17.45

Bundesrat MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Da­men und Herren Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Vielleicht haben das einige Zuseher nicht mitbekommen: Worum geht es jetzt? – Vereinfacht gesagt wollen ÖVP und Grüne die Geschäftsordnung des Bundesrates ändern, und zwar wollen sie das, weil sie sagen, es sollen doch bitte alle im Parlamentsgebäude als Zeichen – mehr ist es ja nicht – FFP2-Masken tragen. Das ist ein Symbol der Unterdrückung, das wir Frei­heitliche ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist vereinfacht gesagt der Hintergrund dieses Manövers, denn um die Maske selber geht es ja gar nicht. Das wissen Sie selbst, Herr Kollege Bader. Sie haben auch die Maske nur dann auf, wenn die Kameras auf Sie gerichtet sind, wenn Sie sich dann aber in anderen Räumen im Parlament aufhalten (ein Plakat in die Höhe haltend, auf dem Bundesrat Bader und ein zweiter Mann – der eine Maske trägt, dessen Gesicht durch ein maskentragendes Smiley unkenntlich gemacht wurde und von dem ein roter Pfeil auf den gegenüberstehenden Bundesrat Bader weist, der keine Maske trägt – abgebildet sind), dann wird schon gerne einmal irgendein Mindestabstand oder die Maske verges­sen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist ja auch kein Problem, wir sehen das nicht als gesundheitsgefährdend, uns stört nur die Heuchelei. Sie werden bei uns keine Spreader finden, die irgendjemanden hier im Parlament gefährden. Wir kennen unseren Gesundheitszustand genau. (Zwischenruf bei der ÖVP: Genau!) Wenn wir das Gefühl haben, wir sind infektiös, dann bleiben wir natürlich daheim oder klären das vorher ab, aber wir gefährden niemanden dadurch, dass wir keine Maske aufhaben. (Zwischenruf der Bundesrätin Schartel. Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Man darf auch nicht vergessen, meine Damen und Herren, wir kämpfen als Freiheitliche dafür, dass diese Maßnahmen für alle abgeschafft werden. Man sieht in Ländern, die keine Maskenpflicht hatten oder haben: Dort entwickeln sich die Infektionszahlen im We­sentlichen genauso. Man darf auch nicht vergessen, wie die Maskenpflicht derzeit am Arbeitsplatz geregelt ist. Dort gibt es im Wesentlichen, wenn es andere geeignete Maß­nahmen gibt, auch keine Maskenpflicht. Im Parlament haben wir zum Beispiel am Ar­beitsplatz diese teuren Glaskobel angeschafft – das war keine freiheitliche Idee, sondern das ist ja letztlich auch auf ÖVP-Initiative so im Parlament verwirklicht worden. Aus unse­rer Sicht ist das völlig ausreichend.

Die Zahlen – die Pandemie geht ja jetzt schon eineinhalb Jahre – geben uns recht. Wo hat denn jemals ein Freiheitlicher irgendjemanden von einer anderen Fraktion angesteckt? – Das hat es nicht gegeben, das wird es auch in Zukunft nicht geben. (Bei­fall bei der FPÖ.) Diese Debatte ist entbehrlich.

Schauen wir uns aber doch einmal den Text, also diese Änderung, die Sie da in der Geschäftsordnung vornehmen wollen, an: Da steht kein einziges Wort von Maskenpflicht drinnen, da steht weder FFP2-Maske, da steht auch nicht Mund-Nasen-Schutz und auch nichts anderes. Da steht – ich darf vielleicht den Satz, den Sie einfügen möchten, wört­lich zitieren –: „Soweit es zum gesundheitlichen Schutz der bei Sitzungen des Bundesra­tes und seiner Ausschüsse [...] notwendig ist, kann der Präsident für diese zeitlich befris­tet entsprechende Anordnungen erlassen.“

Na ja, ist denn die Maske so eine gesundheitsbezogene Maßnahme, die notwendig ist? – Darüber kann man sich schon einmal trefflich streiten; wir sagen Nein, Sie sagen Ja. Gehen wir aber doch einmal einen Schritt weiter, denn das bleibt ja dann bei der Maske nicht stehen. Als Nächstes erfindet die ÖVP vielleicht irgendeinen Darmvirus. Dann muss jeder eine Darmspiegelung machen, wenn er sich hier hereinsetzen möchte. (Beifall bei der FPÖ. Heiterkeit des Bundesrates Steiner.)

Also eine gesundheitsbezogene Maßnahme kann alles und nichts sein. Ich wollte Ihnen mit diesem drastischen Beispiel nur vor Augen führen, warum deshalb in der Verfassung ganz klar ein Grundsatz verankert ist, wenn es um Strafnormen geht – denn Sie wollen ja auch, dass das bestraft werden kann, das ist ja nicht nur so eine Tu-tu-tu-Norm wie ein Ordnungsruf, Herr Präsident, das ist ja doch strafbewehrt; so wollen Sie es in die Geschäftsordnung hineinschreiben –:

Unsere Verfassung sagt ganz klar, als Prinzip bei allen Strafen – Disziplinarstrafen, Ver­waltungsstrafen, gerichtlichen Strafen – muss der Gesetzgeber und natürlich auch der Geschäftsordnungsgeber ganz besonders bestimmt vorschreiben, was ein verbotenes Verhalten ist und was ein erlaubtes Verhalten ist. Der abstrakte Begriff einer gesund­heitsbezogenen Maßnahme, die notwendig ist, worüber nach Gutdünken des Präsiden­ten entschieden werden kann, erfüllt natürlich dieses Bestimmtheitserfordernis nicht, meine Damen und Herren.

Das Nächste, warum ein Verfassungsjurist niemals für diese Änderung sein kann, ist das Recht, das Grundrecht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 6 und Artikel 13 MRK, das Sie auch in der Geschäftsordnung mit Füßen treten wollen.

Denn – es ist ja wohl auch verständlich –: In einer Demokratie – das haben Sie von der ÖVP vielleicht schon verlernt – gilt die Gewaltenteilung, die bezieht auch die dritte Säule, die Justiz, mit ein. Da ist es ganz klar, dass es, wenn jemand von einer Behörde oder meinetwegen auch von der Legislative bestraft wird – wie Sie hier als Parlamentsprä­sident das dann entscheiden wollen, was eine gesundheitsbezogene Maßnahme ist –, wenn er dann ein Ordnungsgeld verhängt bekommt, weil er sich nicht an diese Maßnah­me halten möchte, dann natürlich nicht reicht, das Plenum, das ja wieder die Regierungs­parteien kontrollieren, mit Mehrheit entscheiden zu lassen. Das ist natürlich keine Institu­tion, die mit den richterlichen Garantien – nämlich Unabhängigkeit und Unversetzbarkeit und für eine gewisse Zeit gewählt – ausgestattet ist.

Das also treten Sie auch noch mit Füßen, und ich könnte jetzt noch viele weitere ver­fassungsrechtliche Argumente zu diesem Unsinn anführen, aber mir ist dafür auch die Zeit zu schade (Ruf bei der SPÖ: Danke!), und das ist auch dieser unsinnige Antrag gar nicht wert. Wir werden natürlich dagegenstimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

17.51

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile dieses. – Bitte.