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Plenarsitzung
des Bundesrates


Stenographisches Protokoll

 

935. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Dienstag, 21. Dezember 2021

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

935. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Dienstag, 21. Dezember 2021

Dauer der Sitzung

Dienstag, 21. Dezember 2021: 10.01 – 20.48 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geän­dert wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Nieder­lassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das IEF-Service-GmbH-Gesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz (AGG) geändert wird

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Über­brückungs­finanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler, das Kunst-, Kultur- und Sport­sicherungsgesetz – KuKuSpoSiG und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds geändert werden

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehalts­gesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwalt­schafts­dienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirt­schaftliche Landeslehrpersonen-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonen­gesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz und das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2021)


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 2

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EU) 2020/1503 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 (Schwarmfinanzierung-Vollzugsgesetz) erlassen und das Kapitalmarkt­ge­setz 2019, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Fiskal­rates neu erlassen und ein Produktivitätsrat eingerichtet wird (Fiskalrat- und Produk­tivitätsratgesetz 2021 – FPRG 2021)

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Finanzstrafgesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkoholsteuergesetz, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuer­gesetz 1995, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz, das Transparenzdatenbankgesetz 2012, das COVID-19-Zweckzuschussgesetz und das Pflegefondsgesetz geändert werden

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz, das Garantie­ge­setz 1977, das ABBAG-Gesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Techno­logie genehmigt wird

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz – BFinG geändert wird

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Unfalluntersuchungsgesetz geändert werden

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunter­richts­gesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungs­lehr­gänge, das Schulzeitgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Hochschul­gesetz 2005 und das 2. COVID-19-Hochschulgesetz geändert werden

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz geändert wird

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Niederlas­sungs- und Aufenthaltsgesetz, das BFA-Verfahrensgesetz und das Asylgesetz 2005 geändert werden

24. Punkt: Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitglied­staaten einerseits und Australien andererseits

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Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Niederösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzicht der Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA sowie eines Ersatzmitglieds des Bundesrates beziehungsweise Wahl eines Mitglieds und eines Ersatzmitglieds des Bundesrates .......................................................................................................      18


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 3

Schreiben des Oberösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzicht der Bundesrätin Dipl.-Ing. Andrea Holzner ..................................................................      22

Angelobung der Bundesräte Florian Krumböck, BA und Ferdinand Tiefnig .....      12

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der gegenständlichen schriftlichen Ausschussberichte gemäß § 44 Abs. 3 GO-BR ..................................      25

Erklärungen des Bundeskanzlers Mag. Karl Nehammer, MSc und des Vize­kanzlers Mag. Werner Kogler gemäß § 37 Abs. 4 GO-BR anlässlich des Amtsantrittes des Bundeskanzlers und der Ernennung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung, des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten, des Bundesministers für Finanzen, des Bundes­ministers für Inneres und der Staatssekretärin im Bundeskanzleramt – Bekannt­gabe ..........................................................................................................................      70

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc ...................................................................      71

Vizekanzler Mag. Werner Kogler ...........................................................................      78

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 37 Abs. 5 GO-BR ................      71

RednerInnen:

Silvester Gfrerer ......................................................................................................      82

Korinna Schumann .................................................................................................      85

Christoph Steiner ....................................................................................................      87

Marco Schreuder ....................................................................................................      92

Christoph Steiner (tatsächliche Berichtigung) ........................................................      95

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................      95

Mag. Christian Buchmann .....................................................................................      99

Günter Kovacs ........................................................................................................    102

Josef Ofner ..............................................................................................................    104

Stefan Schennach ...................................................................................................    109

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. .......................................................    111

Bundesminister Dr. Martin Polaschek .................................................................    114

Bundesminister Mag. Gerhard Karner .................................................................    116

Staatssekretärin Claudia Plakolm .........................................................................    118

Mag. Harald Himmer ...............................................................................................    120

Mag. Daniela Gruber-Pruner ..................................................................................    122

Andreas Arthur Spanring .......................................................................................    125

MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................    130

Sonja Zwazl .............................................................................................................    132

Ingo Appé ................................................................................................................    135

Markus Leinfellner ..................................................................................................    137

Elisabeth Wolff, BA .................................................................................................    141

Doris Hahn, MEd MA ..............................................................................................    142

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................    145

Dominik Reisinger ..................................................................................................    147

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Dringend notwendige Wertschätzung für unsere Polizei“ – Ablehnung .................................................................................................  149, 150

Unterbrechung der Sitzung .....................................................................................      71

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Vizepräsident Günther Novak .............................................    185


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 4

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................    187

Personalien

Verhinderung ............................................................................................................      12

Ordnungsrufe ..............................................................................  91, 106, 130, 140

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Karl Nehammer, MSc betreffend Enthebung des Bundeskanzlers Mag. Alexander Schallenberg, LL.M., des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann, des Bundesministers für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA, des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Linhart, des Staatssekretärs im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Dr. Magnus Brunner, LL.M. vom Amt sowie seiner Person vom Amt als Bundesminister für Inneres bei gleichzeitiger Ernennung seiner Person zum Bundeskanzler, von Herrn Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. zum Bundes­minister für europäische und internationale Angelegenheiten, Herrn Dr. Martin Polaschek zum Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Herrn Mag. Gerhard Karner zum Bundesminister für Inneres, Herrn Dr. Magnus Brunner, LL.M. zum Bundesminister für Finanzen sowie Frau Claudia Plakolm zur Staatssekretärin im Bundeskanzleramt zu seiner Unterstützung in der Ge­schäfts­führung und zur parlamentarischen Vertretung durch den Bundespräsidenten ......      16

Vertretungsschreiben ................................................................................................      25

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse ......................................................................      25

Ausschüsse

Zuweisungen ...............................................................................................  13, 187

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (2073/A und 1226 d.B. sowie 10847/BR d.B.) ..............................................................................      25

Berichterstatterin: Heike Eder, BSc MBA ...............................................................      26

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird (2070/A und 1227 d.B. sowie 10848/BR d.B.) ..................................................      26

Berichterstatterin: Heike Eder, BSc MBA ...............................................................      26

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (2071/A und 1228 d.B. sowie 10800/BR d.B. und 10849/BR d.B.) ..............................................      26

Berichterstatterin: Heike Eder, BSc MBA ...............................................................      26


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 5

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird (1229 d.B. sowie 10850/BR d.B.) .....................................................................      26

Berichterstatterin: Heike Eder, BSc MBA ...............................................................      26

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (2072/A und 1230 d.B. sowie 10799/BR d.B. und 10851/BR d.B.) .........................      26

Berichterstatterin: Heike Eder, BSc MBA ...............................................................      26

RednerInnen:

Korinna Schumann .................................................................................................      27

Mag. Franz Ebner ....................................................................................................      30

Marlies Steiner-Wieser ...........................................................................................      31

Andreas Lackner .....................................................................................................      31

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................      33

Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher ..............................................................      34

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finanzielle Hilfe für Arbeitslose“ – Ablehnung ......  29, 37

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 1, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      36

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 2, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      36

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 3, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      37

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 4, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      37

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 5, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      37

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Niederlas­sungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden (1162 d.B. und 1232 d.B. sowie 10852/BR d.B.) .........................................................................................................      37

Berichterstatter: Bernhard Hirczy ...........................................................................      38

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das IEF-Service-GmbH-Gesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (1169 d.B. und 1234 d.B. sowie 10853/BR d.B.) .........................................................................................................      37

Berichterstatter: Bernhard Hirczy ...........................................................................      38

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz (AGG) geändert wird (2074/A und 1236 d.B. sowie 10854/BR d.B.) .........................................................      37

Berichterstatter: Bernhard Hirczy ...........................................................................      38


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 6

RednerInnen:

Mag. Sascha Obrecht .............................................................................................      38

Alexandra Platzer, MBA .........................................................................................      41

Günter Pröller ..........................................................................................................      42

Andreas Lackner .....................................................................................................      44

Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher ..............................................................      45

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 6, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      46

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 7, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      47

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 8, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      47

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (632/A und 1252 d.B. sowie 10809/BR d.B. und 10827/BR d.B.) ...........................      47

Berichterstatterin: Mag. Dr. Doris Berger-Grabner ................................................      47

10. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (2043/A und 1253 d.B. sowie 10828/BR d.B.) .......................................................................      47

Berichterstatterin: Mag. Dr. Doris Berger-Grabner ................................................      47

RednerInnen:

Heike Eder, BSc MBA .............................................................................................      48

Mag. Daniela Gruber-Pruner ..................................................................................      49

Marlies Steiner-Wieser ...........................................................................................      51

Claudia Hauschildt-Buschberger ..........................................................................      51

Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab .......................................................      52

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bezug von Krankengeld darf nicht zum Verlust von einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld führen“ – Ablehnung .......  51, 55

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 9, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben ....................................      54

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 10, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................      54

11. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungs­finanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler, das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz – KuKuSpoSiG und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds geändert werden (2122/A, 2010/A und 1241 d.B. sowie 10808/BR d.B. und 10859/BR d.B.) ...........................      55

Berichterstatterin: MMag. Elisabeth Kittl, BA .........................................................      55

RednerInnen:

Dr. Andrea Eder-Gitschthaler ................................................................................      55

Eva Prischl ...............................................................................................................      57


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 7

Josef Ofner ..............................................................................................................      58

Marco Schreuder ....................................................................................................      59

Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ...................................................................      61

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .....................................................      63

12. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsge­setz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwalt­schaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrpersonen-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehr­personengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehr­personengesetz und das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2021) (2085/A und 1218 d.B. sowie 10802/BR d.B. und 10814/BR d.B.) .........................................................................................................      63

Berichterstatter: Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ...............................................................      63

RednerInnen:

Sebastian Kolland ...................................................................................................      63

Elisabeth Grimling ..................................................................................................      64

Andreas Arthur Spanring .......................................................................................      65

Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross ..........................................................................................      66

Vizekanzler Mag. Werner Kogler ...........................................................................      67

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .....................................................      69

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Ver­ordnung (EU) 2020/1503 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richt­linie (EU) 2019/1937 (Schwarmfinanzierung-Vollzugsgesetz) erlassen und das Kapitalmarktgesetz 2019, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Finanzmarkt­aufsichtsbehördengesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden (1165 d.B. und 1181 d.B. sowie 10829/BR d.B.) .....................................................      70

Berichterstatter: Otto Auer .......................................................................................      70

14. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Fiskalrates neu erlassen und ein Produktivitätsrat eingerichtet wird (Fiskalrat- und Produkti­vitäts­ratgesetz 2021 – FPRG 2021) (1166 d.B. und 1182 d.B. sowie 10830/BR d.B.) ...      70

Berichterstatter: Otto Auer .......................................................................................      70

RednerInnen:

Ingo Appé ................................................................................................................    150

Alexandra Platzer, MBA .........................................................................................    151

Dr. Johannes Hübner .............................................................................................    152

MMag. Elisabeth Kittl, B


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 8

A ......................................................................................    153

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. .......................................................    154

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 13, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    155

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 14, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .............................    155

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaft­steuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Finanzstrafgesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumwein­steuer­ge­setz 1995, das Alkoholsteuergesetz, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralöl­steuergesetz 1995, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das COVID-19-Förde­rungsprüfungsgesetz, das Transparenzdatenbankgesetz 2012, das COVID-19-Zweckzuschussgesetz und das Pflegefondsgesetz geändert werden (2080/A und 1185 d.B. sowie 10803/BR d.B. und 10831/BR d.B.) ..............................................    155

Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ...................................................................    156

16. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz, das Garantiegesetz 1977, das ABBAG-Gesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden (2082/A und 1186 d.B. sowie 10804/BR d.B. und 10832/BR d.B.) .......................................    156

Berichterstatter: Ernest Schwindsackl ...................................................................    156

RednerInnen:

Günter Kovacs ........................................................................................................    157

Elisabeth Mattersberger .........................................................................................    157

MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................    159

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. .......................................................    159

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 15, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    160

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 16, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    160

Gemeinsame Beratung über

17. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundes­ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird (1144 d.B. und 1195 d.B. sowie 10833/BR d.B.) ...........................    161

Berichterstatterin: MMag. Elisabeth Kittl, BA .........................................................    161

18. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz – BFinG geändert wird (1158 d.B. und 1196 d.B. sowie 10801/BR d.B. und 10834/BR d.B.) .....................    161

Berichterstatter: Otto Auer .......................................................................................    161

RednerInnen:

Michael Bernard ......................................................................................................    161

Ing. Eduard Köck ....................................................................................................    164

Günther Novak ........................................................................................................    165

MMag. Elisabeth Kittl, BA ......................................................................................    167

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA .........................................................    168

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. .......................................................    170


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 9

Entschließungsantrag der BundesrätInnen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße – ‚Lobau-Tunnel‘“ – Ablehnung ....................................................................  163, 171

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 17, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    171

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 18, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    171

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird (1161 d.B. und 1192 d.B. sowie 10835/BR d.B.) ..............................................................................    171

Berichterstatter: Martin Preineder ...........................................................................    172

20. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Unfalluntersuchungsgesetz geändert werden (1168 d.B. und 1194 d.B. sowie 10805/BR d.B. und 10836/BR d.B.) .........................................................................    172

Berichterstatter: Martin Preineder ...........................................................................    172

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 19, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    172

Annahme des Antrages des Berichterstatters zu Punkt 20, gegen den vorlie­genden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .......................    172

21. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichts­ge­setz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungs­lehrgänge, das Schulzeitgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatz­ge­setz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulpflicht­gesetz 1985, das Hochschulgesetz 2005 und das 2. COVID-19-Hochschulgesetz geändert werden (1171 d.B. und 1245 d.B. sowie 10811/BR d.B.) .........................    173

Berichterstatterin: Mag. Christine Schwarz-Fuchs ................................................    173

RednerInnen:

Doris Hahn, MEd MA ..............................................................................................    173

Bernhard Hirczy ......................................................................................................    176

Josef Ofner ..............................................................................................................    178

Andreas Lackner .....................................................................................................    179

MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky .......................................................................    180

Bundesminister Dr. Martin Polaschek .................................................................    181

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .....................................................    183

22. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz geändert wird (1172 d.B. und 1280 d.B. sowie 10812/BR d.B.) ..............................................................................    183

Berichterstatterin: Johanna Miesenberger .............................................................    183

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .....................................................    184


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 10

23. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Niederlas­sungs- und Aufenthaltsgesetz, das BFA-Verfahrensgesetz und das Asylge­setz 2005 geändert werden (2081/A und 1281 d.B. sowie 10813/BR d.B.) ............    184

Berichterstatterin: Johanna Miesenberger .............................................................    184

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .....................................................    184

24. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2021 betreffend ein Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einer­seits und Australien andererseits (988 d.B. und 1110 d.B. sowie 10810/BR d.B.) ......    184

Berichterstatterin: Ing. Isabella Kaltenegger ..........................................................    184

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, 1. gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben und 2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfas­sungs­mäßige Zustimmung zu erteilen ...............................................................................    185

Eingebracht wurden

Anträge der BundesrätInnen

Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Treibstoff­preisdeckelung (318/A(E)-BR/2021)

Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzungsstrategie für die Anliegen und Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens für das Jahr 2022 (319/A(E)-BR/2021)

Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kollegen betreffend bundesweit einheitliche finanzielle Unterstützung für Gemeinden bei der Anschaffung von Gerätschaften der Feuerwehr (320/A(E)-BR/2021)

Anfragen der BundesrätInnen

Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Lieferung der Leonardo AW169M (3965/J-BR/2021)

Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Sachverhaltsdarstellung zum Wirtschaftspark Sieghartskirchen (3966/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Ausbau von Breitbandverbindungen und die Breitbandstrategie 2030 (3967/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort betreffend Ausbau von Breitbandverbindungen und die Breitbandstrategie 2030 (3968/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Projekt Selbstwert- Mädchen und junge Frauen stärken! (3969/J-BR/2021)


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 11

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Ausbau von Breitbandverbindungen und die Breitbandstrategie 2030 (3970/J-BR/2021)

Markus Leinfellner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Bildungszentrum im Süden von Graz (3971/J-BR/2021)

Mag. Daniela Gruber-Pruner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Beirat für Elementarpädagogik und Bund-Länder-Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG (3972/J-BR/2021)

Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Nachmittagsbetreuung und Ausbau von Ganztagsschulen (3973/J-BR/2021)

Andreas Arthur Spanring, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend geimpfte und nicht aus­reichend geimpfte Patienten in Spitälern (3974/J-BR/2021)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Evakuierungen aus Afghanistan (3975/J-BR/2021)

Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend 2G-Beschränkung für Hunde­ausbildung (3976/J-BR/2021)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der BundesrätInnen Andrea Michaela Schartel, Kolleginnen und Kollegen betreffend psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Zeiten von Corona (3628/AB-BR/2021 zu 3916/J-BR/2021)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der BundesrätInnen Doris Hahn, MEd MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Blackout – der Herzschlag-Event unserer Republik“ oder teure PR-Show? (3629/AB-BR/2021 zu 3917/J-BR/2021)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der BundesrätInnen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Entschließung 296/E-BR/2020 (3630/AB-BR/2021 zu 3923/J-BR/2021)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der BundesrätInnen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Entschließung 271/E-BR/2020 (3631/AB-BR/2021 zu 3920/J-BR/2021)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der BundesrätInnen Christoph Steiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Entschließung 273/E-BR/2020 (3632/AB-BR/2021 zu 3919/J-BR/2021)

 


 


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 12

10.01.00Beginn der Sitzung: 10.01 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Peter Raggl, Vizepräsident Günther Novak, Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs.

10.01.10*****


Präsident Dr. Peter Raggl: Sehr geehrte Damen und Herren hier im Bundesrat, sehr geehrte Damen und Herren zu Hause via Livestream, liebe Besucher auf der Galerie, ich darf Sie alle recht herzlich begrüßen und eröffne die 935. Sitzung des Bundesrates.

Ich darf auch den Bundesminister für Arbeit Martin Kocher begrüßen. Grüß Gott hier im Bundesrat! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 934. Sitzung des Bundesrates vom 2. Dezember 2021 sind aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet ist heute das Mitglied des Bundesrates Andrea Michaela Schartel.

10.01.57Mandatsverzicht und Angelobung


Präsident Dr. Peter Raggl: Eingelangt sind ein Schreiben des Niederösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzichte und Wahl eines Mitglieds und Ersatzmitglieds sowie ein Schreiben des Oberösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzicht. (siehe S. 18 und S. 22)

Die neuen Mitglieder des Bundesrates sind im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich die Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein. – Ich ersuche nun die Schriftführung um Verlesung der Gelöbnisformel.


Schriftführerin Mag. Daniela Gruber-Pruner: Guten Morgen! Ich verlese die Gelöbnis­formel für die Mitglieder des Bundesrates: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik, stete und volle Beachtung der Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführerin Gruber-Pruner leisten die Bundesräte Florian Krumböck, BA und Ferdinand Tiefnig die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.)

*****

Herzlich willkommen im Bundesrat!



BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 13

Präsident Dr. Peter Raggl: Ich begrüße die neuen Mitglieder, Bundesrat Florian Krumböck und Bundesrat Ferdinand Tiefnig, recht herzlich in unserer Mitte und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit. (Allgemeiner Beifall.)

10.03.57Einlauf und Zuweisungen


Präsident Dr. Peter Raggl: Hinsichtlich der eingelangten und verteilten Anfragebeant­wortungen,

eines Schreibens des Bundeskanzleramtes betreffend Enthebung des Bundeskanzlers Mag. Alexander Schallenberg, LL.M., des Bundesministers Dr. Heinz Faßmann, des Bundesministers Mag. Gernot Blümel, MBA, des Bundesministers Dr. Michael Linhart und des Bundesministers Karl Nehammer, MSc von ihren Ämtern gemäß Art. 74 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz sowie des Staatssekretärs Dr. Magnus Brunner, LL.M. gemäß Art. 78 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz in Verbindung mit Art. 74 Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz bei gleichzeitiger Ernennung gemäß Art. 70 Abs. 1 B-VG von Herrn Karl Nehammer, MSc zum Bundeskanzler, von Herrn Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. zum Bundesminister für europäische und internationale Ange­legenheiten, von Herrn Dr. Martin Polaschek zum Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung, von Herrn Mag. Gerhard Karner zum Bundesminister für Inneres und von Herrn Dr. Magnus Brunner, LL.M. zum Bundesminister für Finanzen

sowie Ernennung von Frau Claudia Plakolm gemäß Art. 70 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 78 Abs. 2 B-VG zur Staatssekretärin, wobei sie dem Bundeskanzler zur Unter­stützung in der Geschäftsführung und zur parlamentarischen Vertretung beigegeben wird,

verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung gemäß § 41 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.

Ebenso verweise ich hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen im Sinne des § 19 Abs. 1 der Geschäftsordnung auf diese gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung im Sitzungssaal verteilte Mitteilung, die dem Stenographi­schen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangt sind:

1. Anfragebeantwortungen

(Anlage 1) (siehe auch S. 11)

2. Schreiben des Bundeskanzleramtes betreffend

Enthebung des Bundeskanzlers Mag. Alexander Schallenberg, LL.M., des Bundes­minis­ters Dr. Heinz Faßmann, des Bundesministers Mag. Gernot Blümel, MBA, des Bun­desministers Dr. Michael Linhart und des Bundesministers Karl Nehammer, MSc von ihren Ämtern gemäß Artikel 74 Absatz 3 Bundes-Verfassungsgesetz sowie des Staats­sekretärs Dr. Magnus Brunner, LL.M. gemäß Artikel 78 Absatz 2 Bundes-Verfassungs-


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 14

gesetz in Verbindung mit Artikel 74 Absatz 3 Bundes-Verfassungsgesetz bei gleich­zeitiger Ernennung gemäß Artikel 70 Absatz 1 Bundes-Verfassungsgesetz von Herrn Karl Nehammer, MSc zum Bundeskanzler, von Herrn Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. zum Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, von Herrn Dr. Martin Polaschek zum Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und For­schung, von Herrn Mag. Gerhard Karner zum Bundesminister für Inneres und von Herrn Dr. Magnus Brunner, LL.M. zum Bundesminister für Finanzen sowie Ernennung von Frau Claudia Plakolm gemäß Artikel 70 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 78 Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz zur Staatssekretärin, wobei sie dem Bundeskanzler zur Unterstützung in der Geschäftsführung und zur parlamentarischen Vertretung beige­geben wird (Anlage 2)

3. Schreiben der Landtage

Schreiben des Niederösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzichte und Wahl eines Mitgliedes und Ersatzmitgliedes des Bundesrates (Anlage 3)

Schreiben des Oberösterreichischen Landtages betreffend Mandatsverzicht (Anlage 4)

B. Zuweisungen

1. Gesetzesbeschlüsse (Beschlüsse) des Nationalrates

(siehe Tagesordnung)

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BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 24

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Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Peter Raggl: Weiters eingelangt ist ein Schreiben des Verbindungs­dienstes des Bundeskanzleramtes betreffend Vertretung des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. am 21. Dezember 2021 wegen Krankheit durch die Bundesministerin für EU und Verfassung Mag. Karoline Edtstadler.

*****

Eingelangt sind und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates, die Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschuss­berichte erstattet.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist


Präsident Dr. Peter Raggl: Es ist mir der Vorschlag zugekommen, von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschussberichte zu den vorliegenden Verhand­lungsgegenständen Abstand zu nehmen.

Hiezu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erfor­derlich.

Ich bitte daher jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die mit dem Vorschlag der Ab­standnahme von der 24-stündigen Aufliegefrist der gegenständlichen Ausschuss­be­richte einverstanden sind, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Vorschlag ist mit der nach § 44 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

*****

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Dr. Peter Raggl: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages beab­sichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 bis 5, 6 bis 8, 9 und 10, 13 und 14, 15 und 16, 17 und 18 sowie 19 und 20 jeweils unter einem zu verhandeln.

Erhebt sich dagegen ein Einwand? – Dies ist nicht der Fall.

10.07.571. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (2073/A und 1226 d.B. sowie 10847/BR d.B.)


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 26

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bun­des­ge­setz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird (2070/A und 1227 d.B. sowie 10848/BR d.B.)

3. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (2071/A und 1228 d.B. sowie 10800/BR d.B. und 10849/BR d.B.)

4. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird (1229 d.B. sowie 10850/BR d.B.)

5. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (2072/A und 1230 d.B. sowie 10799/BR d.B. und 10851/BR d.B.)


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gehen daher in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 5, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu den Punkten 1 bis 5 ist Frau Bundesrätin Heike Eder. – Ich bitte um die Berichte.


10.09.10

Berichterstatterin Heike Eder, BSc MBA: Guten Morgen, Herr Präsident! Lieber Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutz­ge­setz 1979 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsu­men­tenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 27

Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumenten­schutz über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsu­menten­schutz über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumen­ten­schutz über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, auch da darf ich gleich zur Antragstellung kommen.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank für die flotte Berichterstattung. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Fraktionsvorsitzende Korinna Schumann. Ich erteile ihr dieses.


10.11.33

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Bevor ich auf mein Redethema eingehe, möchte ich im Namen der sozialdemokratischen Fraktion der neuen Bundes­ratspräsidentin aus Vorarlberg ganz herzlich alles Gute für ihre Präsidentschaft wün­schen und dem Präsidenten aus Tirol vielen Dank für seine Präsidentschaft sagen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Herr Bundesminister, ich darf mit einem Appell beginnen: Bitte schützen Sie endlich alle Schwangeren! Die nun vorliegende Regelung ist wieder mangelhaft und Sie, Herr Bun­desminister, und die Bundesregierung tragen Verantwortung gegenüber den Frauen und ihren ungeborenen Kindern. Seit vielen Pandemiemonaten nehmen Sie sie nicht aus­reichend wahr. Ja, es ist wichtig, dass sich Frauen, die einen Kinderwunsch haben, impfen lassen, und auch die Impfung von Schwangeren wird von medizinischen Ex­pertInnen ab der 14. Schwangerschaftswoche empfohlen.

Fakt ist auch: Corona ist eine schwere Krankheit, sie ist eine Lungenkrankheit. Gerade in der Schwangerschaft ist die Sauerstoffversorgung der Mutter, durch die auch die Sauerstoffversorgung des Kindes gewährleistet ist, extrem wichtig. Schwangerschaft in der Coronazeit ist alles andere als leicht. Sie müssen den Schutz der Schwangeren doch


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 28

in allen Berufsgruppen als wesentlich erachten. Die Situation für die KollegInnen in körpernahen Dienstleistungsberufen und für Ungeimpfte ist geregelt, sie erhalten die Möglichkeit zur Freistellung, aber: Was ist mit all den anderen? Die Schwangeren haben Sorgen, auch weil es zu Impfdurchbrüchen kommt, und ganz besonders angesichts der drohenden Omikronvariante. Da wäre doch die Möglichkeit zur Freistellung für alle Schwangeren, die nicht ins Homeoffice ausweichen können, ein Gebot der Stunde. Sie haben kein Herz für die Sorgen der Schwangeren!

Außerdem – und das macht mich besonders betroffen – gibt es da auch keine Unter­stützung durch die Frauenministerin. Wie so oft nimmt sie ihre Aufgabe nicht wahr, aber gerade in der Pandemie wäre es so wichtig, eine starke Frauenministerin zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir befinden uns in einer der größten Belastungskrisen dieses Landes, besonders für Frauen, und die zuständige Ministerin ist auf Tauchstation. Wie oft haben die SPÖ-Frau­en, haben die Gewerkschaftsfrauen darauf hingewiesen, dass beim Schutz der Schwan­ge­ren dringender Handlungsbedarf besteht? Die Regierung hat bisher aber kein Ohrwaschl gerührt. In der letzten Rede zu diesem Thema haben Sie, Herr Bundesminister, von der Evaluierung der Situation gesprochen. – Nein, es muss nicht mehr evaluiert werden, Sie müssen bitte handeln! Ich kann Ihnen viele Geschichten aus dem Alltag von Schwan­geren erzählen, wie es ihnen geht; zum Beispiel jener Kollegin aus der Produktion, die im sechsten Schwangerschaftsmonat an Covid erkrankt ist und der es gar nicht gut geht. Die Betriebsrätin und die KollegInnen haben alles versucht, um sie im Arbeitsumfeld zu schützen, aber das geht bei der Arbeit am Bandl, das heißt am Fließband, auch nicht immer. Die KollegInnen machen sich größte Sorgen um sie und ihr Kind. Das darf nicht vorkommen. – Herr Bundesminister, bitte handeln Sie hier endlich!

Trotz allem – dem Coronachaos der Bundesregierung – gibt es in Österreich wesentliche Teile, die funktionieren und die wirklich zur Stabilität dieses Landes beitragen; das ist in dieser Zeit die Sozialpartnerschaft. Die Weiterentwicklung und Verlängerung der Kurz­arbeit bis zum März 2022, die Phase sechs, ist unter diesen Coronabedingungen ganz, ganz wesentlich. Es ist den Sozialpartnern gelungen, im Interesse der Arbeitneh­merIn­nen, die ihren Job behalten, und im Interesse der Arbeitgeber, die ihre gut ausgebildeten und ge­schulten Fachkräfte nicht verlieren wollen, abermals eine gute Regelung auszu­ver­handeln.

Wir wissen: Eine lange Kurzarbeitszeit bedeutet für die betroffenen ArbeitnehmerInnen große Einkommenseinbußen. Durch den Bonus von 500 Euro erhalten jene Kurzar­beiterInnen, die jetzt insgesamt sechs Monate oder länger in Kurzarbeit waren, endlich eine Unterstützung. Auch die ArbeitnehmerInnen in den Trinkgeldbranchen erhalten ab Dezember eine besondere Unterstützung. Das ist so wichtig, weil diese Beschäftigten in der Kurzarbeit doch wirklich ganz schwere Verluste erlitten haben.

Also zusätzlich gibt es noch eine Erleichterung bei der Beantragung von Kurzarbeit und eine Saisonstarthilfe für Tourismusbetriebe. Ein Erfolgsmodell der Sozialpartner ist diese Kurzarbeitsregelung. Sie hat insgesamt 1,3 Millionen Arbeitsplätze abgesichert und wir werden dieses Modell, wenn man sich die Pandemieprognosen ansieht, noch weiter dringend brauchen.

Ein weiteres Thema ist die Sonderbetreuungszeit. Sie wird in diesem Gesetzeskonvolut verlängert. Auch das beschließen wir heute. Das ist gut so, aber es wird nicht reichen. Was machen die Eltern, wenn die Sonderbetreuungszeit schon verbraucht ist, aber die Bildungseinrichtung – die Schule, der Kindergarten, die Kindergartengruppe – wieder zumacht? Die Sonderbetreuungszeit ist da zu kurz greifend, es braucht eine Ausweitung;


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 29

dass die Menschen den eigenen Erholungsurlaub für den Pandemiewinter verbrauchen, kann doch nicht Ziel dieser Regierung sein. Vor allen Dingen brauchen die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer mit Betreuungspflichten jetzt Unterstützung. Die Eltern, da besonders die Frauen, sind schon so lange durch diese Pandemie gefordert. Unter­stützen Sie, erleichtern Sie ihr Leben und weiten Sie die Sonderbetreuungszeit aus! (Beifall bei der SPÖ.)

Trotzdem sind das alles nur Notprogramme. Das Scheitern der Bundesregierung in der Pandemiebekämpfung lähmt uns in vielen Bereichen und hat dieses Land in den vierten Lockdown getrieben – ein Lockdown, der nicht notwendig gewesen wäre, wenn die Regierung im Sommer und Herbst dieses Jahres gehandelt hätte: keine Impfkam­pagne – bis jetzt nicht –, keine Anreize, um zum Impfen zu bewegen. Wo ist der Impfbonus für alle, die die dritte Impfung erhalten haben? Keine umfassende und zielgruppengerichtete Information für alle, die Ängste und Sorgen rund um die Impfung haben. Das ist eine Regierung, die nur mit sich selbst beschäftigt ist.

Wir gehen jetzt aus dem Lockdown in eine kurze Atempause. Wenn man den Virolo­ginnen und Virologen Glauben schenkt – und das tun wir –, so steht uns eine große Omikronwelle bevor. Diese wird zu ganz, ganz starken Herausforderungen für die ArbeitnehmerInnen, aber auch für die Wirtschaft führen. Zu wenige sind voll immunisiert, hohe Ansteckungszahlen werden notgedrungen zu Ausfällen – sei es durch Quarantäne oder, wenn es noch schlimmer ist, durch Erkrankung – bei den ArbeitnehmerInnen führen, gerade in den systemerhaltenden Berufen. Wir steuern auf eine schwierige Zeit zu.

Die Zielrichtung der Politik rund um das Thema Arbeit kann doch nicht sein – das ist auch ganz wichtig –: Wie erschwere ich zum Beispiel den Arbeitslosen das Leben?, oder: Wie räume ich in Krisenzeiten den Insolvenzfonds, dessen Leistung im Insolvenz­fall für die ArbeitnehmerInnen so wichtig und lebensnotwendig ist, aus? – Nein.

Wir stellen deshalb folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „finan­zielle Hilfe für Arbeitslose“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, wird aufgefordert, unverzüglich zu handeln und das Arbeitslosengeld sofort auf 70 Prozent des Nettoein­kommens zu erhöhen und die Regelung, wonach die Notstandshilfe in Höhe des zuvor geleisteten Arbeitslosengeldes zumindest vorerst bis zum 30. Juni 2022 verlängert wird, dem Bundesrat sowie dem Nationalrat zur Beschlussfassung zuzuleiten.“

*****

Ziel der politischen Arbeit muss jetzt sein: Wie kann man die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bestmöglich gesundheitlich unterstützen, ihnen besonders in Krisenzeiten die Vereinbarkeit von Beruf und Betreuungspflichten erleichtern sowie Arbeitsplätze schaffen und sichern? Das ist jetzt noch dringender die Aufgabe im politischen Handeln, und dafür steht die Sozialdemokratie. Wir lassen sicher niemanden zurück. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.20



BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 30

Präsident Dr. Peter Raggl: Der von den BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolle­ginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „finanzielle Hilfe für Arbeitslose“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Franz Ebner. Ich erteile ihm dieses.


