11.02

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher daheim in dieser letzten Plenarwoche vor der Sommerpause! Gerade jetzt zu Ferienbeginn, da viele schon sehr urlaubsreif sind, kommt die Forderung nach einem zusätzlichen Feiertag wahrscheinlich vielen gele­gen, und der eine oder andere wird sich denken: Ja, warum denn nicht?

Wir im Bundesrat haben die Aufgabe und es ist unsere Pflicht, dass wir uns kritisch mit diesen Themen auseinandersetzen und das differenziert betrachten, und dazu ist es auch hilfreich, wenn man den Hintergrund kennt. Meine Vorrednerin hat diesen bereits kurz angesprochen, und ich werde das auch noch einmal in aller Kürze machen, weil das ganz einfach für die Debatte, die wir hier führen, wichtig ist.

Bis 2019 galt der Karfreitag für Angehörige der altkatholischen Kirche und der evangeli­schen Kirche als Feiertag, und wenn Angehörige dieser Kirchen an diesem gearbeitet haben, bekamen sie einen Feiertagszuschlag. Diese Regelung war lange gelebte Praxis in Österreich, bis ein Mitarbeiter, der nicht dieser Kirchen angehört, dagegen geklagt hat. Er empfand das als Ungleichbehandlung und wollte ebenfalls diesen Feiertagszuschlag am Karfreitag, wenn er an diesem Tag arbeitet.

Der EuGH gab dem Mann auch recht. Die seit 60 Jahren praktizierte Regelung in Öster­reich war dem EuGH zufolge eine Diskriminierung aufgrund der Religion. Er sagt in seinem Urteil, dass ein Feiertag nicht nur einzelnen Religionsgemeinschaften zustehen darf. Das Ergebnis: Der Karfreitag als Feiertag wurde 2019 gestrichen, und stattdessen gibt es einen Rechtsanspruch auf einen persönlichen Feiertag – Sie haben es bereits angesprochen – für alle Arbeitnehmer, egal welcher Religionsgemeinschaft, der aber aus dem bestehenden Urlaubsanspruch bestritten werden muss.

Auf diese Lösung gab es dann unterschiedlichste Reaktionen. Ich war zu dieser Zeit in einer Personalleiterfunktion und habe auch sehnsüchtig auf diese Lösung gewartet, da­mit wir uns darauf bestmöglich vorbereiten können. Es gab positive wie negative Reak­tionen aus den verschiedensten Richtungen, aber mittlerweile ist diese Lösung tatsäch­lich weitestgehend akzeptiert, und in der alltäglichen Beratung – zumindest in der Arbei­terkammer Vorarlberg; ich habe da extra nachgefragt – ist sie kein Thema mehr. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Grimling.)

Deshalb war ich schon einigermaßen verwundert, wieso Sie, liebe Sozialdemokraten, jetzt, zwei Jahre später, dieses Thema wieder aufgreifen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich habe mich zuerst gefragt, ob es sich vielleicht einfach um einen Aktionismus Ihrer­seits handelt, um einmal nicht nur mit Ihren parteiinternen Problemen in den Schlagzei­len zu stehen. Dann habe ich mich aber auch noch gefragt, ob es Ihnen vielleicht im Entschließungsantrag darum geht, für Arbeitnehmer einfach einen zusätzlichen freien Tag zu erzielen. Das Ansinnen könnte ich prinzipiell verstehen und absolut nachvollzie­hen, aber in diesem Fall, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wäre das schlagende Argument die Erholung der Arbeitnehmer und nicht die Religionsausübung.

Wenn das Argument ist, es soll einen weiteren freien Arbeitstag geben, um die Erholung der Arbeitnehmer zu fördern, dann muss man sich das branchenspezifisch und differen­ziert ansehen und darüber eine Debatte führen, aber nicht mit dem vorgeschobenen Argument der Religionsausübung. (Beifall bei der ÖVP.)

Deshalb habe ich mich zuallerletzt gefragt, ob Ihr Aktionismus vielleicht tatsächlich nur einen religiösen Hintergrund hat, damit eben Evangelisten ihren höchsten gesetzlichen Feiertag wiederbekommen. (Bundesrätin Schumann: Ich bin keine Evangelistin! Ich bin evangelisch! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn Ihre Beweggründe für den Entschließungsantrag religiöse sind, dann stelle ich mir aber wiederum die Frage, warum Sie Angehörige anderer Religionsgemeinschaften wie Muslime, Hinduisten oder Bud­dhisten zum Beispiel nicht unterstützen möchten. (Bundesrätin Schumann: Ich bin evan­gelisch! – Bundesrat Schennach: Es gibt nur vier Evangelisten! Wo sind die?)

Für Gläubige ist es doch sinnvoller und auch wertvoller, an ihrem höchsten religiösen Festtag feiern zu können, als an irgendeinem anderen für sie nicht relevanten Feiertag, nämlich dem Karfreitag. Dieser ist eben nicht für alle Religionsgemeinschaften gleich relevant. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die derzeitige Regelung mit dem persönlichen Feiertag wird am ehesten allen Religionsgemeinschaften gerecht (Bundesrat Schen­nach: Aber geh!), denn mit dieser Regelung können Muslime ihren persönlichen Feier­tag am Zuckerfest nehmen, es können die Buddhisten ihren persönlichen Feiertag am Wesak nehmen. Ohne diese Regelung hätten sie keinen Anspruch darauf, an diesem Tag ihren Urlaub zu konsumieren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Fairness, Chancengleichheit und Gleichbehand­lung, das ist es doch, was wir alle wollen, das ist es auch, was wir für unsere Arbeitneh­mer wollen. Ihre vorgeschlagene Regelung wäre hinsichtlich des EuGH-Urteils und auch der diskriminierungsfreien Religionsausübung einfach eine unfairere als die, die wir jetzt in der Praxis haben, und deshalb werden wir diesem Entschließungsantrag leider nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP. – Oh-Ruf des Bundesrates Schennach.)

11.07

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel. Ich erteile ihr das Wort. – Bitte.