13.44

Bundesrat Silvester Gfrerer (ÖVP, Salzburg): Frau Präsidentin! Werter Herr Bundes­kanzler! Lieber Herr Vizekanzler! Liebe Frau Staatssekretärin! Werte neue Minister im Regierungsteam zu meiner Linken und zu meiner Rechten! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zuerst dir, Herr Bundeskanzler, und natürlich auch den neuen Regierungsmitgliedern in deinem Team wirklich sehr, sehr herzlich zu diesen hohen und verantwortungsvollen Ämtern, die ihr alle seit der Angelobung vor 14 Tagen ausübt, gratulieren. Ich möchte euch aber noch mehr dafür danken, dass ihr diese herausfordernden Ämter, die ihr jetzt bekleidet, angenommen habt, um diese auch mit vollem Einsatz auszuführen, zum Wohle Österreichs und seiner Menschen in Zeiten wie diesen – das ist nicht ganz einfach.

Seit gut 20 Monaten beschäftigt uns ein Thema: die Coronapandemie. Gerade jetzt sehen wir, wie unberechenbar, wie heimtückisch dieser Virus und die verschiedenen Mutationen sind. Man bedenke: Unsere Generation ist in der Zeit, in der wir leben, und in der Art, wie wir leben, doch stark auf Komfort, auf Wohlstand ausgerichtet – auf etwas zu verzichten fällt uns allen, ganz ehrlich gesagt, relativ schwer.

Gerade jetzt stehen wir mitten in einer Pandemie, und niemand hat auch nur im Ge­ringsten daran gedacht, dass wir einmal von einer solchen weltweiten Gesundheitskrise wie Corona betroffen sein könnten. Ich habe nachgelesen, weil es mich interessiert hat: An der Spanischen Grippe in den Jahren 1918 bis 1920 sind über 100 Millionen Men­schen verstorben – über 100 Millionen Menschen, das kann man sich gar nicht vorstel­len. Im Vergleich dazu ist die Bundeshauptstadt Wien ein kleines Dorf. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Ich habe mir die Frage gestellt: Was wird wohl nach der hoffentlich erfolgreichen Be­kämpfung der Coronapandemie in den diversen Büchern stehen oder auch im Internet oder wo auch immer nachzulesen sein – vielleicht dass es die größte Gesundheitskrise seit der Bekämpfung der Spanischen Grippe vor gut 100 Jahren war? (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Mit Sicherheit wird nachzulesen sein, wie viele Menschen weltweit und in Österreich an Corona verstorben sind, über die Betroffenheit der Men­schen und der Familien – von den Kindern über die Jugend bis zur älteren Generation –, die vielen Auswirkungen in den Schulen und im gesamten Bildungsbereich, die Auswir­kungen auf die Wirtschaft und auf den Arbeitsmarkt, die vielen negativen Auswirkungen auf den Kunst- und Kulturbereich, die psychischen Folgen und die Belastungen für die Menschen, die Situation in den Spitälern und auf den Intensivstationen, die Belastung und Überbelastung des Pflegepersonals. – Ja, diese Liste ist nicht vollständig, und jede und jeder könnte sie für sich persönlich beliebig nach Betroffenheit ergänzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, reden wir nicht nur von den negativen Auswirkungen, die uns das Leben schwer machen! Reden wir auch von den vielen, vielen Leistungen, die so viele Menschen in Österreich täglich erbringen, um Corona zu besiegen und um wieder in ein normales Leben ohne Einschränkungen zurückzufinden! Die größte Errun­genschaft – da bin ich mir ganz sicher – ist: Es wurde innerhalb von zehn Monaten ein Impfstoff entwickelt, der uns schützt. Wie sehr haben wir gehofft, und wir hätten es nicht für möglich gehalten, dass dies in so kurzer Zeit möglich ist.

Zu erwähnen ist auch das Programm der Wirtschaftshilfen – der Herr Bundeskanzler hat es angeschnitten –, die unsere Regierung auf den Weg gebracht hat, 42 Milliarden Euro, die zum größten Teil ausbezahlt wurden, um die Betriebe vor der Insolvenz zu retten. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Auch das Programm der Kurzarbeit – das ist heute diskutiert worden – wird verbessert und immer wieder ausgebaut. Das ist einzigartig, das gibt es sonst nirgends. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.) Dadurch konnten Hunderttausende Arbeitsplätze gerettet und in den Betrieben gehalten werden.

Viele Frauen und Männer sind in ihrem Beruf extrem belastet und überlastet, egal ob in den Spitälern, in den Senioren- und Pflegeheimen, in der Pflege zu Hause, aber vor allem sind auch die Familien, die Eltern und die Kinder belastet. Da wurde Großartiges geleistet – vielen, vielen Dank dafür!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, über das, was neben der Krisenbekämpfung politisch in Umsetzung ist und schon umgesetzt wurde, sollte man, glaube ich, auch reden. Die ökosoziale Steuerreform, die auch schon erwähnt wurde, wurde unabhängig von Corona und in Verbindung mit dem Klimaschutz auf den Weg gebracht. Dieses Ausmaß hat es noch nie gegeben: 18 Milliarden Euro bis 2025, die bei den Menschen mit geringem Einkommen, bei Familien, bei der Wirtschaft und in der Gesellschaft ankommen müssen. Diese Steuerreform sichert den Wirtschaftsstandort Österreich und sichert Arbeitsplätze und Wohlstand.