10.20.41

Bundesrat Mag. Franz Ebner (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­herinnen und Zuseher! Unterstützung in Zeiten der Pandemie – unter diesem Motto ste­hen wesentliche zu beschließende Maßnahmen aus dem Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.

Dabei geht es erstens um die Verlängerung der Kurzarbeit bis Ende März 2022 und um den Langzeitkurzarbeitsbonus, zweitens um die Verlängerung der Sonderfreistellung für schwangere Arbeitnehmerinnen in körpernahen Berufen, wie zum Beispiel Friseurinnen, Masseurinnen, Kindergartenpädagoginnen oder Lehrerinnen. Drittens geht es um die Verlängerung der Sonderbetreuungszeit mit dem Zusatz, dass es also insbesondere auf Vereinbarungsbasis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern eine weitere Möglichkeit gibt. Viertens geht es um eine Beschäftigungsbeihilfe für Saisonniers und fünftens um die Verlängerung des Bildungsbonus sowie eine Einmalzahlung von 150 Euro für besonders von Arbeitslosigkeit und Teuerung betroffene Personengruppen.

Die Kurzarbeit wird zunächst bis Ende März 2022 verlängert. Zudem wird ein Langzeit­kurzarbeitsbonus in Höhe von 500 Euro an Personen, die besonders lange in der Kurz­arbeit verharren mussten, ausbezahlt. Warum ist das so wichtig? – Die Kurzarbeit ist einerseits jenes Instrument, durch das im Laufe der Pandemie 1,3 Millionen Beschäf­tigungsverhältnisse aufrechterhalten werden konnten, zum Vorteil von Arbeitgebern einerseits und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern andererseits. Der Langzeitkurz­arbeitsbonus hilft vor allem Menschen, die in der Gastronomie und in der Hotellerie tätig sind, in denen es besonders lange Phasen der Kurzarbeit gegeben hat – auch als kleinen Ausgleich für zum Beispiel nicht erhaltene Trinkgelder. Gerade in der Gastro­nomie und Hotellerie ist es wichtig, die Beschäftigten in der Branche zu halten, da der Fachkräftemangel dort ohnehin schon enorm ist.

Der Teuerungsausgleich von 150 Euro unterstützt unbürokratisch und direkt jene Men­schen, die diese Hilfe am dringendsten brauchen. Anspruchsberechtigt sind alle Bezie­he­rinnen und Bezieher einer Ausgleichszulage, der Sozialhilfe, des Arbeitslosengeldes, der Notstandshilfe, der Studienbeihilfe oder eines Mobilitätsstipendiums. Die Auszah­lung dieser Einmalzahlung erfolgt automatisch, es muss dafür kein Antrag gestellt werden, und der Auszahlungszeitpunkt ist im März 2022 geplant. Bezieherinnen und Beziehern einer Ausgleichszulage wird diese Auszahlung gemeinsam mit der Pension überwiesen.

Nach der Erhöhung der Ausgleichszulage um 3 Prozent im Rahmen der Pensions­anpas­sung 2022 und der geplanten Anhebung der Steuergutschrift für Krankenversiche­rungs­beiträge von 300 auf 550 Euro, geplant ab 1.1.2022 als Teil der ökosozialen Steuer­reform, ist der 150-Euro-Teuerungsausgleich bereits die dritte Maßnahme in wenigen Wochen zur Entlastung von Bezieherinnen und Beziehern kleiner Pensionen. Das ist wichtig, denn sie sind von der aktuellen Teuerung am dramatischsten betroffen. Das zeigt deutlich, dass sich die Bundesregierung insbesondere für die Anliegen und Sorgen von älteren Mitmenschen, von Seniorinnen und Senioren einsetzt und auch konkrete Unterstützung in herausfordernden Zeiten leistet. Insbesondere die Bekämpfung von Altersarmut sollten wir als politisch Verantwortliche immer auf dem Radar haben.


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 31

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich ersuche Sie um breite Zustimmung zu diesen Maßnahmen, die wesentlich zur Überbrückung und zur Hilfestellung in der Corona­pan­demie dienen, aber auch darüber hinaus. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

10.25


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. Ich erteile ihr dieses.


10.25.48

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Verlängerung der Sonderbetreuungszeit und auch der Sonderfreistellung von Schwangeren werden wir Freiheitliche unsere Zustimmung erteilen, wobei wir uns aber fragen, warum diese Sonderfreistellung von Schwangeren nicht für alle Schwangeren und nicht für alle Berufsgruppen gilt und warum diese im März 2022 endet – warum genau März 2022? Wenn wir den Medienberichten glauben dürfen, wird ja mit der Omikronvariante noch allerhand auf uns zukommen, und wie es ausschaut, schlittern wir volley vom vierten in den fünften Lockdown.

Was bedeutet das? – Es bedeutet, dass die Arbeitslosigkeit wieder steigen wird, dass die Wirtschaft belastet wird. Es wird wieder zu Kurzarbeit kommen. Bei den Menschen sind nach mittlerweile zwei Jahren Pandemie und vier Lockdowns die Ersparnisse schon aufgebraucht. Darum fordern wir Freiheitliche auch schon seit Beginn der Pandemie die Anhebung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent Nettoersatzrate. Seien wir uns doch ehrlich: Das Arbeitslosengeld ist zum Leben zu wenig, zum Sterben ist es zu viel, und ich glaube, wir sind es den Menschen schuldig, das zu machen. Darum werden wir Freiheitliche dem Antrag, den Kollegin Schumann vorhin eingebracht hat, auch unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Über die Einmalzahlungen wird sich jeder freuen, nur sind sie leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein und keine langfristige Lösung für die Menschen. Ich kann nur an Sie appellieren, Herr Minister: Statt dass Sie beim ORF in Champagnerlaune Party feiern (Oh-Rufe bei der ÖVP – Bundesrat Steiner: Was ist? Das ist doch die Wahrheit! ... die Wahrheit auch schon nicht mehr?), sollten Sie doch bitte an die Menschen denken, die durch diese schwarz-grüne Murkspolitik wirklich in existenzielle Probleme geschlittert sind, sich also einen Ruck geben und ein bisschen mehr Gespür für die Menschen in diesem Land bekommen. – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner – in Richtung Bundesminister Kocher –: Und nicht so viele Handyvideos machen! – Bundes­minister Kocher: Passt schon!)

10.27


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Andreas Lackner. Ich erteile ihm dieses.


10.28.15

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Werter Herr Minis­ter! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! In meiner Arbeit als AMS-Berater habe ich tagtäglich miterlebt, dass Qualifizierung, Aus- und Weiter­bildung wichtige Schlüssel sind. Sie sind wichtige Schlüssel, die Türen öffnen. Sie sind wichtige Schlüssel, die die Chancen am Arbeitsmarkt deutlich erhöhen. Sie sind wichtige Schlüssel, die langfristige Beschäftigung ermöglichen, wichtige Schlüssel, die ein stabi­les Einkommen ermöglichen, und wichtige Schlüssel, um dem Fachkräftemangel ent­gegenzuwirken.


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 32

Das beste Rezept, um Arbeitslosigkeit nachhaltig zu bekämpfen, ist Qualifizierung. Wir haben derzeit mit der Coronajoboffensive auch ein nie dagewesenes Qualifizierungs­programm. Die Zahl der Menschen, die über das AMS eine Aus- oder Weiterbildung machen, ist auf einem Rekordniveau.

Aus individueller Sicht ist eine längere Qualifizierungsmaßnahme oft finanziell nicht leicht zu stemmen. Frau oder man muss es sich eben auch leisten können, in eine längere Ausbildung zu gehen. Daher freut es mich sehr, dass der Bildungsbonus nun verlängert wird. Was ist der Bildungsbonus? – Personen, die AMS-Maßnahmen im Bereich der Bildung und Qualifizierung oder einer beruflichen Umorientierung absolvieren, erhalten einen erhöhten Bildungsbonus von 180 Euro im Monat, wenn diese Ausbildungen länger als vier Monate dauern.

Wie gesagt, sehr oft können sich Menschen, die AMS-Geld beziehen, eine längere Bildungsmaßnahme nicht leisten. Das bedeutet, dass sie oft erst gar nicht damit beginnen oder sie – diese Erfahrung habe ich als AMS-Berater öfter gemacht – manch­mal auch abbrechen müssen, weil sie wieder in Jobs gehen müssen, die schlecht bezahlt sind, die bei Weitem nicht so stabil sind und bei denen man öfter und schneller von Arbeitslosigkeit betroffen ist.

Zudem ist es ja auch so: Je intensiver die Kurse sind und je höher die Qualität ist – das sind fast immer Kurse, die eben länger als vier Monate dauern –, desto eher haben diese ein besseres Einkommen, eine stabilere Beschäftigung und eine deutlich geringere Arbeitslosigkeit zur Folge. Das heißt, die Verlängerung dieser Maßnahme ist absolut sinnvoll. Sie ist doppelt sinnvoll und zielführend, um zwei Probleme zu bewältigen, nämlich einerseits das Problem der Arbeitslosigkeit und andererseits auch das Problem des Fachkräftemangels.

Was wir heute auch noch beschließen werden, ist ein Teuerungsausgleich in der Höhe von 150 Euro für jene Menschen, die im November und Dezember mindestens 30 Tage in Notstandshilfe- oder Arbeitslosengeldbezug waren, um die gestiegene Inflation, die gestiegene Preisentwicklung insbesondere jenen abzugelten, die es ökonomisch nicht so leicht haben. Menschen, die Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe beziehen, gehören definitiv zu dieser Gruppe.

Zum Entschließungsantrag der SPÖ: Sie wissen, dass gerade an einer Neugestaltung des Arbeitslosengeldes gearbeitet wird. (Bundesrätin Schumann: Aha ...!) Zur Bekämp­fung der Armut hat diese Regierung bereits einiges umgesetzt, ich meine, wesentlich mehr als zu Zeiten sozialdemokratischer Bundeskanzler. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrätin Schumann: Geh, geh, geh!) Ich kann mich auch nicht daran erinnern (Zwischenrufe der BundesrätInnen Hahn und Novak), dass unter einem SPÖ-Kanzler jemals das Arbeitslosengeld erhöht wurde. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrätin Schumann: Na geh, da haben wir keine Coronazeit gehabt!)

Wir haben einiges im Sozialbereich erreicht, wie zum Beispiel jetzt den Teuerungs­aus­gleich oder zuletzt auch durch die ökosoziale Steuerreform, den Klimabonus oder den Sozialversicherungsbonus. (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) All diese Maßnahmen zeigen – das sagt der Fiskalrat – einen hohen Grad an Verteilungsgerech­tigkeit.

Ebenso beschlossen werden sollen die Verlängerung der Kurzarbeit und die Gewährung eines Kurzarbeitsbonus, also eine Einmalzahlung in der Höhe von 500 Euro für Men­schen, die besonders von der Pandemie betroffen sind oder in Branchen arbeiten, die besonders stark von den ökonomischen Auswirkungen der Covid-Krise betroffen sind. (Zwischenruf des Bundesrates Novak.)


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 33

Mit der Novellierung des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes wird eine Sozial­part­nereinigung umgesetzt, die verhindern soll, dass Saisonniers, die zu kurz beschäftigt waren, um in die Kurzarbeitsregelung zu fallen – zum Beispiel Saisonniers im Touris­mus­bereich –, die aber für viele Betriebe wichtige MitarbeiterInnen sind, wegen des letzten Lockdowns gekündigt werden. Durch dieser Regelung müssen sie nicht ge­kündigt werden und bleiben so als wichtiges Personal erhalten.

Die ersten beiden Tagesordnungspunkte betreffen die Freistellung von Schwangeren in der Covid-Pandemie und die Regelung der Sonderbetreuungszeit. Das sind Regelun­gen, die sich bewährt haben, eine Verlängerung findet daher auch die Zustimmung unserer Fraktion. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

10.33


Präsident Dr. Peter Raggl: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile ihm dieses.


10.34.00

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! In dieser Debatte geht es um fünf Tagesordnungspunkte, fünf Beschlüsse. Ich werde schwerpunktmäßig auf einige davon eingehen.

Gleich der erste: Es gibt wieder eine Verlängerung der Freistellung für Schwangere. Herr Bundesminister, Sie können sich erinnern, was ich das letzte Mal dazu gesagt habe – verhaltensökonomisch. Ich sehe das problematisch, dass zwischen geimpften Schwan­geren und ungeimpften Schwangeren differenziert wird; wir haben heute schon von Kollegin Steiner-Wieser gehört, dass differenziert wird. Es ist sehr sinnvoll, auf Schwan­gere besonders einzugehen, was die Coronagefährdung betrifft, denn Schwangere sind eine Risikogruppe. Schwangere haben bei einer Infektion ein erhöhtes Erkrankungs­risiko und diese ist eine Gefahr für Mutter und Kind. Allein in Wien wurden 400 unge­impfte Schwangere hospitalisiert. Das NIG, das Nationale Impfgremium, hat bereits im April eine Impfempfehlung für Schwangere abgegeben.

Ich verstehe, dass man sagt, alle Schwangeren werden freigestellt, weil so ein großes Risiko besteht, aber dass man dann sagt, nicht alle Schwangeren werden freigestellt, sondern diejenigen, die geimpft sind, werden dann doch nicht freigestellt, ist in Wirk­lichkeit eine Benachteiligung für die, die geimpft sind, und ist ein negativer Impfanreiz. (Beifall bei der SPÖ.) Deswegen stimmen wir auch da wieder dagegen.

Der nächste Punkt, auf den ich eingehen möchte, ist TOP 3, Arbeitsmarktservicegesetz, das ist der Langzeitkurzarbeitsbonus. Da sehen wir das Problem, dass dadurch dieje­nigen Betriebe bestraft werden, diejenigen Betriebe benachteiligt werden, die im Som­mer die Kurzarbeit zurückgeschraubt hatten. Mit dieser Maßnahme wird wieder einmal die Gießkanne ausgepackt. Diese Maßnahmen werden sich nächstes Jahr am Arbeits­markt rächen.

Was die Auswirkungen langer Kurzarbeit betrifft, hat AMS-Chef Johannes Kopf zum Beispiel gesagt, dass sich die Gewöhnungseffekte schon zeigen. Für Niedrigverdiener ist es aufgrund der finanziellen Einbußen problematisch, lange in Kurzarbeit zu sein. Das ist anders bei Personen, die besser verdienen, denn die gewöhnen sich an die Teilzeit und schätzen die bessere Work-Life-Balance. Es gibt bereits Beschwerden von Unter­nehmen, dass Mitarbeiter nicht aus der Kurzarbeit zurück in die Vollzeit wollen, berichtet Johannes Kopf. Deswegen sind wir auch da dagegen.

Der letzte Punkt, auf den ich eingehen möchte, ist TOP 4. Das ist quasi der Kurzarbeits­ausgleich für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die noch keine Kurzarbeit bekommen


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 34

können, weil sie weniger als einen Monat beschäftigt sind. Wir lehnen das deswegen ab, weil bei dieser Maßnahme viele Fragen zu Umfang und Ausgestaltung noch offen sind, insbesondere was die Förderhöhe betrifft. Wenn man auf der Seite des AMS die Beispiele vergleicht, kann man sehen, dass zwei Tage Unterschied bei der Anmeldung 2 280 Euro Unterschied bei der Förderungshöhe ausmachen können. Es kann nicht sein, dass von einem Tag auf den nächsten die doppelte Förderung gewährt wird, des­wegen fordern wir eine Klarstellung und eine Eingrenzung auf diejenigen Branchen, die tatsächlich von den Maßnahmen betroffen sind. – Vielen Dank. (Beifall bei BundesrätIn­nen der SPÖ.)

10.37


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Bun­desminister Martin Kocher. Ich erteile ihm dieses.


10.37.48

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Bundesrätinnen und Bundesräte! Wir kommen aus einem Lockdown, den sich niemand gewünscht hat, der natürlich den Arbeitsmarkt betroffen und Effekte gezeigt hat. Glücklicherweise waren wir mit vielen Maßnahmen ganz gut vorbereitet. Die Coronakurzarbeit wäre auch ohne die Verlängerung, die wir heute beschließen, bis Ende des Jahres weitergelaufen. Es gibt eine Reihe von anderen Maßnahmen und es gibt dieses Jahr das größte Budget aller Zeiten für den Arbeits­marktbereich und auch nächstes Jahr ein sehr großes Budget für die aktive Arbeits­marktpolitik. Das führt glücklicherweise dazu, dass die Effekte der Einschränkungen, die aus Pandemiesicht notwendig sind, am Arbeitsmarkt viel geringer sind, als das sein könnte.

Wir haben heute die aktuellen Arbeitsmarktzahlen präsentieren dürfen. Es gibt im Moment 13 000 Menschen weniger in Arbeitslosigkeit, als das 2019 in der gleichen Woche vor der Pandemie der Fall war. Der positive Abstand zu 2019 hat sich vergrößert. Wir haben eine viel bessere Lage als letztes Jahr. Letztes Jahr waren um 114 000 Men­schen mehr in Arbeitslosigkeit, als das jetzt der Fall ist, und es gibt viel mehr offene Stellen als vor einem Jahr. Insgesamt können wir, was den Arbeitsmarkt betrifft, einiger­maßen optimistisch in die nächste Zeit schauen – bei all den Unsicherheiten, die uns erwarten.

All diese Unsicherheiten ist das Stichwort: Der entscheidende Punkt deswegen ist, vorbereitet zu sein. Wir können in einer Pandemie nicht auf alles vorbereitet sein, aber zumindest versuchen, die Effekte der Pandemie auf den Arbeitsmarkt, so gut es geht, einzudämmen. Das passiert mit den vielen Maßnahmen, die heute auf der Tages­ordnung stehen. Vielen Dank an dieser Stelle an die Sozialpartner, die bei der Aus­gestaltung der Maßnahmen mitgeholfen haben, an das AMS natürlich, das die Maßnah­men auch umsetzen muss, und an alle bei uns im Ministerium. Es ist für alle eine herausfordernde Zeit, weil es notwendig ist, rasch auf die Pandemie, auf die Infektions­zahlen zu reagieren.

Wir wollen mit den Maßnahmen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und besonders vulnerable Gruppen am Arbeitsmarkt besonders gut schützen. Wir wollen, so gut es in dieser schwierigen Zeit geht, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Unterneh­men Planungssicherheit geben. Wir wollen arbeitsuchende Menschen in dieser Zeit nicht im Stich lassen, sondern möglichst gut unterstützen. Und wir wollen für Familien Betreuungssicherheit herstellen – so gut das in dieser schwierigen Zeit auch geht.

Ich gehe jetzt kurz auf die Maßnahmen ein. Die erste Maßnahme, die auf der Tagesord­nung steht, ist die Sonderbetreuungszeit. Diese war essenziell für viele Familien, es konnten


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 35

48 000 Personen im Rahmen dieser Sonderbetreuungszeit betreut werden. Wir wollen sie bis Ende März 2022 verlängern, und das Gesetz sieht vor, dass der Minister beziehungsweise das Ministerium eine Verordnungsermächtigung hat, um, falls es nötig wird, eine Verlängerung bis zum Ende des Schuljahres vornehmen zu können.

Es gibt zwei Modelle: Zum einen gibt es einen Rechtsanspruch auf Sonder­betreu­ungszeit bei geschlossenen Schulen und bei Quarantänen, die angeordnet werden, und zum anderen gibt es aber auch ein Vereinbarungsmodell, wonach dem Arbeitgeber mittlerweile genauso 100 Prozent der Kosten ersetzt werden, falls die Schulen nicht geschlossen sind. Wir hatten ja im letzten Lockdown offiziell offene Schulen, aber viele Eltern haben es bevorzugt, die Kinder zu Hause zu betreuen, und mit dieser Novelle, mit diesem Gesetzesbeschluss ist es möglich, dass das auch zu 100 Prozent finanziert wird und dass das vereinbart werden kann. Ich halte das für sehr wichtig.

Zur Länge der Sonderbetreuungszeit ist zu sagen: Mit dieser Phase, Phase sechs, die wir jetzt ab 1.1.2022 in Angriff nehmen, kommen noch einmal drei Wochen Betreuungs­zeit dazu. Das wird im Normalfall ausreichend sein.

Die Freistellung für ungeimpfte Schwangere wurde von einigen angesprochen: Mit dieser Regelung sind wir in den letzten Monaten gut durch die Pandemie gekommen. Mir ist bewusst, wie schwierig die Situation ist, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, weil das aus meiner Sicht sehr, sehr wichtig ist, auch alle Schwangeren – es sei denn, es sprechen medizinische Gründe dagegen – zur Impfung aufzurufen. Das Nationale Impfgremium hat die Impfung für Schwangere empfohlen; erst etwas später, deshalb gibt es jetzt noch ungeimpfte Schwangere. Ich kann auch verstehen, dass das während einer Schwangerschaft eine schwierige Entscheidung ist, ob man sich impfen lässt oder nicht impfen lässt. Im Mai wurde diese Empfehlung gegeben; das heißt, nach Ablauf der drei Monate bis Ende März hatten alle Schwangeren schon vorher die Möglichkeit, sich impfen zu lassen. Natürlich werden wir weiterhin die medizinische Expertise heran­zie­hen, wenn es darum geht, dass vielleicht andere Formen der Erkrankung andere Risikofaktoren für Schwangere darstellen. Wir hören da auf die medizinischen Experten und setzen das in dieser Regelung um.

Die Kurzarbeit wird als Coronakurzarbeit verlängert. Sie ist der wichtigste Teil des Sicherheitsnetzes, das wir am Arbeitsmarkt haben. Sie stellt sicher, dass Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter 80 bis 90 Prozent des letzten Lohnes erhalten und dass den Unternehmen die gesamten Kosten ersetzt werden. Wir haben mit der Kurzarbeits­regelung seit März 2020 1,29 Millionen Arbeitsverhältnisse, Arbeitsplätze gerettet und brauchen diese Kurzarbeit, solange es massive Einschränkungen gibt, wie das jetzt im Laufe dieses Lockdowns der Fall war. Natürlich ist die Hoffnung für das erste Quartal des kommenden Jahres, dass wir das nicht nützen müssen, wir wollen aber gut vorbe­reitet sein. Ich hoffe sehr, dass die Kurzarbeit nicht so stark in Anspruch genommen werden muss.

Die Saisonstarthilfe ist angesprochen worden: Da geht es um die Fachkräftesicherung. Ich glaube, jeder kann sich vorstellen, wie es Betrieben ergangen ist, die zum Beispiel Mitte November jemanden eingestellt haben und dann einige Tage später erfahren haben, dass es einen Lockdown gibt und nicht geöffnet werden kann. Die Kurzarbeits­regelung sieht vor, dass es einen voll entlohnten Monat gibt, bevor man zur Kurzarbeit angemeldet werden kann; das ist aus verschiedensten Gründen, nicht nur technisch, sondern auch aus Gründen der Missbrauchskontrolle, notwendig. Deshalb gibt es die Saisonstarthilfe unter strikten Voraussetzungen nur – und das ist wichtig, ich sage das noch einmal dazu, weil es in dem einen oder anderen Fall nicht korrekt wiedergegeben wurde – für Saisonbetriebe, also Betriebe, die relativ strenge Kriterien erfüllen müssen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen in Österreich sein, um eben Missbrauch zu verhindern. Ich glaube, es ist eine schwierige Zeit für viele Betriebe im Tourismus,


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 36

und diese Saisonstarthilfe trägt dazu bei, Fachkräfte in Österreich zu halten und in die Saison starten zu können.

Was mir auch sehr wichtig war, das sind die vielen Menschen, die länger in Kurzarbeit waren, über Monate hinweg. Es gibt relativ wenige, die über 20 Monate in Kurzarbeit waren, aber es gibt schon einige, die länger als zehn Monate in Kurzarbeit waren; gerade natürlich Menschen in der Gastronomie, in der Hotellerie, dort, wo man von den Ein­schränkungen am stärksten betroffen war, aber auch in dem Bereich Veranstaltungen, in den Bereichen, in denen körpernahe Dienstleistungen eine Rolle spielen, und in ähn­lichen Bereichen. In vielen dieser Bereiche spielt Mehrarbeit oder Trinkgeld eine große Rolle, deshalb sind die 80 bis 90 Prozent Ersatz aus der Kurzarbeit oft bei Weitem weniger, ein De-facto-Ersatz. Deshalb gibt es die 500 Euro Langzeitkurzarbeitsbonus für all jene, die im Dezember in Kurzarbeit gemeldet sind und in den letzten 20 Monaten min­destens zehn Monate in Kurzarbeit waren. Das sind ungefähr 100 000 Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer, die davon profitieren werden.

Zu guter Letzt würde ich noch gerne zwei Sätze zum Bildungsbonus sagen, weil ich diesen tatsächlich für sehr wichtig halte. Der Bildungsbonus ist eine Maßnahme, die längerfristige Aus- und Weiterbildungen, Aufqualifizierungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die arbeitslos geworden sind, unterstützt. Da sehen wir an den Zahlen, das sind gerade die Ausbildungen, die dazu führen, dass die Menschen nachhaltig in gute Beschäftigung kommen. Das sind 180 Euro zusätzliche Leistung zum Arbeitslosengeld, und das ist gerade zum Beispiel für den Bereich Pflege, in dem wir dieses Jahr 12 500 Menschen in Ausbildung haben – im Vorjahr waren es 10 000, es sind also um 25 Prozent mehr –, gerade für Frauen in der Pflegeberufsausbildung ein ganz wichtiger Bestandteil, um sich diese Ausbildung auch leisten zu können. 36 000 Personen haben diesen Bildungsbonus bereits bekommen, und wir werden ihn bis Ende 2022 verlängern.

Wir wissen nicht, wie sich die Pandemie in den nächsten Monaten entwickeln wird, ich glaube, niemand kann genau vorhersagen, was passieren wird, aber wir haben uns mit diesem großen Paket auf viele Eventualitäten der Pandemieentwicklung im ersten Quar­tal vorbereitet, ich hoffe, gut vorbereitet, und ich bedanke mich für die Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP.)

10.46

10.46.59


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie die Plätze ein!

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs­ge­setz geändert wird.


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 37

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungs­ge­setz geändert wird.

Ich ersuche auch da jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „finanzielle Hilfe für Arbeitslose“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

10.49.55 6. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden (1162 d.B. und 1232 d.B. sowie 10852/BR d.B.)

7. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das IEF-Service-GmbH-Gesetz und das Insolvenz-Entgeltsiche­rungsgesetz geändert werden (1169 d.B. und 1234 d.B. sowie 10853/BR d.B.)

8. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz (AGG) geändert wird (2074/A und 1236 d.B. sowie 10854/BR d.B.)


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 6 bis 8, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 38

Berichterstatter zu den Punkten 6 bis 8 ist Bundesrat Bernhard Hirczy. – Ich bitte um die Berichte.


10.50.53

Berichterstatter Bernhard Hirczy: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 16. De­zember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungs­ge­setz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden.

Nach ausführlicher Diskussion und einigen Fragen stellte der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsu­men­tenschutz über einen Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das IEF-Service-GmbH-Gesetz und das Insolvenz-Entgelt­sicherungsgesetz geändert werden.

Auch hiezu gab es eine ausführliche Diskussion und einige Fragen.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellte nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Schließlich bringe ich den Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumen­tenschutz über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz (AGG) geändert wird.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellte nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Sascha Obrecht. Ich erteile ihm dieses. – Bitte.


10.52.34

Bundesrat Mag. Sascha Obrecht (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist heute praktisch das erste Mal für mich, meine erste Rede im Parlament. Ich habe mir dazu im Vorfeld überlegt, ob ich es angesichts der Weihnachtszeit ein wenig besinnlicher und versöhnlicher anlegen soll. Das kann und darf ich jedoch nicht. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Während nämlich ganz Österreich eigentlich an der Pandemiebewältigung arbeiten sollte, ist die Bundesregierung vor allem mit sich selbst beschäftigt. Auch der Arbeits­minister kocht sein eigenes Süppchen. Er schmiedet Pläne, eine der wichtigsten Schutz­einrichtungen der Arbeitnehmer auszutrocknen, und das schrittweise, nämlich den Insolvenzentgeltfonds. Der klingt als Begriff jetzt einmal nicht so sexy, das gebe ich zu, aber der Insolvenzentgeltfonds ist eine extrem wichtige Einrichtung. Er springt ein, salopp gesagt, wenn Unternehmen zusperren. Er sorgt dafür, dass auch im Fall der Insolvenz noch offene Löhne und andere Ansprüche von Arbeitnehmern ausgezahlt werden.

Im vorliegenden Gesetzentwurf geht es um organisatorische Änderungen dieses Fonds. Sie wollen da eine Zentralisierung vorantreiben. Dazu könnte ich auch sehr viel sagen, und ich habe diesbezüglich auch meine Bedenken, es stört mich aber vor allem etwas, das nicht im Gesetzentwurf enthalten ist: Gerade in Zeiten der Krise könnte sich der


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 39

Arbeitsminister überlegen, wie man diesen Schutzschirm weiterentwickelt – er macht jedoch genau das Gegenteil. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Preineder.)

Er plant, mit einer auf diesem Gesetz beruhenden Verordnung die Haupteinnahmequelle des Fonds mit einem Schlag zu halbieren. Er will unter dem Schlagwort der Lohnneben­kostensenkung – das hören wir ja sehr oft – die Arbeitgeberzahlungen halbieren. Für den einzelnen Arbeitgeber ist das gar nicht so viel – von 0,2 Prozent der Beitrags­grund­lage geht es auf 0,1 Prozent –, für die Arbeitnehmer ist das jedoch ein Wahnsinn. Das ist die Halbierung der Einnahmen!

Ich will Ihnen dazu auch etwas sagen, das nicht von mir kommt, sondern vom Budget­dienst; es findet sich in einer Analyse zum Entwurf des Bundesfinanzgesetzes 2020. Ich zitiere wörtlich daraus: „Bei einem Anstieg von Insolvenzen in Folge der COVID-19-Krise könnte in den Folgejahren wieder ein höherer Beitragssatz erforderlich sein.“ – Damit wird etwas gesagt, was ohnehin logisch ist oder zumindest logisch sein sollte: In Zeiten einer Krise spart man nicht bei der Absicherung von Arbeitnehmern, sondern im Gegen­teil. (Beifall bei der SPÖ.)

Niemand weiß, wie viele Unternehmen noch in Insolvenz gehen müssen, weder ich noch der Arbeitsminister noch sonst jemand. Sich just diesen Moment auszusuchen, um die Austrocknung des Insolvenzentgeltfonds voranzutreiben, ist verantwortungslos. Sie nehmen vom Schutzschirm der Arbeitnehmer und geben an die Unternehmen – und damit Sie im Parlament kein Problem damit bekommen, reden Sie sich auf die Verord­nung aus. Ich habe mir die Nationalratsdebatte von letzter Woche ganz genau ange­sehen. Da haben Sie gesagt: Die Verordnung steht nicht auf der Tagesordnung, des­wegen sage ich dazu nichts. – Das ist natürlich richtig, aber das Gesetz, auf dem die Verordnung beruht, steht heute sehr wohl zur Diskussion. Sie könnten ja auch die Verordnung sein lassen und einen Vorschlag zur Änderung des § 12 des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes vorlegen – da steht nämlich drinnen, dass man die Verord­nung nutzen kann –, dann hätten wir eine ordentliche parlamentarische Debatte. Dann könnten wir hier darüber diskutieren, wie hoch dieser Zuschlag sein soll. Das wollen Sie aber nicht, weil Sie genau wissen, dass diese Maßnahme in diesem Moment nicht nachvollziehbar ist. Sie ist falsch, und sie ist schlecht für die österreichischen Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer. (Beifall bei der SPÖ.)

Das absolut Mindeste, was ich mir heute erwarte, ist, dass Sie im Gegensatz zur Diskussion im Nationalrat heute dazu Stellung beziehen, warum Sie es genau in diesem Moment für notwendig erachten, diesen Beitrag zu senken. Ich kann mir schon vorstel­len, was herauskommt: Der Fonds ist momentan gut dotiert, deswegen kann man da schon ein bisschen zurückfahren. – Aber gerade jetzt? Wollen wir nicht ein Jahr abwar­ten? Wollen wir nicht schauen, ob die Pandemiebewältigung es notwendig macht, auf diesen Fonds noch viel stärker zurückzugreifen, weil es vielleicht zu Insolvenzen kommt, die wir momentan nicht abschätzen können? – Das würde ich mir heute als Antwort erwarten. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Fraktion wird dem Gesetzentwurf daher nicht zustimmen. Er verschweigt sich zu den wesentlichen Vorhaben des Ministers. Er ist eine vertane Chance, das Gesetz in Krisenzeiten robuster zu machen und weiterzuentwickeln. Er ist daher unzureichend und eine reine Nebelgranate, um von der Austrocknung des Insolvenzentgeltfonds abzulen­ken. Bei so etwas wollen und werden wir nicht Beitragstäter sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Mein Appell geht auch an die Grünen – die Grünen haben uns auch gerade ange­sprochen, deswegen mache ich das auch –: Solche Verordnungen werden gespiegelt. Da kann man sich melden. Da kann man sagen, das will man nicht, man denkt, in Pan­demiezeiten ist es nicht sinnvoll, den Fonds auszutrocknen. Machen Sie das! Das wäre Verantwortung in der Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)


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Wenn wir den Minister schon hier haben, werde ich auch gleich ein paar Worte zu den vorgeschlagenen Änderungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes hinzufügen: Wir hören in Österreich immer von einem Fachkräftemangel. Damit ist im Wesentlichen gemeint, dass Betriebe Jobs haben, für die sie keine Arbeitnehmer finden – salopp gesagt. Nun gibt es zwei Möglichkeiten, wie man aus diesem Dilemma herauskommt. Die erste Lösung – der bin ich zugetan – ist: Man überlegt sich, wie man die Arbeitsbe­dingungen verbessert, um den Arbeitsplatz zu attraktivieren. Dafür steht einem die ge­samte arbeitsrechtliche Klaviatur zur Verfügung, von höherer Bezahlung, von Sonder­zuschlägen für zeitlich unangenehm gelegene Dienste bis hin zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen allgemein. Das könnte man machen.

