13.15

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Ich komme jetzt vielleicht doch noch einmal auf die Tages­ordnung zurück. (Heiterkeit der BundesrätInnen Zwazl und Ofner.)

Kollege Dim, die Handelsstatistik eröffnet sich mir noch nicht, aber deshalb stehe ich nicht hier, sondern wegen der drei anderen Punkte. Der Europäische Gerichtshof ist zu einem sehr guten Erkenntnis gelangt, er hat gesagt: Wir haben ein einheitliches Unions­recht und damit ein Rechtssystem, und es ist nicht notwendig, dass zwischen Staaten der Europäischen Union außerhalb desselben bilaterale Abkommen gelten. Das heißt, wir werden auch Polen noch davon überzeugen müssen, dass das Unionsrecht über allem steht, und zwar in allen Bereichen (Bundesrat Hübner: Die Wähler muss man überzeugen!) – andernfalls muss man die Union verlassen.

Wir hatten solche Abkommen mit Kroatien, Slowenien und Malta – alles Rechtsstaaten ‑, und bei dieser Gelegenheit erinnere ich an die von uns hier öfter geführten Debatten über Ceta und TTIP und über die Sondergerichtsbarkeit, bei der durch die sogenannten Investor-State-Dispute-Settlement-Abkommen großen Konzernen die Möglichkeit in die Hand gegeben wurde, ihre Interessen gegenüber einem Staat außerhalb der ordentli­chen Gerichte durchzusetzen.

Dass das nicht nur eine theoretische Überlegung ist, zeigt der Fall Vattenfall, ein schwe­discher Konzern, der Deutschland geklagt hat, nachdem Deutschland beschlossen hat, in Etappen aus der Atomindustrie auszusteigen. Schweden und Deutschland gehören auch zur Europäischen Union, aber Vattenfall ist eine Gruppe, ein Großkonzern, hinter dem Investoren, Industrieverbände und andere stehen. Da kam Empörung auf, und wir haben gesagt, wir wollen nicht, dass wir solche Interessenkonflikte im Rahmen von TTIP oder Ceta mit amerikanischen oder kanadischen Konzernen, die auch dazu gezwungen werden, außerhalb der Gerichtsbarkeit abhandeln müssen. Wir brauchen keine Sonder­gerichte für den Investitionsschutz, wir haben alle ein ordentliches Rechtssystem und eine Rechtsstaatlichkeit, innerhalb deren Interessenkonflikte abgehandelt werden kön­nen.

Zum Beispiel hat der Konzern Philip Morris Uruguay nahezu in die Knie gezwungen, als Uruguay den Nichtraucherschutz erhöhen wollte. Ecuador musste 1 Milliarde US-Dollar zahlen, weil das Land die Ölförderverträge so nicht mehr weiterführen wollte und ein amerikanischer Konzern darauf bestanden hat. Auch Kanada hat mit dem Nafta-Frei­handelsabkommen eine solche Krise erlebt, als gleich mehrere Ölkonzerne gegen Ka­nada prozessiert haben.

Wir in der Europäischen Union haben es besser. Die Europäische Union ist als Gesam­tes ein europäischer Player, es gelten dieselben Voraussetzungen und Bedingungen, und die können wir innerhalb der Europäischen Union auch durchsetzen. Es bedarf kei­ner privaten Schiedsgerichte.

Ich will auch nicht, dass ein privates Schiedsgericht irgendwann in der Zukunft sagt: Die Abholzung der Amazonaswälder wird durchgesetzt. Das wollen wir nicht. Deshalb stim­men wir gerne zu, dass wir aus diesen bilateralen Abkommen mit Kroatien, Slowenien und Malta samt Sondergerichten aussteigen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

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