16.52

Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekre­tär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren, die uns vor den Bildschirmen zusehen und zuhören! Zunächst danke ich dem Herrn Bundeskanzler sehr herzlich für die Beantwortung der Fragen und für das Engagement in der Bekämpfung der Pandemie gemeinsam mit der gesamten Bundesregierung. Nach den theatralischen, teilweise polemisierenden und teilweise auch ungeheuerlichen Be­hauptungen der Vorredner der freiheitlichen Fraktion (Bundesrat Hübner: Was ist da ungeheuerlich?) möchte ich schon darauf antworten und auch einiges festhalten.

Zunächst beginne ich auch mit einer tatsächlichen Berichtigung: Der Herr Bundeskanzler hat nicht Personal gegen Demonstrationen bei Krankenhäusern ausgespielt, sondern er hat sein Unverständnis über Demokrat- -, ah, Demonstrationen vor Krankenhäusern – teilweise darin – zum Ausdruck gebracht. (Bundesrat Steiner: Sein Unverständnis über Demokratie, ja, genau! Jetzt hättest du bald die Wahrheit gesagt!)

Das Zweite: Behauptungen, dass zwei Minister positiv seien, sind ebenfalls die Unwahr­heit. Das ist etwas, das hier auch gesagt werden muss. Man stellt sich hier vorne her und behauptet einfach Dinge, die nicht stimmen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zum Dritten: Was die Wirkung von Impfstoffen anbelangt, werde ich mich dazu nicht äußern. Dafür haben wir in unserer Fraktion eine kompetente Persönlichkeit, das ist unser Dr. Karlheinz Kornhäusl. (Bundesrat Steiner: Und die Frau Hauschildt-Buschberger ist auch sehr kompetent! – Heiterkeit des Bundesrates Spanring.)

Es ist klar geworden, dass es sich erstens ganz einfach um eine Themenverfehlung handelt – man sieht es an dem Taferl (auf die Tafel mit der Aufschrift „Nein zum Impfzwang“ deutend) hier vorne –, das muss ich natürlich gerade als Lehrer feststellen. Wir reden in diesem Land von keinem Impfzwang, sondern es ist die Diskussion, die Vorbereitung für eine Impfpflicht im Gange. – Das ist es. (Bundesrat Steiner: Ja was ist das?)

Eines sage ich Ihnen auch, wenn ich mir anhöre, was die freiheitlichen Vorredner hier von sich gegeben haben: Sie sind nicht an Lösungen für diese Pandemie, an der Be­endigung dieser Pandemie interessiert (Bundesrat Steiner: Ja was denn?), sondern Sie sind Teil des Problems (Beifall bei ÖVP und Grünen), und Ihr Verhalten ist rein partei­taktisch.

Sie suggerieren mit Ihrem Verhalten, dass die Maßnahmen, die notwendig sind, draußen nicht umgesetzt werden. (Bundesrat Ofner: Nein, die werden da nicht eingehalten!) Das beginnt schon im Kleinen mit dem Maskentragen. (Bundesrat Steiner: ORF-Gala! ORF-Gala!) Sie sitzen hier herinnen und regen sich über Dinge auf (Bundesrat Steiner: ORF-Gala! Überhöhen Sie sich nicht ständig über andere!), und nicht einmal das Einfachste, was Maskentragen betrifft, wollen Sie einhalten. (Bundesrat Steiner: Nicht immer die Moralkeule schwingen, wenn man selbst moralisch ganz unten ist! Ganz ruhig!) Das ist ganz einfach ein Faktum.

Sie haben auch noch immer nicht kapiert – und haben zwei Jahre Pandemie tatsächlich verschlafen –: Der Gegner ist nicht die Regierung, der Gegner sind nicht wir in der Regierung (Bundesrätin Schumann: Aber zusammengebracht habt ihr nichts! Ich meine, bei aller Liebe, nicht?) und auch nicht die Opposition, sondern der Gegner ist ein Virus, und dem gilt es gemeinsam entgegenzutreten. Das erwarten sich die Menschen. (Bundesrat Steiner: Typisch ÖVP: Falsch! Moralisch überheblich!)