Die Bundesregierung wählt einen ganz anderen Weg. Dieser besteht darin, mehr Drittstaatsangehörigen den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu gewähren. Dadurch muss man nichts verbessern, man holt sich einfach eine Ersatzarmee.

Warum bin ich davon überzeugt, dass das nicht der richtige Weg ist? (Bundesrat Preineder – erheitert –: Weil Sie ein Sozialist sind!) – Weil ich davon überzeugt bin, dass es bei den meisten Beteiligten insgesamt zu einer Verschlechterung der Lebensbedin­gungen führt. Da ist zunächst der Drittstaatsangehörige, der in der Hoffnung auf bessere Bezahlung verständlicherweise seine Heimat verlässt und hier zu teils auch katastro­phalen Bedingungen arbeiten muss. Ich verweise dabei auf Reportagen, die wir immer wieder zur Situation von Erntehelfern sehen. Dazu kommt, dass er immer wieder für längere Zeit von seiner Familie getrennt ist. Da mag es schon sein, dass das für viele Personen oder für einige Personen erstrebenswert ist, generell weiß ich allerdings nicht, ob das das Beste ist, was wir als Gesellschaft zusammenbekommen, und ob das wirklich ein erstrebenswertes Ziel ist.

Da sind dann noch die österreichischen Arbeitnehmer. Die leiden nicht unmittelbar, die leiden mittelbar, denn es ist klar: Solange es einen konstanten Zustrom von Dritt­staats­angehörigen auf den österreichischen Arbeitsmarkt gibt, besteht keine Veranlassung für Betriebe, ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern. Für österreichische Arbeitnehmer bleibt daher oft die Wahl zwischen schlechten Arbeitsbedingungen in diesen Branchen oder Arbeitslosigkeit – und das ist keine Wahl, die man gerne trifft.

Es gibt jedoch einen großen Gewinner, wenn man dieses System so auflegt: Das sind Betriebe, die die prekäre Situation von Drittstaatsangehörigen ausnutzen und sie zu extrem schlechten Bedingungen arbeiten lassen. Dabei will ich, und das sage ich auch sehr deutlich, sehr differenziert argumentieren. Ich weiß, dass das nicht alle Betriebe in Österreich sind. Ich weiß, es gibt auch in Tourismus und Gastro viele Arbeitgeber, die ihre Arbeitnehmer ordentlich behandeln – aber es gibt auch welche, die das eben nicht tun, und da sollte man ansetzen. (Bundesrat Preineder: Es gibt auch Arbeitnehmer, die ...!)

Insgesamt bleibt für mich Folgendes hängen: Mit dieser Strategie der Bundesregierung wird kein Anreiz geschaffen, dass sich die Arbeitsbedingungen in diesen Branchen tatsächlich verbessern. Es ist vielmehr ein negatives Anreizsystem, alles zu lassen, wie es ist.

Das will ich auch dazusagen: Das sehe nicht nur ich so. Der Chef von Do & Co, der aus einer Branche kommt, die es momentan besonders trifft, und der nicht im Verdacht steht, Sozialdemokrat zu sein, sagt zu dieser Debatte übrigens: „Man braucht nicht herum­jammern, sondern muss die Arbeitsbedingungen massiv verbessern und die Gehälter ordentlich anheben, damit die Menschen überhaupt wieder in diesem Job arbeiten wollen.“ (Beifall bei der SPÖ.)

Zugegeben, das wäre nicht ganz meine Wortwahl, es ist aber ein richtiger Punkt, der damit angesprochen ist. Das Problem des Fachkräftemangels ist oft auch ein Problem


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schlechter Arbeitsbedingungen, und das muss auch in die Köpfe der ÖVP reinkommen. Deswegen wiederhole ich es noch einmal: Das Problem des Fachkräftemangels ist oftmals auch ein Problem schlechter Arbeitsbedingungen! (Beifall bei der SPÖ.)

Auch der Salzburger Innungsmeister der Bäcker hat sich im November dazu geäußert – wieder keiner, der im Verdacht steht, ein Sozialdemokrat zu sein –: Salzburger Bäcke­reien haben bei der Personalrekrutierung immer wieder ein Problem gehabt. Was haben sie gemacht? – Sie haben die Produktion auf den Tag verlegt, weg von den frühen Morgenstunden, hin zu familienfreundlichen Zeiten, und siehe da, das Personalproblem war gelöst.

Ich komme zum Schluss: Wie man merkt, bin ich mit der Performance des Arbeits­ministers nicht zufrieden. Ich glaube, die Vorschläge, die da gebracht wurden, sind untauglich, aber nicht nur das. Auf EU-Ebene enthält er sich, wenn es darum geht, europaweite Mindestlöhne einzuführen. Über die Cofag schüttet er Förderungen aus, bei denen er niemandem in Österreich sagt, welchen Unternehmen diese genau ausbezahlt werden, auch dem ORF nicht. Der ORF-Mitarbeiter Martin Thür hat da momentan ein Verfahren  und versucht immer noch herauszufinden, wer das ist, und das Arbeitsminis­terium weigert sich, diese Informationen herauszugeben. Warum nur?

Ich weiß auch nicht, was die konkreten Vorhaben und Ziele des Ministers im Arbeitsrecht sind. Was sind seine Pläne? Wie soll das sein? – Ich kenne dazu nichts, ich habe nichts gehört. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Abschließend bleibt daher mein Wunsch an das Christkind: Anstatt die Handykamera im Halbdunkel auf die Rückseite seiner Ministerkollegin zu richten, soll sich der Arbeits­minister auch einmal um die Interessen der Arbeitnehmer kümmern, damit wäre Österreich nämlich wirklich geholfen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.02


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrätin Alexandra Platzer. Ich erteile ihr dieses.


11.02.44

Bundesrätin Alexandra Platzer, MBA (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauer! Bei mir wird es ein bisschen besinnlicher, ein bisschen freund­licher und ein bisschen fröhlicher. (Beifall bei der ÖVP. – Oh- und Ah-Rufe bei der SPÖ.)

Ich möchte meine erste Rede heute mit ein paar Dankesworten beginnen: Zu allererst möchte ich mich für die freundliche Aufnahme hier im Bundesrat bei allen Parteien bedanken. (Allgemeiner Beifall.)

Mein großer Dank gilt aber auch meinen Kollegen und Kolleginnen in der Tourismus­branche. Wir hatten in den letzten Jahren viele Herausforderungen zu überstehen, und ich fühle mit allen Touristikern mit, die schlaflose Nächte, rauchende Köpfe, leere Betten und Tische, viele Umbuchungen und Stornierungen hatten und sich dennoch an alle Maßnahmen gehalten haben. – Danke, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ihr unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Tourismus großteils in die Kurzarbeit geschickt und sie somit auch in unserer Branche gehalten habt!

Heute dürfen wir uns hoffentlich wieder einmal über einen weiteren Schritt in die richtige Richtung freuen. Mit dem heutigen Tagesordnungspunkt 6 kommt ein kleiner Hoffnungs­schimmer wieder zurück, dass der Tourismus auch künftig qualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für sich gewinnen kann. Es sollen Beschäftigungsbewilligungen für Saisonarbeitskräfte, die in den vergangenen fünf Kalenderjahren zumindest dreimal im selben Wirtschaftszweig wie zum Beispiel dem Tourismus oder der Land- und


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Forstwirtschaft beschäftigt waren, außerhalb von Kontingenten oder Höchstzahlen erteilt werden.

Wir beschäftigen in unserer Branche schon sehr lange Arbeitskräfte aus den unter­schiedlichsten Kulturen und sind offen für Menschen aller Länder, die hier bei uns in Österreich arbeiten wollen. Wir leisten damit übrigens im Tourismus auch einen sehr wesentlichen Beitrag zur Integration und zur Sprachförderung – und wir tun das gerne, nur so nebenbei bemerkt. Schon meine Großeltern mussten sich vor Jahrzehnten Unterstützung aus dem Ausland holen, weil es bei uns keine geeigneten Arbeitskräfte gab. Auch ich habe in den letzten Jahren immer wieder erfahren müssen, was es bedeutet, einen Mitarbeiterengpass im Betrieb zu haben, und wie sehr das Gesamtteam dann vielleicht darunter leidet.

Ich möchte an dieser Stelle ganz klar sagen: Es liegt schon lange nicht mehr an den Löhnen oder den Arbeitsbedingungen. Sehr geehrter Herr Vorredner, Sie haben unsere Branche einfach nicht verstanden oder vielleicht einfach zu wenig Einblick. (Lebhafter Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der BundesrätInnen Schumann und Preineder.)

Ja, in unserer Branche wird händeringend nach Leuten gesucht, und ja, es herrscht eine hohe Fluktuation, aber nicht weil man nicht gerne bleibt oder die Bedingungen nicht passen, sondern weil es in manchen Bereichen oder Regionen einfach Saisonen gibt, weil man sich in unserer vielfältigen Branche vielleicht etwas Neues ansehen oder sich weiterentwickeln möchte. Es ist ja in kaum einem Gewerbe auf dieser Welt so leicht, herumzureisen, sich die Welt anzusehen und dabei auch noch Geld zu verdienen.

Ich weiß nicht, wer von Ihnen schon einmal versucht hat, eine Beschäftigungsbewilligung zu erhalten, ich möchte Sie aber gerne auf eine kleine Gedankenreise mitnehmen. Nehmen wir einmal den besten Fall an: Sie haben überhaupt eine Bewerbung für eine ausgeschriebene Stelle oder erhalten eine Empfehlung für einen Bewerber oder eine Bewerberin, die jedoch leider nicht in Österreich oder im Europäischen Wirtschaftsraum lebt. Der nächste Schritt ist dann, beim AMS für diese besagte potenzielle Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter, der zugleich auch ein Hoffnungsträger auf Entlastung und Unter­stützung ist, um eine Beschäftigungsbewilligung anzusuchen. Das Ersatzkraftverfahren, bei dem großteils nicht einmal ein einziger hiesiger Ersatzbewerber auftaucht, ist dann noch die kleinste Hürde, die Zeit aber, die vergeht, während geprüft wird, ob das Kontingent noch verfügbar ist oder eventuell aus einem benachbarten Bezirk etwas verschoben werden kann, beträgt – Minimum – drei bis vier Wochen. So lange müssen, wie bei mir zum Beispiel in einem Ganzjahresbetrieb, nicht nur die Bewerber warten, sondern muss auch das Stammpersonal die fehlenden Hände puffern.

Ich bitte daher um Zustimmung zum heutigen Tagesordnungspunkt, damit wir Touristiker nicht mehr länger hoffen und beten müssen, wenn wir denn schon endlich einmal eine geeignete und arbeitswillige Fachkraft gefunden haben, und damit das nicht länger an den Höchstzahlen scheitert. Jede einzelne Arbeitskraft und jede einzelne Fachkraft, die wir bei uns beschäftigen können, damit wir unsere Gastgärten, Speisesäle und Gäste­zim­mer wieder vollständig aufsperren können, zählt. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.08


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich darf Frau Bundesminister für Frauen, Familie, Jugend und Integration Susanne Raab bei uns im Bundesrat recht herzlich begrüßen. – Einen schönen guten Morgen! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zusätzlich zu Wort gemeldet ist Bundesrat Günter Pröller. Ich erteile ihm dieses.


11.08.34

Bundesrat Günter Pröller (FPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren


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im Haus und vor den Bildschirmen! Wie bereits erwähnt haben wir die Tagesord­nungs­punkte 6, 7 und 8 in einer Debatte zusammengefasst.

Ganz kurz: Tagesordnungspunkt 6 befasst sich mit dem Ausländerbeschäfti­gungs­ge­setz sowie dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz. Tagesordnungspunkt 7 befasst sich mit dem IEF-Service-GmbH-Gesetz und dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, und Tagesordnungspunkt 8 befasst sich mit dem Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz.

Was ist der Zweck dieser gesetzlichen Änderungen, zum Beispiel beim Arbeit-und Gesundheit-Gesetz? – Der Zweck ist eine verstärkte Unterstützung für erwerbsfähige Personen mit mehrfachen Vermittlungseinschränkungen beziehungsweise gesundheit­lichen und auch sozialen Einschränkungen. Gerade für diese betroffenen Personen soll der Zugang zu den Leistungen unterschiedlicher Institutionen sichergestellt werden. Damit sollen Verzögerungen bei der Lösung der Probleme dieser Personen vermieden werden.

Ich wünsche mir, dass wir sogar noch weiter kommen, nämlich insofern, als dass Menschen, die eine Beeinträchtigung haben, nicht nur 20, 30 Euro für ihre Arbeit bekommen, sondern beruflich wirklich anerkannt und im Berufsalltag voll integriert werden und gleichzeitig auch pensionsversichert sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist ein erster Schritt, diese 2 Millionen Euro sind zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber es ist ein richtiger, ein wichtiger Schritt für Menschen mit Beeinträchtigung. Daher kann man das nur empfehlen, und dementsprechend unterstützen wir diese Änderung.

Bei Tagesordnungspunkt 7, der Änderung des IEF-Service-GmbH-Gesetzes, geht es um eine längst überfällige Verwaltungsvereinfachung, und das ist daher auch von unserer Seite unterstützenswert. Die Maßnahmen umfassen eine Änderung der Behör­denstruktur bei der IEF-Service GmbH in dem Sinne, dass nur mehr diese die Behörde hinsichtlich übertragener hoheitlicher Aufgaben ist, oder eine Vereinfachung und vor allem eine Klarstellung betreffend die Abrechnung zwischen Sozialversicherungsträgern und der IEF-Service GmbH. Die Gleichstellung der Pharmazeutischen Gehaltskasse für Österreich mit anderen Trägern sehen wir zum Beispiel als einen weiteren Schritt zur Verwaltungsvereinfachung, und wir werden deshalb auch diesem Antrag zustimmen.

Tagesordnungspunkt 6: Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, werden wir nicht zustimmen können. (Bun­desrätin Schumann: Aber bei der Insolvenz schon?! ) – Ja, selbstverständlich! (Heiter­keit des Redners. – Bundesrätin Schumann: Na dann!) Mit dem vorliegenden Gesetz­entwurf sollen die Voraussetzungen, wie bereits von der Vorrednerin erwähnt, für die befristete Beschäftigung von Saisonarbeitern und Erntehelfern aus Drittstaaten verein­facht und besser an den regelmäßig bestehenden Bedarf an solchen Arbeitskräften angepasst werden. Wir sehen auch, dass mit dieser Änderung eine weitere Zuwan­derung in den österreichischen Arbeitsmarkt forciert wird. Diese Änderung sehen wir, wie auch schon Kollege Obrecht, sehr kritisch und werden sie auch ablehnen.

In Wahrheit ist das eine spannende Diskussion, und gerade beim Thema Arbeitsmarkt sieht man einmal mehr, dass wir Freiheitlichen über Jahre die richtige Position hatten und jetzt auch deutlich recht bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es geht um das Ausländerbeschäftigungsgesetz – dieser Bereich war im Sozialminis­terium angesiedelt und ist jetzt bei der ÖVP, bei Ihnen, Herr Minister, gelandet; das bedeutet, dass sich natürlich auch die Interessen geändert haben. Es ist vielleicht auch ein Missverhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern gegeben. Natürlich ver­stehe ich die Herausforderung, von Kollegin Platzer angesprochen, von Unternehmen, dass man keine Arbeitskräfte, zu wenige Fachkräfte hat, aber das Problem wird mit


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dieser Aktion, wie ich es sehe, nicht gelöst. Das Problem ist schon lange bekannt, aber es wurde nichts gemacht, es ist nichts passiert.

Es gibt in vielen Bereichen einen Fachkräftemangel, und diesen jetzt zu lösen, indem wir mit all den Problemen, die dann dazugehören, Arbeitskräfte aus Drittstaaten herein­holen, ist aus meiner Sicht mit Sicherheit der falsche Ansatz. (Beifall bei der FPÖ.)

Leider ist auch auf europäischer Ebene nichts oder nur sehr wenig passiert, denn wir haben eine Europäische Union mit hohen Arbeitslosenzahlen in vielen Ländern, aber niemand in Europa schafft es, diese Arbeitskräfte auch zu nützen.

Die vorgesehene Regelung ist keine Lösung und wird auf Dauer auch nicht funktionieren, Herr Minister, es schafft mehr Probleme, als es jetzt hilft.

Ich verstehe die Probleme der Unternehmer, die sind für mich ganz klar, aber der Arbeitsminister sollte andere Maßnahmen ergreifen als jene, die jetzt vorgesehen sind. Das ist nicht das, was uns zukünftig absichern wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir machen uns mehr und mehr vom Ausland abhängig, und daher stimmen wir der Gesetzesänderung nicht zu.

Zum Abschluss – Kollege Obrecht hat, glaube ich, einen Weihnachtswunsch geäußert – möchte auch ich einen Weihnachtswunsch äußern: Ich hoffe, dass das Impfpflichtgesetz nicht kommt und sich nicht Tausende und Millionen von Österreichern ab 1. Februar zwangsweise impfen lassen müssen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.14


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Andreas Lackner. Ich erteile ihm dieses.


11.14.37

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Bei Tagesordnungspunkt 6 geht es um die Schaffung einer Stammsaison­niersregelung – der Kollege hat es gerade angesprochen –: Personen, die zwischen 2017 und 2021 mindestens dreimal für jeweils zumindest drei Monate in Österreich als Saisonniers beschäftigt waren, können außerhalb der Quote als Saisonniers beschäftigt werden und sind dabei – anders als bisher – nicht an einen bestimmten Beschäftiger­betrieb gebunden. Darüber hinaus wird die doppelte Verordnungsverpflichtung für die Gruppe der Saisonniers – bisher waren das Bundesministerium für Inneres nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Bundesministerium für Arbeit nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zuständig – auf eine einzige Verordnung des Bundes­ministers für Arbeit reduziert.

Die Zahl der Stammsaisonniers ist dabei jedenfalls zu berücksichtigen. Die Sozialpartner erhalten eine verbindliche Auskunft des AMS über die Beschäftigerbetriebe, um die betroffenen Menschen effektiver vertreten zu können. Ich möchte das Ganze einmal einordnen: Betroffen sind in etwa 3 100 Menschen – das ist jetzt nicht die große Menge, würde ich einmal sagen –, die das in Anspruch nehmen könnten; etwa 2 100 im Bereich der Landwirtschaft, da vor allem ErntehelferInnen, und etwa 1 000 im Tourismusbereich. Es geht dabei ausschließlich um Drittstaatsangehörige, meistens und in der Regel sind es Menschen aus Ex-Jugoslawien und aus der Ukraine. Es wird zu beobachten sein, inwieweit diese Regelung im Vergleich zu einer Regelung, die es 2012 schon gab, in Anspruch genommen wird. 2012 waren es nur wenige Hundert Menschen, die das dann auch gemacht haben.


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Zu Tagesordnungspunkt 8 möchte ich festhalten, dass nun im Rahmen des Arbeit-und Gesundheit-Gesetzes eben die Möglichkeit geschaffen wird, dass auch das Sozial­ministerium sich an Modellversuchen im Rahmen von Fit2work beteiligen kann – das begrüße ich außerordentlich. Erwerbsfähige Menschen sollen zukünftig zuerst in einem Modellversuch Unterstützung einer Einrichtung – einer! – in Anspruch nehmen können, die ihnen als Wegweiser durch den Bürokratiedschungel dient und ihnen dabei zu ihrem Recht verhilft und mit möglichst umfassender Unterstützung bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt hilft. Die Einrichtung dient als One-Stop-Shop bei allen Belangen der sozialen und beruflichen Wiedereingliederung.

Zweck der gesetzlichen Änderung ist die verstärkte Unterstützung erwerbsfähiger Men­schen mit mehrfachen Vermittlungseinschränkungen beziehungsweise gesundheit­lichen und sozialen Einschränkungen. Für die betroffenen Personen soll der Zugang zu den Leistungen unterschiedlicher Institutionen, wie Krankenversicherung, Pensionsversiche­rung, Sozialministeriumservice, diverser Landeseinrichtungen, Familienberatungsstellen, Betreuungseinrichtungen, Bildungsdirektionen, Sozialhilfeträger und so weiter, koordi­niert sichergestellt werden.

Ja, aus meiner Erfahrung als AMS-Berater weiß ich, dass gerade bei Personen mit mehrfachen Vermittlungseinschränkungen ein gezieltes Case-and-Care-Management viele Probleme – ich sage es einmal salopp formuliert – aus dem Weg räumen kann; Probleme nämlich, die eben verhindern, dass sich diese Menschen aktiv um die Job­suche kümmern können. Oder anders gesagt: Erst dann, wenn andere Probleme gelöst oder auf dem Lösungsweg sind, kann der Fokus auf die Jobsuche gelegt werden. Daher freue ich mich auf die Novellierung des AGG und hoffe auf breite Zustimmung. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.18


Präsident Dr. Peter Raggl: Mir liegen dazu keine weiteren Wortmeldungen vor. – Der Herr Bundesminister meldet sich noch zu einer Stellungnahme zu Wort. – Bitte.


11.19.00

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Herr Präsident! Entschuldigung für die späte Meldung. Werte Mitglieder des Bundesrates! Wir haben durch die Pandemie, betrachtet man die Gesamtzahl der Arbeitslosen, zwar im Moment keine großen Veränderungen im Vergleich zu 2019, wir haben aber große Verwerfungen, das sieht man, wenn man sich die Branchen anschaut. Das betrifft natürlich jetzt vor allem die Tourismusbranche negativ, aber es gibt auch Branchen, die hohen Zuwachs hatten. Wir haben uns zum Beispiel den Vergleich der Beschäftigten im August 2019 mit 2021 angeschaut, und im Bereich der Sozial- und Gesundheitsberufe ist die Zahl der Be­schäftigten um über 10 Prozent gestiegen. Es gibt also auch große Zuwächse, aber natürlich auch Probleme in Bereichen, in denen sich die Pandemie aufgrund der Kontakt­beschränkungen stärker negativ ausgewirkt hat. Deshalb ist es, glaube ich, wichtig, da Unterstützung zu geben.

Es ist, glaube ich, jedem bewusst, der mit jemandem aus einem Betrieb im Tourismus-, Gastronomie-, Hotelleriebereich spricht, dass es große Schwierigkeiten gibt, Mitarbeiter zu finden. Ich habe im Sommer viele solcher Gespräche geführt. Man hört auch oft, dass es fast egal ist, was man an Lohn, an Gehalt anbietet, dass man in gewissen Bereichen, mit gewisser Fachausbildung praktisch niemanden findet. Das liegt natürlich auch an regionalen Unterschieden; auch das darf man nicht vergessen. Wir sitzen hier in Wien, in der Großstadt, da ist die Arbeitslosigkeit klarerweise etwas höher, aber in Tirol oder Salzburg hatten wir im Herbst Arbeitslosenquoten unter 4 Prozent – das ist Vollbe­schäftigung, da findet man am österreichischen Arbeitsmarkt nur mehr sehr wenige, die Arbeit aufnehmen können. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)


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Betreffend die Stammsaisonniersregelung ist es, glaube ich, wichtig, darauf hinzu­weisen, dass es um eine kleine Zahl an Menschen geht, um Menschen, die eben nicht in prekärer Beschäftigung sind, weil sie schon öfters – mindestens dreimal in den letzten fünf Jahren – für mindestens drei Monate jeweils beim gleichen Betrieb beschäftigt waren; die würden ja nicht nach Österreich zurückkommen, wenn die Beschäfti­gungsverhältnisse so prekär wären. Das ist jetzt eine einmalige Lösung für diese Menschen, wir werden sehen, wie viele sie in Anspruch nehmen; sie entlastet auf jeden Fall den Tourismusbereich. Es wurde schon angesprochen, es gab 2012 eine ähnliche Regelung, die, glaube ich, 2011 beschlossen wurde. Wer auf die damalige Zeit zurück­schaut, sieht, dass damals nicht die ÖVP das Arbeitsministerium besetzt hat, sondern die SPÖ (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann); aber die Lage am Arbeitsmarkt war durchaus ähnlich, es gab einfach eine gewisse Knappheit in gewissen Bereichen.

Zum Insolvenzentgeltfonds: Das, was heute auf der Tagesordnung steht, ist eine Reform der Behördenstruktur, eine kleine Reform. Ich glaube, sie ist wichtig, aber ich möchte die Gelegenheit nutzen, noch kurz auf den Verordnungsentwurf, der letzte Woche in Begut­achtung war, einzugehen, was den Beitrag zum Insolvenzentgeltfonds betrifft, weil er auch angesprochen wurde.

Es ist im Gesetz geregelt, dass eine Beitragskürzung vorzunehmen ist, wenn die Einnah­men hoch sind. Wir folgen dem Gesetz in diesem Verordnungsentwurf. Die Begutach­tung ist gerade abgeschlossen, wir analysieren natürlich die Stellungnahmen, aber es ist klar, dass es eine Kürzung der Beiträge geben muss, wenn im Topf genug Geld da ist, genauso wie es auch eine Erhöhung der Beiträge geben müsste, wenn zu wenig im Topf wäre. Also es ist völlig klar, dass es da eine Aufforderung gibt, etwas zu tun.

Ich bitte diejenigen, die in den letzten ein, zwei Wochen diesbezüglich aus meiner Sicht teilweise fast schon unverantwortliche Schlüsse gezogen haben, sich das noch einmal zu überlegen. Natürlich hat jede Person, die aufgrund einer Insolvenz arbeitslos wird, Anspruch auf diese Entgeltfortzahlung, unabhängig davon, was im Topf drinnen ist. Es muss gesichert sein, dass genug drinnen ist.

Natürlich stellen wir aufgrund von Prognosen aus der Wissenschaft sicher, dass genug in diesem Top ist. Natürlich wird die Lehrlingsförderung im Ausmaß dessen, was auch in den letzten Jahren aus diesem Topf bezahlt wurde, weiterbezahlt. All das ist gesichert. Ich halte es für sehr, sehr wichtig, dass man das klarstellt, und ich halte es nicht für gut, dass wir eine kleine Anpassung, die da geplant ist, überideologisieren.

Der Insolvenzentgeltfonds ist ein ganz wichtiges Instrument, und er wird es natürlich weiterhin sein; und der Arbeitsminister wird sicherstellen, dass er alle seine gesetzlichen Aufgaben auch in vollem Umfang erfüllt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

11.23

11.23.53


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit ge­schlos­sen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie die Plätze ein!

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden.


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 47

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das IEF-Service-GmbH-Gesetz und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ebenfalls um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit ange­nom­men.

Wir gelangen schließlich zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeit-und-Gesundheit-Gesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

11.25.289. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (632/A und 1252 d.B. sowie 10809/BR d.B. und 10827/BR d.B.)

10. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (2043/A und 1253 d.B. sowie 10828/BR d.B.)


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 9 und 10, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu den Punkten 9 und 10 ist Frau Bundesrätin Doris Berger-Grabner. – Ich bitte um die Berichte.

11.26.05


Berichterstatterin Mag. Dr. Doris Berger-Grabner: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Der Ausschuss für Familie und Jugend erstattet Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geän­dert wird.

Mit diesem Gesetzesantrag erfolgt eine Zitierungsanpassung an das aktuelle EU-Jugend­programm Europäisches Solidaritätskorps.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Familie und Jugend stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zu Tagesordnungspunkt 10: Der Ausschuss für Familie und Jugend erstattet Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird.


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 48

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Familie und Jugend stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmen­einhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank für die Berichterstattung.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Heike Eder. Ich erteile ihr dieses.


11.27.38

Bundesrätin Heike Eder, BSc MBA (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Liebe Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen via Livestream! Mit der Geburt eines Kindes werden Familien mit zahlreichen Behördengängen und auch Ent­scheidungen konfrontiert: Die Meldung der Dauer der Karenz beim Arbeitgeber bei­spielsweise, das Kinderbetreuungsgeld beantragen, Mutterschutz, Wochengeld, Fami­lienbeihilfe, Wohnsitzanmeldung des Neugeborenen, eventuell einen Reisepass aus­stellen oder sich um den Kindesunterhalt kümmern – das sind nur einige wenige Aufgaben, die auf die Eltern zukommen. Die meisten Eltern werden mir deshalb sicher­lich zustim­men: Jede bürokratische Erleichterung ist willkommen und erleichtert den Alltag unserer Familien.

Der erste Gesetzesbeschluss, den wir mit diesem Tagesordnungspunkt behandeln, schlägt genau in diese Kerbe. Da geht es nämlich darum, mit dem Programm Fabian die Abwicklung der Familienbeihilfe so einfach wie möglich zu machen. Das Programm läuft ja bereits seit März, und bisher wurden schon einige Vereinfachungsschritte umgesetzt. Neben einer benutzerfreundlicheren Beantragung der Familienbeihilfe ist es auch mög­lich, Schulbestätigungen und Studiennachweise gleich in Finanzonline hochzuladen, und nach einer Geburt wird die Familienbeihilfe automatisch ausbezahlt, das heißt, ohne Antrag, sofern man – natürlich – die Voraussetzungen erfüllt.

Nun sollen noch weitere Erleichterungen folgen. Nach Abschluss der Schulausbildung gibt es einen automatischen Familienbeihilfeanspruch von vier Monaten, und es soll auch eine Erleichterung für Studierende geben, indem die Rechtsgrundlage für eine automatische Übermittlung der Studierendendaten geschaffen wird.

Mit Tagesordnungspunkt 10 behandeln wir noch einen weiteren Gesetzesbeschluss, der ebenfalls den Familien und ganz speziell Frauen zugutekommt. Warum? – Weil wir die Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld von 7 300 auf 7 600 Euro erhöhen; damit ist unseren Frauen eine geringfügige Beschäftigung in der Karenz auch weiterhin möglich.

Ein ganz, ganz hoher Prozentsatz der Bezieher von einkommensabhängigem Kinder­betreuungsgeld, nämlich 94,5 Prozent, sind Frauen. Ein Teil davon arbeitet nebenher auch noch geringfügig. Diese hohe Zahl an weiblichen Kindergeldbeziehern zeigt gleichzeitig auch, dass die Väterbeteiligung nach wie vor extrem gering ist. In acht von zehn Partnerschaften gibt es nach wie vor keinerlei Beteiligung der Väter, und nur 3 Prozent der Väter gehen länger als drei Monate in Karenz. Das Wiedereinstiegs­moni­toring der Arbeiterkammer zeigt diesbezüglich leider auch kein optimistischeres Bild. Bei der Dauer der Väterbeteiligung ist sogar ein kontinuierlicher Trend nach unten zu bemerken. Das heißt, Väter gehen in der Regel immer kürzer in Karenz. (Vizepräsident Novak übernimmt den Vorsitz.)

Es braucht also mehr Anreize für eine ausgewogenere Aufteilung der Karenz. Ein Mo­saikstein könnte meines Erachtens sein, dass der Bezug des einkommensabhängigen


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Kinderbetreuungsgeldes an die Karenz gekoppelt wird, und es braucht, wie schon so oft gesagt, einen Ausbau der Kinderbetreuung, speziell in den ländlicheren Gebieten.

Mit dem heutigen Beschluss stärken wir also durch die erleichterte Abwicklung der Familienbeihilfe, aber auch durch die Erhöhung der Zuverdienstgrenze zum einkom­mensabhängigen Kinderbetreuungsgeld Familien und ganz besonders junge Frauen. Diese Beschlüsse sowie die Erhöhung des Familienbonus ab 1. Juli 2022 von 1 500 auf 2 000 Euro pro Kind zeigen, dass dieser Bundesregierung Kinder und speziell auch Familien sehr wichtig sind, und deshalb werden wir diesen Beschlüssen natürlich zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.31


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile ihr das Wort.


11.31.46

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen! Ich schicke es gleich voraus: Meine Fraktion, die SPÖ, wird den beiden Gesetzesmaterien, die jetzt Thema sind, also dem Familienlastenausgleichsgesetz und dem Kinderbetreuungs­geld­gesetz, zustimmen. Bei dem einen handelt es sich – meine Vorrednerin hat es schon ausgeführt – um eine Anpassung an eine EU-Richtlinie, und beim Kinderbetreuungsgeld soll gewährleistet werden, dass man bei der einkommensabhängigen Variante weiterhin einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen kann. Das ist unserer Meinung natürlich unterstützenswert.

Die Familienleistungen sind generell gerade Thema in der politischen Debatte, denn vor wenigen Tagen ist eine Kinderkostenstudie veröffentlicht worden. Die Forderung nach so einer Kinderkostenstudie begleitet mich schon viele Jahre in meiner politischen Tätig­keit. Man muss sich das vorstellen: Wir haben uns bis jetzt teilweise auf Erhebungen aus den Sechzigerjahren bezogen. Es ist gut, dass diese Kinderkostenstudie nun vorliegt. Berechtigterweise, glaube ich, hat sich das Familienministerium bisher dagegen verwehrt, so eine Studie durchzuführen, denn es wird jetzt sehr deutlich – wir haben das vermutet –, dass die Kosten für Kinder weitaus höher sind als die Zuwendungen, die Familien derzeit bekommen. Es wird in diesen Zahlen sehr deutlich, dass Haushalte mit Kindern gegenüber jenen ohne Kinder benachteiligt sind, und je mehr Kinder in einem Haushalt leben, desto größer wird diese Schere.

