18.08

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Werte Regierungsmitglieder! Ich begrüße Sie in Ihren neuen Ämtern sehr herzlich und wünsche Ihnen für die Führung Ihrer Amtsgeschäfte eine gute Hand – eine bessere Hand –, als Ihre Vorgänger sie hatten, denn es geht schließlich um die Lebensbedingungen der Menschen und die Existenzen der Menschen in unserem Land. Diese haben in den letzten Monaten und Jahren genug mitgemacht: Unter Türkis-Grün, Schwarz-Grün, Türkis-Blau, also in allen Farbkonstellationen, haben die Menschen in unserem Land wirklich genug mitgemacht. Man hat den Eindruck, es kann nur besser werden, deshalb wünsche ich Ihnen da wirklich eine gute Hand.

Ausdruck dessen, was die Menschen mitgemacht haben und wie die Menschen das empfinden, ist eine erschütternde Vertrauenskrise gegenüber der Politik insgesamt, in einem Ausmaß, wie wir das vorher eigentlich noch nicht kannten. Das nimmt schon wirklich demokratiegefährdende Ausmaße an, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist in dieser gefährlichen Phase der Pandemie besonders bedenklich, weil man sieht, dass viele Menschen einfach nichts und niemandem mehr glauben, weil sie schon so oft enttäuscht wurden. Ich hoffe, dass die jetzige Regierung aus den Fehlern der vergangenen Regierungen lernt, gerade was die Bewältigung der Pandemie angeht. Da gibt es jetzt schon Lernmöglichkeiten und ich hoffe, dass Sie daraus die Lehren ziehen.

Ich möchte, was die Vertrauenskrise anlangt, gar nicht die zahlreichen Finanzskandale ausbreiten; diese werden die Justizbehörden noch ausgiebig beschäftigen. Mir geht es vor allem darum, dass die Pandemie und ihre Folgen bewältigt werden. Das geht eben nur, wenn die Menschen den Amtsträgern und Amtsträgerinnen vertrauen und wenn die Maßnahmen, die notwendigerweise gesetzt werden, natürlich auch evidenzbasiert sind. Da darf es einfach nicht mehr vorkommen, dass die Politik die Wissenschaft brüskiert, wie das sehr oft passiert ist, dass Maßnahmen nicht nach wissenschaftlichen Evidenzen gesetzt werden, sondern nach Umfragewerten. Da ist so vieles schiefgelaufen und da wird immer wieder auch das Vertrauen in die Wissenschaft erschüttert.

Die heutigen Worte des Bildungs- und Wissenschaftsministers haben mich sehr ge­freut. – Ich bleibe jetzt auch beim Sie, wir kennen uns ja schon aus Grazer Zeiten und da waren wir per Du, aber Kollege Appé hat es richtig angesprochen: Es geht auch um den Respekt vor dem Amt, vor der Persönlichkeit, deshalb belasse ich es im Plenum auch beim Sie.

Wie gesagt, Ihre Worte waren sehr wohltuend. Dieses Gelöbnis, das den Studierenden abgenommen wird, „der Wissenschaft [...] zu dienen“, ihre „Ziele zu fördern und dadurch verantwortlich zur Lösung der Probleme [...] beizutragen“ – das ist ja genau das, was wir auch bei einer Sponsion feierlich geloben. Da ersuche ich Sie schon auch, wie gesagt, auf Regierungsmitglieder, aber auch auf neun Parteifreunde einzuwirken. Ich spreche da zum Beispiel Landeshauptmann Haslauer in Salzburg an (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Bitte! ...!), der WissenschafterInnen irgendwie fast beschuldigt hat, am liebsten alle einsperren zu wollen, und die empfohlenen Maßnahmen wirklich dermaßen lächerlich gemacht hat, dass es der Wissenschaft und natürlich auch der Pandemie­bekämpfung nicht dienlich war. (Beifall bei der SPÖ.) Da verknüpfe ich wie gesagt Hoffnungen damit, dass eine Kraft in der Regierung ist, die solchen Tendenzen ent­gegenwirkt. Das würde dem Land sehr guttun.

