12.09

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Klimakrise, welche sich bereits durch globale Rekordtemperaturen und Hitzewellen manifestiert, bekommt nicht zuletzt aufgrund von Unwetterkatastrophen wie dem Tornado vor einem Monat in Tschechien oder gestern und heute den Überschwemmungen im Westen Deutschlands mittlerweile mehr Aufmerksamkeit.

Gleichzeitig findet aber mit dem Artensterben eine ebenso katastrophale Krise statt, welche unsere Lebensgrundlagen und Ökosysteme bedroht. Das bekommt bestenfalls kaum Aufmerksamkeit oder wird schlimmstenfalls mit einem Schulterzucken quittiert. Dabei hat das, was das „Profil“ vor ein paar Monaten als „Das leise Sterben“ bezeichnet hat, bereits unglaubliche Ausmaße erreicht, und diese Entwicklungen machen auch vor Österreich nicht halt. Seit 1986 ist die Anzahl der heimischen Wildtiere um 70 Prozent zurückgegangen, bei den Insekten ist die Entwicklung ähnlich dramatisch. Dieser Verlust ökologischer Vielfalt ist bald nicht mehr rückgängig zu machen, was wiederum irre­parable Schäden für die österreichische Landwirtschaft, für die Ernährungssicherheit und Naturräume nach sich ziehen wird.

Laut Expertenkonsens gibt es, das gilt vor allem für Österreich, zwei Hauptursachen für das Artensterben. Das sind zum einen Flächenfraß und Naturraumverlust, und da ist Österreich mit über 13 Hektar pro Tag trauriger Europameister. Warum ist das so schlecht für die Artenvielfalt? – Lebensräume und Ökosysteme werden durch Verkehrs­flächen und Bodenversiegelung zerschnitten und zerstört, Migrationsrouten von Tieren unterbrochen, Nahrungsquellen, Verstecke und Nistplätze zubetoniert.

Alle Expertinnen und Experten sind sich darüber einig, warum wir diesbezüglich trauriges Schlusslicht in Europa sind: aufgrund der katastrophalen, dezentralisierten und leider auch korruptionsanfälligen Raumordnungs- und Planungspolitik, welche Gemeinden bestenfalls überfordert, im schlechtesten Fall einen umweltschädlichen Wettbewerb auslöst, welcher Bürgermeister für ein wenig mehr Kommunalsteuereinnahmen am meisten zubetonieren kann.

Warum das so bleibt, sehen wir jedes Mal, wenn wir NEOS es im Parlament themati­sieren: Reihenweise melden sich im Nationalrat rote und schwarze Bürgermeister mit Aussagen zu Wort, dass die Widmung bei der Gemeinde am besten aufgehoben ist, dass die Wiener Zentralisten arrogant sind und dass man doch noch ein Haus wird bauen dürfen. Unter dem Strich bleibt eine furchtbare Zersiedelung, welche Naturraum zerstört und das Artensterben weiter vorantreibt, nebenbei landwirtschaftliche Fläche vernichtet und Menschen regelrecht dazu zwingt, auf das Auto angewiesen zu sein.

Der zweite Hauptgrund für das Artensterben – auch da gibt es Expertenkonsens – ist der übermäßige Einsatz von chemisch-synthetischem Pflanzenschutz. Auch da hat Österreich einiges zu tun; denn wenn man den langjährigen Schnitt ansieht, stagnieren wir. Beim integrierten Pflanzenschutz haben wir uns zwar viel vorgenommen, aber in der Praxis wenig umgesetzt.

Auch die teilweise irrational geführte Diskussion um Glyphosat hilft uns nicht weiter, denn wenn einfach nur Mittel A durch Mittel B ersetzt wird, wird damit überhaupt nichts erreicht. Ziel muss der integrierte Pflanzenschutz sein und eine nationale Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, welche Biodiversitätsschutz und Naturschutz vor die Massenproduktion stellt, bei der wir in Österreich aufgrund unserer kleinstrukturierten Landwirtschaft ohnehin nie konkurrenzfähig sein werden.

Anders als bei der Klimakrise hat der dringende Handlungsbedarf beim Biodiver­sitäts­verlust in der öffentlichen und politischen Diskussion keinen besonderen Stellenwert. Während der Nationalrat im September 2019 mit großer Mehrheit den Klimanotstand ausgerufen hat, fehlt ein derartiges Bekenntnis der Spitzenpolitik zum Schutz der Artenvielfalt. Die Bundesregierung hat sich einiges vorgenommen und beispielsweise mit dem Biodiversitätsfonds auch schon einige lobenswerte Schritte gesetzt, aber in weiteren für den Artenschutz entscheidenden Bereichen –Bodenverbrauch und chemi­scher Pflanzenschutz – ist noch wenig bis gar nichts passiert.

Wie bei der Klimakrise wird die grüne Regierungsbeteiligung daran gemessen werden, was sie da gemacht hat, wenn sie schon bei Menschenrechten, LGBTIQ oder Parla­mentarismus Leermeldungen abgibt. – Danke.

12.13

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Vielen Dank. – Zu einer abschließen­­den Stellungnahme hat sich die Frau Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Ener­gie, Mobilität, Innovation und Technologie zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr und darf sie bitten, nach Möglichkeit die Redezeit von 5 Minuten einzuhalten.