18.40

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich darf mich in meinem Redebeitrag auf den Tagesordnungspunkt 14 konzentrieren und – ehrlich gesagt etwas ungewohnt für ein Mitglied der Opposition – zum dritten Mal heute meinen Redebeitrag sozusagen als Zustimmung formulieren. Wir werden also diesem Gesetzespaket zustimmen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Super! (Ruf bei der ÖVP: Macht ja nichts ...!) – Nein, ich habe auch kein Problem. (Beifall bei der SPÖ sowie bei BundesrätInnen von ÖVP und Grünen.)

Wir werden diesem Gesetzespaket zustimmen, aber nicht – ich sage das schon auch dazu –, weil wir allem zu 100 Prozent zustimmen können, sondern weil wir in einer Gesamtbetrachtung das Positive sehen, das überwiegt (Beifall bei der SPÖ), und weil Maßnahmen gegen jede Form von Terror und auch Terrorfinanzierung unbedingt notwendig sind. Da wurde das Ende des jahrlangen Reformstaus in diesen Bereichen leider erst durch den schrecklichen und abscheulichen Terroranschlag vom 2. November eingeleitet, und da kann ich mir nicht verkneifen, zu erwähnen, dass die ÖVP bekann­terweise ja seit 20 Jahren den Innenminister stellt und die Hauptverantwortung für diese fehlenden Rahmenbedingungen trägt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn man an die ersten Tage nach dieser Wiener Terrornacht denkt, merkt man, dass sich die Regierung mit ihrem Verhalten nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert hat. Es gab Schuldzuweisungen auf beiden Seiten. Das war wirklich ein fürchterliches Hin und Her, das bei den Österreicherinnen und Österreichern nicht zur Stärkung des Vertrauens in unseren Sicherheitsstaat, in unsere Justiz, in unseren Justizapparat, sondern doch eher zur Verunsicherung und vor allem auch zur Verunsicherung im Ausland beigetragen hat.

Jetzt aber soll das Antiterrorpaket, das heute zur Beschlussfassung hier im Bundesrat ansteht, im Fokus stehen. Ganz klar ist, dass sich die Sozialdemokratie natürlich zu einem Schutzpaket bekennt, ich möchte aber auch festhalten, dass die Zerbes-Kom­mission in ihrer Systemanalyse nach dem 2. November ganz klar bemerkte, dass das Grundproblem nicht in den fehlenden Befugnissen, sondern im lückenhaften Informa­tions­austausch und in Fehlern bei den Abläufen innerhalb der Sicherheitsbehörden gelegen ist. Der Täter war bekannt und auch vorbestraft.

Wenn wir nun heute dieses Gesetz beschließen, dann sind die rechtlichen Rahmen­bedin­gungen geschaffen. Gesetze sind das eine, Ressourcen, wie wir wissen, das andere. Das heißt, es braucht mehr Personal, es braucht mehr Infrastruktur und es braucht auch mehr Geld. Ich habe das Protokoll der Rede des Innenministers gelesen, er hat sich ja dazu in der Nationalratssitzung bekannt. Ich hoffe – oder wir hoffen –, dass diesen Ankündigungen auch die notwendigen Taten folgen werden.

Inhaltlich möchte ich noch ausführen, dass wir vor allem die Maßnahmen gegen die Geldwäsche und Terrorfinanzierung sehr begrüßen. Alles in allem wird es darauf ankommen, dass schon das Aufkeimen von Terror verhindert wird. Deshalb heißt für uns als SPÖ-Fraktion das Zauberwort auch Prävention, und da sehe ich jedenfalls noch Luft nach oben. Für uns als SPÖ steht die Deradikalisierung und Prävention ganz stark im Fokus. Eine intensivere Vernetzung und Zusammenarbeit der Behörden wird daher von uns ausdrücklich begrüßt.

Positiv bewerten wir auch die geplanten Entlassungskonferenzen, die Verlängerung der Probezeiten und den Einsatz von Bewährungshelfern. Terroristische Straftäter – wir haben das schon kurz gehört –, werden hinkünftig nur mehr dann entlassen, wenn ihr Gefährdungspotenzial sehr gut eingeschätzt werden kann. Auch das findet unsere Zustimmung.

Abschließend möchte ich aber noch ein Thema ansprechen, das uns als SPÖ sehr am Herzen liegt. Wir wissen, die Coronapandemie hat ja bei allen Gesellschaftsgruppen Spuren hinterlassen, alle mussten mit ganz starken Einschränkungen leben, ganz stark betroffen waren aber sicherlich die jungen Menschen in unserem Lande. Sie hatten massiv mit Einsamkeit, mit fehlenden Sozialkontakten zu kämpfen. Wir alle wissen: Es gab keine Feiern, kein Abhängen mit Gleichaltrigen und auch keine Treffen.

Dass es in Zeiten, in denen wir natürlich wieder Öffnungsschritte setzen, unter Umstän­den zu Konflikten und Reibungsflächen kommen kann, liegt, glaube ich, auch auf der Hand. (Bundesrat Schennach: Keine Liebe!) Dazu gibt es zwei Beispiele: Am 5. Juni kam es zu einem für viele als überbordend empfundenen Polizeieinsatz am Karlsplatz, und am 22. Juni hat der Innenminister selbst die Polizei in den Stadtpark gerufen, weil dort rund 300 Jugendliche zusammen waren und feierten. Im Nachhinein gesehen muss man feststellen, dass dieser Einsatz nicht notwendig war.

Wien zeigt mit vielen Beispielen, wie es gehen kann und setzt auf die Sensibilisierung in den unterschiedlichsten Bereichen und Ebenen. (Beifall bei der SPÖ.) Dieses Miteinan­der im öffentlichen Raum soll beispielgebend sein und soll auch vonseiten der Bundes­regierung forciert werden. Deshalb stelle ich folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Korinna Schumann, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Freiräume für Jugendliche“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres und die Bundes­ministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt, wird aufge­fordert, umgehend unter Einbeziehung von Stakeholdern aus dem Bereich der Jugend­arbeit ein Konzept nach dem Vorbild der Stadt Wien für das gesamte Bundesgebiet zu entwickeln, das Freiräume für junge Menschen fördert und zugleich Leitlinien für den sensiblen und deeskalativen Umgang der Exekutive mit Jugendlichen, die sich im öffent­lichen Raum treffen, vorsieht.“

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Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.47

Präsident Dr. Peter Raggl: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betref­fend „Freiräume für Jugendliche“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als weiterer Redner hat sich Johannes Hübner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bun­desrat, ich erteile Ihnen dieses.