21.18

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Betreffend das Bundes­gesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnahmengesetz ge­ändert werden, haben meine Vorredner den Inhalt schon ausführlich erörtert.

Eigentlich hätte meine Rede heute damit begonnen, dass es gut ist, dass diese Novelle nun durchgeführt wird. Inhaltlich hat der Herr Bundesminister mir eigentlich schon alles vom Blatt gelesen, was das Ganze für mich etwas einfacher gestaltet. Trotzdem war die Vorbereitung auf diesen Tagesordnungspunkt heute hochinteressant, denn die Realität schaut schon wieder anders aus. Die Chronologie des Tages war spannend, und des­wegen ist der Herr Bundesminister auch schon unterwegs zur „ZIB 2“.

Um 9 Uhr war die Schlagzeile in den Medien: Gesundheitsminister plant schärfere Maß­nahmen. Diese sind: grüner Pass erst ab Vollimmunisierung, zweiter Impfung (Bundesrat Spanring: Und kein Wort ...!); 1G-Zutritt zur Nachtgastronomie, nur für Geimpfte.

Die Begründung ist, dass die Zahlen täglich steigen – auch heute sind es wieder über 300 mehr. Der Siebentagesdurchschnitt der neu Geimpften ist von 90 000 auf 64 000 gesunken. Der internationale Vergleich belegt: Eine höhere Impfquote senkt die Hospitalisierungszahlen und die Zahl der Coronatoten. Daher wäre der heutige Be­schluss eigentlich schon wieder obsolet und von der Gegenwart überholt. (Ruf bei der FPÖ: Richtig!)

Am Nachmittag kam dann die Meldung: Es dauert doch noch einige Zeit, es müssen noch Beratungen stattfinden. Beim heutigen Treffen der Taskforce mit Beamten des Landes Tirol wurden nun doch nicht die geplanten Maßnahmen beschlossen, die am Vormittag kundgetan wurden. – Auch das war nachvollziehbar; Landeshauptmann Platter hat ja auch bei seiner Rede hier vor dem Bundesrat zur Frage der steigenden Infektionszahlen behauptet, da nicht überreagieren zu wollen. Das kommt uns irgendwie bekannt vor. (Bundesrat Steiner: ... die ÖVP, das eine sagen, das andere machen sie ... immer! Das ist die ÖVP!) Zu diesem Zeitpunkt hatte man schon den Eindruck, dass das Corona-Ischgl-Expertenkomitee nun auch im Gesundheitsministerium das Sagen hat – dem war Gott sei Dank nicht so. (Beifall bei der SPÖ.)

Am Abend um 18.27 Uhr gab es die Breaking News. Bundesminister Mückstein und die Frau Bundesministerin zu meiner Rechten (Bundesrat Steiner: Köstinger!) aus Kärnten verkünden (Zwischenruf des Bundesrates Seeber – Bundesrat Spanring: So bekannt sind Sie jetzt auch wieder nicht! Das muss man wissen! – Heiterkeit bei der FPÖ):

„Die Nachtgastronomie kann ab 22. Juli nur noch genutzt werden, wenn ein negativer PCR-Test vorliegt oder eine Impfung vorgewiesen werden kann. [...] Darauf hat sich die Regierung“ am Donnerstag „verständigt. (Bundesrätin Hahn: Das Virus ... Bundes­gärten!) Zudem ist der Grüne Pass“ künftig erst auszustellen, „wenn die zweite Immuni­sierung vollzogen ist. Schließlich bleibt die Registrierungspflicht bei Veranstaltungen und in der Gastronomie entgegen ursprünglichen Planungen aufrecht. [...] Durch eine Steige­rung der Durchimpfungsraten sowie eine rechtzeitige und gezielte Rücknahme von Öffnungsschritten bzw. ein Absehen von weiteren Lockerungsschritten könne die bedrohliche Entwicklung vermutlich noch eingebremst werden, heißt es im Gesundheits­ressort. Bei zögerlichem Verhalten sei hingegen zu erwarten, dass gravierende Maß­nahmen zur Eindämmung, wie etwa Teil- oder echte Lockdowns“ – den der Herr Bundes­kanzler bekanntlich ausgeschlossen hatte – „notwendig sein würden“.

Auch wenn heute schon öfters angeklungen ist, die Pandemie sei vorbei: Der derzeitige Stand der Infektionszahlen in Österreich bezeugt leider Gegenteiliges. Laut APA spricht der Herr Bundesminister für Gesundheit sogar von einem sehr besorgniserregenden Szenario. Daher wird es rasch notwendig sein, eine Impfrate zu erreichen, die dann auch einen gewissen Schutz gegenüber den Virusmutationen bietet. Vor allem bei der jungen Bevölkerungsgruppe ist eine Verbesserung der Durchimpfungsrate notwendig. Es ist verständlich, dass sich die Menschen nach eineinhalb Jahren der Einschränkungen nach Normalität sehnen – doch dies wird man nur erreichen, wenn man mit einer gewissen Vorsicht und Umsicht vorgeht.

Aufgrund der Aktualität dieses Tagesordnungspunktes möchte ich schon anmerken, dass sich der Staat in der derzeitigen Situation sicher nicht zurückziehen kann, um alle Österreicherinnen und Österreicher in die Eigenverantwortung zu entlassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Da ist das Gebot der Obsorge voranzustellen und sind nicht mit umfragebedingten Wortspenden wieder gesundheitspolitische Pflichtaufgaben aufs Spiel zu setzen. Dies ist ein völlig falsches Signal. Wir brauchen keine Träumereien oder Schönfärbereien, sondern Vernunft, Vorsicht und vor allem Verantwortung. Sehr interessant erscheint in diesem Zusammenhang auch eine heutige Meldung aus Deutschland. Darauf zielend kommt eine harsche Kritik von Söder an Bundeskanzler Kurz: Seiner Meinung nach ist Corona kein Fall für die Eigenverantwortung. (Ruf bei der SPÖ: Ja!)

Der Virus „bleibt im öffentlichen Interesse“. Bei Corona gibt es das Grundproblem, dass man nicht nur sich selbst, sondern auch andere schützen muss. Deswegen wurde das Virus auch als Seuche eingestuft. „Wenn ich auf einen Berg gehe und runterfalle, ist das mein privates Risiko“, aber eine Pandemie könne man nicht mit einem Freizeitverhalten vergleichen, so Schröder weiter (Ruf: Söder!) – Söder weiter. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Steiner: Aber den Söder tät ich nicht zitieren! Alle, nur nicht den Söder!)

Abschließend noch kurz zum Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Zweckzuschuss­gesetz geändert wird: Die Korrektur der letzten Novelle wurde dadurch notwendig, dass ein falsches Datum eingesetzt wurde, womit der Ersatz der Kosten im Rahmen der Regelung für die freiwilligen HelferInnen, die 1 000-Euro-Regelung, mit 30.6.2021 aus­gelaufen wäre. Nun wird dies bis 30.9.2021 verlängert.

Fazit und Lehre daraus für die Zukunft: Derartige Fehler passieren, wenn Abänderungs­anträge erst kurz vor der Abstimmung übermittelt und eingebracht werden. In Summe kann ich jedoch festhalten, dass wir als Sozialdemokratie beiden in Verhandlung stehen­den Tagesordnungspunkten die Zustimmung erteilen werden, auch wenn morgen viel­leicht wieder alles anders sein wird. – Ich danke für die Aufmerksamkeit trotz später Stunde. (Beifall bei der SPÖ.)

21.26