15.29

Bundesrat Horst Schachner (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Minister! Lieber Herr Präsident! Jetzt haben wir eigentlich schon sehr viel zum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz, zum Arbeitskräfteüberlassungsgesetz und zum Arbeitsvertrags­rechts-Anpassungsgesetz gehört.

In Wirklichkeit geht es darum, dass Sozial- und Lohndumping bei uns einfach billiger wird. So wie es jetzt ausschaut, werden zumindest einmal die Strafen so herabgesetzt, dass keiner mehr Angst davor hat, dass er eine Strafe kriegt. Ich verstehe nicht, warum Türkis und Grün einem solchen Gesetz hier die Zustimmung geben wollen, weil es einfach nicht in Ordnung ist, was da jetzt gemacht wird.

Als Beispiel das Kumulationsprinzip – damit man weiß, wovon wir reden, was sich da abspielt; Kollege Lackner, du hast es heute nicht richtig angesprochen –: Das heißt nichts anderes als Folgendes: Wenn ein Unternehmer zwei Mitarbeiter hat und diese jetzt nicht richtig bezahlt, das heißt unter Lohn, dann zahlt er beim jetzigen Gesetz 2 000 Euro Strafe für einen Mitarbeiter. Wenn der Unternehmer 100 Beschäftigte hat, dann zahlt er auch nur diese 2 000 Euro.

Früher, durch das Kumulationsprinzip, das müsst ihr euch vorstellen, hat er 200 000 Euro Strafe gezahlt, und jetzt zahlt er einmalig 2 000 Euro. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) Soll mir einer erklären, wie durch dieses Gesetz die Schwarzarbeit bekämpft wird beziehungsweise die Unternehmer, die nicht den Kollektivvertrag zahlen. Dass das jetzt besser wird, stimmt einfach nicht, wie ihr es sagt. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Es überrascht mich nicht, dass manche hier herinnen für Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer nicht viel übrig haben. Es ist aber sehr traurig, dass man jetzt mit diesem Gesetz den Sozialbetrügern, die es bei uns auch gibt – nicht viele, aber es gibt sie trotzdem noch –, Tür und Tor öffnet, sodass die anständigen Unternehmerinnen und Unternehmer das wahrscheinlich nicht überleben werden.

Ich habe heute in der Früh noch mit Beppo Muchitsch telefoniert. Ich habe gefragt: Was heißt das jetzt zum Beispiel genau für die Baubranche, was tut sich dort jetzt wirklich? Er hat mir erklärt: Das ist ein Wahnsinnsgesetz! – Dass ihr dem zustimmen könnt?! Denkt Ihr gar nicht an eure Klientel? Ihr habt ja eine Klientel, die ihr zu vertreten habt, das sind die Klein- und Mittelbetriebe, und die werden das alle nicht überleben.

Und wie schaut es mit dem Montageprivileg aus, das heute auch schon angesprochen wurde? – Montageprivileg heißt nichts anderes, als dass Unternehmer aus dem Ausland früher einen Monat lang den Kollektivvertrag bei uns unterwandern durften, dann mussten sie entweder das Land wieder verlassen oder aber, wenn sie länger blieben, den Kollektivvertragslohn bezahlen.

Das hat man jetzt auf drei Monate verlängert. Das heißt, wenn jetzt eine ausländische Firma ins Land kommt und etwas fertigbaut, was unsere Fachkräfte nicht können, kann sie in Zukunft drei Monate hier arbeiten und nicht nach unseren Standards zahlen. Ich finde es einfach traurig, dass ihr das zulasst. Ich hätte nicht gedacht, dass wir über ein solches Gesetz hier herinnen überhaupt einmal reden müssen. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Noch einmal, Herr Minister, es geht darum, dass die Klein- und Mittelbetriebe sich bei euch sehr bedanken werden, denn von ihnen wird nämlich keiner mehr überleben. Alle werden sagen: Okay, liebe Freunde, das zahlt sich nicht mehr aus, denn jeder kommt nach Österreich, arbeitet drei Monate mit Billigarbeitskräften, dann schickt er sie wieder heim, tauscht sie aus, dann kommen die nächsten für drei Monate. Das bedeutet es nämlich, was da jetzt im Gesetz steht.

