15.06

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Herzlich willkommen auch von meiner Seite im Bundes­rat! Ich möchte diese Wohlfühlstimmung, die heute hier herrscht, jetzt ein bisschen stören. Mag. Buchmann, ich muss schon sagen: Es passt ja momentan eigentlich eh alles bei uns, nicht? Es ist ja alles in Ordnung! (Ruf bei der ÖVP: Ja, eh!)

Wir haben den vierten Advent, glaube ich, den dritten Kanzler heuer – den dritten Kanzler! (Bundesrat Himmer: Einen brauchen wir mindestens, nicht?) –, und ich frage Sie wie beim letzten Mal: Wer ist daran schuld? (Bundesrat Steiner: Die SPÖ! Die SPÖ wahrscheinlich!)

Wir sind momentan in einer extrem schwierigen Situation, in einer Pandemie, die von dieser Regierung überhaupt nicht beherrscht wurde. Die letzten Monate sind eine richtige Katastrophe, und ich müsste dir, lieber Christoph, heute oft recht geben, aber das alles kann man gar nicht so ins Lächerliche ziehen, weil es manchmal, wenn man darüber nachdenkt, eigentlich äußerst dramatisch ist.

Wir haben einen hohen Stand an Hospitalisierten, wir haben einen hohen Stand an Menschen, die während dieser Pandemie an dieser Krankheit verstorben sind – so viele Menschen, die verstorben sind! Und das nur aus einem Grund: weil die ÖVP damals nicht imstande war, zu sagen: Die Pandemie ist eben nicht beendet! – Man hat sich nicht daran gehalten, dass man einem Bürgermeister von Wien, einem Landeshauptmann des Burgenlandes folgt und sagt: Nein, wir müssen noch Maßnahmen treffen!, und deshalb sind wir noch in einen vierten Lockdown geraten und geraten wahrscheinlich – und das ist heute noch gar nicht zur Sprache gekommen – vielleicht in ein paar Wochen in einen fünften Lockdown. (Bundesrätin Steiner-Wieser: ... heute schon gesagt!) Man muss ganz klar sagen, was das für unser Land bedeutet. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Viele Menschen wissen nicht mehr weiter!

Christoph, du hast vorhin gesagt, es sind die zwei besten Welten, oder wie hast du das genannt: die zwei besten Welten? Ich sage: Das sind zwei Parallelwelten: zwei Parallel­welten, in denen die ÖVP und die Grünen leben (Heiterkeit bei der FPÖ); das sieht man an dem, was momentan los ist.

Diese ökosoziale Steuerreform – wenn ich das schon den ganzen Tag hier höre! (Beifall bei der FPÖ.) Die ökosoziale Steuerreform, wem soll die etwas bringen? Wissen Sie, was Sie gemacht haben? – In nicht einmal elf Tagen endet die Hacklerregelung! (Bun­desrat Preineder: Die Hacklerregelung nicht!) Die Hacklerregelung endet in elf Tagen (Zwischenruf der Bundesrätin Mattersberger), das bedeutet, dass Menschen 300, 400 Euro im Monat verlieren werden. Und ich sage Ihnen eines: Das vergessen wir Sozialdemokraten nicht, das vergessen wir nicht! Das vergessen wir sicher nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber interessant waren ja auch die Ausführungen von Herrn Bundeskanzler Nehammer. Ich habe mir das ganz genau angehört, und zwar nicht nur heute, sondern auch vor wenigen Tagen im Nationalrat. Von seiner Gesamtredezeit von 30 Minuten hat er 12 Mi­nuten dafür verwendet, Lobhudelei zu betreiben für Minister, bei denen ich mir denke: Es sind Minister gegangen, die nicht deswegen gegangen sind, weil sie so super waren. Ich habe nicht wahrgenommen, dass Herr Minister Blümel der beste Finanzminister dieser Welt war, sondern ich habe da eher etwas anderes wahrgenommen.

Ich habe nicht wahrgenommen, dass Sebastian Kurz grundlos gegangen ist – oder ist er wirklich wegen des Babys gegangen? Glauben Sie das wirklich? (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja! – Heiterkeit und Rufe bei der SPÖ: Genau!) – Genau, so wird es sein! Es ist unfassbar, was da abgeht (Beifall bei der FPÖ), und das noch zu belobigen, das ist für mich eigentlich nicht mehr nachvollziehbar. Wie gesagt, von 30 Minuten hat er 12 Minuten über seine Minister gesprochen und dann inhaltlich, und da habe ich ge­dacht: Jetzt passe ich auf, worauf er eigentlich eingeht. – Er hat dann ein bisschen herumschwadroniert, wie zur Europapolitik, also um alles weit weg vom Land eigentlich.