Kollege Steiner steht oft hier heraußen und erwartet sich, dass ihm die Mitglieder des Bundesrates zuhören. Ich erwarte mir das auch, sehr geehrter Herr Kollege. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Steiner. – Ruf bei der FPÖ: Wir hören eh zu!)

Wir wollen den Blick aber nach vorne richten, und nach vorne heißt auch: Das Thema Impfpflicht ist etwas, das wir nicht gewollt haben. Es hat viele Initiativen gegeben (Bundesrätin Schumann: Zu wenige!), es ist trotz umfassenden Impfangebotes, umfangreicher Werbung (Bundesrätin Schumann: Geh, geh, geh!) ganz einfach nicht so, dass sich viele Menschen haben impfen lassen.

Weil Sie, Frau Kollegin Schumann (Bundesrätin Schumann: Ja, grüß Sie!), zwischen­rufen, sage ich Ihnen eines, liebe Frau Kollegin (Bundesrätin Schumann: Die Regierung hat die Pandemiebekämpfung verschlafen!): 6 Stunden lang haben Sie vorige Woche bei der Dringlichen Anfrage hier herinnen Schuldzuweisungen – elf KollegInnen von der Sozialdemokratie sind heraußen gestanden –, nur Schuldzuweisungen getätigt. (Bun­des­rätin Schumann: Zu Recht! – Weitere Rufe bei der SPÖ: Zu Recht! Das wird Gründe haben!) – Ja, das ist das Recht der Opposition, aber ich sage Ihnen auch klar: Beim Fingerzeig (Bundesrätin Schumann: Nein, nein, nein, nein, nein! Als Schuldirektor mit dem Fingerzeig hergehen und ...! – Zwischenruf der Bundesrätin Grimling), den Sie vorige Woche hier herinnen gesetzt haben, haben immer drei Finger auf Sie zurück gezeigt. Und wenn ich die Logik Ihrer Vorwürfe, Ihrer Schuldzuweisungen von voriger Woche richtig deute, dann muss ich sagen (Bundesrätin Hahn: Wie wäre es mit Selbst­reflexion?), dass in Österreich jetzt die höchsten Infektionszahlen in Kärnten sind. (Bun­desrätin Schumann: Warum haben sie sich dann letztes Mal entschuldigt?, frage ich mich!) Wenn Sie Ihre Schuldzuweisung hier an die Regierung richten (Bundesrätin Schumann: Warum haben sich die Minister entschuldigt? Warum?) und immer die Wiener als Vorbild nehmen (Bundesrätin Schumann: Warum haben sie sich entschul­digt?), dann muss ich Ihnen sagen: Genauso, wie Sie vorige Woche nur Schuldzu­weisungen gegenüber der Regierung gemacht haben (Bundesrätin Hahn: Wir haben Vorschläge genug gebracht, aber angenommen habt ihr sie nicht!), müssen Sie jetzt auch dem Landeshauptmann in Kärnten sagen, er hat alles falsch gemacht, er hat alles zu spät gemacht, er hat alles verschlafen. (Bundesrätin Schumann: Und die ÖVP ist in Oberösterreich in einer Regierung mit der FPÖ! Gratulation! – Bundesrätin Grimling: Was ist mit Salzburg?) – Da kommen wir nicht weiter.

Ich stelle mich nicht hierher und richte die Schuldzuweisung an ein Bundesland (Bun­desrätin Grimling: Was ist mit Salzburg, wo der Landeshauptmann die Wissenschaftler angegriffen hat?), Sie aber spielen Bundesländer gegeneinander aus. Das ist nicht in Ordnung (Bundesrätin Grimling: Ja, in Salzburg auch nicht!), das hilft den Menschen nicht (Bundesrätin Schumann: Ja, danke, Frau Bundesministerin Köstinger, apropos Ausspielen von Bundesländern!), das hilft nicht in der Bekämpfung der Pandemie. Das muss ich Ihnen klar und deutlich sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Der Landeshauptmann Kaiser hat sich nicht gewehrt gegen den Lockdown!)

