18.17

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuhörerInnen! Wer sich erinnert: Vor wenigen Wochen habe ich an dieser Stelle den damaligen Finanzminister Gernot Blümel wegen fehlender Reformansätze und anderer Dinge kritisiert. Heute gibt es Blümel als Finanzminister nicht mehr, weil er, wie wir wissen, aus privaten und familiären Gründen sein Amt zurückgelegt hat. Der wahre Grund für seinen Rücktritt ist natürlich ein anderer. Wäre er nicht selbst gegangen, hätte er spätestens vorige Woche gehen müssen (die BundesrätInnen Bader und Eder-Gitschthaler: Warum?!), nämlich wegen der immer konkreter werdenden Korruptionsvorwürfe gegen Kurz und seine Getreuen, und zu diesen Getreuen zählt er ja, wie wir wissen.

Es ist eigentlich unfassbar, was durch die Interne Revision im Finanzministerium zur sogenannten ÖVP-Inseratenaffäre ans Tageslicht kam. Angesichts dieser Vorgänge – und das meine ich jetzt ehrlich – müsste uns der neue Finanzminister eigentlich leidtun. Er war es nämlich, der sich öffentlich hinstellen und diese Vorwürfe, diese unangenehme Geschichte nach außen hin erklären musste. – Herr Finanzminister, eines muss bei Ihrem sonst tadellosen Auftritt doch sehr vehement korrigiert werden: Der sehr wahr­scheinliche – ich formuliere es so – Griff in die Staatskasse durch die Türkisen ist kein Systemversagen, wie Sie es nannten, es ist ganz klar menschliches Versagen, und zwar nur in den Reihen der ÖVP. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich hoffe, dass Sie nach dem notwendigen Aufräumen im Finanzministerium dann genügend Zeit für die wahren Herausforderungen, die es gibt, finden werden. Von denen gibt es sehr, sehr viele. Als Bürgermeister spreche ich natürlich die prekäre Finanz­situation in den Gemeinden und Städten an.

Ich möchte gleich bei diesem Thema bleiben und hoffe sehr, dass wir in Ihnen, Herr Finanzminister, einen Ansprechpartner mit einem offenen Ohr finden werden, dass Sie unsere Sorgen ernst nehmen und dass Sie mit den Gemeinde- und Städtevertretern auch Lösungen überlegen.

Wir diskutieren ja seit Anbeginn der Coronakrise die angespannte Finanzlage der Ge­meinden. Wir haben – ich kann mich erinnern – unzählige Male geschildert, dass durch die Steuerausfälle und durch die enormen Kostensteigerungen zum Beispiel im Gesund­heitsbereich die Gefahr droht, dass die Gemeinden ihre vielfältigen Leistungen der Daseinsvorsorge nicht mehr finanzieren können, und die Steuerreform  ich werde das nicht mehr im Detail ausführen  wird diese Lage noch verschärfen. Das kritisiert selbst der oberösterreichische Gemeindebundpräsident Hans Hingsamer von der ÖVP scharf.

Herr Minister, es braucht jetzt ganz, ganz dringend Maßnahmen zur Stärkung der Gemeindefinanzen! Wir als SPÖ-Fraktion haben mehrmals Anträge eingebracht – ge­rade gestern wieder im Finanzausschuss, leider aber wurde dieser Antrag wieder einmal vertagt und somit schubladisiert.

Was brauchen die Gemeinden jetzt, in dieser Situation? – Sie brauchen einerseits Direktzuschüsse, um den laufenden Haushalt, um die laufende Geschäftstätigkeit auf­rechterhalten zu können, und sie brauchen auch eine Verlängerung eines oder mehrerer Investitionsprogramme.

Herr Finanzminister, Corona wird zur Überlebensfrage für die Gemeinden! Wenn wir als in Summe gesehen größter Investor Österreichs nämlich nicht mehr investieren können, dann wird sich das unweigerlich auf die Wirtschaft und auch auf den Arbeitsmarkt auswirken. Gerade deshalb richte ich einen dringenden Appell an die Regierungsver­antwortlichen, die Gemeinden bitte nicht im Stich zu lassen!

Mein zweiter Redeschwerpunkt richtet sich an den neuen Innenminister Gerhard KarnerSehr geehrter Herr Minister, Sie standen gleich zu Beginn Ihrer Amtsübernahme in der öffentlichen Kritik, zum einen wegen antisemitischer Äußerungen im Landtagswahl­kampf 2008. Das ist zwar lange her, macht das Ganze aber nicht besser. Erst nachdem es aus allen Richtungen Kritik hagelte, haben Sie diese Äußerungen zurückgenommen. Als der Druck noch größer wurde, haben Sie sich dann doch auch noch entschuldigt – und ich kann Ihnen sagen, diese Entschuldigung war höchst angebracht und absolut notwendig.