Was noch deutlich geworden ist – wir SozialdemokratInnen sagen das schon lange –: Die Familienleistungen, so wie wir sie derzeit vorfinden, sind nicht gerecht und vor allem nicht treffsicher, besonders dann, wenn bei Familienleistungen immer mehr – und das ist unter ÖVP-dominierten Regierungen mittlerweile Mode geworden – auf Steuer­erleich­terungen gesetzt wird, wie beispielsweise beim Familienbonus, der von uns ja schon mehrfach kritisiert wurde, denn bei diesen Steuererleichterungen schauen Men­schen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit geringem oder niedrigem Einkom­men natürlich oft durch die Finger und damit auch die Kinder aus diesen Familien.

So ist es nicht verwunderlich, dass die Armut in diesen Familien derzeit steigt. Jedes fünfte Kind in Österreich ist von Armut betroffen und damit natürlich auch von all den Folgen, die Armut mit sich bringt – Folgen, die man sich als Gesellschaft nicht wünschen kann und vor allem nicht für jedes einzelne Kind verantworten kann. Da tragen wir vonseiten der Politik und da tragen auch Sie, Frau Ministerin, eine große Verantwortung. Vor allem – und auch das wird in dieser Kinderkostenstudie mehr als deutlich – trifft es Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher. Da sind die Zuwendungen und die Familien­leistungen derzeit besonders unzureichend. Ja, das Sozialministerium hat vor Kurzem


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Geld in die Hand genommen, aber eher für kurzfristige, akute Maßnahmen. Das, was uns fehlt, ist die nachhaltige Absicherung dieser Familien. Auch das – diese nachhaltige, existenzielle Absicherung der Familien – ist Ihre Verantwortung, Frau Ministerin.

Armut ist auch Teil der psychischen Belastung junger Menschen, von der wir heute wieder in den Nachrichten lesen müssen, von dieser dramatischen Zuspitzung der Situ­ation, denn wenn Sie armutsbetroffene Kinder kennen – ich kenne solche –, dann wissen Sie: Kinder und junge Menschen nehmen die prekäre Situation einer Familie sehr stark in ihr eigenes Empfinden und in ihre eigene Gemütslage auf. In wenigen Tagen kommt Weihnachten, und die Belastungen und der psychische Druck für die Eltern steigen: Was kann ich meinen Kindern anbieten? Wie können wir Weihnachten trotzdem schön feiern? Was können meine Kinder, wenn sie wieder in die Schule gehen, darüber berichten, was sie bekommen haben? – Der psychische Stress für Erwachsene und für Eltern ist groß, Kinder übernehmen diese Stimmungslage der Erwachsenen und verinnerlichen sie.

Wir wissen auch – das ist nämlich ein sehr spannendes Phänomen; ich darf das noch kurz berichten –: Wenn man Kinder, die von Armut betroffen sind, fragt: Was wünscht du dir?, könnte man im ersten Moment denken, sie wünschen sich besonders große Dinge und besonders jene Dinge, die sie bei anderen sehen; aber ganz das Gegenteil ist der Fall: Sie wissen, dass das in ihren Familien nicht geht, und sind in ihren Wünschen enorm bescheiden. Man muss sich da sehr bemühen, Wünsche herauszukitzeln, weil sie wissen, was für eine Belastung große Wünsche bei ihren Eltern auslösen. Das wollen sie nicht, sie antizipieren sozusagen die Gemütslage ihrer Eltern. Das trägt sich weiter, über materielle Wünsche hinaus. Wenn man armutsbetroffene Kinder fragt: Was willst du einmal werden?, dann trauen sie sich auch nicht, große Wünsche zu äußern, sondern sind sehr realistisch, sehr am Boden, es sind kleine Wünsche, kleine Perspektiven. Das ist für unsere Gesellschaft gefährlich, weil diese Kinder in dieser Spirale gefangen sind und in dieser Armut gehalten werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Darum mein stetiges Plädoyer – Sie kennen es mittlerweile alle schon –: Packen wir diese Armut an der Wurzel und führen wir diese Familien existenziell und nachhaltig aus dieser Armut heraus!

Frau Ministerin, ich möchte, weil Sie heute bei uns sind, noch die Gelegenheit nutzen, Sie an ein Thema zu erinnern, das wir schon mehrfach besprochen haben. Es betrifft werdende Mütter, schwangere Frauen, die mit Kleinkindern arbeiten. Diese sind bedroht, sich mit dem Zytomegalievirus anzustecken, was eine Gefahr für die Gesundheit der Mutter, aber auch des ungeborenen Babys ist. Wir haben das jetzt schon mehrfach deponiert, auch bei Ihrem Kollegen, Arbeitsminister Kocher, es ist noch nichts ge­schehen – außer in Salzburg. Da gab es jetzt einen Vorstoß, das Land Salzburg springt jetzt ein, aber ich denke, es braucht eine bundesweite Lösung.

Daher meine Bitte an Sie und Arbeitsminister Kocher: Bitte regeln Sie dieses Thema für diese schwangeren Frauen nachhaltig, sodass diese, wenn sie mit kleinen Kindern zu tun haben, wirklich vorzeitig in Mutterschutz gehen können – um einerseits diese Frauen zu schützen, aber andererseits auch die Einrichtungen, die mit diesen jungen Frauen und Kleinkindern zu tun haben, abzusichern. Das wäre eine ganz konkrete Maßnahme, die man sehr schnell umsetzen könnte und die diesen jungen Frauen sehr helfen würde. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.39


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser. Ich erteile ihr das Wort.



BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 51

11.40.02

Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ, Salzburg): Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es einerseits um die redaktionelle Anpassung an das EU-Jugendprogramm und auch um die Verlänge­rung der Familienbeihilfe nach der Matura um weitere vier Monate. Andererseits be­schließen wir heute die Erhöhung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld auf 7 600 Euro.

Beiden Gesetzesänderungen werden wir Freiheitliche unsere Zustimmung erteilen, aber wir möchten in diesem Zusammenhang auch auf eine Ungerechtigkeit hinweisen und werden einen Antrag dazu einbringen. Es geht darum, dass der Bezug von Krankengeld nicht zum Verlust von einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld führen darf. Derzeit ist es so geregelt: Ein Elternteil hat nur dann einen Anspruch auf das Kinderbe­treuungsgeld, wenn er in den letzten 182 Tagen vor Beginn des Beschäftigungsverbots beziehungsweise vor der Geburt des Kindes tatsächlich durchgehend erwerbstätig war. Das heißt, Elternteile, die in der Zeit vor der Geburt des Kindes mehr als 14 Tage lang Krankengeld bezogen haben, verlieren den Anspruch auf das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld.

Daher stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bezug von Krankengeld darf nicht zum Verlust von einkommensabhängigem Kinderbetreu­ungsgeld führen“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, damit künftig jene Zeiten, in denen Krankengeld bezogen wird, in den Erwerbs­tätigkeitsbegriff für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld einbezogen wer­den und damit der Anspruch auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld nicht verloren geht.“

*****

Ich ersuche um Zustimmung zu diesem Antrag und sage Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

11.41


Vizepräsident Günther Novak: Der von den Bundesräten Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Bezug von Krankengeld darf nicht zum Verlust von einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld führen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger. Ich erteile ihr das Wort.


11.42.23

Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben es schon von meinen VorrednerInnen gehört, insbesondere Kollegin Eder hat schon ganz genau ausgeführt, worum es bei diesen zwei Veränderungen geht, die wir heute beschließen. Ich fasse es noch einmal ganz kurz


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 52

zusammen: Es ist in erster Linie natürlich die Erhöhung der Zuverdienstgrenze, die eben nicht mehr ausreicht, von 7 300 auf 7 600 Euro, denn es ist wirklich nicht unwesentlich für Elternteile – wenn es natürlich auch mehr Mütter als Väter sind –, auch bei Bezug des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgelds die Möglichkeit eines Zuverdiens­tes zu haben, sei es auch, um weiterhin den Anschluss im Berufsleben zu haben oder weil es einfach notwendig ist, über ein weiteres Einkommen zu verfügen.

Weiters, und das ist besonders erfreulich, geht es um die Weitergewährung der Fami­lienbeihilfe vier Monate über die Schulausbildung hinaus. Die Beendigung der Schule ist nicht ganz so, wie es Kollegin Steiner-Wieser gesagt hat, es ist nicht nur die Matura, sondern es geht auch um andere Schulen, die abgeschlossen wurden, und es ist dort mitunter auch nicht einfach, sofort anschließend an den Schulabschluss Nachweise über die Fortführung der Ausbildung an das Finanzamt zu übermitteln, denn es gibt immer wieder Fragen und Unsicherheiten in Bezug auf die Weiterführung der Ausbildung – ins­besondere auch in Zeiten der Pandemie, wie wir wissen. Durch die Unterbrechung der Familienbeihilfe fehlt das Geld in der Familie, und um das hinkünftig zu vermeiden, wird die Familienbeihilfe automatisch vier Monate weiter gewährt. Das gilt eben auch – ich führe es noch einmal genauer aus – nach der Absolvierung eines Kollegs oder einer Fachschule.

In Vorbereitung – das möchte ich an dieser Stelle auch noch erwähnen – ist eine Erleich­terung durch eine automatisierte Übermittlung des Studiennachweises bezie­hungsweise des Studienerfolges durch die Universitäten an das Finanzamt. Auch diese Automati­sierung wird weitere Erleichterung bringen, aber das ist noch ein bisschen Zukunfts­musik.

Einen Satz möchte ich auch noch in Bezug auf die Auszahlung der Familienbeihilfe an volljährige Kinder verlieren. Für uns als grüne Fraktion wäre es ein wirklich wün­schenswerter weiterer Schritt für die Zukunft, dass volljährige Kinder auch ohne das Einverständnis ihrer Eltern, natürlich unter der Voraussetzung der Anspruchsberech­tigung, die Familienbeihilfe selber beziehen könnten – das auch im Sinne der schon oft eigenen Haushalte der volljährigen Kinder, im Sinne der Komplettierung der Eigenstän­digkeit und Unabhängigkeit. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.45


Vizepräsident Günther Novak: Abschließend zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Mag. Dr. Susanne Raab. Ich erteile ihr das Wort.


11.45.33

Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Ich freue mich sehr, dass wir kurz vor Weihnachten jetzt noch ein dreiteiliges Familienentlastungspaket schnüren konnten, das insbesondere darauf ab­zielt, dass wir bürokratische Hürden, administrativen Aufwand abbauen, das sozusa­gen den Familien mehr Zeit beschaffen soll. Familienzeit ist so eine wertvolle Zeit, daher müssen wir alles tun, damit wir für die Familien eben auch bürokratische Behördengänge reduzieren und erleichtern.

Wir haben in diesem Jahr wirklich viel für die Familien zustande gebracht. Wir haben die ökosoziale Steuerreform, im Rahmen derer es weitere Entlastungen für die Familien gibt, den Familienbonus zum Beispiel; und weil die Kritik gekommen ist: Nicht nur der Fami­lienbonus, sondern auch der Kindermehrbetrag wird ja von 250 auf 450 Euro erhöht, was bedeutet, dass all jene Familien, die nicht vom Familienbonus profitieren können, weil sie kein so hohes Einkommen haben, auch durch die Erhöhung des Kindermehrbetrags


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profitieren. Ich glaube, das ist etwas, mit dem wir über die Entlastung des Steuersystems alle Familien erreichen werden.

Zum Zweiten: Abseits der Entlastung durch das Steuersystem haben wir finanzielle Familienleistungen: die Familienbeihilfe, das Kinderbetreuungsgeld, das Schulstartgeld. Mit diesen finanziellen Familienleistungen sind wir in Europa auf Platz drei. Das bedeu­tet, in Österreich haben wir die dritthöchsten Familienleistungen im Vergleich der Mit­gliedstaaten der Europäischen Union. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Bundes­rätinnen Grimling und Schumann.) Darauf können wir stolz sein, daran sieht man auch, wie viel uns die Familien wert sind, und diesen Weg werden wir in der Koalition so weitergehen.

Lassen Sie mich noch ein Wort zur Kinderkostenstudie sagen: Selbstverständlich prüfen unsere Expertinnen und Experten alle Studien in diesem Bereich. Eines ist mir wichtig, zu sagen: Die weiteren Entlastungen für die Familien, die durch die Steuerreform nun beschlossen wurden, sind in dieser Studie noch nicht eingepflegt. Das heißt, da ist die Studie nicht ganz aktuell.

Zum Zweiten: Ich glaube, wenn man sozusagen Kinderkosten und die Frage, wie viel ein Kind kostet, behandelt, muss man im Übrigen – so viel Zeit muss sein – dazusagen: Kindern sollte man nicht nur ein Preisschild umhängen, nicht nur über finanzielle Belas­tungen sprechen (Zwischenrufe bei der SPÖ), sondern Kinder sind etwas Wunder­schö­nes, geben auch ganz viel Kraft, sind auch ein Kraftspender und nicht nur sozusagen eine Belastung. Ich glaube, das muss man auch immer dazusagen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Wenn wir uns die Fakten ansehen, und das tue ich immer ganz gern, und dann gegen­überstellen, wie viel an Familienleistungen es gibt, dann müssen wir schon die Gesamt­heit an Familienleistungen sehen, also auch all jene Leistungen, die über die Länder ausgeschüttet werden, all jene Leistungen, die über die Gemeinden ausgeschüttet werden, Stichwort Mindestsicherung oder auch Wohnungszuschüsse, die natürlich immer mehr sind, wenn eine Familie (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann– dürfte ich vielleicht auch aussprechen?! – mit mehreren Kindern da ist. Also ich glaube, man muss sich, wenn man sich des Themas seriös annehmen will, auch die ganze Faktenlage ansehen.

Neben den inhaltlichen Verbesserungen für die Familien im Rahmen des Familienbonus, der Steuerreform, aber natürlich auch des Familienunterstützungspakets, das wir im Rahmen der Coronakrise geschnürt haben, beispielsweise auch mit der Erhöhung der Mittel für die Schulbuchaktion, haben wir jetzt eben ein dreiteiliges Entlastungspaket, auch was die Administration betrifft: zum Ersten die Weiterentwicklung des Familien­beihilfenverfahrens Fabian, zum Zweiten die Verlängerung der Familienbeihilfe nach Schulabschluss und zum Dritten die Erhöhung der Zuverdienstgrenze beim Kinder­betreuungsgeld.

Zum ersten Punkt, der Weiterentwicklung von Fabian: Das ist, glaube ich, ein ganz wesentlicher Schritt, weil es für die Familien bedeutet, dass sie weniger Papierunter­lagen beibringen müssen, einscannen müssen, sondern die Studierendendaten werden von der Hochschule automatisch in dieses Verfahren eingeschleust. Das spart den Fa­milien, wie gesagt, wieder Behördengänge und -wege.

Der zweite Punkt ist die Verlängerung der Familienbeihilfe nach Abschluss der Schul­ausbildung um vier Monate. Warum tun wir das? – Weil wir zwischen der Beendigung einer Ausbildung und dem Beginn eines Studiums keine Lücke entstehen lassen wollen, und wenn man nach dem erfolgreichen Abschluss einer Ausbildung gleich ins Berufs­leben einsteigt – das ist ja genauso gut –, dann geben wir sozusagen diese zusätzliche


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Familienbeihilfe, wenn man so will, als Belohnung für den erfolgreichen Abschluss der Schulausbildung.

Der dritte Punkt ist die Anhebung der Zuverdienstgrenze, wie Sie auch schon gesagt haben, sehr geehrte Bundesrätinnen, nämlich von 7 300 Euro auf 7 600 Euro. Es ist uns wichtig, dass wir uns da auf diesen Betrag steigern, damit eben Eltern neben dem Bezug von Kinderbetreuungsgeld auch geringfügig beschäftigt sein können.

Ein Punkt, den ich noch erwähnen möchte, ist, dass es natürlich besonders in der Coronapandemie einfach Spannungen innerhalb von Familien gibt, große Belastungs­situationen aufgrund des Virus, auch aufgrund der schulischen Situation, aufgrund der Lockdowns, in die wir gehen mussten, und da war es uns wichtig, dass wir immer darauf achten, dass wir für die Familien auch Beratungsstellen zur Verfügung stellen.

Diese Beratungsstellen – es gibt 400 Familienberatungsstellen – haben wir jetzt auch finan­ziell gestärkt und ihre Mittel gerade in den letzten Tagen noch einmal um 600 000 Euro aufgestockt, sodass wirklich ausreichend Kapazitäten für alle Familien in diesen 400 Fa­milienberatungsstellen – auch in Ihren Bundesländern – zur Verfügung stehen, damit Familien dort einfach ein offenes Ohr und auch Zuspruch von tollen Beraterinnen und Beratern finden. Die Familienberatungsstellen leisten unglaublich großartige Arbeit, möchte ich an dieser Stelle auch betonen, und ich möchte mich zum Jahresabschluss an dieser Stelle auch noch bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Familien­beratungsstellen ganz herzlich bedanken.

Ich danke Ihnen für die Zusammenarbeit in diesem Jahr; ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit im nächsten Jahr. Ich wünsche Ihnen allen gesegnete Weihnachten, etwas Besinnlichkeit und frohe Feiertage! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bun­desrates Arlamovsky.)

11.52

11.52.21


Vizepräsident Günther Novak: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie die Plätze ein!

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der ist Antrag ist damit ange­nom­men.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kolleginnen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Bezug von Krankengeld darf nicht zum Verlust von einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld führen“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 55

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

11.54.2811. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG, das Bun­desgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler, das Kunst-, Kultur- und Sport­siche­rungsgesetz – KuKuSpoSiG und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds geändert werden (2122/A, 2010/A und 1241 d.B. sowie 10808/BR d.B. und 10859/BR d.B.)


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Elisabeth Kittl. – Ich bitte um den Bericht.


11.55.10

Berichterstatterin MMag. Elisabeth Kittl, BA: Herr Präsident! Werte KollegInnen! Liebe Frau Staatssekretärin, willkommen! Ich darf den Bericht des Ausschusses für Tourismus, Kunst und Kultur über den Beschluss des Nationalrates vom 16.12.2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler, das Kunst-, Kultur- und Sportsiche­rungs­gesetz und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds geändert werden, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur stellt nach Beratung der Vorlage am 20.12.2021 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben. – Besten Dank.


Vizepräsident Günther Novak: Ich begrüße hier im Plenum Frau Mag. Andrea Mayer, Staatssekretärin für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport. Herzlich willkommen! (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

Als erste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Dr. Andrea Eder-Gitschthaler. – Frau Bundesrätin, ich erteile Ihnen das Wort.


11.56.33

Bundesrätin Dr. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren oben auf der Galerie oder wenn Sie uns via Livestream zuhören und zusehen! Als Salzburgerin ist es mir ein großes Anliegen, zu Beginn des großen Sepp Forcher zu gedenken.

Sie haben es gehört: Er ist am Sonntag in der Früh im 92. Lebensjahr, gerade zwei Tage nach Vollendung seines 91. Lebensjahres verstorben, drei Wochen nach seiner lieben Frau Helli. Er war wirklich ein großer, großer Künstler vor dem Herrn. Ich habe (eine Seite einer Zeitung in die Höhe haltend) hier auch einen Nachruf vom Peter Gnaiger in den „Salzburger Nachrichten“ von gestern, den ich noch kurz erwähnen möchte. Es braucht Lichtblicke, und das sind eben Menschen wie Sepp Forcher, denn er hat es verstanden, zu verbinden und immer das Verbindende vor das Trennende zu stellen. Er hat in einer unnachahmlichen Art und Weise verstanden, Jung und Alt zu begeistern – Stichwort: „Klingendes Österreich“. Auch ich hatte die Ehre, ihn zu kennen. Er war ein


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großartiger Mann, und darum ist es mir zu Beginn meiner Rede so ein wichtiges Anliegen, seiner zu gedenken.

Kunst und Kultur ist für Jung und Alt, ist Verbinder, ist Tröster, ist Brückenbauer, sie holt uns aus der Isolation, kennt keine Hautfarbe, kein Geschlecht – und darum freut es mich, liebe Frau Staatssekretärin, dass gleich bei den ersten Öffnungsschritten nach dem Lockdown auch Kunst und Kultur berücksichtigt wurden. Ich weiß, Sie sind gerade in diesen letzten Monaten der Pandemie immer eine sehr große Kämpferin dafür gewesen.

Man muss auch sagen, dass es in diesem Bereich sehr, sehr gute Präventionskonzepte gegeben hat und sich die Kunst- und Kulturschaffenden sehr, sehr gut auf die jeweilige Situation eingestellt haben. Ich darf da nur an die letzten Salzburger Festspiele erinnern. Es gab gleich zu Beginn bei der „Jedermann“-Premiere einen Coronafall, und die Kon­takt­verfolgung konnte lückenlos aufgenommen werden. Es sind dann keine weiteren Coronafälle gekommen. Es war ein sehr transparentes und offenes Management betref­fend den Umgang mit diesen Fällen, und das zeigt wieder, dass gerade Kunst- und Kultureinrichtungen sehr, sehr sicher sind und sie sicherlich in der Pandemie sehr viel gemacht haben.

Sie wurden natürlich hart getroffen – wir haben das immer gehört –, und daher ist es gut und richtig, dass wir heute wieder weitreichende Hilfsmaßnahmen beschließen – die großen vier: für die freischaffenden Künstlerinnen und Künstler die Verlängerung des SVS-Überbrückungsfinanzierungsfonds und die Aufstockung auf ein Gesamtvolumen von 150 auf 175 Millionen Euro.

Der Covid-19-Fonds des Künstler-Sozialversicherungsfonds, der geschaffen wurde, um jene Künstlerinnen und Künstler zu unterstützen, die sehr wenig mit ihren künstlerischen Tätigkeiten verdienen, wird von 40 Millionen auf 50 Millionen Euro aufgestockt. Auch der über die Kulturszene hinausgehende NPO-Fonds wird erneut aufgestockt, und zwar um 125 Millionen Euro.

Wir haben im Ausschuss von Frau Gruppenleiterin Mag. Niedermüller, die uns sehr, sehr kompetent Auskunft gegeben hat, auch gehört, wie die aktuellen Ausschöpfungsstände sind. Beim NPO-Fonds muss man sagen, das ist eine wirkliche Erfolgsgeschichte, denn dieser geht weit über den Kulturbereich hinaus in den Sportbereich und auch in den Sozialbereich für alle Non-Profit-Organisationen – ich weiß das selber als Vorsitzende des Vereins Frauenhilfe Salzburg, denn auch wir konnten davon profitieren –, darum ist es gut, dass wir diesen Fonds weiterhin dotiert haben.

Für die Veranstalter greift nach wie vor der Schutzschirm für Veranstalter, und die Antragsfrist wird nun bis Juni 2022 verlängert, damit auch eine Planung für Veranstaltun­gen bis Ende des Halbjahres 2023 erfolgen kann und diese abgefedert sind. Auch die Gutscheinlösung wird für das erste Halbjahr 2022 verlängert, um sicherzugehen, dass Konkurse im Veranstaltungsbereich hintangehalten werden. Natürlich gibt es auch im Kunst- und Kulturbereich alle wirtschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen wie Kurz­arbeit, Härtefallfonds, Ausfallsbonus, Verlustersatz et cetera. Da sind wir ja eh schon kleine Profis, um das alles zu managen.

Abschließend noch wie immer an dieser Stelle mein Appell an Sie alle, denn jetzt können wir wieder Kunst und Kultur genießen, konsumieren: Gehen Sie hin – es gibt die Neu­jahrskonzerte –, besuchen Sie Galerien, besuchen Sie Museen, besuchen Sie die kleineren Kultureinrichtungen (Zwischenruf des Bundesrates Spanring), gerade am Land; ich kann es nur für Salzburg sagen, aber die Bachschmiede und auch andere Institutionen sind wieder offen und haben wirklich sehr, sehr schöne Ausstellungen. Für die Künstlerinnen und Künstler, für die Aussteller, für die Museumsverantwortlichen ist es ja wichtig, dass die Menschen kommen. Ja, sie brauchen das Geld, das machen wir, aber sie wollen ja auch zeigen, was sie draufhaben, sie wollen ja performen. Darum:


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Nutzen Sie diese Feiertage, um mit Ihrer Familie, Ihren Lieben hinzugehen und diese Kunst- und Kultureinrichtungen zu besuchen!

Ganz am Ende erlauben Sie mir auch noch einen Dank an die Grande Dame der Salzburger Festspiele, Frau Präsidentin Helga Rabl-Stadler, die ja in wenigen Tagen ihr Amt beenden wird. Sie hat über 26 Jahre diese Kultureinrichtung in Salzburg geprägt. Sie hat viel für Jugendliche gemacht, für die Salzburgerinnen und Salzburger das Fes­tival geöffnet und sehr, sehr viele Sponsoren an Land gezogen. Sie ist wirklich eine Kämpferin für diese Kultureinrichtung Salzburger Festspiele gewesen, und sie wird sicherlich in irgendeiner Art und Weise weiterhin damit verbunden bleiben. Ich glaube, die Frau Präsidentin kann gar nicht so richtig in den Ruhestand gehen. Gott sei Dank wird sie uns mit ihrer Expertise sicher noch zur Verfügung stehen. Alles, alles Gute, liebe Frau Präsidentin! Wir sind sehr stolz, dass du so viel für uns in Salzburg gemacht hast. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.03


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Eva Prischl. Ich erteile ihr das Wort.


12.04.00

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Die selbstständigen Kulturschaffenden hat es in der Pandemie besonders schwer getroffen. Leider hat sich die Situation nicht nachhaltig geändert. Neben den finanziellen Schwierigkeiten kämpfen viele auch mit psychischen Problemen. Es gibt sogar manche KünstlerInnen, die sich von ihrer beruflichen Identität her in Frage stellen und überlegen, einen Wechsel in eine andere Branche durchzu­führen, was sehr traurig ist.

Bis zur Pandemie war vielen Menschen gar nicht bewusst, wie KünstlerInnen ihren Lebensunterhalt bestreiten, unter welch prekären Arbeitsverhältnissen manche von ihnen uns, den KulturkonsumentInnen, Kunst und Kultur vermitteln. Die Pandemie hat diese schwierige Lage sichtbar gemacht. Wenn niemand mehr in eine Kultureinrichtung gehen kann, dann wird plötzlich allen bewusst, dass auch die Künstlerinnen und Künstler in einer finanziellen Krise stecken.

Zur Abfederung der finanziellen Schwierigkeiten sollen die Unterstützungsmaßnahmen, Leistungen verlängert und höher dotiert werden, wofür wir seitens der SPÖ natürlich unsere Zustimmung geben. Der Überbrückungsfinanzierungsfonds – das hat meine Kollegin schon ausgeführt – wird von 150 Millionen auf 175 Millionen Euro erhöht, der Covid-19-Fonds des Künstler-Sozialversicherungsfonds wird von 40 Millionen auf 50 Millionen Euro aufgestockt. Anträge für beide Fonds kann man je nach Richtlinie das gesamte Jahr 2022 einbringen. Im Non-Profit-Organisationen-Fonds sind im Kalender­jahr 2022 Unterstützungen in Höhe bis zu weiteren 425 Millionen Euro vorgesehen. Sämtliche Unterstützungsmaßnahmen sind natürlich zu begrüßen und für die Kultur­schaffenden lebensnotwendig.

Der Novelle im Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz – es geht dabei um die Ver­längerung der Gutscheinregelung bei Absage von Veranstaltungen – können wir nicht so viel abgewinnen, denn diese Regelungen gehen auch zulasten der KonsumentInnen.

Als Bereichssprecherin für Kunst, Kultur und Medien möchte ich trotzdem darauf hin­weisen, dass die finanziellen Unterstützungen der Kulturbranche in diesen Krisen­zeiten enorm wichtig sind, die Kulturbranche aber in Zukunft auch mehr Anerkennung braucht, eine Aufwertung der vielfältigen Tätigkeitsfelder in diesem Bereich. Die Einführung eines Grundeinkommens haben wir schon mehrmals gefordert – und das möchte ich noch


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einmal unterstreichen –, zudem braucht es rechtliche Rahmenbedingungen, zukunfts­trächtige Vergütungsmodelle, eine Förderung digitaler Formate, eine Aufstockung der Arbeitsstipendien und viele weitere Schritte, damit die Kunst- und Kulturschaffenden von ihrer Arbeit leben und nicht nur überleben können. (Beifall bei der SPÖ.)

Der im November 2021 ausgerufene Lockdown brachte weitere große Belastungen im Kunst- und Kulturbereich, besonders waren auch der österreichische Buchhandel, die Bühnen- und die Musikverlage davon betroffen und sind es zum Teil noch immer. Obwohl der Buchhandel versucht, sich gegen die großen Onlineriesen zu behaupten und auch den Versand kräftig angekurbelt hat, musste trotzdem ein Umsatzrückgang von in etwa 30 bis 40 Prozent hingenommen werden. Die vom Onlinemarktführer versandkostenfreie Lieferung kommt erschwerend hinzu.

Aufgrund der direkten Beteiligung der Autorinnen und Autoren an Kartenverkäufen und der spürbaren Zurückhaltung des Publikums kämpfen auch die Bühnen- und Musik­verlage um ihr Überleben. Diese Betriebe bräuchten einen Ausfallsbonus oder einen Fixkostenzuschuss mit einem geringeren Umsatzminus als Voraussetzung zum Überleben oder auch eine Reduzierung oder Anpassung des Mehrwertsteuersatzes wäre vielleicht eine Lösung.

Die prekäre Lage vieler Künstlerinnen und Künstler ist kein Symptom der Krise, sondern das Produkt einer langanhaltenden Sparpolitik. Ich möchte mich bei allen Künstlerinnen und Künstlern für ihre für die Gesellschaft so wichtige Arbeit bedanken und wünsche ihnen alles Gute. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Lackner.)

12.08


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Ofner. Ich erteile ihm das Wort.


12.08.26

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staats­se­kretärin! Werte Kollegen! Geschätzte Zuschauer vor den Bildschirmen! Ja, ich kann einmal vorausschicken, dass wir der Änderung dieser Gesetzesmaterien zustimmen werden. Das geschieht natürlich allein aus dem Aspekt heraus, dass sowohl viele Künstler mit all ihren Berufsgruppen, die auch neben und hinter der Bühne aktiv sind, als auch sämtliche ehrenamtliche Kunst- und Kulturschaffenden – von dieser Regierung und nicht durch die Pandemie! – seit mittlerweile zwei Jahren einer völligen Planungs­unsicherheit ausgesetzt sind und dadurch viele mit existenziellen Problemen zu kämpfen haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist auch derzeit noch immer die Situation gegeben, dass viele Veranstaltungen nicht geplant werden können und wegen neuerlicher absurder Coronamaßnahmen nur eingeschränkt oder größtenteils nicht durchgeführt werden können und nicht stattfinden. (Bundesrat Preineder: ... Pandemie!) Jetzt werden zwar gewisse Einnahmeausfälle abgedeckt, aber es gibt viele Vorarbeiten und auch Vorlaufkosten, die mit diesen Fonds nicht abgegolten werden. Das ist für ein Kulturland wie Österreich eigentlich wirklich traurig. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Ich spreche jetzt nicht von den großen Festspielen und auch nicht von jenen Künstlern, die die Möglichkeit haben, auf Champagnerpartys live im ORF aufzutreten, denn das sind leider Gottes nur wenige. Aber wenigstens bei diesen Veranstaltungen kann man sicher sein, dass sie durchgeführt werden, egal, welche Coronaregelungen für den Pöbel gerade gelten. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich spreche in diesem Zusammenhang von den vielen freischaffenden Künstlern und jenen Berufsgruppen, die da dahinterstehen. Ich spreche von jenen, die gerade auch in der Adventzeit daran gehindert sind, ihr Brauchtum auszuüben, von den vielen Chor-


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und Musikvereinen, die eben auch schon über zwei Jahre in der Ausübung ihrer Tätigkeit gelähmt werden. Wenn man sich anschaut, warum das der Fall ist, dann braucht man nicht weit zu gehen: Da man eine 2G-Regelung bei Veranstaltungen eingeführt hat, ist es eben einerseits der Fall, dass es vielen Vereinen gar nicht möglich ist, aufzutreten, andererseits ist auch der Besucherandrang enden wollend.

Ich weiß schon, dass das viele nicht verstehen, weil sie mit der Volkskultur und den Brauchtumsvereinen nicht viel am Hut haben und sich nur in der staatlich geförderten Hochkulturszene bewegen oder weil es ihnen ganz einfach egal ist, was unser Land mit seiner kulturellen Vielfalt ausmacht. Ihnen ist wahrscheinlich nicht bewusst, dass diese Brauchtumsgruppen gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit aufgrund Ihrer Chaospolitik keine Einnahmequelle haben, keine Auftritte haben dürfen. Ihnen ist wahrscheinlich nicht bewusst, dass sich Musik- und Chorvereine nicht darüber trauen, Veranstaltungen zu organisieren, weil sie mit Ihren unverhältnismäßig hohen Auflagen zu kämpfen haben und die Aufführungen schlussendlich mehr kosten, als Einnahmen zu lukrieren sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Eigentlich ist Ihnen wahrscheinlich auch nicht bewusst, dass Sie – und das ist eigentlich das Wichtigste – den kommenden Generationen unserer Gesellschaft seit nunmehr zwei Jahren die kulturelle Bildung und den Kunst- und Kulturgenuss als notwendiges Lebens­elixier in der Persönlichkeitsentwicklung verwehren. Sie haben mit Ihrer Politik Tausende Existenzen auf dem Gewissen und begreifen gar nicht, was Sie anrichten. Ihre Politik ist nicht auf und für die Menschen in unserem Land ausgerichtet, sondern sie führt vielfach zielgenau an der Realität vorbei. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ich auf meine Anfrage im Ausschuss höre, dass aus dem NPO-Fonds für Vereine in etwa 92 Millionen Euro geflossen sind, Religionsgemeinschaften mit 89 Millionen Euro nahezu gleich viel erhalten haben, dann ist das schon sehr interessant. Es wundert mich auch nicht, dass beispielsweise die höchsten Würdenträger der katholischen Kirche der Freiheit der Menschen in unserem Land gar nicht so viel Wert beimessen und dass von ihnen diese Freiheit auf dem Altar in Form eines Ablasshandels des 21. Jahrhunderts zugunsten von monetären Einnahmen aus staatlichen Fonds geopfert wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist natürlich äußerst traurig und zeigt wieder einmal die Abgründe, in die wir durch Ihre Politik geschlittert sind; aber offenbar ist das die finanzielle Abgeltung dafür, dass man den kirchlichen Vertretern „Vollgas“ gegeben hat.