Wissen Sie: Eine Gruppe hat er gar nicht erwähnt – eine Personengruppe hat er über­haupt nicht erwähnt, heute auch noch nicht –, das ist nämlich jene, die am stärksten davon betroffen ist, nämlich die Menschen, die älter sind, die Pensionisten sind, die wirklich daran leiden, die schwer krank sind, die verstorben sind – nicht einmal eine Silbe darüber. Das ist für mich einfach nicht in Ordnung. (Bundesrat Preineder: Mei, was ist das für ein rhetorisches ...?! – Zwischenruf des Bundesrates Himmer.)

Oder schauen wir nur einen Tag zurück: Was richtet Ihnen Nina Tomaselli aus? – Nina Tomaselli hat gestern in der „ZIB 2“ gesagt, nach diesem Skandal, der ja ansteht, wir müssen darauf schauen – 640 000 Euro Steuerschulden, Steuergeschenke wurden viel­leicht verteilt, das ist gestern im „Falter“ gestanden –, Nina Tomaselli hat gesagt, da muss man noch genauer hinschauen, denn da wird noch sehr, sehr viel zutage treten, Herr Finanzminister. Das ist meiner Meinung nach schon ein Warnschuss, und der kommt nicht einmal von uns, der kommt von den Grünen, das möchte ich festhalten. Da wird es noch rundgehen.

Oder auf der ÖVP-Seite, da ist es ja auch recht lustig. Man denke nur an diese Cofag-Auszahlungssachen, die ganz enorm wichtig sind für unsere Unternehmer, für unsere Händler, gerade in den letzten Wochen: Frau ehemalige Wirtschaftskammerdirektorin (Bundesrätin Zwazl: Na, Direktorin war ich nicht, Präsidentin! – Rufe bei der ÖVP: Präsidentin!), -präsidentin, Entschuldigung: Wie fühlen Sie mit solchen Unternehmen mit, die sagen: Wir haben keine Unterstützung, keine ausreichende Unterstützung!? Schmerzt Sie das nicht? Stehen Sie nicht einmal für Ihre Unternehmer, für kleine Unternehmen auf und sagen, dass Sie mehr wollen? – Wir als Sozialdemokraten wollen das, aber die ÖVP hat das abgelehnt. (Bundesrätin Zwazl: Wir unterstützen ...!) Auch das werden die kleinen Unternehmen nicht vergessen, das kann ich Ihnen garantieren. (Bundesrätin Zwazl: ... was die Unternehmer sich denken, gell!? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. Rufe und Gegenrufe zwischen den Bundesrätinnen Schumann und Zwazl.)

Wir haben in den letzten Ausschusssitzungen Anträge eingebracht, Anträge, um even­tuell Unternehmer zu entlasten und auch im nächsten Jahr nicht mehr zu belasten. Was hat die ÖVP und was haben die Grünen gemacht? Auch das haben Sie ganz klar abgelehnt.

Aber wie gesagt, der Tag wird kommen. Und wir werden uns das noch genauer an­schauen, denn – das sage ich noch einmal und bestärke es – wir wären nicht in dieser schwierigen Lage, wir wären nicht im vierten Lockdown drinnen gewesen (Bundesrätin Zwazl: Ja ...!), wir wären nicht in ein paar Wochen im fünften Lockdown, hätten wir uns das Burgenland, hätten wir uns Wien als unsere Vorbilder genommen und nicht rüber geschaut und gesagt: Na ja, die Tiroler haben zwar die höchsten Inzidenzen, in Vorarl­berg haben wir die höchsten Inzidenzen, sperren wir trotzdem auf! Das muss mir einer erklären, und zwar nicht durch einen Regierungswechsel, durch ein paar Namen, die jetzt geändert werden. Was soll sich jetzt ändern?

Ich sage es ganz offen als Burgenländer: Wir haben gestern oder schon vorgestern 87 Prozent – 87 Prozent! der impfbaren Bevölkerung durchgeimpft gehabt! (Beifall bei der SPÖ.) Versetzen Sie sich in unsere Lage! Wir bräuchten diesen ganzen Wahnsinn, der da mit einem Lockdown abgehalten wird, vielleicht in zwei, drei Wochen noch einmal einen Lockdown, nicht, aber wir müssen natürlich in diesem Fall solidarisch sein und müssen mit ganz Österreich mittun, damit eben das Werkel sozusagen weiterläuft. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)

Ich sage Ihnen ganz offen: Wir werden diese Regierung die nächsten Wochen insofern unterstützen, indem wir sagen, wir müssen aus dieser Krise, aus dieser Pandemie, aus dieser Impfsache, aus dieser Impfpflicht jetzt das Beste machen, aber nachher wird dann Tacheles gesprochen. Es kann nämlich nicht sein, dass das Land derart an die Wand gefahren wird wie in den letzten Monaten und wir dann vielleicht noch Danke sagen. Das wird es nicht spielen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.14

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Josef Ofner. Ich erteile ihm dieses.