Dieses Thema ist das eine, die Causa Dollfußmuseum in Ihrer Heimatgemeinde Texing­tal, wo Sie ja bis zuletzt Bürgermeister waren, das andere. Auch da gibt es absoluten Gesprächs- und Klärungsbedarf, nämlich über die Ausrichtung des Museums und Ihre Haltung demgegenüber, denn wenn Experten darüber urteilen, dass dieses Museum keinen Mehrwert habe, weil die Hintergründe und die differenzierte Auseinandersetzung mit dem Austrofaschismus und der Thematisierung der Verantwortung von Dollfuß fehlen, kann man ganz einfach nicht zur Tagesordnung übergehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade als Innenminister sind Sie da umso mehr gefordert und zur umfassenden und ehrlichen Distanzierung vom Austrofaschismus verpflichtet. Sie müssen beweisen, dass Sie das können, Sie müssen beweisen, dass Sie das wollen – also ziehen Sie bitte auch klare Linien!

Zum Abschluss darf ich mich dem Exekutivbereich widmen und die dringend notwendige Wertschätzung für unsere Polizei einfordern – aber nicht nur in Applausform, wie Sie das heute gemacht haben, sondern in Form von finanziellen und dienstrechtlichen Refor­men. Wir werden auch ganz sicher nicht den Coronabonus vergessen, den der damalige Innenminister Karl Nehammer versprochen hat, der aber bis dato nicht bei den Polizistin­nen und Polizisten angekommen ist.

Herr Minister, Sie wissen – Sie haben das auch in Ihrer Rede erwähnt –, wie insbeson­dere auch die Polizei von Corona betroffen ist. Neben ihren ureigensten Aufgaben wurden ihr auch noch die Kontrolle und Überwachung von Maßnahmen der Pandemie­bekämpfung überantwortet, und das trotz Kritik aus der Gewerkschaft, trotz Kritik von Verfassungsexperten. Hinzu kommt – das haben wir auch heute schon festgestellt – die zusätzliche Belastung bei Coronademos, wo gerade das Aggressions- und Konflikt­poten­zial stark zunimmt. Deshalb frage ich mich: Wo bleibt der versprochene Corona­bonus? – Herr Minister, in der Nationalratssitzung hatten Sie darauf leider noch keine Antwort; leider konnten Sie uns auch heute nicht positiv überraschen.

Darüber hinaus liegen auch noch andere Reformen, die auf Umsetzung warten, seit Jahren in Ihren Schubladen. Ich darf einige ganz kurz ansprechen: zum Beispiel betreffend das Thema Dienstunfälle, die die PolizistInnen vor ihrer Definitivstellung ereilen können und die unter Umständen sogar zur Kündigung führen können, oder betreffend pauschalierte Nebengebühren als Einkommensbestandteil, die man bei einer länger als vier Wochen dauernden Abwesenheit vom Dienst verliert. Da muss es ganz einfach Ausnahmen geben! Gerade in Bezug auf Corona, wenn man als Risikopatient eingestuft wird, wenn man in Quarantäne gehen muss – also wenn man sozusagen genehmigt vom Dienst abwesend ist –, kann das nicht dazu führen, dass ein Gehalts­bestandteil verloren geht.

Dazu kommen noch finanzielle Nachteile für KollegInnen – das ist keine Riesen­geschichte, aber trotzdem erwähnenswert –, wenn zum Beispiel aus dienstlichen Gründen ein Urlaub storniert werden muss. Die Stornokosten, das ist richtig, werden zwar grundsätzlich übernommen, aber als steuerpflichtiger Gehaltsbestandteil, das heißt, es kommt auch dort wieder zu Abzügen.

Mein Resümee lautet also: Corona bringt die Exekutive an ihre Grenzen, es braucht daher mehr Personal und die angesprochenen Reformen. Klatschen ist zu wenig, wir brauchen auch finanzielle Wertschätzung für unsere Polizei. Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Dringend notwendige Wertschätzung für unsere Polizei“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert umgehend Schritte zu setzen, um den in Aussicht gestellten Corona-Bonus für die Polizei so rasch als möglich auszubezahlen. Zudem wird der Minister aufgefordert dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend Vorlagen zuzuleiten, um die Nachteile bei Dienstunfällen vor der Definitivstellung zu verhindern und den Ausfall von pauschalierten Nebengebühren zu verhindern. Zudem soll sichergestellt werden, dass den Polizist*innen keine finanziellen Nachteile entstehen, wenn sie ihre Urlaube aus dienstlichen Gründen stornieren müssen.“

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Herr Minister, Sie sind dafür verantwortlich, dass der Polizei die besten Rahmen­bedin­gungen für die Erfüllung ihrer Aufgaben bereitgestellt werden. Sie sind da in der Pflicht. Bitte kommen Sie dieser auch nach!

Abschließend danke ich allen Polizistinnen und Polizisten für die herausragende Arbeit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

18.27