Ich kann abschließend nur ein aufrichtiges Danke an alle Kunst- und Kulturschaffenden in unserem Land, ob beruflich oder ehrenamtlich, für ihre wertvolle Arbeit, die sie trotz der Widrigkeiten, die ihnen diese Bundesregierung auferlegt, auch weiterhin leisten, sagen. Die „Kunst ist eine Tochter der Freiheit“, hat Friedrich Schiller gemeint. Wenn wir täglich Tausende mehr sind, die für diese Freiheit auf- und einstehen, dann wird es auch gelingen, dass dieser Tochter in unserem Land wieder ein Blühen möglich ist. (Beifall bei der FPÖ.)

12.14


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile ihm das Wort.


12.14.58

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir verlängern heute ganz wesent­liche Covid-Hilfen für Kunst und Kultur, in einem Fall sogar noch darüber hinaus, wie wir vom Vorredner eindrucksvoll erzählt bekommen haben. Es ist überhaupt keine Frage, dass es uns lieber gewesen wäre, wir müssten nicht hier stehen, wir müssten das nicht


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beschließen, wir hätten nicht diese Krise zu bewältigen. Was ganz wichtig ist: Wenn es nötig ist, dann helfen wir, wenn es nötig ist, dann stehen wir hier mit unseren Kunst- und Kulturschaffenden, mit den Organisationen, mit den Vereinen, mit den Institutionen, die unser Land immer so sehr mit Kunst und Kultur bereichern, zusammen. (Bundesrat Steiner: ... dagegen!) Und das macht natürlich einen Unterschied.

Herr Kollege Ofner, Sie haben vorhin erwähnt, dass am Sonntagabend Menschen in der Wiener Innenstadt mit Kerzen in der Hand gesagt haben (Bundesrat Steiner: Rechts­radikale! – Bundesrat Spanring: Mit dem Küssel gemeinsam sind sie gestanden! – Ruf bei der FPÖ: Furchtbar! Furchtbar!): Yes, we care! (Bundesrat Steiner: Furchtbar! Rechtsradikale, Neonazis, Neofaschisten! Küssel, Sellner! Unglaublich!) Sie haben auch gesagt: Wir sind solidarisch mit dem Pflegepersonal, wir sind solidarisch mit dem Ärzte­personal, wir sind solidarisch mit den Menschen, die sich so intensiv für die Pandemie­bekämpfung einsetzen! (Bundesrat Steiner: Rechtsradikale, Neonazis, Staatsverwei­gerer! Katastrophe!) Wir gedenken der Covid-Toten! (Ruf bei der FPÖ: Die Ärzte vor der Ärztekammer habt ihr aber nicht gesehen, oder?)

Auch wenn Sie jetzt herumbrüllen: Es haben auch die Kulturinstitutionen, die so sehr unter dieser Pandemie leiden, Kerzen entzündet und gesagt: Yes, we care! Damit haben sie gezeigt, so sehr sie auch leiden, dass sie verstehen, dass man in einer Pandemie solidarisch sein muss. (Beifall bei Grünen und ÖVP, bei BundesrätInnen der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Welche vier Maßnahmen beschließen wir jetzt? Wie helfen wir? – Erstens helfen wir den freischaffenden Künstlerinnen und Künstlern, indem wir die SVS-Überbrückungshilfen aufstocken und anpassen. Wir stocken auf 175 Millionen Euro auf. Wir helfen damit natürlich vor allem im Hinblick auf die Ausfälle, die aufgrund des bundesweiten Lock­downs entstanden sind, aber eben auch, und das ist ganz wichtig, zeitlich darüber hin­aus.

Zweitens: Eine ganze Reihe an Künstlerinnen und Künstlern hat nur sehr geringe Ein­nahmen aus der Kunst und Kultur, aus der künstlerischen Arbeit. Sie würden in die anderen Töpfe nicht hineinpassen, und bekanntlich haben wir, wir haben es auch schon öfter hier diskutiert, genau für diese Gruppe den Covid-19-Fonds des Künstler-Sozialver­sicherungsfonds geschaffen. Diesen stocken wir jetzt auf 50 Millionen Euro auf. Ich möchte hier schon auch betonen, dass diese Unterstützung einzigartig ist. In anderen europäischen Ländern erzähle ich oft, dass wir in Österreich diesen Topf für Menschen, die sonst nirgendwo einen Zugang hatten, haben. (Bundesrat Steiner: Wo reist du überall hin in der Zeit? Superspreader!) Das ist schon etwas ganz Besonderes in Öster­reich, dass wir diese Wertschätzung unseren Künstlerinnen und Künstlern gegenüber äußern.

Der dritte Punkt: Die Gutscheinlösung wird verlängert. Ich weiß, dass diese Maßnahme durchaus oft kritisiert wurde, und – ehrlich – ich verstehe diese Kritik zu einem gewissen Grad auch, aber das ist halt auch eine Ermessensfrage. Man kann natürlich nicht wollen, dass man reihenweise Kulturbetriebe (in Richtung des mit BundesrätInnen der FPÖ sprechenden Vizekanzlers Kogler) – ich habe manchmal das Gefühl, ich bin in einem Kaffeehaus – in die Pleite schickt. Genau das wollen wir eben nicht, und dafür ist diese Gutscheinlösung eine gute Lösung.

Die vierte Maßnahme, die wir heute beschließen, ist der NPO-Fonds. Der NPO-Fonds erhält 125 Millionen Euro zusätzlich, 2022 sollen insgesamt 375 Millionen Euro zur Ver­fügung stehen und ausgeschüttet werden können. Das ist eine Maßnahme, die ja weit über die Bereiche Kunst und Kultur hinausgeht. Dazu gehören – ja, auch – Religions­ge­meinschaften, aber eben zum Beispiel auch Sportvereine. Das ist in diesem Fall so wichtig, weil NPOs nun einmal NPOs sind.


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Mit zusätzlichen Hilfen in der Höhe von 8,5 Millionen Euro, die wir den Bundesmuseen zukommen lassen, beweisen wir und vor allem Sie, Frau Staatssekretärin – dafür möchte ich mich auch ganz herzlich bedanken –, wie sehr wir uns für die Kunst- und Kultur­einrichtungen einsetzen und wie sehr wir mit ihnen solidarisch sind und dass wir, wenn es notwendig ist, eben helfen.

Meine Damen und Herren, Weihnachten steht ja vor der Tür. Ich weiß nicht, wie es Ihnen gegangen ist: Als ich drei Wochen keine Kunst und Kultur genießen konnte, habe ich natürlich sofort danach wieder die Chance ergriffen. Ich habe mir einige Eintrittstickets gekauft und mir einige Ausstellungen angeschaut. Zuerst mussten wir den „Don Gio­vanni“ leider im Fernsehen sehen, wir konnten nicht drinnen sitzen. Ich kann nur empfeh­len: Schauen Sie sich ihn an! Schauen Sie sich die vielen tollen Theaterproduktionen der freien Gruppen, der kleineren Theatergruppen in Ihren Bundesländern und Regionen oder auch in Wien an! – In Wien, weil ich ein Wiener Bundesrat bin, auch die Stadt Wien macht ja wunderbare Kultur. (Bundesrätin Schumann: Na geh! – Bundesrätin Grimling: Unglaublich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

„Giulio Cesare in Egitto“ im Theater an der Wien möchte ich Ihnen ganz besonders an Herz legen, das ist eine ganz, ganz tolle Aufführung, oder auch die Tizian-Ausstellung im Kunsthistorischen Museum, die jetzt verlängert worden ist. (Ruf bei der SPÖ: Unmöglich! Was ist denn jetzt los?! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir haben natürlich durch den Lockdown etwas Zeit verloren, aber jetzt kann man das Versäumte nachholen.

Wenn ich noch einen kleinen Tipp geben darf: Die Gutscheinlösung ist ja gerade für Weihnachten eine sehr gute Sache. Wenn Sie nicht nur jemandem eine Freude machen wollen, sondern gleichzeitig auch die Kulturszene beschenken wollen – und das geht auch in letzter Minute, die Eintrittskarten kann man online bestellen und ausdrucken –: Schenken Sie Eintrittskarten für Konzerte, schenken Sie Theaterkarten, schenken Sie Jahreskarten für Museen! (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.)

Für den Fall, dass das Problem eines neuerlichen Lockdowns auftaucht, können Sie das mit Gutscheinen lösen beziehungsweise nachholen, die Jahreskarten werden für die Dauer eines Lockdowns stets verlängert. Sie beglücken damit nicht nur jemanden, sondern Sie beschenken damit auch die Kulturszene, die wirklich sehr gelitten hat. Sie leidet immer noch, aber, wie wir bei der Initiative Yes, we care gesehen haben: Sie ist solidarisch, so wie wir mit ihr solidarisch sind! – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.21


Vizepräsident Günther Novak: Im Plenum begrüßen darf ich den Vizekanzler und Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, Herrn Mag. Werner Kogler. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

Abschließend zu Wort gemeldet hat sich Frau Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer. Ich erteile ihr das Wort.


12.21.39

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Aktuell können wir eine durchaus lebendige Kulturlandschaft in Österreich erleben: Museen, Ausstellungshäuser, Bibliotheken und Galerien sind unter denselben Bedingungen wie der Handel geöffnet. Veranstaltungen können mit bis zu 2 000 Sitzplätzen stattfinden, im Außenbereich sogar mit bis zu 4 000 Personen.


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Selbstverständlich ist auch die künstlerische Arbeit im Probenprozess voll gewährleistet, dies gilt natürlich auch für die rund um die Weihnachtsfeiertage so wichtigen ehren­amtlich agierenden Musik- und Chorvereine. Mit ihnen stehen wir schon die ganze Pandemiephase über in sehr gutem Austausch und in sehr guter Abstimmung, weil wir wissen, welche Bedeutung dieser Bereich in Österreich für die Gesellschaft hat.

Dass all diese Öffnungsschritte jetzt möglich waren, ist nicht zuletzt auf die hervor­ragende Präventionsarbeit zurückzuführen, die über die gesamte Breite der Kulturland­schaft geleistet wird. Allen, die im Kunst- und Kulturbereich tätig sind, sind große Aner­kennung und großer Respekt für diese tolle Arbeit, diese Flexibilität und auch dafür zu zollen, dass sie nicht aufgeben, sondern vorwärts gewandt denken.

Die Schließungen, die bis 12. Dezember gültig waren, sowie die nach wie vor geltenden Einschränkungen sind aber weiterhin eine ökonomische Belastungsprobe für den Kultur­bereich. Als Staatssekretärin für Kunst und Kultur hat es für mich daher oberste Priorität, dass wir als Bundesregierung rasch und unbürokratisch mit einem Maßnahmenpaket gegensteuern und Hilfe bereitstellen. Dies wird einerseits durch die horizontal greifenden Hilfsmaßnahmen wie Kurzarbeit, Härtefallfonds, Ausfallsbonus und Verlustersatz ge­währleistet, die natürlich auch von Personen und Einrichtungen aus dem Kultursektor in Anspruch genommen werden können.

Wir haben aber auch wieder spezifisch für den Kulturbereich aufgesetzte Instrumente bereit­gestellt. Die Maßnahmen, die jetzt beschlossen werden, wurden von meinen Vor­rednern schon ausreichend vorgestellt, ich danke dafür; ich möchte daher nicht näher darauf eingehen. Ich danke auch für das Bekenntnis dazu, dass es wichtig ist, so zu handeln.

Weil vorhin gesagt wurde, man möge auch andere Maßnahmen verlängern und zum Beispiel Stipendien aufstocken, darf ich noch auf die Erhöhung des regulären Kunst- und Kulturbudgets abseits der Coronahilfsmaßnahmen hinweisen, da sind ganz, ganz viele Maßnahmen möglich.

Zum ersten Mal ist uns eine Erhöhung der Basisabgeltung für die Bundestheater und die Bundesmuseen gelungen; Sanierungen und Baumaßnahmen können vorgenommen werden. Zusätzlich gibt es 11 Millionen Euro für die freie Szene, die wir zu einem Großteil für Fair-Pay-Maßnahmen widmen werden. Natürlich bleiben auch alle Erhöhungen in der Kunstszene, die wir 2021 gesetzt haben, weiter bestehen, wie eben eine Erhöhung und Ausweitung der Stipendien, aber auch viele andere Maßnahmen mehr.

Auch ich habe die aktuellen Öffnungsschritte genutzt und diverse Kulturveranstaltungen quer durch die Genres besucht. Sehr geehrte Damen und Herren, ich darf eines sagen: Kunst und Kultur sind eine Bereicherung und eine Inspirationsquelle, sie gehören für uns Menschen zum Leben dazu. Man kommt aus einer Kulturinstitution – etwa beim Besuch einer Veranstaltung – anders heraus, als man hineingegangen ist, man bekommt Anre­gungen und kann sich vom Alltag lösen. Man kommt aus diesem Getriebe heraus, in dem wir sonst alle gefangen sind, und bekommt Neues für den Geist und die Seele.

Kunst und Kultur ermöglichen grundlegende Reflexion der Gegenwart, sie brechen mit Routinen der Wahrnehmung und bieten Impulse für neue Denkansätze. Kunst und Kultur sind elementar für jede demokratische Gesellschaft. Die Bundesregierung ist sich dieser Bedeutung der Kunst bewusst und stellt dieses Bewusstsein mit den gegenständlichen Hilfen abermals unter Beweis.

Abschließend darf ich Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, frohe Weihnachten und erholsame Feiertage wünschen. Ich freue mich auf die Weiterführung dieser besonders guten Zusammenarbeit im neuen Jahr. Alles Gute! – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

12.27

12.27.34



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Vizepräsident Günther Novak: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein!

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.28.0712. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschafts­dienst­gesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrpersonen-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesvertragslehrpersonengesetz und das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert werden (2. Dienstrechts-Novelle 2021) (2085/A und 1218 d.B. sowie 10802/BR d.B. und 10814/BR d.B.)


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. – Ich bitte um den Bericht.


12.28.25

Berichterstatter Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross: Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Vizekanzler! Ich darf den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienst­rechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechts­ge­setz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrpersonen-Dienstrechtsgesetz, das Lan­desvertragslehrpersonengesetz 1966, das Land- und forstwirtschaftliche Landesver­tragslehrpersonengesetz und das Bundes-Personalvertretungsgesetz geändert werden, zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stel­lung.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Dezember 2021 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Günther Novak: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Sebastian Kolland. Ich erteile ihm das Wort.


12.29.51

Bundesrat Sebastian Kolland (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit der vorliegenden Dienstrechts-Novelle werden die Gehälter im öffentlichen Dienst im Schnitt um 3 Prozent steigen. 3,22 Prozent sind es in den unteren Einkommensgruppen, 2,91 Prozent sind es in den oberen Gruppen. In Kraft tritt das Ganze dann ab 1.1.2022.

Es ist ein guter Abschluss, aber es ist vor allem ein ganz, ganz wichtiges Signal an all jene, die in den letzten zwei Jahren ganz maßgeblich dieses Land am Laufen gehalten haben. Ich denke da vor allem an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kranken­häusern, in den Spitälern, in den Pflegeeinrichtungen, wo in den letzten zwei Jahren Unglaubliches geleistet wurde und wo – man muss leider sagen – da oder dort bis an


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die Leistungsgrenze und manchmal auch darüber hinaus Arbeit notwendig war. Ich glaube, hier gilt es ein riesiges Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen auszusprechen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Ich denke aber auch an die Organe der Exekutive, an das Bundesheer, an die Polizei, die die schwierige Aufgabe haben, die Coronamaßnahmen, die wir hier beschließen, auch zu exekutieren und umzusetzen, und die diese Aufgabe mit großer Sorgfalt, aber vor allem auch mit sehr viel Fingerspitzengefühl absolvieren und ebenfalls hervorra­gende Arbeit leisten. Ich denke nur an den Bildungsbereich, an die Universitäten, an die Schulen, an die Kinderbetreuungseinrichtungen, die in den letzten zwei Jahren ja auch alles andere als einen normalen Betrieb aufrechterhalten mussten, die das aber ganz, ganz hervorragend organisieren und sich sehr, sehr gut um die Kinder und die Schülerinnen und Schüler kümmern.

Ich denke aber auch an die klassische Verwaltung auf Bundesebene, auf Landesebene, in den Bezirken und in den Gemeinden, die ebenfalls eine riesige Aufgabe zu bewältigen haben, beispielsweise das Contacttracing, wo immer auch sehr viele Bescheide aus­gestellt werden müssen, wo mit großer Sorgfalt gearbeitet wird und wo man eigentlich nie Beschwerden hört, sondern wo immer alle an einem Strang ziehen.

Ich denke deshalb, dass dieser gute Gehaltsabschluss absolut gerechtfertigt ist und dass er auch absolut wichtig ist, und zwar erstens, weil der Einsatz eben nicht nur Dank und Respekt verdient, sondern auch ein ordentliches Plus am Gehaltszettel braucht. Zweitens – das ist ebenfalls wichtig – steht der öffentliche Dienst natürlich auch in starker Konkurrenz zur Privatwirtschaft, wo wir glücklicherweise und mit vollem Recht auch gute Abschlüsse zu verzeichnen haben. Wir haben aber schon in den nächsten Jahren – das zeigen alle Zahlen – im Bereich des öffentlichen Dienstes eine große Pensionie­rungs­welle vor uns, und deshalb muss natürlich auch das Gehalt entsprechend attraktiv bleiben, damit sich die besten Köpfe auch zukünftig – und die brauchen wir in der Ver­waltung – für den öffentlichen Dienst entscheiden werden. Da braucht es eben nicht nur attraktive Rahmenbedingungen, sondern auch ein ordentliches Gehalt.

Deshalb gibt es volle Unterstützung für diese Novelle von meiner Fraktion, und ich hoffe auf eine breite Zustimmung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.33


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste ist Frau Bundesrätin Elisabeth Grimling zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.


12.33.26

Bundesrätin Elisabeth Grimling (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Die heute vorliegende 2. Dienstrechts-Novelle 2021 bringt Abänderungen von insgesamt neun einzelnen Bundesgesetzen, die entweder aus­schließlich oder auch nur mitumfassend Anpassungen und Ergänzungen zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes unserer Republik beinhalten.

Sie beinhaltet aber vor allem auch die Umsetzung des Gehaltsabschlusses, der jüngst mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst ausverhandelt wurde. Demnach steigen die Gehälter der öffentlich Bediensteten ab 1.1.2022 um durchschnittlich 3 Prozent an. Die Vielfältigkeit der unter dem Begriff öffentlicher Dienst zu verstehenden Behörden und sonstigen staatlichen Einrichtungen erklärt auch die Vielzahl der aktualisierten Rege­lungen, die in den betroffenen Gesetzen zum Ausdruck kommen.

Das öffentliche Augenmerk auf die Bewältigung der gegenwärtigen Krisenzeiten darf sich aber nicht nur auf die in den Medien immer wieder beschriebene Tätigkeit der


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Regierungsmitglieder und der politischen Mandatare richten. Der besondere Einsatz aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, zum Beispiel bei der Polizei, wie mein Vorredner schon gesagt hat, im Bereich der Landesverteidigung, in allen pädagogischen Bereichen, von der Elementarpädagogik über die Schule, die berufsbildenden Schulen und die Universitäten bis zu den Fachhochschulen, im Ge­sund­heitssystem ganz besonders, in der Justiz- und Finanzverwaltung, im Arbeitsmarkt­service – auch das dürfen wir nicht vergessen, ich erinnere an die effiziente Abwicklung vieler Anträge betreffend Kurzarbeit während der Pandemie – sowie in welcher Funktion immer, trägt zur Aufrechterhaltung einer geordneten, wenn auch vielfach einge­schränk­ten Lebensführung in unserem Land bei. Sie alle leisten einen wichtigen Beitrag für die Aufrechterhaltung des sozialen Friedens und das Funktionieren des Rechtsstaates. Das erleben wir alle täglich und können dafür nur unsere Dankbarkeit und Anerkennung aussprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

Darüber hinaus enthält die 2. Dienstrechts-Novelle 2021 eine Reihe von redaktionellen Anpassungen sowie Erweiterungen befristeter Maßnahmen. So können öffentlich Be­dienstete, die der Covid-19-Risikogruppe angehören, im Bedarfsfall bis Ende Juni 2022 freigestellt werden. Umfasst sind von den Regelungen neben Bundesbediensteten auch Lehrinnen und Lehrer im Landesdienst beziehungsweise an land- und forstwirtschaft­lichen Schulen.

Im Hinblick auf die inhaltliche Bedeutung und ihre im Wesentlichen sinnvollen Auswir­kungen wird meine Fraktion dem vorliegenden Entwurf der 2. Dienstrechts-Novelle 2021 zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.37


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.


12.37.55

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bild­schirmen! So wie jedes Jahr meist um diese Zeit steht eine Diskussion um das Beam­tendienstrecht an – trotzdem muss ich kritisieren, dass wieder alles sehr kurzfristig gekommen ist. Das ist irgendwie schon ein Markenzeichen von Schwarz-Grün, aller­dings ein sehr negatives.

Wenn wir eines gesehen haben, dann, dass die Beamten – und da meine ich jetzt alle öffentlich Bediensteten – immer wieder Hervorragendes leisten, egal wie schwierig sich die Situation auch darstellt. Trotzdem gibt es, egal wo man im öffentlichen Dienst hin­schaut, Baustellen, quasi never-ending Baustellen, wenn man das so sagen will. Woran liegt das? – Das liegt daran, dass man im Bereich des öffentlichen Dienstes einerseits seit 25 Jahren ein Zu-Tode-Sparen betreibt und andererseits die Arbeit gleichzeitig immer mehr wird. Dieses Zu-Tode-Sparen ist ausschließlich der Politik in Österreich ge­schuldet, allen voran natürlich ÖVP und auch SPÖ, die den Großteil der Zeit die Regie­rungsverantwortung hatten. (Beifall bei der FPÖ.)

Was ich selbst in meiner Zeit im öffentlichen Dienst auch immer wieder gesehen habe und was mir auch jetzt Kollegen immer wieder erzählen, ist, dass in allen Bereichen die Häuptlinge immer mehr werden und die Indianer immer weniger. Was meine ich damit? – Jene, die die Arbeit ausführen, egal in welchem Bereich, Gesundheit, Sicherheit, Bil­dung, Bürgerservice und so weiter, werden immer weniger, müssen aber gleichzeitig mehr leisten, mehr Arbeit, neue Aufgabengebiete, zusätzliche Belastungen, zusätzliche Bürokratie und zusätzliche Verantwortung, haben aber dafür weder mehr Zeit noch mehr Personal. Das ist diese never-ending Baustelle, die ich meine, und diese Baustelle wird


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meines Erachtens immer größer statt kleiner. Darum ist auch diese Dienstrechtsreform meiner Meinung wieder eine ausgelassene Chance für notwendige Verbesserungen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Regierung klopft sich wegen der Lohnerhöhung – zwischen 2,91 und 3,22 Prozent – auf die Schulter, Vizekanzler Kogler wird sagen, das deckt die Inflation ab. – Ja, Herr Vizekanzler, Sie wissen, wie das ist, die Inflation ist immer abhängig davon, was wir in den Warenkorb hineingeben. Schon für 2021 hat es da geheißen, es seien mehr als 4 Prozent, manche Berechnungen haben sogar über 7 Prozent ergeben; aber – und das gestehe ich Ihnen zu – das ist ein Ergebnis, das annehmbar ist. Ich glaube, dass auch viele im öffentlichen Dienst mit dieser Erhöhung zufrieden sein werden. Genau deshalb werden wir gegen diese Novelle, sofern man das als Novelle bezeichnen kann, keinen Einspruch erheben.

Ich habe es hier schon einmal gesagt, und ich wiederhole es sehr gerne: Unsere öffent­lich Bediensteten sind die Säulen des Staates – nach bestem Wissen und Gewissen –, denn ohne sie könnte ein Staat nicht funktionieren, ohne die öffentlich Bediensteten würde unsere Sitzung heute hier nicht funktionieren. Darum nutze ich jetzt die Gele­genheit, allen öffentlich Bediensteten, egal ob Bund, Land oder Kommune, ein großes Danke auszusprechen: Danke für Ihren Einsatz, Danke für Ihr Pflichtbewusstsein und Danke für Ihre großartige Arbeit! (Beifall bei der FPÖ.)

12.41


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. Ich erteile ihm das Wort.


12.42.12

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross (Grüne, Vorarlberg): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Vizekanzler! Die vorliegende Dienstrechts-Novelle bringt im Gegensatz zur letzten Novelle inhaltlich wenige Änderungen. Im Zentrum steht, wir haben es gehört, der erfreuliche Lohnabschluss für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst mit 3,22 Prozent für die niedrigeren Einkommen, das ist sehr schön.

Wenn man jetzt sieht, wie sich Inflationsraten entwickeln, ist dabei wichtig zu beachten, dass für den Lohnabschluss das vergangene Jahr heranzuziehen ist, das heißt vom dritten Quartal 2020 bis ins Herbstquartal 2021, und da lag die Inflation bei knapp über 2 Prozent. Man sieht also, das ist schon ein sehr schöner Abschluss. Das kann man auch leicht verifizieren, wenn man zum Beispiel auf die Homepage der Gewerkschaft geht. Das habe ich gemacht. Da findet man Grafiken aus vielen Jahren über das Verhältnis Inflation zu Abschlüssen, und da sieht man, dass man sehr, sehr weit zurückgehen muss, um so einen guten Abschluss zu finden.

Schön und erfreulich ist natürlich auch, dass der Abschluss gemeinsam mit den Ge­werkschaften erfolgt ist, und ich finde es auch ein wichtiges Zeichen, dass der Vize­kanzler selber als Arbeitgebervertreter die Verhandlungen geführt hat und auch immer dabei war. Das ist ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung. Ich glaube auch, es ist wichtig, dass sich gerade der Bund in Gehaltsfragen als fairer Arbeitgeber erweist. Er hat ja sehr große Vorbildwirkung, gerade jetzt in besonders schwierigen Zeiten, in denen viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter extrem gefordert sind. Viele, viele Menschen stehen dahinter, vieles haben wir schon gehört: Pflegepersonal und Reinigungskräfte zum Beispiel, die im Übrigen völlig zu Recht einen Sonderbonus von 500 Euro, der im Juli beschlossen wurde, erhalten werden; LehrerInnen, KindergärtnerInnen, die es wirklich nicht leicht hatten; viele Gemeindeangestellte; viele MitarbeiterInnen in den Ministerien, die in der Bewältigung der Coronakrise extrem gefordert waren und sind; MitarbeiterInnen im AMS beispielsweise, die in den letzten Jahren sehr, sehr viel zu tun


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hatten; bis hin zu den Leuten in der Parlamentsdirektion. Daher möchte ich die Gelegen-heit nutzen, mich für die exzellente Unterstützung auch in diesem Jahr zu bedanken. Es sind also viele, viele, die immer schon und gerade jetzt in dieser Krise Großartiges leisten, viele MitarbeiterInnen, die hohen Belastungen ausgesetzt sind.

Über 700 000 Menschen sind in diesem Sektor vereint, also wirklich ein sehr großes Segment mit einer hohen Relevanz, auch für die Volkswirtschaft, 700 000 Menschen, die für das Funktionieren des Staates essenziell sind. Ihnen gebührt heute ein großer Dank. Diese Gehaltsanpassung haben sie sich verdient. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

12.45


Vizepräsident Günther Novak: Abschließend zu Wort gemeldet hat sich Herr Vize­kanzler Mag. Werner Kogler. Ich erteile ihm dieses.


12.45.32

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Herr Präsident! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Ein dreifaches Danke im Voraus: erstens für die sehr konstruktiven Beiträge und sachlichen Argumente von allen Rednerinnen und Rednern; zweitens dafür, dass in diesen Beiträgen nicht nur die klassische Wertschätzung herausgekommen ist, sondern auch, dass das Wesen des öffentlichen Dienstes, gerade in diesen Zeiten, aus meiner Sicht sehr treffend eingeordnet wurde, und drittens möchte ich mich selber dem Dank anschließen; das soll man tatsächlich bei keiner dieser öffentlichen und wahrnehmbaren Gelegenheiten auslassen.

Das Funktionieren des Staates war in diesen schwierigen Zeiten – und sie bleiben im Übrigen schwierig, wir wissen, was sich noch alles auftun könnte – zumindest gewähr­leistet. Da oder dort gab es kleinere Fehler, Versäumnisse, mag sein, aber im Großen und Ganzen funktioniert die Republik Österreich sehr, sehr gut, und damit eben auch das Gemeinwesen an sich. Ich will gar nicht von Staatstheorien reden, aber das Gemein­wesen funktioniert, mit allen Schwierigkeiten, und das ist nicht selbstverständlich.

Deshalb geht der Dank auch an ganz viele Berufsgruppen. Wir werden bei der Auf­zählung immer irgendjemanden vergessen, deshalb ist eine solche riskant. Ich nehme dieses Risiko so wie einige Vorrednerinnen und Vorredner auch auf mich, und möchte mich bei den Polizistinnen und Polizisten bedanken, bei den Lehrkräften, bei den Kinder­gartenpädagoginnen, beim Bundesheer, aber auch bei denen, die oft nicht so gesehen werden, etwa den Bediensteten in der Finanz – sie wurden angesprochen –, und erst recht bei jenen im AMS. Ich weiß genau, wie das im April des Vorjahres mit der ersten großen Welle der Kurzarbeit war, was dort für ein Stress geherrscht hat, von allen Mitarbeitern bis zur Spitze und wieder retour, und niemand – nicht einmal die damals dort zuständige Ministerin – hat geglaubt, dass es so gut gelingen wird, also Hut ab! Dank gilt auch anderen vergleichbaren Organisationen, etwa dem AWS – anderes Kürzel, fast wie ein Reim.

Ich habe mir selber ein Bild machen dürfen, ich war dort. Ich kann nur empfehlen, das AWS zu besuchen, das diesen Non-Profit-Fonds abwickelt, der für vieles europaweit Vorbild ist – wenn man die Partie nicht zu lang aufhält, denn die müssen ja nach wie vor viel arbeiten. Diese Organisation wurde heute erwähnt, ich durfte das ja mitanhören, und was dort geleistet wird und wie viele Leute dort in welcher Geschwindigkeit eingeschult werden, das muss man erst einmal zusammenbringen.

Auch wenn es da oder dort Probleme gibt – no na net, und ich bin der Letzte, der darüber nicht redet, wir haben auch die Möglichkeit, beim öffentlichen Dienst diesbezüglich etwas einzumelden, wenn es irgendwo einmal wirklich ein Problem gibt –, funktioniert der Laden


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grosso modo (Zwischenruf bei der SPÖ), und zwar anständig. Man kann sich das an einzelnen Stellen anschauen, und viele Dispute, die wir hier haben, sind dann möglicher­weise politischer Natur.

Ich verstehe schon, man kann kritisieren, wie die Cofag konstruiert ist, und was und wie – das darf man ja, natürlich, selbstverständlich, ist ja auch die Aufgabe des Dis­kurses in beiden Kammern des Parlaments –, nur diejenigen, die im Finanzministerium oder mithin in der Cofag arbeiten, die machen das dann schon ganz, ganz gut. (Bun­desrat Steiner: Na, der Schmid vielleicht nicht so, oder?) – Na der ist ja, glaube ich, in der Pandemiebekämpfung nicht an der vordersten Front, der bekämpft, glaube, ich ge­rade andere Dinge. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ sowie der Bundesrätin Schumann.) – Das wollte ich jetzt nicht erheischen.

Dann möchte ich noch der Justiz als solcher danken, auch sie wurde genannt, und letztendlich und allen voran natürlich dem Pflegepersonal, und zwar in den Pflege­heimen, in den Krankenhäusern, aber auch in der mobilen Pflege, und den Ärztinnen und Ärzten. Ich sage es gerne, und, ja, wir sagen es uns öfter, aber es kann in diesem Sinn nicht oft genug gesagt werden, zumindest wenn es aufrichtig gemeint ist – und es tut nichts zur Sache, dass wir hier in vielen Bereichen, was all diese Felder betrifft, wo diese Menschen arbeiten, des Öfteren auch unterschiedlicher Meinung sind –: In diesem Punkt dürfen wir uns, glaube ich, einig sein. Ich habe das als sehr, sehr ehrlich empfunden. Das wollte ich noch einmal zum Ausdruck bringen.