Zur Bau-ID möchte ich nur ganz kurz sagen: Die Bausozialpartner haben sich da etwas Gutes ausgedacht. Das Modell ist einfach gut. Es wird natürlich weiterentwickelt werden, und alles, was dazu beiträgt, Lohn- und Sozialdumping auf den Baustellen zu verhindern, ist eine äußerst sinnvolle Sache. Wir werden diesem Gesetzesvorhaben natürlich auch die Zustimmung geben.

Kollegin Schartel hat es vorhin schon angesprochen: Ich bringe noch einen Ent­schließungsantrag der BundesrätInnen Horst Schachner und Andrea Schartel ein. Dabei geht es um Folgendes – ich werde nur kurz darauf eingehen –: Wir alle wissen, was die Buak ist, und es wäre ja gescheit, wenn wir das Gleiche für die Tourismusbetriebe machen würden. Das würde dann in Zukunft Tuak heißen. Ich glaube (in Richtung Bundesminister Kocher), Sie wissen auch genau Bescheid, was von uns als Gewerkschaft Vida gefordert wird, was aber auch allen Unternehmen zugutekommt. Die meisten wissen nicht, wie sie das Urlaubsgeld zahlen sollen, wenn ihre Leute in Urlaub gehen, sie müssen Rückstellungen machen oder andere Vorkehrungen treffen, und das bräuchten sie nicht mehr zu tun, wenn man es in einer Tuak hat.

Ich habe mit unserer Wirtschaftslandesrätin in der Steiermark ein langes Gespräch gehabt. Sie war von der Tuak-Geschichte begeistert, denn gerade im Tourismusbereich sind Leute, die samstags und sonntags arbeiten, schwer zu finden. Wenn sie zwei Monate in der Saison gearbeitet haben, hatten sie das Problem, dass sie ihren Urlaub noch dort verbrauchen mussten – den sie meistens gar nicht gekriegt haben; das wissen wir auch, dass das viele Betriebe nicht haben machen können –, und im Endeffekt nehmen sie keinen Urlaub mit.

Vielleicht kriegt man wieder leichter Leute, die im Tourismusgewerbe arbeiten wollen, wenn sie nach zwei, drei Monaten Beschäftigung ihre Urlaubstage zum nächsten Betrieb mitnehmen können, ohne dass diesem Kosten entstehen. Deswegen wäre es für euch ein ganz entscheidender Punkt; es liegt heute in eurer Hand, ob ihr dem zustimmt. Wir werden es sicher auch im Nationalrat noch diskutieren. (Zwischenruf des Bundesrates Seeber.) Bei der Buak funktioniert es auch, ja, Herr Seeber, bei der Buak funktioniert das hervorragend. Ich sage es euch noch einmal: Es ist nicht alles schlecht, was von einer Gewerkschaft kommt. (Bundesrat Seeber: Eh nicht!)

Ich kann euch sagen: Ihr werdet schauen! Wenn ihr es genau durchrechnet (Bundesrat Seeber: Das haben wir alles schon!), werdet ihr merken, dass es die Betriebe leichter und besser haben, wenn sie irgendwo einzahlen und gemeinsam – zu zweit, pari­tätisch – da drinnen sitzen und das Ganze den Leuten wieder herausgeben können. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Deshalb bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Horst Schachner, Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Installierung einer Tourismuskasse“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, so rasch wie möglich, längstens jedoch bis Ende 2021 dem Nationalrat und dem Bundesrat einen Gesetzesentwurf, der unter Einbindung der zuständigen Sozialpartner und der Expert*innen erstellt werden soll, vorzulegen, mit dem eine Tourismuskasse errichtet wird.“

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Ich hoffe, dass wir wirklich ernsthaft weiter darüber reden können, weil es dem Land Österreich, der Gastronomie und allen, die im Tourismus arbeiten, etwas bringt. – Viel Glück! Glück auf! (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätinnen Schartel und Steiner-Wieser.)

15.37

Vizepräsident Günther Novak: Danke.

Der von den Bundesräten Horst Schachner, Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Installierung einer Tourismus­kasse“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Kovacs. Ich erteile ihm dieses.