12.30

Volksanwalt Werner Amon, MBA: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Geschätzte Amtskollegen! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt ein dreiteiliger Bericht vor, das ist erstmals in der Geschichte der Volksanwaltschaft der Fall. Der dritte Band ist der soge­nannte Covid-19-Band, der sich mit den Fragen der Pandemie beschäftigt. Es ist wohl unzweifelhaft so, dass die Covid-19-Pandemie alle gesellschaftlichen Schichten durch­drungen hat, und so ist es auch kein Zufall, dass es doch eine beträchtliche Zahl an Beschwerden bei der Volksanwaltschaft gegeben hat, die unter dem Titel Covid-19-Pan­demie zu subsumieren sind.

Weil es angesprochen worden ist, möchte ich betonen, dass 18 000 Beschwerden bei der Volksanwaltschaft nicht nur auf den ersten Blick eine beträchtliche Anzahl sind. Auch mein Vorredner, Volksanwalt Dr. Rosenkranz, hat darauf verwiesen. Das sind doch be­trächtlich mehr als sonst. Im Jahr 2020 haben wir eine Spitze gehabt, eben die Pandemie betreffend. Es ist aber nicht das erste Mal, dass es einen derartigen Ausreißer bei einer sonst etwa gleichbleibenden Anzahl von Beschwerden gibt. Wir hatten das etwa auch im Jahr 2015, als es zu einer Fülle von Asylverfahren kam, mit der Folge, dass es eine Fülle von Beschwerden bei der Volksanwaltschaft gab. Die Pandemie war sicherlich auch so eine Ausnahmeerscheinung.

Ich möchte auch unterstreichen, dass es uns gemeinsam ein großes Anliegen war, dass wir diese Niederschwelligkeit des Zugangs erhalten, gerade in Zeiten der erhöhten Frei­heitsbeschränkung – und die hat es natürlich gegeben: durch die Lockdowns, durch die Einschränkungen im Hinblick auf das Verlassen der eigenen Wohnräumlichkeiten, auch durch Anordnungen, die von privaten, aber auch öffentlichen Betreibern von Pflegehei­men, aber vor allem von Seniorenheimen vorgenommen worden sind, ohne dass es da­für einschlägige Rechtsvorschriften gab. Das hat die Menschen natürlich unheimlich aufgeregt. Diese Freiheitsbeschränkungen hat zunächst einmal ein sehr großer Teil der Beschwerden, die im Covid-19-Band abgebildet sind, betroffen.

Der zweite Teil, der die Menschen offensichtlich danach besonders berührt hat, war die Frage des Umgangs mit den Förderungen und Unterstützungsmaßnahmen, die, wie ich meine, schon in einem beträchtlichen Ausmaß vonstattengegangen sind.

Weil manchmal ein bisschen der Eindruck entstehen könnte, die Volksanwälte agieren gleichsam ein bisschen besserwisserisch vis-à-vis der Verwaltung, möchte ich sagen: So ist es ausdrücklich nicht, das möchte ich betonen. Wir haben gerade am Anfang der Pandemie auch im Umgang mit der Kritik sehr zurückhaltend agiert, weil wir gesagt haben: Na ja, das ist eine Ausnahmesituation, das ist eine völlig neue Situation, auch für die Verwaltung. Wir wurden dann aber mit der Fortdauer der Pandemie natürlich etwas strenger, wenn ich so sagen darf, denn man muss sich mit dem Fortlauf einer solchen Situation dann irgendwann auch anfreunden, und die Maßnahmen müssen dann schon auch passen, und da ist uns – insbesondere wenn es um finanzielle Fördermaßnahmen gegangen ist – natürlich einiges untergekommen.

Der Pflegebereich etwa ist angesprochen worden, ein Bereich, der besonders wichtig ist und an dem ja niemand vorbeikommt, auch in der Debatte um eine Reform, und es war sehr unverständlich für uns, dass man vonseiten der Finanzverwaltung gerade bei den Pflegekräften zunächst einmal auf ein österreichisches Konto bestanden hat – eine klar europarechtswidrige Handlungsweise, immerhin gibt es ja die Sepa-Verordnung, also einen gemeinsamen europäischen Zahlungsmarkt, und einschlägige Richtlinien sagen ausdrücklich, es darf keine Diskriminierungen aufgrund eines Bankkontos geben. Dass das gerade jene Kräfte betroffen hat, die wir in Österreich so dringend brauchen, war etwa für die Volksanwaltschaft überhaupt nicht nachvollziehbar. Glücklicherweise – ich glaube, Bundesrat Schwindsackl hat darauf verwiesen – hat man dann im Finanzressort darauf reagiert und dieses Problem gelöst.