Es gab dann aber ein paar interessante Einwürfe, die ich nicht übergehen will. Zur Frage des Zu-Tode-Sparens von Bundesrat Spanring: Das ist, glaube ich, ein bisschen zugespitzt ausgedrückt; ich würde es jetzt nicht erkennen. Sie haben selber die längere Geschichte angesprochen. Ich will das auch gar nicht werten. Vielleicht war es manch­mal in früheren Zeiten auch sinnvoll, nur jeden zweiten oder dritten Posten nachzu­besetzen. Wenn man die Regierungsübereinkünfte von Türkis/Schwarz und Grün (Hei­terkeit bei BundesrätInnen der FPÖ), die ja schriftlich nachlesbar sind, betrachtet, dann sieht man, dass dort für diese Legislaturperiode drinnen steht, dass wir vereinbart haben, die Planstellenreduktionen eben nicht vorzunehmen und die Nachbesetzungen voll durchzuziehen, im Wissen dessen, was auch Bundesrat Kolland gesagt hat: dass wir nämlich auch hinsichtlich dieser Pensionierungswelle, muss man fast sagen, die dazu­kommt, entsprechend aufgestellt sind, sodass man auch den Wissenstransfer organi­sieren kann. Das ist alles andere als nur leicht.

Sie haben auch noch – und da switche ich jetzt in einen anderen Zusammenhang – gesagt, dass man im öffentlichen Dienst auch von der Bezahlung her so attraktiv sein muss, dass man mit der Privatwirtschaft mithalten kann, nämlich genau aus dem Grund, dass da eine ganz schöne Konkurrenz entsteht. In vielen Bereichen – es ist so; das führt jetzt zu weit – gibt es de facto einen Arbeitskräftemangel. Der schwappt aber, was bestimmte Qualifikationen betrifft, durchaus auch bis zum öffentlichen Dienst herüber. Wenn man den Anspruch hat, qualifizierte Leute zu kriegen, kann man – ja, das war dann der Punkt – mit der Bezahlung nicht ewig hinterherhinken und immer niedriger abschließen.

Es wurde auch – ebenfalls von Bundesrat Spanring, glaube ich – der Begriff der Inflation angeführt. – Das ist völlig richtig. Das Schema ist nur so – damit höre ich dann eh auf; ich sage das nur, damit Sie wissen, wie diese Verhandlungen immer funktionieren –: Zunächst wird die Inflationsrate, die gilt, außer Streit gestellt, allerdings eine unterjährige, also immer genau jene von zwölf Monaten davor. Da ist also der Herbst noch nicht ganz drinnen. (Bundesrätin Schumann: Bis September!) So beginnen diese Verhandlungen wie woanders auch. Diese Rate wäre heuer bei 2,1 Prozent gestanden. Im Vergleich dazu ist es deutlich mehr – das ist schon klar –, aber das ist eben genau aus dem Grund


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gekommen, dass wir uns auch ein bisschen an den privaten Abschlüssen orientiert haben.

Umgekehrt ist es natürlich nächstes Jahr mit den hohen Inflationsraten, die da eingepreist werden – auch pro Monat; die kann man ja vorausberechnen –, so, dass es dann von vornherein ein höheres Startniveau gibt. In Wahrheit ist die Gehaltserhöhung ja dann immer die Differenz dazu.

Im letzten Jahr war es ja auch so, dass alle genau die Inflationsrate genommen haben – die war ja sehr niedrig –, beginnend mit den Metallern, und da haben sich alle angeschlossen. Wir haben beim öffentlichen Dienst auch nicht lange verhandelt, weil es eben eine schwierige Situation war.

Jetzt ist die Situation schon so lange schwierig, dass man auch wieder – wie die Gewerkschaft das zu Recht gemacht hat – auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schaut und da oder dort natürlich über der Inflation abschließt, und ja: Gerade in dieser Situation – obwohl die Inflationsberechnung da immer ein bisschen durch­einander­ku­gelt; ich habe vorhin erwähnt, wie das hergeleitet wird – war es sehr vernünftig, darüber zu gehen.

Was werden wir am Schluss haben? – Voriges Jahr haben wir eh quasi eine infla­tionsmäßige Nulllohnrunde gehabt. Heuer hätten wir – so betrachtet; wenn man immer die zugrunde gelegte Inflation nimmt – ein Plus. Wir werden sehen, wie es nächstes Jahr ausgeht. Da wird die Lohnerhöhung von vornherein höher sein, weil ja die höhere Infla­tionsrate eingepreist ist.

Wir gehen von Prognosen aus, die sagen: In diesen Monaten, bis ins erste Quartal des nächsten Jahres hinein, ist die Inflation irgendwo bei 4 Prozent, nicht ganz bei 5 Pro­zent – das ist hoch wie nie, wie es voriges Jahr fast ein Tief wie nie war, muss man sagen –, dann geht sie gegen Jahresende auf irgendetwas zwischen 2,5 Prozent und 3 Prozent hinunter. Da gehen die Schätzungen auseinander.

Dieses Jahresende wird diese Lohnverhandlungen dann gar nicht mehr tangieren. Es wird ausschlaggebend sein, was bis September, Oktober passiert. Deshalb können wir jetzt schon davon ausgehen, dass dieser Abschluss dann höher ist, allein deshalb, um die dann eruierte und außer Streit zu stellende Inflation abzugelten. Das ist also das Schema.

In Wahrheit geht es natürlich immer um die Differenz. Ja, es ist genau so, wie es Bundesrat Kolland gesagt hat: Wir dürfen die Privatwirtschaft nicht aus dem Auge verlieren, weil wir ja wollen, dass der öffentliche Dienst mithalten kann. Da führt eine einzige, starre Regel nicht zum Ziel. Das war auch unsere Verantwortung als Arbeit­geber. Gleichzeitig kriegen wir immer den Zuruf, wir müssen auf das Steuergeld schauen. – Das haben wir eh getan. Manche, vielleicht auch in den Bundesländern, wollten nur 2 Pro­zent, 2,5 Prozent vereinbaren. Ich sage, es passt genau, wie wir uns da getroffen haben, und möchte mich noch bei der Gewerkschaft für das außerordentlich konstruktive Ver­hand­lungsklima bedanken. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

12.55

12.55.27


Vizepräsident Günther Novak: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie die Plätze ein!

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


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12.56.1413. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EU) 2020/1503 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 (Schwarmfinanzierung-Vollzugsgesetz) erlassen und das Kapitalmarkt­gesetz 2019, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehör­dengesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden (1165 d.B. und 1181 d.B. sowie 10829/BR d.B.)

14. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung des Fiskalrates neu erlassen und ein Produktivitätsrat eingerichtet wird (Fiskalrat- und Produktivitätsratgesetz 2021 – FPRG 2021) (1166 d.B. und 1182 d.B. sowie 10830/BR d.B.)


Vizepräsident Günther Novak: Wir kommen nun zu den nächsten Tagesordnungs­punkten.

Ich bitte den Berichterstatter um die Berichte.

12.56.33


Berichterstatter Otto Auer: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste hier und zu Hause! Ich bringe den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verord­nung (EU) 2020/1503 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Ände­rung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 erlassen und das Kapitalmarktgesetz 2019, das Alternativfinanzierungsgesetz, das Finanzmarkt­auf­sichtsbehördengesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden.

Die Unterlagen dazu haben Sie erhalten, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den An­trag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erhe­ben.

Ich bringe weiters den Bericht des Finanzausschusses über den Beschluss des Natio­nalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über die Errichtung des Fiskalrates neu erlassen und ein Produktivitätsrat einge­richtet wird.

Die Unterlagen dazu haben Sie erhalten, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsident Günther Novak: Danke, Herr Bundesrat Auer, für die Berichterstattung.

Ich unterbreche jetzt, um 13 Uhr, die Verhandlungen zur Tagesordnung.

12.58.36Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers
gemäß § 37 Abs. 4 GO-BR


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen zur Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 37 Abs. 4 GO-BR anlässlich des Amtsantrittes des Bun­des­kanz­lers und der Ernennung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung,


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des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten, des Bundes­ministers für Finanzen, des Bundesministers für Inneres und der Staatssekretärin im Bundeskanzleramt.

Bevor ich dem Herrn Bundeskanzler und dem Herrn Vizekanzler das Wort erteile, gebe ich bekannt, dass mir ein schriftliches Verlangen von fünf Bundesräten im Sinne des § 37 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Bundesrates vorliegt, im Anschluss an die vom Herrn Bundeskanzler und vom Herrn Vizekanzler abgegebenen Erklärungen eine De­batte durchzuführen.

Da dieses Verlangen genügend unterstützt ist, werde ich ihm ohne Weiteres stattgeben.

Der Herr Bundeskanzler ist noch nicht da. Ich unterbreche die Sitzung, bis der Herr Bundeskanzler eintrifft.

13.00.17*****

(Die Sitzung wird um 13 Uhr unterbrochen und um 13.02 Uhr wieder aufgenommen.)

13.02.39*****


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs (den Vorsitz übernehmend): Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Ich begrüße den Herrn Bundeskanzler. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Weiters begrüße ich den Herrn Vizekanzler und alle weiteren anwesenden Mitglieder der Bundesregierung recht herzlich bei uns im Bundesrat. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich erteile nun dem Herrn Bundeskanzler zur Abgabe einer Erklärung das Wort.


13.03.15

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Regierungs­kolle­gin­nen und ‑kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Österreicherinnen und Österreicher und Menschen, die in Österreich leben! Es ist für mich tatsächlich eine große Ehre und ein Privileg, heute vor Ihnen als Bundeskanzler der Republik Österreich sprechen zu dürfen. Ich habe bereits meine Erklärung im Nationalrat abgeben dürfen und da schon versucht, Linien zu skizzieren, die die Regierungsarbeit, aber natürlich auch die neuen Regierungskolleginnen und ‑kollegen – Staatssekretärin, Minister – be­treffen. Das werde ich auch heute kurz tun, aber dann schon aktuell auf das eingehen, was sich alles ereignet hat.

Bevor ich das tue – das habe ich im Nationalrat noch etwas ausführlicher getan, aber das werden ja auch viele von Ihnen mitverfolgt haben –, möchte ich noch allen ein großes Danke sagen, die dazu beigetragen haben, dass der Übergang innerhalb der Regierung so gut gelaufen ist, dass wir eine sehr vertrauensvolle und wertschätzende Übergabe hatten.

Das erste Danke gehört dem Bundespräsidenten. Der Bundespräsident hat die Über­gabe und auch die Gespräche, die dann in weiterer Folge stattgefunden haben, auf der einen Seite sehr vertrauensvoll, aber auch sehr zügig durchgeführt, damit in dieser Zeit keine zu lange Lücke entsteht. Auf der anderen Seite gilt mein Dank natürlich auch Alexander Schallenberg, der als Außenminister nach wie vor in meinem Regierungsteam ist, und Sebastian Kurz für all das, was er in seiner Zeit als Bundeskanzler für dieses Land erreicht und getan hat.

Ich freue mich heute besonders, weil auch meine neuen Kolleginnen und Kollegen in der Regierung an meiner Seite sitzen. Bevor ich sie dem Hohen Bundesrat ein bisschen


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näher vorstelle, möchte ich auch noch dem Vizekanzler als Koalitionspartner Danke sagen, der in dieser auch sehr fordernden Zeit von vornherein vertrauensvoll in der Zu-sammenarbeit und in der Gesprächsführung war. Wir haben sehr rasch mit Klubobmann Gust Wöginger, mit Klubobfrau Sigi Maurer und mit dem Vizekanzler ein gutes Miteinander gefunden, um die Regierung auch rasch wieder ins Arbeiten zu bringen.

Ich freue mich, dass ich mit Finanzminister Magnus Brunner einen guten und vor allem starken Finanzminister finden konnte (Bundesminister Brunner begibt sich zur Regie­rungsbank – Heiterkeit bei ÖVP und Grünen), der auf das Stichwort erscheint und davor noch die Finanzen der Republik gehütet hat – ein schwieriges Unterfangen derzeit, ge­rade auch in der Krisenbewältigung. – Lieber Magnus, ich bin froh, dass du an meiner Seite bist, dass gerade du dich diesem fordernden Thema widmest!

Ich bin aber auch Gernot Blümel dankbar, der als Finanzminister in einer wirklich schwie­rigen Zeit in der Republik viel dazu beigetragen hat, dass wir ein Wirtschaftswachstum von 4 Prozent haben, dass wir in der Arbeitslosenrate auf dem Vorkrisenniveau sind und dass er laut Wirtschaftsprognose für nächstes Jahr – wir werden sehen, was Omikron uns sozusagen noch an Ungemach bringt – da hervorragende Arbeit geleistet hat. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

Ich freue mich, dass ich für das schwierige und sehr fordernde, aber auch für uns hier alle gemeinsam so wichtige Thema Bildung und Wissenschaft Martin Polaschek ge­winnen konnte. – Lieber Martin, ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit! Es kommen große Aufgaben auf uns zu. Es geht darum, die Kinder in den Mittelpunkt unserer Arbeit zu stellen, die Kinder, die in dieser Pandemie so gelitten haben und noch weiter leiden, die durch Lockdowns und Co auch Defizite erleiden mussten, was den Bildungsfortschritt betrifft. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, da Lösungen und Antworten vor allem für die Eltern zu finden. Sowohl die Eltern als auch die Kinder waren aus meiner Sicht in der Pandemie ganz große Heldinnen und Helden. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundes­rätInnen der Grünen.)

Ich bin froh, dass ich für das Innenministerium Gerhard Karner gewinnen konnte. Ger­hard Karner ist ein Politprofi. Wir kennen einander lange. Ich schätze Gerhard Karner sehr für seine Klarheit in der Amtsführung und für sein stark ausgeprägtes Grundrechts- und Verfassungsverständnis, was ja als Innenminister zentral ist, da das Innenressort eines der sensibelsten Ressorts ist, wenn es um die Frage der inneren Sicherheit geht, die für uns alle, die hier im Saal sitzen, gleich wichtig und bedeutend ist. – Lieber Gerhard, auch dir ein Danke dafür, dass du gerade bei so schwierigen Herausfor­derun­gen wie Sicherheit, Migration und Terrorismusbekämpfung an meiner Seite stehst! Herz­lich willkommen in meinem Team! (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

Ich habe das Privileg, als Bundeskanzler jetzt eine Staatssekretärin – Claudia Plakolm – mit einem aus meiner Sicht ganz zentralen Thema an meiner Seite zu haben. Ich habe schon über die Kinder und die Familien gesprochen, und natürlich darf man Familien nicht isoliert betrachten. Es gibt eben da auch ganz viele Jugendliche, die in dieser Zeit der Pandemie gelitten haben. Wir erleben das ja eh alle gemeinsam – jeder in seiner Aufgabe: als Bundesräte im Bundesrat, wir als Regierung, Abgeordnete –, dass das Virus alles dominiert: all die Arbeit, die sonst noch geleistet wird, all das, was für die Gesellschaft so wichtig ist, weiter voranzubringen. Ich bin froh, dass die Jugend da die starke Stimme einer Politikerin hat, die sich schon sehr lange mit den Anliegen der Jugend auseinandersetzt, die auch tatsächlich schon als deren Vertreterin gearbeitet hat. – Liebe Claudia, ich freue mich als Bundeskanzler, dass du an meiner Seite bist, aber vor allem auch, dass du dich als Staatssekretärin für dieses wichtige Thema enga­gierst! (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)


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Mir ist als Bundeskanzler besonders wichtig, zu betonen, was wir ja alle auch spüren und erleben, nämlich dass wir in einer besonders fordernden Zeit sind – einer Zeit, die die Menschen über das normale Maß hinaus belastet. Wir sehen es auch an den Demonstrationen, wir sehen es an dem, dass wir plötzlich Diskussionen über eine Spal­tung der Gesellschaft haben. Aus meiner Sicht ist das Wichtigste an meiner Arbeit jetzt und vorrangig, dass uns klar wird, dass es einen gemeinsamen Feind für uns alle, die wir hier in diesem Raum sitzen, gibt. Auch wenn wir vielleicht für das Thema an sich unterschiedliche Lösungen haben, sind nicht wir, die hier sitzen, einander sozusagen Feind, und schon gar nicht die Menschen, die in Österreich leben – es gibt nicht die Geimpften gegen die Ungeimpften –, sondern es gilt: Wir alle gegen das Coronavirus! (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Das müssen wir aus meiner Sicht immer wieder auch in unserer Politik leben und zeigen – und es ist auch mein Versprechen an Sie, dass ich das tun werde.

Daher war es mir ein Anliegen, unmittelbar nachdem ich vom Bundespräsidenten ange­lobt worden bin, das Gespräch mit den Oppositionsparteien zu suchen. Ich habe Pamela Rendi-Wagner getroffen, genauso wie Beate Meinl-Reisinger, habe auch aus meiner Sicht gute und vertrauensvolle Gespräche geführt und werde diesen Kontakt weiter aufrechterhalten. Ich habe beide auch über das Thema Gecko informiert, auf das ich noch zu sprechen komme – da geht es um das Thema Covid-Krisenkoordination –, und ich möchte diese Transparenz in der Gesprächskultur auch weiter aufrechterhalten, weil ich es als notwendig erachte, wenn man in so einer außergewöhnlichen Krise steckt wie wir derzeit, das Bestmögliche zu tun und gemeinsam dagegen zu kämpfen.

Ich habe auch mit Herbert Kickl ein vertrauliches Gespräch geführt. Klar ist, wir vertreten da ganz konträre Positionen; aber für mich ist auch klar, dass das Gespräch und der Dialog auch in einer schwierigen Situation wie der derzeitigen immer im Vordergrund stehen müssen. Auch er wurde von den Maßnahmen betreffend Gecko im Vorfeld informiert, weil mir auch da wichtig ist, dass diesbezüglich Transparenz gilt.

Ich habe Gecko nun schon mehrfach erwähnt. Was steht hinter diesem Begriff? –Hinter dem Begriff verbirgt sich das gesamtstaatliche Covid-Krisenkoordinationsmanagement. Was wollen wir? Wir verfügen über sehr viele Expertinnen- und Expertengremien mit herausragenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und mehrere Krisenstäbe, die alle herausragende Arbeit leisten – und gleichzeitig zeigt sich durch die Dauer der Pandemie und vor allem durch die permanente Flexibilität des Virus, dass wir auch künftig mit Mutationen, Varianten, wie auch immer, zu rechnen haben, dass es not­wendig ist, die gesamte Expertise in diesem Expertinnen- und Expertenstab zusam­men­zuführen und folglich auch in der Kommunikation mit der Regierung und den Ländern eine klare Struktur zu haben.

Das heißt, wir haben inzwischen eine aus meiner Sicht neue Form der Kommunikation der Expertinnen und Experten untereinander gefunden, die in den neuen Managerinnen und Managern dieser Krisenkoordination mündet. Das ist auf der einen Seite für das Operative Generalmajor Rudolf Striedinger und auf der anderen Seite für die gesamten medizinischen Aspekte Dr. Katharina Reich. Auch heute hat es diesbezüglich schon wieder ein operatives Treffen gegeben, um dieses Zusammenwirken rasch in eine gute operative Form zu bringen. Es gab vertrauensvolle Gespräche. Ich bin beiden sehr dankbar, dass sie sich dieser Herausforderung stellen. Das ist in Zeiten wie diesen eine alles andere als leichte Aufgabe, aber für uns als Bundesregierung ist es tatsächlich ein Gewinn.

Nun, sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates, richte ich auch an Sie ein klares Wort: Ich habe großen Respekt vor Ihrer Tätigkeit. Ich durfte Abgeordneter im Nationalrat sein und ich habe davor in meiner Zeit in der Landespolitik und in der Kommunalpolitik viel Erfahrung sammeln dürfen. Die Stimmen der Länder, wenn es um bundespolitische


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Fragen geht, nämlich dann, wenn Länderinteressen betroffen sind, sind aus meiner Sicht von einem unschätzbaren Wert. Ihre Expertise ist genauso notwendig wie die derjenigen, die über Wahlkreise und Bundeslisten in den Nationalrat gewählt werden. Sie werden von den Landtagen, von den Ländern hierher entsandt, um die Stimme Ihrer Bundes­länder zu sein. Ich biete Ihnen von meiner Seite aus klar die Zusammenarbeit, die Wertschätzung und den Respekt an, weil ich aus meiner Sicht das föderale System der Republik Österreich schätzen gelernt habe. Ich weiß, dass es da immer Heraus­forde­rungen gibt, gerade bei einer Pandemiebekämpfung; aber ich habe auch gelernt, dass man, wenn man klar und offen miteinander kommuniziert, auch in der Lage ist, tat­sächlich Probleme zu lösen.

Das Virus kennt keine Grenzen. Es kennt keine Parteigrenzen, es kennt keine Landes- und keine Staatsgrenzen. Das ist das, was uns alle in Europa antreibt. Ich durfte nun als Bundeskanzler bereits im EU-Rat Österreichs Interessen vertreten und habe da die Zeit genützt, einerseits mit den führenden Regierungschefs der Europäischen Union, aber andererseits vor allem mit der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu reden. Die Kommissionspräsidentin hat, was für uns ein Vorteil ist, eine hohe Affinität zu Österreich, weil sie auf der einen Seite auch familiäre Wurzeln hierzulande hat, aber auf der anderen Seite tatsächlich eine Frau ist, die das Geschehen und das, was mit Europa passiert, klar im Blick hat. Es gibt auch tatsächlich, finde ich – und ich bin ein überzeugter Europäer –, viel Gutes zu berichten, auch wenn es natürlich, wie wir alle wissen, auch aufseiten der Europäischen Union am Anfang schwierig war, wenn es um das Corona­krisenmanagement gegangen ist.

Wenn wir allerdings daran denken, dass wir vor einem Jahr null Produktionskapazitäten für Coronavirusimpfstoffe gehabt haben und mittlerweile bei 300 Millionen Dosen im Monat liegen, was nur in einem Jahr erreicht wurde, dann sieht man, was das eigentlich an Zusammenarbeit, an Kooperation und an Durchsetzungskraft bedeutet. Warum ist das strategisch so wichtig für die Europäische Union? – Weil bei 300 Millionen Impf­dosen im Monat sichergestellt ist, dass wir auch in der Lage sein werden – und da führt die Europäische Union –, in der Frage der Entwicklungszusammenarbeit andere Länder zu unterstützen. Schließlich wird es für uns von strategischem Interesse sein, Länder, die zu wenig Impfstoff haben, mit Impfstoff zu versorgen.

Wir sehen es derzeit durch diese Südafrikavariante. Diese ist nicht an sich ein Spezi­fikum Südafrikas, sondern sie ist ein Ausdruck dessen, wie schwierig die Situation im Gesundheitssystem dort oft ist und wie wir aufpassen müssen, wo Virusmutationen möglich sind, weil die Durchimpfungsrate zu niedrig ist. Wenn noch dazu zu wenig Impfstoff vorhanden ist, so ist das ein teuflischer Kreislauf, den die Europäische Union nun durch ihre Schaffenskraft durchbrechen kann, ohne die Interessen der eigenen Länder zu vernachlässigen. Das ist auch wichtig.

Wir sehen, dass Omikron eine Belastung sein wird. Die Welle kommt bestimmt – es ist nur mehr die Frage, wann. Entscheidend wird sein, wie wir darauf vorbereitet sind und wie hoch die Durchimpfungsrate auch im Bereich der Drittstiche ist. Was wir aber auch schon haben, ist die Zusage der Kommission, dass sie mit den wichtigen Pharma­produ­zenten, Biontech/Pfizer und Moderna, gesprochen hat, dass Variantenimpfstoffe bereits Anfang des zweiten Quartals zur Verfügung stehen und die Union uns zusagt, dass die Impfstoffe, die abgerufen worden sind, wenn es noch ältere sind, auch sofort getauscht werden können. Das heißt, die Quantität wird nicht das Problem sein und für die Qualität wird gesorgt.

Wir haben beim EU-Rat auch die Gültigkeit des grünen Passes besprochen. Auch das ist ein wichtiges Thema für Österreich. Der grüne Pass ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiges Instrument, um die Reisefreiheit innerhalb der Europäischen Union auch weiter zu gewährleisten. Auch diesbezüglich hat die Kommission einen guten Vorschlag gemacht,


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der von den Regierungschefs positiv aufgenommen worden ist: die sogenannte Sechs-plus-drei-Variante, also insgesamt 9 Monate Gültigkeit, aber bereits nach dem sechsten Monat beginnt eine 3-Monate-Frist zu laufen, nach deren Ablauf der grüne Pass ungültig wird. Das ist aus europäischer Sicht ein guter Mindeststandard, aber auch da ist es zulässig, dass Nationalstaaten schärfere Regeln einführen.

Nun haben Sie schon wieder gesehen, dass Corona das dominante Thema ist. Ich refe­riere schon einen Großteil der Regierungserklärung darüber. Gleichzeitig ist Corona natürlich auch wichtig: hinsichtlich der Frage der Krisenbewältigung oder der Frage, wie man das Virus einschränken kann – aber so einschränken, dass es nicht weiter unsere Freiheit beschränkt. Die Wissenschaft gibt uns die Möglichkeiten dazu. Das Impfen ist tatsächlich die zentrale Möglichkeit, das zu erreichen. Deswegen ist für mich auch das Wichtige, den Menschen, die sich derzeit noch unsicher fühlen, die Hand zu reichen in einem Gespräch, am besten mit Ärztinnen und Ärzten. Das Vertrauen in die Politik ist, wie wir alle wissen, enden wollend, aber es gilt, den Menschen, die einen in der Frage der Gesundheit schon lange begleitet haben, auch bei schweren Krankheiten, nun das Vertrauen zu schenken und da Gesprächsbrücken zu bilden.

Abseits all dieser wichtigen Maßnahmen betreffend das Coronavirusmanagement ist es wichtig, über das zu reden, was noch vor uns liegt: über die Umsetzung der ökosozialen Steuerreform mit einer Entlastung von 18 Milliarden Euro bis 2025, eigentlich mit einer Neuaufstellung unseres Steuersystems. Der Finanzminister wird in seiner Eigenvor­stel­lung noch darauf eingehen. Man sagt hierzu, dass wir tatsächlich beginnen, sorgsam CO2 zu bepreisen und gleichzeitig darauf zu achten, dass die Menschen auf diesem Weg mitgehen und keine Verliererinnen und Verlierer sind.

Dass es uns weiters nicht egal ist, ob jemand im ländlichen oder im städtischen Raum lebt, dass es uns nicht egal ist, wie sehr die Infrastruktur ausgebaut ist, zeigt, dass diese Bundesregierung mit der ökosozialen Steuerreform einerseits die Notwendigkeit des Klimaschutzes ernst nimmt und auf der anderen Seite genauso zur Kenntnis nimmt, dass es wichtig ist, die Menschen auf diesem Weg der Transformation so mitzunehmen und zu begleiten, dass sie ihn freudvoll mitgehen und nicht als Last empfinden. Das wird eine ständige Aufgabe sein, da wird es auch stetig Nachbesserungen brauchen, da wird es auch Evaluierung brauchen, wie weit man gekommen ist und was man noch tun muss – aber aus meiner Sicht ist die Richtung die richtige. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich habe es schon in Bezug auf den Bildungsminister angesprochen: Wir haben uns nicht nur über die Boosterimpfungen unterhalten, sondern auch über den Bildungsbooster. Aus meiner Sicht ist das ein wichtiges Thema. Es geht darum, dass wir den Kindern, die während dieser mittlerweile 21 Monate dauernden Pandemie – eine für die Zweite Republik nie dagewesene Herausforderung, wie man sie seit dem Zweiten Weltkrieg in dieser Form nicht mehr erlebt hat –, einen Nachteil erlitten haben, besonders unter die Arme greifen, dass wir die Familien unterstützen und Programme entwickeln, damit Defizite, die entstanden sind, auch wieder aufgeholt werden können. Das ist nicht nur mir ein persönliches Anliegen, weil ich selbst Vater von zwei Kindern bin, sondern ich habe auch gespürt, dass der Bildungsminister eine hohe intrinsische Motivation hat, genau das umzusetzen. Das ist aus meiner Sicht gegenwärtig auch so geboten.

Gleichzeitig – das Bildungsthema ist ja riesig – ist das große Thema der Wissenschaft und der Forschung nicht aus den Augen zu verlieren, und der Grund, weshalb ich in diesem Zusammenhang so froh bin, dass Martin Polaschek als Minister an meiner Seite ist, ist, dass er Unirektor war: Er weiß, was es heißt, eine Universität zu führen und zu managen und dafür zu sorgen, dass der Lehrbetrieb genauso wie sozusagen das Unternehmen Universität funktioniert. Wir werden jetzt beides brauchen: Wir werden in der Bildung inhaltlich vorwärtskommen müssen. Wir müssen die bildungsfernen Schich­ten besser erreichen. Wir müssen in der Wissenschaft und Forschung immer weiter


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Akzente setzen, weil wir gesehen haben, dass durch die vielen Initiativen, die schon von den Regierungen davor gesetzt worden sind, wir als österreichischer Forschungs­stand­ort tatsächlich auch weltweit wirklich interessant sind und mittlerweile immer interes­santer werden.

Ich konnte mich davon selbst noch als Innenminister überzeugen, als ich bei der TU Graz war. Die TU Graz ist eine Universität mit ganz vielen Kooperationen, einerseits in der Wirtschaft, andererseits auch mit vielen Institutionen. Das Wissen, das dabei vernetzt wird, führt dazu, dass sich heute Tesla und Co ansiedeln und an Softwareentwicklungen teilnehmen, wenn es um Drohnenprogrammierung und Objekterkennungen in selbstfah­renden Fahrzeugen geht.

All das zeigt, wie wichtig es ist, die Basis dafür zu schaffen, das Fundament dafür zu bauen, denn daraus erwachsen dann tatsächlich wieder Arbeitsplätze, die einen Mehr­wert, soziale Sicherheit und einen sozialen Standard in unserer Republik schaffen. (Bei­fall bei ÖVP und Grünen.)

Neben diesen auch sehr inhaltsreichen Themen wie Bildung und Finanzen gibt es ein Thema, das gerade die Familien in Österreich quer durch beschäftigt. Es ist jede und jeder – wahrscheinlich auch die, die hier im Saal sitzen – davon betroffen, wenn es darum geht, wie wir die Pflege so strukturieren, dass sie zukunftsfähig ist. Die Pflege ist deshalb so ein komplexes und großes Thema, weil es ja nicht nur um die institutionelle Pflege geht, die durch Institutionen durchgeführt wird, sondern weil auch ganz viel im familiären Bereich gepflegt wird. Pflegende Angehörige sind, was deren Begleitung, deren Absicherung und die Frage, wie wir als Staat, als Bundesland sie in Zukunft auf diesem Weg unterstützen können, ein großes Thema.

Pflege ist auch ein sehr stark föderal geprägtes Thema. Pflege ist grundsätzlich Kern­kom­petenz der Länder, und gleichzeitig braucht es immer die Rahmenbedingungen, die vorgegeben werden, wie die Ressourcen durch den Bund, um diese großen Fragen in einem Miteinander zu lösen. Der Gesundheitsminister hat damit ein großes und breites Themenfeld vor sich liegen – breit auch, wenn man bei der Pflege über das nachdenkt, was uns das Coronavirus gezeigt hat, dass nämlich bei einer 21 Monate andauernden Pandemie die Menschen, die jetzt in den Krankenhäusern tätig sind, an den Rand der Erschöpfung kommen. Es ist auch wichtig, Strukturen zu haben, mit denen man gerade jetzt Entlastung für die Menschen schafft, die so sehr unter dem Beanspruchen ihrer Fähigkeiten leiden, weil sie nämlich für andere Menschen da sind und diese derzeit auf der Intensivstation oder im Krankenhaus betreuen.

Dazu gibt es viele Initiativen, die jetzt beginnen, Wirkung zu zeigen. Es ist aber ein permanentes Wettrennen, weil uns das Virus mit einer neuen Situation konfrontiert hat. Da es so lange andauert und nicht weggeht, bleibt es als Faktum erhalten, und wir müssen die Gesundheitssysteme so resilient aufbauen, dass sie mit dem Coronavirus und auch allen anderen Formen der Krankheiten und Phänomene in einer Gesellschaft zurechtkommen. Es gibt wertvolle Initiativen, wie die des Arbeitsministers. Mittlerweile konnten 10 000 bis 12 000 Menschen aus der Arbeitslosigkeit für das Thema Pflege­berufe gewonnen werden. Es gibt viele Initiativen auf Landesebene, wie man beginnt, die Systeme zu entlasten. Wie ich gesagt habe, ist es aber ein permanenter Prozess, der aus meiner Sicht nicht so schnell enden wird.

Der Arbeitsmarkt an sich hat sich positiv entwickelt. Wir sind bei der Arbeitslosigkeit auf dem Vorkrisenniveau, was eigentlich unglaublich ist, wenn Sie an die Prognosen den­ken, die wir noch zu Beginn der Coronaviruskrise hatten. Es hat niemand damit gerech­net, dass wir ein Wirtschaftswachstum von 4 Prozent haben.

Die Republik Österreich – in Wahrheit waren das die Steuerzahlerinnen und Steuerzah­ler – hat ein Hilfspaket von 42 Milliarden Euro ermöglicht. Wenn man daran denkt, wie


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groß der Gesamthaushalt Österreichs ist, ist es eigentlich unglaublich, dass zusätzlich 42 Milliarden Euro gestemmt werden konnten. Jetzt kommt das wirklich Bedeutende an der Nachricht. Der Herr Finanzminister schaut streng, weil er sagt, jetzt ist der Bundes­kanzler zu optimistisch, aber das wirklich Beachtenswerte ist aus meiner Sicht, dass wir trotz des vielen Geldes, das aufgenommen worden ist, um Unternehmerinnen und Unternehmer, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Form der Kurzarbeit zu unter­stützen, sodass sie nicht in eine Existenzfalle geraten, nach wie vor in der Lage sind, unsere Staatsverschuldung abzubauen.