Ein Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist beschlossen worden, das dem Klimaschutz Rech­nung tragen soll, um die Klimaziele, die festgeschrieben sind, zu erreichen. Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel: Raus aus den fossilen Energieträgern hin zur erneuerbaren Energie! Dieses Gesetz hat die Handschrift von Magnus Brunner, damals noch als Staatssekretär. – Vielen herzlichen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundes­rätInnen der Grünen.)

Der Breitbandturbo, die Digitalisierung für Österreich: Es gibt 1,4 Milliarden Euro für den raschen Ausbau der Infrastruktur. Schnelles Internet, Breitbandausbau, Digitalisierung: Das sind die Zukunftsthemen schlechthin. Sie werden darüber entscheiden, ob wir im Speziellen dem ländlichen Raum in seiner Vielfalt und wirtschaftlichen Stärke Zukunft geben oder nicht.

Was mich besonders freut, ist die Versorgungssicherheit der Menschen in Österreich mit hochwertigsten Lebensmitteln. Ganz ehrlich, wer hätte denn der österreichischen Land­wirtschaft speziell im ersten Lockdown zugetraut, dass dies möglich ist? – Die Bäue­rinnen und Bauern haben es gemacht. Die Wertschätzung von und Zustimmung zu gesunden und hochwertigen regionalen Lebensmitteln hat stark zugenommen. Das freut uns Bauern, darauf können wir zu Recht sehr stolz sein.

Ich sehe es auch als unsere Aufgabe und Verantwortung, trotz der herausfordernden Situation einen positiven Blick nach vorne zu richten. Wir müssen den Mut und die Stärke haben, an eine gute Zukunft zu glauben, das heißt, die Chancen, die es in jeder Krise gibt, zu erkennen, in die Hände zu spucken und zusammenzuhelfen.

Herr Bundeskanzler, lieber Karl Nehammer, du hast in deiner Regierungserklärung die Bekämpfung der Pandemie an die erste Stelle gestellt; das ist gut und richtig. Ja, Herr Bundeskanzler, du hast seit deiner Angelobung gestern vor zwei Wochen einen neuen Weg beschritten: einen Weg des Dialogs, einen Weg der Zusammenarbeit, einen Weg des Miteinanders eingeschlagen, bei dem alle politischen Fraktionen die Möglichkeit haben, sich einzubringen (Heiterkeit bei BundesrätInnen der SPÖ), und natürlich auch die Bundesländer, die Wissenschaft und die Experten mit eingebunden sind. Ich be­danke mich bei allen Fraktionen, die bereit sind, diesen Weg mitzugehen, damit wir gemeinsam diese schwierige Situation überwinden, mit dem Ziel, wieder ein normales Leben führen zu können.

Einen Appell möchte ich an die Freiheitliche Partei richten (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), weil es mir einfach besonders wichtig ist: Eine freie Meinung kundzutun ist legitim, aber eines ist nicht okay, nämlich wenn im Zusammenhang mit Corona immer wieder von Diktatur und Freiheitsberaubung die Rede ist und uns das vorgeworfen wird. Wisst ihr oder habt ihr darüber nachgedacht, was diese Begriffe wirklich bedeuten? – Ich denke da unweigerlich an unsere Väter und Großväter, denen die schönste Zeit ihres Lebens, nämlich die Jugendjahre, gestohlen wurde. (Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Der jetzigen Jugend auch! Sie werden seit zwei Jahren eingesperrt!) Keiner hier im Hohen Haus hat das Recht (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), die aus Verantwortung gesetzten Ein­schrän­kungen und Maßnahmen in Verbindung mit Corona mit Diktatur und Freiheits­beraubung gleichzusetzen.

Ja, leider müssen wir unseren Bürgerinnen und Bürgern viele Einschränkungen und Maßnahmen zumuten. Der überwiegende Teil der Bevölkerung trägt diese Maßnahmen auch mit Geduld mit. Warum? – Weil wir alle die Freiheit, wie wir sie gewohnt sind, wieder zurückwollen. Unser aller Feind ist das Virus. Das müssen wir bekämpfen, und zwar gemeinsam. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Herr Bundeskanzler, liebe Mitglieder der Bundesregierung, ihr tragt eine hohe Verant­wor­tung. Herr Bundeskanzler Karl Nehammer, du hast seit der Angelobung und nach der Hofübergabe im Innenministerium sofort die Arbeit als Bundeskanzler aufgenommen und deinen klaren Weg vorgezeigt. Dein Weg ist auch unser Weg, der des Dialogs über Parteigrenzen (Rufe bei SPÖ und FPÖ: Boah!), das Gemeinsame zu suchen (Zwi­schen­rufe bei der SPÖ), das Vertrauen der Menschen in die Politik wieder zurückzugewinnen (Zwischenrufe bei der FPÖ), die Sorgen der Menschen zu verstehen und danach zu handeln. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Deine Erfahrung, dein Weitblick, deine positive Lebenseinstellung, deine Menschlichkeit, dein Optimismus und deine Grund­werte (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser) und unsere Unterstützung sollten dir und deinem Regierungsteam dabei helfen, unser Land zu führen. Helfen wir zusam­men, und dies aus Verantwortung für Österreich und seine Menschen! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.56

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. Ich erteile ihr dieses. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Da wird dich der Wolf holen!)