bei der SPÖ. – Vizepräsident Raggl übernimmt den Vorsitz.)

Wir Sozialdemokraten und die SPÖ fahren in der Opposition einen kritischen, aber im­mer konstruktiv orientierten Kurs. Ich möchte aber schon festhalten, dass es ohne die Sozialdemokratie keine Begutachtungsphase für dieses Gesetz zum grünen Pass gege­ben hätte. (Bundesrat Steiner: Das war eine Pseudobegutachtung!) Durch die Begut­achtung konnten sich die Bevölkerung und ExpertInnen überhaupt erst ausreichend mit dem Gesetzestext befassen.

Aufgrund dieses Drucks vonseiten der Zivilbevölkerung und der ExpertInnen konnte die SPÖ entscheidende Verbesserungen verhandeln, und so können wir heute auch unsere Zustimmung dazu erteilen. Es ist uns gelungen, vier für uns wichtige Punkte durchzu­setzen:

Erster Punkt: kein Datenmoloch unter dem Vorwand des grünen Passes. Dies bedeutet, dass wir die umfassende Verknüpfung sensibler Daten zu Erwerbsleben, Einkommen, Bildungsweg und Krankenständen ersatzlos streichen konnten. Damit sind aus diesen Daten keine Rückschlüsse auf konkrete Personen möglich. Dies ist ein entscheidender Sieg für den Datenschutz und das Recht auf Privatsphäre. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite Punkt: keine Nachverfolgung von Bewegungsprofilen. Ursprünglich wäre es ja mit dem grünen Pass möglich gewesen, diese Bewegungsprofile zu erstellen – wenn man beispielsweise zuerst beim Friseur war, dann ins Gasthaus ging und anschließend im Schwimmbad war. Diese zentrale Speicherung konnten wir verhindern, und auch da hat sich der Datenschutz durchgesetzt. (Beifall bei der SPÖ.)

Der dritte Punkt: die Protokollierung aller Datenabfragen auf sensible Gesundheitsdaten. Der Entwurf der Bundesregierung sah nicht vor, dass Abfragen der Daten protokolliert werden. Wir konnten nun sicherstellen, dass jeder Zugriff, zum Beispiel die Kontaktver­folgung, protokolliert werden muss. Alle BürgerInnen haben damit die Möglichkeit, nach­zusehen, wer auf die eigenen Daten zugegriffen hat.

Schließlich ein vierter, sehr wichtiger Punkt: Auch die EU-Kompatibilität ist gegeben. Wir konnten nun sicherstellen, dass der österreichische grüne Pass EU-konform sein wird und somit nicht zu Chaos und zu zusätzlichen Kosten führen wird. Die Reisefreiheit in­nerhalb der Europäischen Union und auch der Tourismus in Österreich werden damit wieder möglich. (Beifall bei der SPÖ.)

Darüber hinaus konnten wir auch noch weitere BürgerInnenservices erreichen.

Auf gesetzlicher Ebene können wir also entscheidende Verbesserungen erreichen, die Umsetzungsverantwortung liegt jedoch bei der Bundesregierung. Die Grundlage für den grünen Pass ist nun geschaffen – liefern muss nun die Bundesregierung bis zum 4.6.

Ich darf nun kurz auch auf diese Taferln der Freiheitlichen mit den vier G replizieren – und wenn ich nun auf 3G oder 5G Bezug nehme, spreche ich nicht über die technischen Voraussetzungen in der Telekommunikation –: In den letzten Wochen war immer von 3G zu hören. Gemeint war damit – und das wissen wir alle –: geimpft, getestet und ge­nesen. Wichtig sind aber noch zwei weitere G: garantiert gesund. – Gesund allein ist eine allzu trügerische Annahme, liebe Freunde von der FPÖ.

Was will ich damit sagen? – Ich denke, das Beispiel des Kärntner Kollegen Gabriel Ober­nosterer von der ÖVP gestern im Nationalrat bringt das sehr deutlich zum Ausdruck – vielleicht versteht ihr dann diesen Ausdruck „garantiert gesund“ etwas besser –: Gabriel Obernosterer ist Betreiber eines ausgezeichneten Hotels im Lesachtal. Alle freuen sich, dass die Betriebe ab 19.5. wieder öffnen konnten. Die Buchungslage ist bei ihm sehr gut. Er beschäftigt 70 Mitarbeiter. Bei der Buchung wird den Gästen mitgeteilt, dass sie unter Beachtung der drei G jederzeit willkommen sind.