Das ist ein Privileg, das derzeit der Gesamtsituation geschuldet ist. Es ist gut, dass dieser Weg gegangen werden kann. Es war und ist aus meiner Sicht richtig, wenn die Krise vorbei ist, auch auf europäischer Ebene wieder einen nachhaltigen Budgetpfad einzu­schlagen – auch das war Teil des EU-Rates –, denn man muss für die nächste Krise wieder gewappnet sein. Man sieht, wie wichtig und richtig es ist, das Budget voraus­schauend zu planen und zu investieren, denn dann, wenn man es braucht, kann man es abrufen, ohne dass man in größere Schwierigkeiten gerät, so wie es Österreich geschafft hat. Und wer hat es in Wirklichkeit geschafft? Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler der Republik Österreich haben das durch ihre Arbeitsleistung und die Unternehmerinnen und Unternehmer durch ihre Wirtschaftsleistung möglich gemacht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich habe schon vom EU-Rat berichtet. Aus meiner Sicht ist Europa für Österreich nach wie vor die größte Zukunftsoption, weil wir in der Europäischen Union in der Lage sind, uns weit über das Maß hinaus zu vernetzen, Entwicklungen zu erkennen, gemein­schaft­lich um Lösungen zu ringen. Ich kann Ihnen berichten, ich war zutiefst beeindruckt. Der EU-Rat der Regierungschefs hat eine andere Form, als wenn man als Minister dort ist. Wenn man als Minister zu den Räten kommt, dürfen zum Beispiel auch die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeiter in den Verhandlungsraum hinein. Wenn man unter den Regie­rungs­chefs miteinander spricht, ist das nicht der Fall. Aufgrund dieser Situation ist das Gespräch enorm offen und ohne diplomatische Floskeln.

Wenn Österreich sich erfolgreich dafür eingesetzt hat, dass Atomenergie zumindest bei diesem EU-Rat nicht als nachhaltige Investitionsform in die Taxonomie aufgenommen wird, ist das nur ein Zwischenerfolg für uns, so ehrlich muss man sein. Wir haben aber Verbündete wie die Bundesrepublik Deutschland und Luxemburg gehabt. Dort wird ganz offen und klar diskutiert, und die Länder, die in ihrer Position sagen, sie brauchen Atom­strom, argumentieren mit der gleichen Leidenschaft dafür, wie wir dagegen argumen­tieren.

Das werden dann gleich tatsächlich auch ganz sensible Themen im diplomatischen Mit­einander: Schreiben Deutschland, Österreich und Luxemburg jetzt Ländern wie Polen, Tschechien, der Slowakei vor, wie sie zukünftig Wirtschaftswachstum oder Energiever­sor­gung vorzunehmen haben? Das wird dann gleich eine sehr leidenschaftliche Dis­kussion, aber das Gute daran ist, sie wird offen geführt. Man kann sich im wahrsten Sinne des Wortes ausreden, man kann die gegenseitigen Standpunkte klarmachen, denn für Österreich ist nun einmal das Thema Atomenergie ein ganz zentrales.

Wir sind das einzige Land der Welt, das ein fertiges Kernkraftwerk inklusive Brennstäbe nicht in Betrieb genommen hat und seitdem ein klares und glaubwürdiges Bekenntnis abge­ge­ben hat, dass Atomenergie für Österreich keine Alternative ist, auch weil wir die Gefähr­lichkeit von Atomenergie erkennen. Viele von Ihnen können sich noch an Tscher­nobyl erinnern, die Jüngeren an Fukushima und an all die Folgen, die damit verbunden sind.

Auf der anderen Seite müssen wir als Österreicher verstehen, dass andere Länder, die von der Natur nicht so begünstigt sind, wie es Österreich ist, andere Betroffenheitslagen haben.


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Das meine ich damit: Das ist gemeinsames europäisches Denken. Das ist dieses ge­meinsame Ringen um Lösungen, auch wenn die Lösung oft sehr komplex und schwierig ist. Das Beeindruckende dabei ist aber, dass es eben möglich ist, dann auf Augenhöhe auseinanderzugehen und sich wieder in Wertschätzung und Freundschaft zu begegnen. Das macht aus meiner Sicht den Wert der Europäischen Union aus. Es wird auch klar sein, dass die österreichischen Interessen in der Europäischen Union klar und stark ver­treten werden. Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Bundesrat. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.28


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Ich danke dem Herrn Bundeskanzler für seine Ausführungen.

Inzwischen ist Herr Bundesminister Dr. Magnus Brunner bei uns eingetroffen. – Herzlich willkommen bei uns im Bundesrat! (Allgemeiner Beifall.)

Nunmehr erteile ich Herrn Vizekanzler Kogler zur Abgabe einer Erklärung das Wort. – Bitte sehr.


13.29.23

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Frau Präsidentin! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundes­räte! Neu angelobte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Sie werden es erleben, ich werde mich heute ausnahmsweise ein bisschen kürzer halten, denn ich glaube, Ihr Interesse an den eben angesprochenen neuen Kolleginnen und Kollegen ist ein größeres. Ich habe hier ja schon öfter Beiträge in meiner Funktion als Vizekanzler leisten dürfen.

Trotzdem, ich bin gerne hier im Parlament, und das möchte ich wirklich betonen, sowohl in der ersten als auch in der zweiten Kammer, sprich hier im Bundesrat. Auch hier wird leidenschaftlich diskutiert. Ja, manchmal kracht’s, aber – ich werde noch kurz darauf eingehen – das hat schon seine Berechtigung und seinen Sinn, und in diesem Fall natürlich auch. Vielleicht werde ich mich auf ein paar föderale Punkte konzentrieren, auch eben vor diesem Hintergrund.

Jetzt möchte ich mich – obwohl ich gerne von Vertreterinnen und Vertretern anderer Parteien dafür kritisiert werde, auch das darf sein – bedanken, nämlich zuerst bei den handelnden Personen, vor allem beim ehemaligen Kollegen als Bundeskanzler, nämlich Schallenberg, der jetzt ja wieder in die Außenministerfunktion zurückgekehrt ist.

Das war in Wahrheit gar nicht leicht. Sie alle haben mitverfolgen können, wie es gekom­men ist. Ich möchte mich ausdrücklich bedanken, denn in so einer schwierigen Zeit, die sich dann als Übergangszeit herausgestellt hat, ist es auch nicht gerade nur einfach. Das ist das eine.

Dem anderen kann ich mich anschließen, was die Rolle des Bundespräsidenten betrifft, ein weiteres Mal. Auch an dieser Stelle, vor diesem Haus, ist es mir wichtig, zu betonen, dass es keine Minute gegeben hat, in der die Republik ungeführt oder gar ungesteuert gewesen wäre. (Heiterkeit der Bundesräte Ofner und Steiner.) Das ist nicht ganz unerheblich in solchen Situationen.

Ja, wir leben in einer Demokratie, in einer Parteiendemokratie. Wir leben in der Real­verfassung, und bei der hängt sehr viel von parlamentarischen Mehrheiten ab. Das ist nicht in allen Ländern gleich, was Regierungskonstellationen betrifft. Ich glaube, es ist wichtig, darauf hinzuweisen.

Der letzte Dank in diesem Zusammenhang – und das habe ich mit Sich-einer-Kritik-Aussetzen gemeint – geht jetzt an die ÖVP als Ganzes. Ja, ich weiß, jetzt kann man


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schon sagen – da war ich vielleicht unscharf –, das ist angesichts der Vorwurfslage nicht unbedingt eine Krise wie jede andere. Umso eher musste man es aber in weniger als 24 Stunden zusammenbringen, die Entscheidungen zu treffen, die getroffen wurden – natürlich auch im eigenen Interesse (Zwischenruf des Bundesrates Bernard – Bundes­rat Steiner: Ihr werdet ja immer besser! ... zu wechseln, werdet ihr immer besser!), denn es arbeitet ja keine Partei grundsätzlich gegen sich selbst. Auch das gehört ja zu einer Demokratie dazu, dass man halbwegs stabil ist und wieder einmal auf nächste Wahlen schauen kann. Auch wir haben da unsere Erfahrungen gemacht, wie Sie wissen.

So gesehen ist es ja vielleicht gar nicht so erwähnenswert, aber ich finde es deshalb erwähnenswert, weil es in dieser schwierigen Situation, in der wir uns nicht alleine in Europa befinden – der Bundeskanzler hat es angesprochen, ich will da gar nichts wiederholen –, umso wichtiger war, innerhalb von 24 Stunden diese Entscheidungen herbeizuführen, und auch das verdient Respekt. Das soll einfach ausgedrückt sein, und ich bin auch froh, wenn es in dieser Kammer dann protokollarisch vermerkt ist. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Jetzt sind wir eh beim Gemeinsamen; ich sage es nicht nur, weil Weihnachten ist: Ins­gesamt ist es unsere Herausforderung – und ich glaube, man hört schon die Tonalität des Bundeskanzlers; das ist ein gemeinsames Anliegen, deswegen kann ich mich ja heute wirklich kürzer fassen –, dieses Gemeinsame in den Vordergrund zu stellen, und das muss man in manchen Situationen erst wieder suchen. Es ist zu finden, und dann kann man es voranstellen. Das ist, glaube ich, generell in solchen Zeiten wichtig.

Ja, es gibt Trennendes, aber auch das hatten wir, und ich bin sehr überzeugt von dieser Aussage: Behandeln wir das Trennende so, dass es uns nicht unversöhnlich zurück­lässt! – Das halte ich schon für relevant. Man muss und kann sich womöglich nicht überall einigen, aber dann tun wir doch so, dass es uns nicht unversöhnlich zurücklässt! Das gilt für hier herinnen, aber natürlich auch für viele Gruppen in der Gesellschaft.

Der Bundespräsident, den ich angesprochen habe, hat auch darauf hingewiesen, dass wir nicht zu viele falsche Erwartungen wecken sollen. Es wird ja die Zeit immer schwie­riger einzuordnen. Wir wissen, dass es nicht einfacher wird. Ich glaube, da darf man ja auch dazulernen. Man soll bei einer 95-prozentigen Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Ereignisses nicht den Eindruck erwecken: Okay, der Hase ist gelaufen, der Kuchen ist gegessen, alles ist paletti.

Da hat es Versäumnisse gegeben, auch von uns in der Regierung, das stimmt. Ande­rerseits sagen Mitglieder von Beraterstäben, die es schon einmal gegeben hat – die jetzt Gott sei Dank in einem einheitlichen Größeren zusammengeführt sind, nämlich zu Gecko, das muss ich gar nicht weiter ausführen –, handelnde Ministerinnen und Minister, die Regierungsspitze in Österreich, aber auch Herr Drosten in Deutschland, wenn Sie die Interviews in der „Zeit“ – vom Oktober noch – nachlesen, dass sie sich da und dort ganz schön getäuscht haben.

In welchem Zusammenhang? – Das bezieht sich jetzt auf meine 95 Prozent: dass es zunächst schon klar war – ich bleibe noch bei meinem Beispiel, keine Sorge –, dass die Wirkung einer Schutzimpfung ab einem bestimmten Zeitpunkt, der nicht unbedingt vorhersehbar war (Bundesrätin Steiner-Wieser: Weil keine Erfahrung ...!), weil ja zu wenig Erfahrung da war, nachlässt.

Dann war noch die Frage, in welchem Ausmaß und in welcher Geschwindigkeit diese Wirkung nachlässt. So ist es doch ein Unterschied, ob die Impfung neun bis zwölf Monate schützt, wie man angenommen hat, oder ob die Schutzwirkung nach vier, fünf Monaten doch spürbar abnimmt, wie sich herausgestellt hat, und zwar relativ rasch abnimmt. Das hat natürlich auch eine Auswirkung auf die Fähigkeit der Menschen zur


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Weitergabe des Virus, nicht nur auf den Schutz der Person selber. In der Prognose trägt all dies natürlich zur pandemischen Ausbreitung des Virus bei.

Wir können sagen, wir handeln faktenbasiert, aber dann kann man sagen: Na ja, so genau sind die Fakten nicht immer vorhersehbar. Faktenbasiert und lösungsorientiert zu handeln, das ist uns schon wichtig, man muss jedoch auch prognoseorientiert sein, aber bei Prognosen hat man halt einen gewissen Unsicherheitskorridor.

Dann hat die Politik die Aufgabe, zu entscheiden, welche Ziele sie voranstellt. Ist es ausschließlich der Schutz der Spitäler? Das ist sicherlich eines der wichtigsten Ziele, es gibt aber auch ein paar andere Ziele, und diese Abwägung ist nicht immer einfach, das werden Sie in Ihren eigenen Debatten hier herinnen immer wieder wahrnehmen. Es ist dann, glaube ich, die Kunst der Politik, da die Entscheidungen herbeizuführen; denn natürlich geht es auch um soziale Fragen, psychosoziale Fragen, da geht es um Schuldbildung et cetera, und die Kunst wird es weiterhin sein, all dies unter einen Hut zu bringen, aber, wenn man so will, mit mehr Vorsichtsprinzip und prognosebasiert.

Diese Themen tauchen ja in ganz Europa auf, das ist ja kein Alleinstellungsmerkmal Österreichs. Es wäre, glaube ich, wichtig, sich auf diese Sichtweise einzulassen, damit man nicht immer so tut, als ob man diesbezüglich allein auf der Welt wäre. Ja, wir sind im Guten nicht allein auf der Welt, aber auch nicht mit den Problemen. Und wenn man den Expertenstäben zuhört, weiß man, dass es auch bei uns diverse Aufs und Abs gibt, die sich in den Ländern und in den Regionen nicht immer gleichzeitig zutragen, sondern öfter einmal zeitverzögert.

Bei Omikron haben wir ja jetzt die Möglichkeit, eine wirkliche Beobachtung in den ande­ren Ländern vorzunehmen, damit die Beratungslage dann eine Spur diesen Progno­se­korridor einschränkt, obwohl noch viele Fragezeichen da sind.

Wenn wir Europa sagen, möchte ich schon darauf hinweisen, dass wir auch zu der Zeit, als in Österreich erkennbar und öffentlich diskutiert – auch hier herinnen – gröbere Schwierigkeiten in der Perspektive im Anmarsch waren, als sich die Bundesregierung gemeinsam mit den Landeshauptleuten – apropos föderales Gremium – dazu durchge­rungen hat, starke Einschränkungen vorzunehmen, oder wie immer man das nennt – es ist ja nicht so, dass gar nichts möglich war; in anderen Ländern bedeutet Lockdown etwas viel Schärferes als das, was bei uns der Lockdown ist, andere sagen Einschrän­kungen, wobei diese Einschränkungen einem Lockdown gleichkommen, wieder andere sagen Lockdown, aber es geht ganz locker zu, also man muss, glaube ich, wirklich hinschauen, was es denn ist und welche Maßnahme, so gut es geht, überhaupt welche Konsequenzen zeitigt; das ist gar nicht so einfach, wie man glaubt –, nicht mit den Problemen allein waren.

Als Salzburg und Oberösterreich – ich nehme diese beiden Bundesländer ganz bewusst heraus (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser) – große Schwierigkeiten hatten, sage ich neutral, haben der angrenzende Freistaat Bayern, die ostdeutschen Bundes­länder und auch andere in Europa damals schon ähnliche Probleme gehabt.

Jetzt hat sich die Lage ein bisschen umgedreht. Wir sollten uns daher nicht dazu verlei­ten lassen, zu glauben, irgendetwas ist immer besonders viel besser als etwas anderes. Da gibt es eben Wellenbewegungen, und entsprechend versucht man, sich anzupassen.

Wie der Herr Gesundheitsminister sagt, haben wir uns durch diese Einschränkungen einen gewissen Vorsprung erarbeitet. Jetzt kann man einmal Weihnachten halbwegs Weihnachten sein lassen, so weit es halt geht. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Wir wissen aber, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit im Jänner und Februar die Situation noch einmal schwieriger wird.


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Das muss man endlich einmal aussprechen und benennen dürfen, ohne dass sich gleich die Wichtigsten in der Republik deshalb in die Haare kriegen. Sie sollten das lieber gemeinsam kommunizieren, so weit es eben geht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Da gibt es ganz große Erwartungshaltungen und Hoffnungen, und ich finde, der Bundeskanzler löst das in einer Art und Weise ein, wie es nur wünschenswert ist, und ich möchte das ausdrücklich anerkennen.

Wenn wir uns dann einmal von der Pandemie wegbewegen – denn es muss auch etwas anderes geben, auch darüber sind wir uns einig –, dann gibt es schon andere Themen: nicht nur, weil wir jetzt regieren – da gibt es ein Regierungsprogramm –, sondern weil überhaupt Themen anstehen – ich brauche sie ja gar nicht zu wiederholen –, ob es die Ausweitung der Betreuungsplätze in den Kindergärten ist oder die Pflege – ganz, ganz wichtig, da gibt es erste Ansätze, und noch viel mehr müssen wir tun. Deshalb ist ja auch das Motto: Trotz der Pandemie nach vorne arbeiten! – Ja, zugegeben, wieder einmal heißt es – aber das muss man auch einmal durchhalten –: Ärmel rauf und nach vorne arbeiten! – Das nehmen wir uns vor, doch selbstverständlich ist das nicht, denn es könnte einem ja auch irgendwann einmal die Luft ausgehen. Nein, sie geht nicht aus – durch­schnaufen, nach vorne arbeiten! (Bundesrat Steiner: Eine Drohung ist das!)

Ja, ich weiß, dass wir da unterschiedliche Einschätzungen haben (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), aber ich kann positiv zur Kenntnis nehmen und feststellen – Stichwort neues Klima –, dass sich die Zwischenrufe sehr in Grenzen halten. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Da ich versprochen habe, dass ich gleich aufhöre (Bundesrat Steiner: Das ist ein dehnbarer ...!), habe ich vielleicht noch 3 Minuten, da hole ich mir noch 3 Minuten Replikzeit raus, weil man ja nie weiß, was genau kommt – und im Sinne einer lebhaften Debatte sage ich vielleicht später noch einmal etwas. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Zur Frage der Wirtschaft – wie sich das entwickelt –, auch der sozialen Absicherung, aus der Krise heraus: Selbstverständlich ist das nicht. Ja, ich meine, diese 42 Milliarden Euro sind, je nachdem, welche Inflation man ansetzt, überhaupt über 10 Prozent unserer jähr­lichen Wertschöpfung, der Wirtschaftsleistung, des Bruttoinlandsprodukts. Das ist mega, das stimmt, aber es ist immer noch die Frage, wo man es einsetzt. Ja, auch da, glaube ich, gibt es die Debatte, ob es dort oder da einmal eine kleine Überförderung gab, wir können das alles diskutieren – grosso modo sind wir richtig gelegen.

Ich sage Ihnen, die Konstruktion, dass der Umsatzersatz damals im November, im Dezember des Vorjahres noch ausbezahlt worden ist – dass er gleich ausbezahlt worden ist –, war mir lieber als der Umsatzersatz in Deutschland. De facto haben wir den gleichzeitig erfunden, aber in Deutschland, damals noch mit Kollegen Scholz als Finanz­minister, haben sie Monate gebraucht, bis sie es ausbezahlt haben, weil dort die föderale Struktur in der Finanzverwaltung – so viel Kritik am Föderalismus muss sein – eher ein Problem dargestellt hat, als dass sie eine Lösung war. Sie waren halt noch nicht so weit. In Österreich ist dieser Teil relativ zentral organisiert, das hat super funktioniert – Aner­kennung auch noch einmal dafür.

Die wichtigste Botschaft ist ja: Wofür wird das Geld eingesetzt? – Vieles war zur Erhaltung da – Kurzarbeit –, auf der anderen Seite gab es dort, wo neu investiert wurde, sehr viele Investitionen in Modernisierung. Was ist das? – Das ist nicht nur öko – weil ich als Grüner gerade dastehe –, sondern das ist auch Digitalisierung, und ja, etwas ursprünglich Altmodisches gewinnt gerade durch die Erkenntnisse aus der Pandemie wieder Bedeutung: Regionalisierung, sozusagen mehr so wie Resilienz – das auszu­führen ist mir jetzt vielleicht zu kompliziert, aber ich sehe das als so eine Art Trittsicher­heit aus der Kraft der Regionen heraus, was Nahrungsmittelbereitstellung, Medikamen­tenbereitstellung und, und, und betrifft. Da ist sehr viel umgedacht und umgelenkt worden. Dazu sind auch Investitionen da, nicht nur Steuerreformen. Die größten Hebel,


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die wir in die Hand genommen haben, waren – und das wurde ja gesagt – diese Inves­titionen und die Förderungen dazu. – Das ist mega. (Beifall bei den Grünen.)

Ich sage noch eines – jetzt doch als Grüner –: So viel Klimaschutz gab es noch nie, aber gar nicht nur wegen der ökologisch-sozialen Steuerreform, sondern insbesondere durch diese Investitionen. Das muss man auch einmal machen, und das wird auch international gewürdigt, wie man jetzt wieder – auch bei kleineren Kritikpunkten – durch die Berichte der internationalen Wirtschaftsorganisationen sehen konnte. Gut so, weiter so, sage ich an dieser Stelle!

Wir laden Sie dazu ein, wir stellen uns auch der Debatte – das ist ja nicht der Punkt –, und in diesem Sinne kann ich ja einmal aufhören. Ich wünsche noch nicht frohe Weih­nachten, weil ich mich der Hoffnung hingebe, dass Sie uns noch einmal herausfordern. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.44


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Ich danke dem Herrn Vizekanzler für seine Ausführungen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Silvester Gfrerer. Ich erteile ihm dieses.


13.44.34

Bundesrat Silvester Gfrerer (ÖVP, Salzburg): Frau Präsidentin! Werter Herr Bundes­kanzler! Lieber Herr Vizekanzler! Liebe Frau Staatssekretärin! Werte neue Minister im Regierungsteam zu meiner Linken und zu meiner Rechten! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zuerst dir, Herr Bundeskanzler, und natürlich auch den neuen Regierungsmitgliedern in deinem Team wirklich sehr, sehr herzlich zu diesen hohen und verantwortungsvollen Ämtern, die ihr alle seit der Angelobung vor 14 Tagen ausübt, gratulieren. Ich möchte euch aber noch mehr dafür danken, dass ihr diese herausfordernden Ämter, die ihr jetzt bekleidet, angenommen habt, um diese auch mit vollem Einsatz auszuführen, zum Wohle Österreichs und seiner Menschen in Zeiten wie diesen – das ist nicht ganz einfach.

Seit gut 20 Monaten beschäftigt uns ein Thema: die Coronapandemie. Gerade jetzt sehen wir, wie unberechenbar, wie heimtückisch dieser Virus und die verschiedenen Mutationen sind. Man bedenke: Unsere Generation ist in der Zeit, in der wir leben, und in der Art, wie wir leben, doch stark auf Komfort, auf Wohlstand ausgerichtet – auf etwas zu verzichten fällt uns allen, ganz ehrlich gesagt, relativ schwer.

Gerade jetzt stehen wir mitten in einer Pandemie, und niemand hat auch nur im Ge­ringsten daran gedacht, dass wir einmal von einer solchen weltweiten Gesundheitskrise wie Corona betroffen sein könnten. Ich habe nachgelesen, weil es mich interessiert hat: An der Spanischen Grippe in den Jahren 1918 bis 1920 sind über 100 Millionen Men­schen verstorben – über 100 Millionen Menschen, das kann man sich gar nicht vorstel­len. Im Vergleich dazu ist die Bundeshauptstadt Wien ein kleines Dorf. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.)

Ich habe mir die Frage gestellt: Was wird wohl nach der hoffentlich erfolgreichen Be­kämpfung der Coronapandemie in den diversen Büchern stehen oder auch im Internet oder wo auch immer nachzulesen sein – vielleicht dass es die größte Gesundheitskrise seit der Bekämpfung der Spanischen Grippe vor gut 100 Jahren war? (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Mit Sicherheit wird nachzulesen sein, wie viele Menschen weltweit und in Österreich an Corona verstorben sind, über die Betroffenheit der Men­schen und der Familien – von den Kindern über die Jugend bis zur älteren Generation –,


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die vielen Auswirkungen in den Schulen und im gesamten Bildungsbereich, die Auswir­kungen auf die Wirtschaft und auf den Arbeitsmarkt, die vielen negativen Auswirkungen auf den Kunst- und Kulturbereich, die psychischen Folgen und die Belastungen für die Menschen, die Situation in den Spitälern und auf den Intensivstationen, die Belastung und Überbelastung des Pflegepersonals. – Ja, diese Liste ist nicht vollständig, und jede und jeder könnte sie für sich persönlich beliebig nach Betroffenheit ergänzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, reden wir nicht nur von den negativen Auswirkungen, die uns das Leben schwer machen! Reden wir auch von den vielen, vielen Leistungen, die so viele Menschen in Österreich täglich erbringen, um Corona zu besiegen und um wieder in ein normales Leben ohne Einschränkungen zurückzufinden! Die größte Errun­genschaft – da bin ich mir ganz sicher – ist: Es wurde innerhalb von zehn Monaten ein Impfstoff entwickelt, der uns schützt. Wie sehr haben wir gehofft, und wir hätten es nicht für möglich gehalten, dass dies in so kurzer Zeit möglich ist.

Zu erwähnen ist auch das Programm der Wirtschaftshilfen – der Herr Bundeskanzler hat es angeschnitten –, die unsere Regierung auf den Weg gebracht hat, 42 Milliarden Euro, die zum größten Teil ausbezahlt wurden, um die Betriebe vor der Insolvenz zu retten. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Auch das Programm der Kurzarbeit – das ist heute diskutiert worden – wird verbessert und immer wieder ausgebaut. Das ist einzigartig, das gibt es sonst nirgends. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.) Dadurch konnten Hunderttausende Arbeitsplätze gerettet und in den Betrieben gehalten werden.

Viele Frauen und Männer sind in ihrem Beruf extrem belastet und überlastet, egal ob in den Spitälern, in den Senioren- und Pflegeheimen, in der Pflege zu Hause, aber vor allem sind auch die Familien, die Eltern und die Kinder belastet. Da wurde Großartiges geleistet – vielen, vielen Dank dafür!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, über das, was neben der Krisenbekämpfung politisch in Umsetzung ist und schon umgesetzt wurde, sollte man, glaube ich, auch reden. Die ökosoziale Steuerreform, die auch schon erwähnt wurde, wurde unabhängig von Corona und in Verbindung mit dem Klimaschutz auf den Weg gebracht. Dieses Ausmaß hat es noch nie gegeben: 18 Milliarden Euro bis 2025, die bei den Menschen mit geringem Einkommen, bei Familien, bei der Wirtschaft und in der Gesellschaft ankommen müssen. Diese Steuerreform sichert den Wirtschaftsstandort Österreich und sichert Arbeitsplätze und Wohlstand.

Ein Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist beschlossen worden, das dem Klimaschutz Rech­nung tragen soll, um die Klimaziele, die festgeschrieben sind, zu erreichen. Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel: Raus aus den fossilen Energieträgern hin zur erneuerbaren Energie! Dieses Gesetz hat die Handschrift von Magnus Brunner, damals noch als Staatssekretär. – Vielen herzlichen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundes­rätInnen der Grünen.)

Der Breitbandturbo, die Digitalisierung für Österreich: Es gibt 1,4 Milliarden Euro für den raschen Ausbau der Infrastruktur. Schnelles Internet, Breitbandausbau, Digitalisierung: Das sind die Zukunftsthemen schlechthin. Sie werden darüber entscheiden, ob wir im Speziellen dem ländlichen Raum in seiner Vielfalt und wirtschaftlichen Stärke Zukunft geben oder nicht.

Was mich besonders freut, ist die Versorgungssicherheit der Menschen in Österreich mit hochwertigsten Lebensmitteln. Ganz ehrlich, wer hätte denn der österreichischen Land­wirtschaft speziell im ersten Lockdown zugetraut, dass dies möglich ist? – Die Bäue­rinnen und Bauern haben es gemacht. Die Wertschätzung von und Zustimmung zu


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gesunden und hochwertigen regionalen Lebensmitteln hat stark zugenommen. Das freut uns Bauern, darauf können wir zu Recht sehr stolz sein.

Ich sehe es auch als unsere Aufgabe und Verantwortung, trotz der herausfordernden Situation einen positiven Blick nach vorne zu richten. Wir müssen den Mut und die Stärke haben, an eine gute Zukunft zu glauben, das heißt, die Chancen, die es in jeder Krise gibt, zu erkennen, in die Hände zu spucken und zusammenzuhelfen.

Herr Bundeskanzler, lieber Karl Nehammer, du hast in deiner Regierungserklärung die Bekämpfung der Pandemie an die erste Stelle gestellt; das ist gut und richtig. Ja, Herr Bundeskanzler, du hast seit deiner Angelobung gestern vor zwei Wochen einen neuen Weg beschritten: einen Weg des Dialogs, einen Weg der Zusammenarbeit, einen Weg des Miteinanders eingeschlagen, bei dem alle politischen Fraktionen die Möglichkeit haben, sich einzubringen (Heiterkeit bei BundesrätInnen der SPÖ), und natürlich auch die Bundesländer, die Wissenschaft und die Experten mit eingebunden sind. Ich be­danke mich bei allen Fraktionen, die bereit sind, diesen Weg mitzugehen, damit wir gemeinsam diese schwierige Situation überwinden, mit dem Ziel, wieder ein normales Leben führen zu können.

Einen Appell möchte ich an die Freiheitliche Partei richten (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), weil es mir einfach besonders wichtig ist: Eine freie Meinung kundzutun ist legitim, aber eines ist nicht okay, nämlich wenn im Zusammenhang mit Corona immer wieder von Diktatur und Freiheitsberaubung die Rede ist und uns das vorgeworfen wird. Wisst ihr oder habt ihr darüber nachgedacht, was diese Begriffe wirklich bedeuten? – Ich denke da unweigerlich an unsere Väter und Großväter, denen die schönste Zeit ihres Lebens, nämlich die Jugendjahre, gestohlen wurde. (Zwischenruf des Bundesrates Leinfellner. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Der jetzigen Jugend auch! Sie werden seit zwei Jahren eingesperrt!) Keiner hier im Hohen Haus hat das Recht (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), die aus Verantwortung gesetzten Ein­schrän­kungen und Maßnahmen in Verbindung mit Corona mit Diktatur und Freiheits­beraubung gleichzusetzen.

Ja, leider müssen wir unseren Bürgerinnen und Bürgern viele Einschränkungen und Maßnahmen zumuten. Der überwiegende Teil der Bevölkerung trägt diese Maßnahmen auch mit Geduld mit. Warum? – Weil wir alle die Freiheit, wie wir sie gewohnt sind, wieder zurückwollen. Unser aller Feind ist das Virus. Das müssen wir bekämpfen, und zwar gemeinsam. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Herr Bundeskanzler, liebe Mitglieder der Bundesregierung, ihr tragt eine hohe Verant­wor­tung. Herr Bundeskanzler Karl Nehammer, du hast seit der Angelobung und nach der Hofübergabe im Innenministerium sofort die Arbeit als Bundeskanzler aufgenommen und deinen klaren Weg vorgezeigt. Dein Weg ist auch unser Weg, der des Dialogs über Parteigrenzen (Rufe bei SPÖ und FPÖ: Boah!), das Gemeinsame zu suchen (Zwi­schen­rufe bei der SPÖ), das Vertrauen der Menschen in die Politik wieder zurückzugewinnen (Zwischenrufe bei der FPÖ), die Sorgen der Menschen zu verstehen und danach zu handeln. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Deine Erfahrung, dein Weitblick, deine positive Lebenseinstellung, deine Menschlichkeit, dein Optimismus und deine Grund­werte (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser) und unsere Unterstützung sollten dir und deinem Regierungsteam dabei helfen, unser Land zu führen. Helfen wir zusam­men, und dies aus Verantwortung für Österreich und seine Menschen! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.56


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Korinna Schumann. Ich erteile ihr dieses. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Da wird dich der Wolf holen!)



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13.56.21

Bundesrätin Korinna Schumann (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr Bundeskanzler! Werter Herr Vizekanzler! Werte neue Minister! Werte Staats­sekre­tärin! Ich verstehe ja eh, dass man in dieser Regierung jetzt eine unglaubliche Sehnsucht nach der Gnade des Vergessens hat, nach dem Nicht-mehr-Wahrnehmen, was war, nach dem: Alles ist mega! – Nur stehen wir als BundesrätInnen und vor allen Dingen als BundesrätInnen der Sozialdemokratie noch immer unter dem Eindruck der letzten Bundesratssitzung: Während der ÖVP-Kanzler und die MinisterInnen hier im Bundesrat von Stabilität und Zukunftsplänen sprachen, liefen im Hintergrund auf Social Media bereits ihre Rücktrittsreden.

Wir haben das weitere Zerbröseln des türkisen Systems live erlebt. Hätte man das im Theater so inszeniert, hätte man wohl gesagt: Na ja, das gibt es ja gar nicht, das ist jetzt schon ein bisserl übertrieben! – Aber nein, es fand wahrhaftig statt, und wir alle hier im Bundesrat durften Zeuginnen und Zeugen des Geschehens sein. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie Beifall des Bundesrates Arlamovsky.)