Wie wollen wir – das ist der Blick in die Zukunft, um wieder zurückzukommen (Bun­desrätin Grimling: Aber der Herr Landeshauptmann von Salzburg weiß auch nicht, was er ...!) – unsere Freiheit wiedergewinnen? (Bundesrätin Schumann: Für das haben sich die Minister entschuldigt! Danke, Herr Bader! Super!)

Aber bitte, Frau Kollegin, ihr stellt euch hierher, macht 6 Stunden lang nur Schuldzu­wei­sungen, und wenn man etwas sagt, das damit impliziert ist (Bundesrätin Schumann: Nimmermehr mit dem Finger auf mich zeigen! Bitte nimmer! – Bundesrätin Grimling: Bitte einen Handschuh anziehen!), seid ihr aufgeregt. Das ist doch bitte ein Wahnsinn. (Bundesrätin Schumann: Bitte nimmer mit dem Finger auf mich zeigen! Da bin ich ganz heikel!)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer geimpft ist, steckt sich und andere seltener an. Das ist ein Faktum. Wer geimpft ist und sich dennoch infiziert, hat in der Regel einen milderen Verlauf und muss nicht wochenlang um sein Leben kämpfen. Wer geimpft ist, entlastet das Gesundheitssystem. Wir haben derzeit einen Teufelskreis: Lockdown in, Lockdown out.

Jeder kann bei uns denken, was er will. (Ruf bei der SPÖ: Aber!) Jeder kann auch sagen, was er will. Jeder kann eigensinnig sein, wie er will. Doch auch da gibt es Grenzen, wenn die eigene Meinung andere Menschen gefährdet, ihnen Schaden zufügt. Die persönliche Freiheit, von der immer gesprochen wird, endet dort, wo die Freiheit des anderen be­ginnt. (Bundesrat Spanring: Und das könnt ihr beurteilen!) Die persönliche Freiheit, auch in einer Demokratie, ist nicht unendlich. Eine Demokratie bietet Gott sei Dank extrem viele Freiheiten, auf die wir alle gemeinsam auch entsprechend achten, aber in einer Demokratie gibt es auch Pflichten. Daher ist die Impfpflicht kein Verstoß gegen Freiheitsrechte, vielmehr ist diese Impfpflicht eine Voraussetzung dafür, dass wir unsere Freiheit zurückgewinnen. Das wollen wir alle gemeinsam. (Bundesrat Steiner: Aber von wem muss ich mir die Freiheit zurückholen?)

Verzichten wir auf diese Impfpflicht, dann werden wir einen immer höheren Preis dafür bezahlen, dass ein kleiner Teil der Bevölkerung sich die Freiheit nimmt, das Impfangebot abzulehnen. Kinder leiden unter den Einschränkungen, die Firmen, die Betriebe, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Künstlerinnen und Künstler – gestützt von Milliar­denhilfen, die immer tiefere Löcher in die Budgets reißen. All das wiegt schwerer als die Zumutung einer Impfpflicht, zumal über 7,6 Milliarden Impfungen gezeigt haben, dass die Impfung wirkt und dass sie auch wenige Nebenwirkungen hat.

Das sind die Fakten, und daher gibt es eben eine entsprechende Gesetzesvorlage dazu; der Herr Bundeskanzler hat darauf hingewiesen. Diese wird nächste Woche vorgelegt werden – das ist Demokratie. Diese wird in die Begutachtung gehen – das ist Demo­kratie. Diese wird auch dem parlamentarischen Prozess im Nationalrat und im Bundesrat zugeführt werden – das ist Demokratie in diesem Land. So wollen wir diese Pandemie entsprechend bewältigen und wieder zurück zur alten Normalität kommen. Gemeinsam werden wir das schaffen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Bundesrätin Schumann: Ja, gemeinsam! Immer gemeinsam! – Bundesrätin Grimling: Miteinander oder gemeinsam, gell?)

17.01

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ingo Appé. Ich erteile ihm dieses.