Ich bleibe gleich beim Wissenschafts- und Bildungsminister, den ich aus früheren Begeg­nungen sehr schätze. Als Vizerektor der Universität Graz waren Sie ja auch zuständig für ein Pilotprojekt, nämlich die gemeinsame Lehrer-, Lehrerinnenausbildung. Ich war damals Bildungslandesrätin in der Steiermark, und da haben wir eine sehr gute Zusam­menarbeit gepflegt, als es darum ging, einen Ausbildungsverbund zu schaffen, zwischen den pädagogischen Hochschulen und den Universitäten einerseits, andererseits auch übergreifend über drei Länder, nämlich Kärnten, das Burgenland und die Steiermark. Diese Verbundlösung war beispielgebend für ganz Österreich und funktioniert ja auch noch sehr gut.

Das zeigt, dass Ihnen Bildungsreformen nicht fremd sind. Sie haben auch unter zahl­reichen Ministerinnen, nämlich Schmied – da muss man dann schon sehr weit in die Vergangenheit zurückgehen –, Heinisch-Hosek, Hammerschmid, aktiv an sehr progres­siven Bildungsreformen mitgearbeitet. Ich hoffe, dass Ihre nominierende Partei Sie in Ihrem Reformeifer nicht bremst, denn im Bildungsbereich ist sehr viel reformbedürftig.

Die gemeinsame Lehrer-, Lehrerinnenausbildung war ein Teilaspekt einer Basis für die gemeinsame Schule, die von vielen Bildungswissenschafterinnen und Bildungswissen­schaftern empfohlen wird und die auch immer auf der Agenda nicht nur der SPÖ, sondern auch Ihres Koalitionspartners, der Grünen, gestanden hat. Ich erinnere mich noch sehr genau an den energischen Einsatz des ehemaligen Bildungssprechers der Grünen, Harald Walser, eines Vorarlbergers, der sich vehement für die gemeinsame Schule eingesetzt hat. Es war ja eigentlich schon kurz vor der Umsetzung, ein ganzes Bundesland, das Bundesland Vorarlberg, auf eigenen Wunsch hin als Modellregion für die gemeinsame Schule auszurufen.

Jetzt haben wir also einen engagierten – hoffentlich weiterhin engagierten – Bildungs- und Wissenschaftsminister und einen Vorarlberger als Finanzminister. Ich hoffe daher, dass im Bereich der Schulreformen, im Bereich der gemeinsamen Schule etwas weiter­geht und dass man sich einen Ruck gibt. (Bundesrat Bader: Vielleicht gibt’s was Bes­seres!) Sie sollten sich da auch nicht sehr einschränken lassen. Sie haben es sicherlich nicht leicht, denn das Regierungsprogramm, das schon erwähnt wurde, aber auch das Budget, das kürzlich beschlossen wurde, sind bildungspolitisch nicht wirklich große Würfe. Da müsste man schon über den Schatten springen, damit auch wirklich mutige Reformen angegangen werden. Dahin gehend wünsche ich wirklich Kraft und Durchset­zungskraft.

Ich möchte aber auch ein Wort an den Innenminister richten, weil es Ihnen heute keine Erwähnung wert war: Schon Frau Bundesrätin Kittl aus den Reihen Ihres Koalitions­partners hat Sie daran erinnert, dass Sie betreffend Gewalttaten gegen Frauen sehr wohl eine Zuständigkeit haben. Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern, wirklich mit größtem Engagement die dringend notwendigen Risikofallkonferenzen einberufen zu lassen, denn es geht um eine treffsichere Gefährlichkeitsprognose. Das ist im Sinne der Prävention ganz, ganz dringend.

In diesem Sinne noch einmal alles Gute für Ihre Amtsgeschäfte und danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Himmer.)

18.17

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Reisinger. Ich erteile dieses.