Am Sonntag erfolgte eine Buchung, und der Gast teilte mit, dass er diese 3G-Regel nicht erfüllt, aber er sei eh gesund und komme trotzdem. Nachdem dem Gast mitgeteilt wor­den war, dass dies nicht möglich ist, hat er sich auf dem Weg zum Hotel testen lassen. Seine Ehefrau war negativ, er war positiv. Wären die Gäste so angereist, hätte dies vielleicht zur Folge gehabt, dass sich aufgrund der Infektion nach wenigen Tagen andere Gäste oder Bedienstete angesteckt hätten und der Betrieb für mindestens zehn Tage hätte geschlossen werden müssen. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) Da geht es um den Schutz der Betriebe, um den Schutz der Gäste und der Mitarbeiter. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass für eine gewisse Zeit noch gewisse Maßnahmen notwendig sein werden. Wir alle sehnen uns nach der alten Normalität zurück, aber zurzeit geht es, glaube ich, nicht, denn der Virus ist nicht weg. Eine Woche nach den ersten Öffnungsschritten sind die Fallzahlen mit dem heutigen Datum leider wieder et­was angestiegen. Hoffen wir, dass dies im erträglichen Ausmaß bleiben wird!

Herr Bundesminister, Sie sind Fachmann und wissen ganz genau, wohin die Reise geht, auch wenn die Diskussion zu Pfingsten nicht gerade die beste war und Ihr Fachwissen beim Adressaten anscheinend nicht ganz angekommen ist, aber vielleicht ändert sich das in Zukunft noch. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch ein anderes Beispiel, das nicht aus der Gastronomie, sondern aus dem Lebensmit­telhandel kommt: Egal ob das Groß- oder Kleinbetriebe sind, da haben die Infektionen auch weitreichende Folgen. Ein Großbetrieb kann Erkrankte vielleicht noch durch Perso­nalrochaden mit anderen Betrieben abdecken, Kleinbetriebe und Selbstständige jedoch nicht. Da ist die Frage: Ist dann die Versorgung zum Beispiel im ländlichen Raum noch gewährleistet, wenn da nur Gesunde herumgeistern? Wenn es publik ist, dass es in ei­nem Betrieb Kranke gibt, schlägt sich das so nieder, dass auch die Konsumenten diesen Betrieb meiden, was massive wirtschaftliche Folgen für die Betriebe hat.

Wenn wir schon von den Handelsangestellten sprechen: Sie waren in den Lockdown­zeiten die viel beklatschten Heldinnen und Helden der Krise. Wie gesagt, Beklatschen ist zu wenig, vielmehr ist da ein spürbares Zeichen für die Betroffenen längst fällig. Daher möchte ich, wie von meiner Kollegin Korinna Schumann bereits angekündigt, folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Corona-Bonus auch für die nicht sichtbaren Heldinnen und Helden – vergessen wir jetzt nicht auf Men­schen, die während der Corona-Krise Tag und Nacht für uns da waren!“

Die unterfertigten Bundesrätinnen und Bundesräte stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag:

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz sowie der Finanzminister, wird aufgefordert, bei der Zutei­lung des ,Corona-Bonus‘ die unsichtbaren Heldinnen und Helden nicht auszuschließen und darüber hinaus auch den Arbeitnehmer*innen in den Bereichen der Daseinsvorsor­ge und anderen unverzichtbaren Branchen, wie zum Beispiel im Lebensmittelhandel, eine finanzielle Anerkennung zukommen zu lassen.“

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Ich glaube, sie haben es sich verdient. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.43

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Der von den Bundesräten Ingo Appé, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Corona-Bonus auch für die nicht sichtbaren Heldinnen und Helden – vergessen wir jetzt nicht auf Menschen, die während der Corona-Krise Tag und Nacht für uns da waren!“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.