20.41

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Dr. Wolfgang Mückstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Ich möchte zum Tagesordnungspunkt 21 Folgendes sagen: Durch die Änderung des Bundespflegegeld­gesetzes soll eine Grundlage geschaffen werden, um neue, innovative Projekte von Ge­bietskörperschaften im Bereich der Pflegevorsorge zu fördern.

Darunter fällt die Etablierung der Communitynurse in Österreich. Dieses Projekt soll einen wesentlichen Beitrag zur wohnortnahen, niederschwelligen und auch bedarfs­orien­tierten Versorgung leisten. Communitynurses sind zentrale Ansprechpersonen zur Koordination und zur Vermittlung. Das sind keine Pflegekräfte, die Wunden pflegen oder Medikamente einschachteln, es geht also um Koordination und Vermittlung von Informationen über Angebote zur Pflege und zur Betreuung. Sie übernehmen aktiv das Nahtstellenmanagement zwischen dem Sozialbereich und dem Gesundheitsbereich. Zum Beispiel durch proaktive Hausbesuche für Menschen ab 75 Jahren, aber auch durch Sprechstunden sollen gesundheitliche Risikofaktoren frühzeitig erkannt und die Gesundheitsprävention gestärkt werden.

Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, dass alle 75-Jährigen zu Hause einmal aufgesucht und gescreent werden, dass man nachschaut, wo ein Bedarf besteht, wo ein Bedarf nach Essen auf Rädern besteht, wo es Unterstützungsmöglichkeiten gibt. Ziel ist, dass man nicht nur möglichst viele gesunde Lebensjahre zu Hause ermöglicht, sondern eben auch die Menschen möglichst lange zu Hause belässt, weil das der Wunsch von vielen älter werdenden Menschen ist.

Ebenso soll Beratung zu individuellen Bedürfnissen stattfinden. Die Communitynurses sind Diplomierte Gesundheits- und KrankenpflegerInnen mit zumindest zweijähriger Berufserfahrung. Wir wollen bundesweit mit 150 Communitynurses starten. Wir haben im Rahmen des nationalen Aufbau- und Resilienzplans bei der Europäischen Union darum angesucht und haben knapp 55 Millionen Euro für die Finanzierung dieses Pilot­projekts bekommen. Die Laufzeit für die Abwicklung erstreckt sich zwischen 2021 und 2024. Durch dieses Projekt können österreichweit notwendige Veränderungspotenziale identifiziert und durch abschließende Evaluierung zur Weiterentwicklung der Versor­gungs­landschaft genutzt werden. Ich freue mich, wenn dieses Projekt bereits ab Herbst Schritt für Schritt in Österreich umgesetzt werden kann.

Zum Tagesordnungspunkt 23 möchte ich Folgendes sagen: Obdachlosigkeit ist eine der schlimmsten Formen von Armut in Österreich, denn Wohnen ist ein menschliches Grundbedürfnis. Ich habe das auch während meines Engagements beim Neunerhaus und auch beim Ganslwirt gesehen: Obdachlosigkeit macht krank. Wir alle wissen, dass Obdachlose um bis zu 20 Jahre früher sterben.

Expertinnen und Experten prognostizieren, dass die Anzahl von Räumungsklagen und Delogierungen infolge der Covid-Krise durch sinkende Einkommen kombiniert mit steigenden Miet- und Wohnungspreisen stark anwachsen wird. Es hat im Rahmen der Covid-Krise Mietstundungen gegeben. Es ist zu einem Rückstau von Räumungsklagen und Delogierungen gekommen. Wir wissen, dass ohne Gegenmaßnahmen in den nächs­ten Monaten, aber auch 2022 und 2023 eine Delogierungswelle bevorstehen würde.

Das heißt, wir haben in einem ersten Schritt 24 Millionen Euro für Soforthilfe und Bera­tungsleistungen für die Delogierungsprävention zur Verfügung gestellt. Damit kann ein wesentlicher Beitrag zum Ausbau der Delogierungsprävention geleistet werden. Wir unterstützen damit notwendige Soforthilfe für die Betroffenen, zum Beispiel durch die Übernahme von Mietrückständen, aber auch Gerichtskosten und Beratungsleistungen.

Wir wissen, dass die gesamtgesellschaftlichen Kosten für Prävention deutlich geringer sind als die Kosten für Delogierungen und Wohnungslosigkeit. Mit diesem 24-Millionen-Euro-Paket ersparen wir nicht nur den Betroffenen viel persönliches Leid und hohe Kosten im Zusammenhang mit Delogierungen, wie Klagen und Räumungen, sondern auch die gesamtgesellschaftlichen Folgekosten von Obdachlosigkeit. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

20.46

Vizepräsident Günther Novak: Danke, Herr Bundesminister.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Lancaster. Ich erteile ihr das Wort.