9.10

Bundesrätin Mag. Dr. Doris Berger-Grabner (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ge­schätzte Zuhörer, die von zu Hause aus zuhören! Ich beginne meine Rede heute mit einem Dank, und zwar einem Dank an unseren Bildungsminister dafür, dass es gelungen ist, die Schulen offen zu lassen, und einem Dank an alle Mitwirkenden, allen voran an die Pädagogen und Pädagoginnen, die Direktoren und Direktorinnen, aber auch die Schülern und Schülerinnen aufgrund ihrer Disziplin, denn „offene Schulen schützen Kinder vor psychischen Erkrankungen und Bildungsverlust“. – Ich zitiere hier die Kinder- und Jugendanwaltschaft, oder auch Michael Stadlmann, AHS-Landesschulsprecher in Niederösterreich und stellvertretenden Bundesschulsprecher: Er „erinnert an die ,enor­me psychische Belastung‘, die bei Distance Learning entsteht“.

Wir alle sind soziale Wesen und brauchen Kontakte, und zwar physische. Auch die Mehr­heit der Lehrer und Lehrerinnen sieht die derzeitige Situation der offenen Schulen positiv, wie eine aktuelle Erhebung der Universität Wien zeigt. 60 Prozent sind dafür, die der­zeitige Regelung der offenen Schulen und Aufhebung der Präsenzpflicht beizubehalten.

Wir sehen nun nach einer zehntägigen Beobachtungsphase: Ja, offene Schulen funktio­nieren. Warum? – Weil die Schule ein kontrollierter Raum ist. Der Komplexitätsforscher Klimek unterstreicht sogar die Bedeutung der Schulen zur Pandemiebekämpfung, weil wir eben ein sehr engmaschiges Testsystem in den Schulen haben, welches das lang­fristige Offenhalten der Schulen unterstützt. Wir wissen, die Kinder werden in der Schule seriell getestet: in Niederösterreich, Oberösterreich und Wien zweimal – Dienstag und Donnerstag – mittels PCR-Test und einmal – am Montag – mittels Antigentest. (Bundesrätin Hahn: In Niederösterreich ist es einmal!)

Natürlich ergeben sich daraus auch höhere Fallzahlen, obwohl diese Tendenz wieder sinkend ist, denn je mehr getestet wird, desto mehr positive Fälle können auch heraus­gefiltert werden – und das ist gut so. Das Wichtigste dabei aber ist, dass wir dadurch die Kinder punktgenau nach Hause schicken und somit auch großflächige Schließungen verhindern können.

Wie sieht die derzeitige Situation aus? – Nach rund zehn Tagen Schulbetrieb im Lock­down haben wir gesehen – und ich beziehe mich jetzt in meinen Ausführungen auf Niederösterreich –, dass täglich 85 Prozent der Schüler und Schülerinnen in den Schulen anwesend waren. Die restlichen 15 Prozent teilen sich in Krankenstände, Quarantänemaßnahmen oder gerechtfertigtes lockdownbedingtes Fernbleiben auf. Ich denke, es war sinnvoll, den Verlauf eine Woche zu beobachten und zu schauen, wo es Nachschärfungen braucht; und diese Regeln wurden auch nachgeschärft.

Im Detail: Die Klassen gehen ab dem zweiten Coronainfektionsfall für mindestens fünf Tage ins Distancelearning. Konkret bedeutet das auch: Bei einem Infektionsfall muss nur das positiv getestete Kind nach Hause, für die restliche Klasse läuft der Unterricht weiter. Allerdings müssen die Schüler die nächsten fünf Tage täglich testen, was beispielsweise gerade bei meiner Tochter im Gymnasium der Fall ist, aber ich sage Ihnen: Jeder Tag in der Schule ist ein gewonnener Tag. Wenn es dann einen zweiten Infektionsfall in der Klasse gibt, gehen alle Schüler für fünf Tage ins Distancelearning, nach diesen fünf Tagen können die Kinder nach einem negativen Test ins Klassen­zim­mer zurückkehren und werden in der Schule noch einmal getestet. Somit werden auch die Absonderung von positiven Fällen und vor allem in Hotspotregionen das Contact­tracing erleichtert.

Meine Kinder, einerseits in der Volksschule und andererseits im Gymnasium, befinden sich seit dieser Woche, so wie es die Direktorin formuliert, in einem solchen Regelbetrieb unter Lockdownbedingungen. Das ist gut so, denn wir alle, Pädagogen, Pädagoginnen, Schüler, Schülerinnen und auch Eltern, brauchen eine gewisse Regelmäßigkeit, auf keinen Fall mit Vollgas, aber mit Hausverstand und Augenmaß, sodass die notwendigen Lernfortschritte auch ermöglicht werden.

Somit gibt es Präsenzunterricht für all jene, die ihn benötigen. Kinder dürfen jedoch – und das ist bekannt – ohne ärztliches Attest zu Hause bleiben. Schulen stellen Be­treuung und Lernpakete für diese Kinder sicher.

Ja, es sind die Eltern, die da dieses Mal entscheiden. Es ist richtig, dass man die Entscheidung den Eltern überlässt (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn), denn wer sonst, wenn nicht die eigenen Eltern, die Erziehungsberechtigten der Kinder – weil sie es sind, die die private und berufliche Situation am besten einschätzen können –, soll entschei­den?

Was passiert jetzt mit denen, die zu Hause bleiben, bleiben können? – Die nehmen – und das ist auch bekannt – ebenfalls am Unterricht teil, entweder über eine Synchron­übertragung – dafür braucht es kein aufwendiges technisches Equipment, da reicht ein einfacher Laptop mit Internetverbindung – oder asynchron, indem eben Lernpakete, Haus- und Schulübungen zur Verfügung gestellt werden (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn), wie beispielsweise in der Volksschule über Schoolfox oder im Gymnasium meiner Tochter über Moodle. Diese werden abgearbeitet und dann wieder abgegeben. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Weil hier oft falsch argumentiert wird: Das ist kein hybrider Unterricht, bei dem der Lehrer gleichzeitig alles machen muss, Distancelearning und Präsenzunterricht, nein, es ist ein Präsenzunterricht, der es erlaubt, Schüler und Schülerinnen, die zu Hause sind, über die Lernplattform oder in anderen Medien daran teilzunehmen zu lassen. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Da jetzt auch hier im Saal die Stimmen wieder lauter werden, ist es mir noch wichtig, zum Schluss eines zu sagen: Man wird es nie allen recht machen können. Wenn jemand behauptet, er oder sie habe die optimale Lösung, dann kann ich gleich vorweg eines sagen: Die wird es nicht geben. Dazu gibt es ein ganz passendes Sprichwort: „Allen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.“

In diesem Sinne, meine geschätzten Kollegen und Kolleginnen: Zeigen wir uns solida­risch, und bekämpfen wir uns nicht gegenseitig, sondern den wahren Feind, nämlich das Coronavirus! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

9.17

Präsident Dr. Peter Raggl: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile ihr dieses.