Überhaupt meine ich, dass eigentlich auf einen guten Teil der Kritik der Volksanwalt­schaft vonseiten der Verwaltung positiv reagiert wird, ganz gleich auf welcher Ebene, ob Bundesverwaltung, Landesverwaltungen oder Gemeindeverwaltungen. Man soll ja die Kritik nicht als Justamentkritik verstehen, sondern wir bemühen uns, glaube ich, sehr um eine sachliche Kritik, die gerechtfertigt ist. Insofern ist ja auch die Arbeit der Volksan­waltschaft aus einer demokratiehygienischen Perspektive von besonderer Bedeutung, denn viele Menschen kommen natürlich zu uns, weil sie sich nicht mehr anders zu helfen wissen, weil sie ohnmächtig vor den Mächtigen stehen und die Volksanwaltschaft sozu­sagen der letzte Rettungsanker ist.

Ich möchte aber ausdrücklich betonen, dass wir diesen Dank, der tatsächlich von allen Fraktionen hier in unsere Richtung geäußert worden ist, an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitergeben wollen, denn die Expertise, die wir in der Volksanwaltschaft ha­ben, ist wirklich beeindruckend, sowohl was – wenn ich das so sagen darf – das Stamm­personal im Haus betrifft, als auch was die Expertise in unseren Opcat-Kommissionen betrifft, also jenen Kommissionen, die die Orte der Freiheitsbeschränkung oder Freiheits­entziehung visitieren, oder auch der Kommission, die für die Vollziehung der Heimopfer­renten zuständig ist, der Expertinnen und Experten, die alles aufbereiten und uns bera­ten. Diese Expertise ist wirklich beeindruckend.

Ich möchte noch einen weiteren Punkt aufgreifen, weil auch Herr Dr. Rosenkranz auf die Problematik verwiesen hat, dass wir gewisse Einrichtungen, die ausgegliedert sind, selbst wenn sie zu 100 Prozent im Eigentum einer Gebietskörperschaft stehen, nicht prüfen können. Das ist ein Punkt, den wir ansprechen möchten. Ich glaube, es wäre sinnvoll, eine solche Möglichkeit zu eröffnen.

Was ich außerdem ansprechen möchte, ist natürlich, dass es immer wieder auch zivil­rechtliche Fragen gibt, die an uns herangetragen werden, etwa im Zusammenhang mit Altersdiskriminierung. Wir bekommen im Finanzbereich, den ich prüfe, zuneh­mend Beschwerden über Geldinstitute oder auch Versicherungen, bei denen es zu altersdiskriminierenden Handlungen kommt, wenn es etwa darum geht, eine Fördermaß­nahme in Anspruch zu nehmen. Nehmen wir an, jemand ist betagt, und dann steht in der Förderrichtlinie, dass eine Förderung nur möglich ist, wenn sie über einen Kredit finan­ziert ist, und das Geldinstitut sagt: Tut uns leid, in Ihrem Alter kriegen Sie aber keinen Kredit mehr bei uns. – Das ist natürlich nicht in Ordnung, das darf nicht sein, und ich bemühe mich gerade in Verhandlungen mit der Geldwirtschaft – also Banken – und der Versicherungswirtschaft, eine Form der Kooperation aufzusetzen, um eben rasch zu Lö­sungen zu kommen. Wir sehen schon Licht am Ende des Tunnels.

Das ist zwar nicht ganz unmittelbar etwas, das wir prüfen können, also jedenfalls nicht dort, aber die Frage der Altersdiskriminierung, auch im Hinblick auf unsere Verantwor­tung für Menschenrechte, ist schon etwas, das uns etwas angeht und dem wir uns auch widmen wollen. Wie gesagt, ich bin da guter Dinge, weil ja niemand Interesse daran haben kann, dass die Gesellschaft gleichsam in Personen, die gerade noch Berücksich­tigung finden, und solche über einer gewissen Altersgrenze, die dann nicht mehr berück­sichtigt werden, gespalten wird. Das ist natürlich inakzeptabel.

Insgesamt glaube ich, dass die Berichte schon sehr gut darlegen, was sich im Jahr 2020 abgespielt hat. Danke auch für den Hinweis, dass die Berichte gut lesbar sind, wir sind da aber natürlich auch offen für Kritik. Wenn es irgendwo etwas gibt, von dem Sie mei­nen, das sollten wir anders gestalten, anders darlegen, dann nehmen wir das sehr, sehr gerne auf. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Allgemeiner Beifall.)

12.39

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.