Leider ist das kein Theater und es ist nicht im Geringsten lustig. Österreich befindet sich in einer extrem schwierigen Zeit, und die ÖVP versucht, nach dem gescheiterten türkisen Experiment wieder irgendwie Tritt zu fassen – auch verständlich. Das Land aber braucht Stabilität. Die SPÖ hat immer dazu beigetragen – und wird es auch weiterhin tun –, für Stabilität zu sorgen (Bundesrat Steiner: Bravo!), weil wir wissen, dass dieses Land wieder ein stabileres Fahrwasser braucht. Aber wohlgemerkt: Es geht um die Stabilität des Landes im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher und nicht um die Stabi­lität der ÖVP und darum, wie sie sie wieder zurückgewinnt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein neuer Farbanstrich entbindet auch nicht aus der Verantwortung für das, was die ÖVP verursacht hat. Der öffentlich gemachte, wirklich unverschämte Griff in die Kassa des Finanzministeriums: Dafür muss die ÖVP ihre Verantwortung tragen. Mit dem Kommu­nikationsschmäh Kontrollversagen im Finanzministerium kommen Sie hier nicht durch. Was wir weiters jetzt aus dem Finanzministerium betreffend die Vorgänge rund um Tho­mas Schmid hören, ist alles mehr als bedenklich – und da ist seitens der ÖVP Verantwor­tung zu tragen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Durch all die taktischen Personalrochaden, die neuen Minister und die Staatssekretärin, die sich erst einarbeiten müssen, wird für die Menschen noch nichts besser. Der neue Bundeskanzler ist kein Unbekannter, auch wenn jetzt der Eindruck entstehen soll, es ist eine völlige persönliche Wandlung eingetreten. Wir haben nicht vergessen, dass Sie gut integrierte Kinder in der Nacht abgeschoben haben, wir wissen um das Scheitern Ihres Ressorts bei der Terrorismusbekämpfung und dem schrecklichen Anschlag in der Wie­ner Innenstadt, der Menschenleben gekostet hat und der hätte verhindert werden kön­nen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wissen darum, die Grünen haben es anscheinend vergessen.

Es geht aber nicht um diese schlingernde Regierung und die Parteiinteressen von ÖVP und Grünen, es geht einzig und allein um die Menschen in Österreich und ihre derzeit so schwierige Lage, die schon so lange anhält.

Die belastende Coronazeit – wir gehen in das dritte Jahr, und sie wird weiter andauern –, dazu das Scheitern der Bundesregierung in der Pandemiebekämpfung, unter dem wir alle leiden, eine viel zu niedrige Impfrate, x Menschen, die unter Long Covid leiden, und viel zu viele Coronatote, das ist die bestürzende traurige Bilanz.

Altkanzler Kurz hat die Pandemie im Sommer für beendet erklärt. Das angebliche Kom­munikationstalent war nicht einmal fähig, eine wirkungsvolle Impfkampagne aufzu­stel­len; keine Anreizsysteme, wie zum Beispiel im Burgenland, wo das so toll gewirkt hat.


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Wo ist der rot-weiß-rote Impfscheck von 500 Euro für alle, die sich den dritten Stich geben lassen? Damit würde man auch die heimische Wirtschaft fördern. Wo sind die Infokampagnen, um die Fragen rund um die Impfung zu beantworten? (Beifall bei der SPÖ.) Wo sind die Diskussionsmöglichkeiten für all jene, die noch an der Impfung zweifeln? Und ich meine hier ganz bewusst nicht die immer radikaler agierenden Impf­gegner, sondern einfach jene, die Angst haben.

Es gab einen vierten Lockdown, in den wir durch nicht rechtzeitiges Handeln der Regie­rung hineingerast sind, weiter Belastungen für die Menschen, vor allem auch für die Geimpften, die sich auch noch weiterhin testen lassen, weitere Belastungen für die Wirtschaft, weitere Belastungen für den Tourismus – und vor allem: die Beschäftigten in der Gesundheit und Pflege, sie wurden heute schon oft angesprochen, können nicht mehr. Sie leisten Unglaubliches, weit über ihre Belastungsgrenzen hinaus, und sie können nicht mehr.

Die Offensive Gesundheit hat dem Gesundheitsminister als Zeichen eine Gefähr­dungs­anzeige übergeben. Diese wird von den Gewerkschaften, der Ärztekammer und der Arbeiterkammer unterstützt, und ich darf daraus wie folgt zitieren: „Es ist unsere Pflicht, Sie, Herr Bundesminister [...], die gesamte Bundesregierung durch diese Gefährdungs­anzeige darauf hinzuweisen, dass durch Ihr Nichtstun die Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege kollabiert und Patientinnen und Patienten sowie Bewohnerinnen und Bewohner in höchstem Ausmaß gefährdet sind.“

„Auch wenn alle Berufsgruppen des Gesundheitswesens mehr als ihr Möglichstes geben,“ – und das ist die Wahrheit – „werde es [...] durch die gegenwärtig belastenden Arbeitssituationen zu Fehlern und Gefährdungen kommen: ,Die Sicherheit und die Ge­sundheit des Personals sind unter den bestehenden Arbeitsbedingungen massiv gefähr­det!‘“

Das ist ein Hilfeschrei, und das ist doch erschütternd, da muss doch gehandelt werden!

Noch unerträglicher ist, dass die Beschäftigten in diesen Bereichen bedroht werden. Schützen Sie die Krankenhäuser und die dort Beschäftigten! Schützen Sie die Pflege­kräfte vor tätlichen Angriffen! Da darf es keine Toleranz geben! (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Viele systemerhaltende Beschäftigtengruppen leisten oft ganz unbemerkt Unglaubliches in dieser Pandemie. Lassen Sie mich an dieser Stelle noch eine Gruppe erwähnen, das ist jene der Beschäftigten in der Elementarpädagogik. Die Beschäftigten dort sind die Vergessenen in der Pandemie. Sie können keine Masken tragen, sie haben aber ein besonders hohes Ansteckungsrisiko. Noch immer gibt es keine bundeseinheitliche Test­strategie, kein einheitliches Hygienekonzept für die Kindergärten und kein zusätzliches Unterstützungspersonal. Wir reden davon, wie es nach den Feiertagen den Schulen ergehen wird, und das ist auch völlig richtig, aber es kommt kein Wort zu den Kinder­gärten, und das ist unerträglich!

Die Kinder brauchen offene und sichere Kinderbildungseinrichtungen, Eltern können ohne diese Bildungseinrichtungen keiner Beschäftigung nachgehen. Gewerkschaft und Arbeiterkammer haben schon so oft darauf hingewiesen, erst letzte Woche wieder. Bitte handeln Sie da endlich, es braucht ein einheitliches Konzept! Kindergärten können nicht zum Coronacluster werden. Die Situation ist wirklich unerträglich. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie geht es den Menschen in Österreich? – Es ist nicht alles mega, nein: Sie leiden unter der Teuerung, und zwar ganz massiv; jene, die sowieso schon wenig haben, noch viel mehr. 150 Euro für sie ist etwas, aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein – bitte keine A-bisserl-was-für-die-Ärmeren-Politik à la ÖVP, die sich die Grünen bei gleich­zeitigem Ausräumen des Insolvenzentgeltfonds haben abkaufen lassen.


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Wir hatten eine hohe Inflation und haben eine Inflation von 4,3 Prozent im November, so hoch wie seit 30 Jahren nicht. Die stärksten Preistreiber sind die Energiekosten, die Treibstoffkosten. Der Preis für Diesel ist um 40,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, jener für Heizöl um 64,5 Prozent, aber auch Mieten, Lebensmittelpreise, Strompreise sind gestiegen. Das trifft alle, auch den Mittelstand, und es kann davon ausgegangen werden, dass es im kommenden Jahr so weitergeht. Andere Länder haben gehandelt, aber wo ist Ihr Handlungsansatz? Wo ist die Teuerungsbremse? Wo ist das Winterpaket, damit die Geldbörsen der Menschen in diesem Winter endlich ganz rasch entlastet werden? Da gilt es zu handeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Problem, sich die Existenz nicht mehr leisten zu können, kennen vor allem junge Menschen besonders gut. Für die Anschaffung der ersten Wohnung, für den Aufbau der ersten eigenen Existenz fehlt oft das Geld, vor allem durch die Inflation und niedrige Einstiegslöhne. Frau Staatssekretärin, wie stellen Sie sich das vor: bis 30 ein Haus gebaut, ein Kind gezeugt, einen Baum gepflanzt!? So waren Ihre Worte. Bitte, schauen Sie sich die Immobilienpreise an, schauen Sie sich die Grundstückspreise in der letzten Zeit an, das kann sich eine Person mit einem durchschnittlichen Einkommen niemals leisten! (Beifall bei der SPÖ.)

Besonders bedauerlich finde ich, dass es in der Arbeit der Regierung so gut wie keinen frauenpolitischen Ansatz gibt. Herr Bundeskanzler, ich habe Ihnen genau zugehört, und auch Herr Vizekanzler, die Frauen wurden mit keinem Wort erwähnt. Es gibt nur das Thema Familienpolitik, und da sehen wir, dass eher die Ungleichheit gefördert wird: Wohlhabende Familien erhalten mehr, Familien mit weniger Einkommen weniger. – Wie ungerecht ist das denn?

Noch etwas zu den Frauen: Barbara Prammer hat einmal sinngemäß gesagt, das Aus­maß der Gleichstellung von Frauen sei der Gradmesser für die Qualität der Demokratie. Im Sinne dieses Maßstabes sollten wir uns bitte alle große Sorgen machen, und zwar über die Parteigrenzen hinweg. Corona darf nicht zum Booster für ein längst veraltetes Frauenbild werden. Dafür tragen Sie auch in dieser Regierung Verantwortung. (Beifall bei der SPÖ.)

Grundsätzlich sagen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten: Die Grundlage unseres Handelns ist, für gerechte Verteilung zu sorgen, nicht die Reichen noch reicher zu machen und den Rest der Bevölkerung zurückzulassen und im Strudel der Teuerung alleinzulassen.

Die Auswirkungen des Klimawandels, der Digitalisierung dürfen nicht zum Angstszenario werden, sondern müssen in gemeinsamer Anstrengung abgefedert und gestaltet wer­den.

Chancen zu geben und Möglichkeiten zu eröffnen, und zwar für alle, das muss unser Ziel sein, und in dieser schweren Coronazeit die vielen Lasten von den Schultern der Menschen zu nehmen und Gräben zu überbrücken, das muss aus unserer Sicht der zukünftige Weg sein, und dafür steht die Sozialdemokratie. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.07


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Christoph Steiner. Ich erteile ihm dieses.


14.07.27

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Frau Vizepräsidentin! Herr Kanzler! Herr Vizekanzler! Weitere Mitglieder der Regierung – bitte verzeiht mir, die Namen weiß ich jetzt noch nicht alle auswendig, aber bei der Fluktuation sei mir das bitte verziehen! (Beifall bei BundesrätInnen der FPÖ.)


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Ganz kurz noch eine Replik auf die Darbietung oder das Gschichtl von Herrn Kollegen Gfrerer gerade vorhin: Ich habe jetzt den leisen Verdacht, den ganz leisen Verdacht, wie ihr das bei der ÖVP macht. Ich vermute einmal, dass ihr in der Klubsitzung würfelt, wer welche Rede vorlesen muss, denn anders ist das nicht zu erklären, was Sie da abge­liefert haben, Herr Gfrerer. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben heute die fünfte oder sechste Regierungserklärung in knapp zwei Jahren, „das Beste aus beiden Welten“ als gut und positiv zu verkaufen wird jetzt immer schwie­riger. Ich glaube auch, dass man vielleicht schon einmal einen Blick zurückwerfen sollte, weil man ja so schnell vergisst. Wie hat denn das Ganze in dieser schwarz-grünen, nein – wie hat der Herr Vizekanzler gesagt? –, in dieser schwarz-türkis-grünen Regie­rung – so anscheinend ist das neue Wording, dann bleiben wir dabei – begonnen?

In dieser schwarz-türkis-grünen Regierung hat das mit einer sehr, sehr glücklosen Frau Staatssekretärin Lunacek begonnen. Es ging weiter mit Frau Aschbacher, die dann ganz patschert über ihre Titel stolperte. Und dann kam der Herr, der immer von den zwei entscheidenden Wochen sprach, der Herr, der uns allen noch in Erinnerung ist, Herr Rudi Anschober, der trat als Nächster zurück. Und wer dachte, noch schlechter und schlimmer geht es eigentlich nicht mehr – nach dem Herrn Anschober –, der wurde mit der grünen Nachbesetzung im Gesundheitsministerium ganz, ganz schnell eines Besseren belehrt. Kurz nach Anschober gab es schon eine kurze Verschnaufpause für diese schwarz-türkis-grüne Regierung, bis sie dann in die ÖVP-Abwärtsskandalspirale schlitterte.

Am Anfang hat man sich vielleicht noch gedacht: Die ÖVP mit ihrer ganzen Macht, mit ihrem ganzen Einfluss in den Ländern, in die Institutionen hinein bis ganz tief hinunter wird das schon irgendwie hinkriegen, dass sie das wieder vertuschen und sich irgendwie herauslamentieren kann. Wir wurden aber auch da – gottlob! – eines Besseren belehrt. Die Vorwürfe gegen Herrn Kurz und seine türkise Partie oder Clique wogen dann doch zu schwer und die Luft wurde dann doch zu dünn. An dieser Stelle – das muss man einmal ganz offen und ehrlich sagen – gilt ein großer Dank der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die sich trotz einer massiven Schmutzkübelkampagne dieser ÖVP nicht hat beirren lassen und diesen Sumpf letztendlich trockenlegt. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Das ist an dieser Stelle wichtiger denn je, denn eines muss der ÖVP im Bund und in den Ländern jetzt endlich einmal klarwerden: Dieses Land gehört nicht der ÖVP, sondern dieses Land gehört den Österreicherinnen und Österreichern! (Beifall bei der FPÖ.)

Ihr von der ÖVP werdet das halt lernen müssen – ob ihr es vor Gericht lernt, ob ihr es im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss lernen müsst oder ob ihr es hier im Parlament lernen müsst, aber spätestens lernt ihr es dann, wenn das Ergebnis der Auszählung der Wählerstimmen vorliegt. (Beifall bei der FPÖ.)

Somit kommen wir wieder zurück zum ÖVP-Wunderwuzzi, der dann vorerst einen Schritt zur Seite machen musste, denn das Land wäre ihm ja wichtiger als seine Person – Zwinkersmiley. Als dann aber die schwarzen Landeshauptleute plötzlich gesehen haben, dass sie Oberwasser bekommen können, also quasi die Chance zur Macht­ergrei­fung erblickt haben, aber wieder Kurz vor sich sahen, haben diese Landeshauptleute nicht lange gefackelt und haben Herrn Kurz beseitigt. (Heiterkeit der Bundesrätin Miesenberger.) Dann musste Kurz plötzlich aufgrund der wirklich schwerwiegenden Vorwürfe – wegen des Verdachts der Korruption, der Käuflichkeit und noch anderer unglaublicher Delikte –, aber nicht zuletzt eben auf den massiven Druck der Alt­schwar­zen das sinkende Regierungs- und ÖVP-Schiff verlassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Zerknirscht und tief gefallen quasi musste der Wunderwuzzi dann seinen Rücktritt verkünden. Um es mit den Worten von Herrn Schützenhöfer zu sagen: „Kurz war“ wie


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„eine Leuchtrakete.“ – Na und was haben Leuchtraketen so an sich? – Sie leuchten sehr hell, verglühen aber sehr schnell.

So, das war es nun mit Kurz in der Regierung und in der Politik. Für manche war es viel zu kurz, für manche war es viel zu lang, und für andere war es eine unglaubliche Story. Was uns alle aber eint, ist die Tatsache, dass diese Leuchtrakete – Messias, Wunder­wuzzi, Heiland oder wie auch immer ihn sein Gefolge genannt hat – einen massiven Schaden für unsere Demokratie und speziell für das Ansehen Österreichs im Ausland hinterlassen hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Wer jetzt aber glaubt, dass dieses Kapitel Sebastian Kurz für Österreich abgeschlossen ist, den muss ich leider enttäuschen, denn der irrt gewaltig. Jetzt könnte man vielleicht noch in Versuchung kommen, zu sagen: Na ja, zumindest hat er noch ein paar Regie­rungsmitglieder in die Politpension mitgenommen. – Ich mache auch gar keinen Hehl daraus: Ich bin heilfroh, dass Herr Minister Blümel das Handtuch geworfen, es Herrn Kurz gleichgetan hat und auch zurückgetreten ist – natürlich nicht aus privaten Gründen, sondern weil auch gegen ihn, Herrn Blümel, wegen ähnlicher Vorwürfe wie bei Herrn Kurz ermittelt wird.

Ein paar versöhnliche Worte aber: Jetzt haben wir einen neuen Finanzminister, der aus unseren Reihen, also aus dem Bundesrat, kommt. (Bundesrat Buchmann: Eher aus unseren Reihen!) – Lieber Herr Minister Brunner, lieber Magnus, ich gebe dir heute einen persönlichen Vertrauensvorschuss. (Rufe bei der ÖVP: Wow! He?) Ich hoffe, du weißt, was das bei mir bedeutet. Lieber Herr Finanzminister, du hast nun die einmalige Chance, entgegen jeglicher Parteitaktik diesen tiefen Sumpf, den ja nicht nur die Türkisen, sondern auch davor schon die Altschwarzen im Finanzministerium angelegt haben, endlich offen und ehrlich trockenzulegen und aufzuarbeiten. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn es dir damit ernst ist, lieber Herr Finanzminister, dann hast du von uns jegliche Unterstützung, und ich wünsche dir dafür ein wirklich gutes Händchen. (Beifall bei der FPÖ.)

Dann gehen wir weiter zum nächsten Minister. Er ist heute nicht da, und ich wollte zunächst auch gar nichts zu Herrn Schallenberg sagen, aber es ist gar nicht so einfach, diesen Herrn jetzt auszusparen, deshalb auch ein paar Worte zu Herrn Schallenberg, der sich jetzt nicht so leicht aus der Verantwortung stehlen kann, denn welche unglaub­lichen Entgleisungen sich Herr Schallenberg in seiner gottlob kurzen Zeit als Kanzler gegenüber den Österreicherinnen und Österreichern geleistet hat, war wirklich unter aller Würde. Ich habe für diesen Herrn Schallenberg wirklich keinen Funken Respekt mehr übrig. (Beifall bei der FPÖ.) Dieser Herr Schallenberg ist für mich einer der wenigen Menschen, mit denen ich in meinem Leben so schnell nichts mehr zu tun haben will.

Es zeigt sich aber auch der Charakter dieses Herrn Schallenberg: Es ist ihm nämlich nicht zu blöd, nach diesen unglaublichen Entgleisungen, die er als Kanzler immer zum Besten gab, weiter an einem Regierungssessel zu kleben. Ich frage mich dann wirklich im Ernst, Herr Kanzler, wie ernst Österreich seine Außenpolitik überhaupt noch nimmt. Außenminister, das wissen wir, wird man jetzt, wenn man es geschafft hat, das Inland zu spalten, zu drangsalieren und aufzuhetzen. Das ist kein gutes Zeugnis für unser ehemals so prestigeträchtiges Außenamt. (Beifall bei der FPÖ.)

Ganz ehrlich gesagt: Der neue Innenminister ist schon wirklich ganz, ganz starker Tobak. Eine Person mit dieser Vergangenheit in ein derart sensibles Ministerium wie das Innen­ministerium, noch dazu in dieser Zeit, zu setzen (Ruf bei der ÖVP: ... Kickl!) – da muss man sich schon fragen, ob sich diese ÖVP überhaupt selbst noch spürt. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt machen wir einmal ein Gedankenexperiment. Ich lade euch jetzt ein: Macht einmal die Augen zu, und jetzt stellen wir uns irgendeinen Freiheitlichen mit nur annähernd


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derselben Vergangenheit wie der von Herrn Karner vor! (Bundesrat Raggl: Der mit dem Pferd!) Stellen wir uns das nur einmal vor: Den setzen wir jetzt ins Innenministerium. – Na ups! Die Grünen und die gesamten Linkslinken würden sich in ihrer moralischen Überheblichkeit ja vor lauter Zorn und Hass überschlagen. In ganz Österreich würden, angeführt von eurer Vorfeldorganisation, der Antifa, wohl die Straßen brennen. Also, liebe Grüne, vielleicht geht ihr noch einmal in euch. Herr Vizekanzler, vielleicht gehen Sie auch in sich und denken noch einmal darüber nach, ob dieser Innenminister mit eurem – hoffentlich noch vorhandenen – Selbstverständnis überhaupt in Einklang zu bringen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum neuen Bildungsminister kann ich jetzt noch gar nicht so viel sagen. Von ihm hat man noch nicht allzu viel mitbekommen – außer: Er hat eine ganz lockere, lässige, mutige Frisur. Das muss man sich auch erst einmal trauen. Hoffentlich, Herr Bildungs­minister, behalten Sie diesen Mut auch dann bei, wenn es wieder darum geht, dass die Schreie nach Schulschließungen lauter werden, damit wir die Schulen eben nicht wieder schließen. Behalten Sie diesen Mut bei! (Beifall bei der FPÖ.)

Leid tut es mir allerdings wirklich um Herrn Faßmann, denn dieser hat am Schluss seiner Amtszeit wirklich einen Schwenk hin zu mehr Mitgefühl für unsere Kinder und Eltern gemacht. Dafür bleibt er sicher bei vielen Eltern doch noch positiv in Erinnerung.

Soviel ich weiß, hätten aber in dieser Regierung weit mehr Köpfe rollen müssen. So hätten ja auch die Ministerinnen Schramböck und Köstinger ausgetauscht werden sollen, was nun ja nicht gerade für ihre Kompetenz spricht, aber sei’s drum.


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Herr Bundesrat Steiner, ich möchte Sie an die vereinbarte Redezeit erinnern, die Sie schon um mehr als 2 Minuten über­schritten haben. Bitte kommen Sie zum Ende! – Danke.


Bundesrat Christoph Steiner (fortsetzend): Vielen Dank, Frau Präsidentin.

In der „TT“ konnte man lesen, dass Platter von dieser Ankündigung des Herrn Nehammer überrollt wurde und zu Schramböcks Glück dann halt in der Tiroler ÖVP niemand ge­funden wurde, der sich dieser krisengebeutelten Regierung noch anschließen wollte. Somit bleibt Ministerin Schramböck mit ihrer Erfolgsgeschichte Kaufhaus Österreich wohl oder übel noch ein paar Tage länger in diesem Amt.

Zu Frau Köstinger muss ich ganz ehrlich sagen, dass mir eigentlich die Worte fehlen, damit mich die Frau Präsidentin nicht rügen muss. Eine Ministerin, die einen Sprach­gebrauch aus dem Dritten Reich verwendet und einem anderen Politiker vorwirft, er habe „Blut an den Händen“ – vor dieser Person fehlt mir jeglicher Respekt, es tut mir leid. (Beifall bei der FPÖ.)

Und somit wären wir schon bei Ihnen, Herr Neokanzler, Herr Nehammer! „Die Zunge ist“ manchmal „schärfer als das Schwert“, sagten Sie, Sie werden die Hand ausstrecken. – Herr Nehammer, ich höre Ihre Worte wohl, nur fehlt mir derzeit der Glaube. Vergessen Sie nicht, Herr Kanzler: Die letzten zwei Jahre haben Sie keine Gelegenheit ausge­lassen, um den Österreichern zu drohen. Ich erinnere an Ihren Flex-Sager. Ich erinnere Sie daran, dass Sie den Österreichern mit mehr Polizei drohten, um eure oft sinnlosen Coronaregeln hart umzusetzen und die Bürger zu bestrafen.

Während man an unseren Grenzen ganz ungeimpft und ungetestet, quasi ungeniert, in unser Land spazieren kann, darf seit Montag ein doppelt Geimpfter und zusätzlich Ge­nesener ohne PCR-Test nicht einmal mehr ins Land einreisen. Für die angeblichen Flüchtlinge jedoch gilt dies alles nicht. (Beifall bei der FPÖ.) Wissen Sie, was das ist? – Das ist Inländerdiskriminierung auf höchstem Niveau!


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Ja, Herr Kanzler, es wäre wünschenswert – es wäre wirklich wünschenswert! –, dass Sie mit der Abrüstung der Worte gegenüber den Bürgern endlich beginnen. Positive Signale habe ich auch heute wieder vernommen, und ich sage Ihnen ehrlich, ich bin froh darüber. Diese ausgestreckte Hand, Herr Nehammer, so diese auch ernst gemeint ist und auf Augenhöhe mit allen Bürgern gereicht wird, werden wir gerne auch aufnehmen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn diese Regierung zur Normalität und zu einem normalen Umgangston gegenüber den Bürgern zurückfindet, sind wir natürlich bereit, auch unseren Input zu geben – auf Augenhöhe, versteht sich. Ich bin mir nach den Entgleisungen des Herrn Vizekanzlers letzte Woche im Nationalrat aber nicht so sicher, ob man es mit diesem Angebot wirklich so ernst meint.

Herr Kogler – und das kann ich Ihnen nicht ersparen –, als Sie letzte Woche im Nationalrat eine Hass- und Schimpftirade über alle Bürger dieses Landes, die für Freiheit und Unversehrtheit einstehen, in Bausch und Bogen losließen, blieb mir – ich sage es Ihnen ehrlich – wahrlich die Spucke weg. (Beifall bei der FPÖ.) – Anscheinend ist Herr Kogler mit seinen promillehaltigen Reden der neue Scharfmacher dieser Reg- - (Bun­desrat Schreuder: Das ist ja ...! Was soll das? Weitere Zwischenrufe bei Grünen und ÖVP.)

14.23.35*****


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Herr Bundesrat, dafür möchte ich Ihnen jetzt einen Ordnungsruf erteilen.

*****

Außerdem bitte ich Sie noch einmal, zum Ende zu kommen. Sie haben schon über 6 Minuten überzogen. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser. – Rufe und Ge­genrufe zwischen BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ.)


14.23.44

Bundesrat Christoph Steiner (fortsetzend): Der Herr Vizekanzler dieser Republik ist nun der neue Scharfmacher und betitelte friedliche Bürger als „Staatsverweigerer“, „Demokratiefeinde“, „Neonazis“. – Ja, Herr Kogler, ich frage Sie ganz ehrlich: Geht es Ihnen noch ganz gut? (Beifall bei der FPÖ.)

Das kommt ausgerechnet von Herrn Kogler von jenen Grünen, die das Demonstrieren quasi erfunden haben. In Ihrem kruden Weltbild und in Ihrem kruden Verständnis von Demokratie aber dürfen natürlich nur jene auf die Straße gehen, die auch angenehm sind, die in eure kleine politische Welt passen. Allen anderen – eben den „Staats­ver­weigerern“, den „Demokratiefeinden“, „Neonazis“ und „Neofaschisten“ – ist es verboten. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.) So schaut die verschwommene Welt des Herrn Kogler in Wahrheit aus. (Beifall bei der FPÖ.)

Nicht nur Herr Kogler aber verstieg sich massiv im Ton, auch Frau Edtstadler ließ gleich nach Ihrer, Herr Kanzler, Ankündigung, die Worte abzurüsten, einen demokratiepolitisch wirklich bedenklichen Sager vom Stapel, nämlich sei es laut Edtstadler ab Einführung der Impfpflicht rechtswidrig, in Österreich als Ungeimpfter zu wohnen. – Also normal ist das bei Gott nicht mehr (Beifall bei der FPÖ), und bei allem Verständnis: Diese Dame ist in dieser Regierung längst untragbar.

Herr Nehammer, sehen Sie bitte, warum mir jetzt der Glaube an Ihre Worte fehlt! Dieser Regierung kann man einfach nichts mehr glauben. Bitte belehren Sie uns eines Bes­seren, hoffentlich bald!


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Warum aber habe ich dies alles noch einmal in Erinnerung gerufen? – Nicht, weil wir mit dieser Regierung noch längere Jahre zusammenarbeiten wollen, sondern wir werden diese Regierungskonstellation wohl oder übel über Weihnachten und über Silvester noch drüberretten müssen. Seien wir uns ehrlich: Diese Regierung hat weder das Vertrauen noch die Legitimation, unser Heimatland noch länger als nötig – und mit länger als nötig meine ich die Fristen bis zu einer Neuwahl – zu regieren!

Diese Regierung wird von Bürgern in Österreich schon längst nicht mehr akzeptiert. Das Fazit also: Ab in Neuwahlen, so schnell wie möglich – es ist höchst an der Zeit, den Souverän entscheiden und neu bestimmen zu lassen.

Abschließend noch an all jene – Herr Kanzler, auch an Sie –, die ich am morgigen Sit­zungstag nicht mehr sehen werde: Ich wünsche euch allen zu Weihnachten und für das neue Jahr all das, was Sie auch mir wünschen würden! – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

14.26


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Marco Schreuder. Ich erteile dieses.


14.26.37

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Minister! Herzlich willkommen im Bundesrat in dieser neuen Konstel­lation!

Sehr geehrter Herr Vorredner Steiner! Wenn man von Respekt spricht, dann könnte man zumindest respektieren, dass wir uns in der Präsidiale auf 10 Minuten Redezeit geeinigt haben. (Bundesrat Steiner: Nein, das stimmt nicht!) Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir das einhalten würden. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Steiner verlässt seinen Sitzplatz und wendet sich an die MitarbeiterInnen der Parlamentsdirektion.)

Selbstverständlich, das ist überhaupt keine Frage, fühlen sich sehr viele Menschen - - (Zwischenrufe bei der ÖVP in Richtung des sich wieder zu seinem Sitzplatz begebenden Bundesrates Steiner. – Bundesrat Steiner: Ah! Da kommen wir in den Kindergarten! – Rufe bei der ÖVP: Ja, genau!) – Herr Kollege Steiner, Sie haben uns jetzt in sehr ausführlicher Art und Weise erzählt, wem Sie das Vertrauen schenken, wem Sie kein Vertrauen schenken, welche Köpfe sie rollen sehen wollen, welche Köpfe Sie nicht rollen sehen wollen (Bundesrat Steiner: Das darf ich wohl noch, oder? Das darf ich schon noch!), ich habe aber keinen einzigen Vorschlag dazu gefunden (Bundesrat Steiner: Ja, das ist eine Regierungserklärung, oder?), wie wir mit den großen Herausforderungen, denen diese Regierung gegenübersteht, mit den Krisen umzugehen haben. (Bundesrat Ofner: Stimmt einmal unseren Anträgen zu! Da sind genug Vorschläge drinnen!) Die großen Krisen, die wir jetzt haben, sind eine globale Pandemie mit all ihren Folgen sowie eine Klimakrise, die wir lösen müssen. Ich habe von Ihnen keinen Vorschlag für eine Lösung gehört. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Bundesrat Ofner: Lösen wir zuerst einmal die Regierungskrise!)

Viele, viele Menschen, die jetzt zuschauen, wollen aber wissen, wie wir Probleme lösen – das ist ja das Gute an der Demokratie, dass wir dazu einen Wettbewerb haben –, und darum muss es gehen, das müssen wir ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit stellen! Die Leute fühlen sich im Moment natürlich wie in einem Horrorfilm, das ist ja auch verständlich. Diese Pandemie ist eine ganz fürchterliche Sache, und das erleben nicht nur wir in Österreich, das wird global – in Afrika, in Südamerika, Nordamerika, in Asien, überall – erlebt.


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Gleichzeitig passiert auf der innenpolitischen Ebene natürlich auch etwas, bei dem sich manche Menschen vielleicht an einen Brenner-Krimi von Wolf Haas erinnert fühlen: „Jetzt ist schon wieder was passiert.“  Keine Frage, das sind die Dinge, die die Leute beschäftigen und mit denen wir uns jetzt beschäftigt haben. Genau deswegen aber, weil wir in dieser globalen Krise arbeiten, und genau deswegen, weil in der Innenpolitik natürlich tatsächlich eine Vertrauenskrise entstanden ist, brauchen wir jetzt Stabilität, brauchen wir jetzt auch Besonnenheit und lösungsorientierte Arbeit.

Ich als Vertreter der grünen Fraktion hier in der Länderkammer kann nur sagen, dass wir bereit sind, an diesen Lösungen mitzuarbeiten, und es ist auch wichtig, dass wir – Sie haben die Bundesländer erwähnt, Herr Bundeskanzler – das gemeinsam machen. Es gab in der Vergangenheit mitunter so eine Art Wettkampf zwischen den Bundesländern – der Herr Vizekanzler hat auch darauf aufmerksam gemacht –, im Zuge dessen dann gesagt wurde, ein Bundesland mache dieses nicht gut, ein anderes mache jenes besser. Später war die Welle wieder woanders, dann hat man das wieder umgedreht. – Das hilft uns einfach nicht weiter! Es hilft uns nicht weiter, wir müssen zusammenarbeiten.

Wir werden dann über die großen Herausforderungen sprechen. Erst gestern hat eine Nachbarin, die ich getroffen und der ich erzählt habe – wahrscheinlich schaut sie jetzt auch zu –, dass ich zu dieser Regierungserklärung sprechen werde, zu mir gesagt: Weißt du, was ich mir von der Politik wünschen würde? Dass es wieder ein bisschen sachorientierter und ein bisschen langweiliger wird. – Im Grunde finde ich diese Aussage gar nicht uninteressant, weil das wirklich das ist, was die Leute verlangen. Ich glaube – und daran sind wir auch mit unserer parlamentarischen Arbeit beteiligt –, wenn wir Reden halten, die immer an dieser Empörungsschraube drehen, wenn wir Reden halten, die wir mehr für Facebook und für Likes und Shares (Bundesrat Steiner: Die Likes hast du gern von mir, oder?) und weniger für eine sachliche Diskussion, für sachliche Arbeit und für ein Ringen um Lösungen halten, dann haben wir tatsächlich ein Problem, weil die Leute von uns Lösungsorientierung und nicht die Likes wollen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich möchte schon sagen, dass sich der Ton – und das möchte ich wirklich betonen – jetzt geändert hat. Besonnenheit, Klarheit, faktenorientiertes Handeln und aber auch eine Deutlichkeit in der Kommunikation über die Schritte, die notwendig sind, auch wenn sie einem schwerfallen, das ist sicher das, was jetzt wichtig ist. (Präsident Raggl übernimmt den Vorsitz.)

Deswegen freue ich mich vor allem darüber, dass es gelungen ist, diese gesamt­staat­liche Krisenkoordination zu installieren – es ist schon erwähnt worden – und dass die wichtigsten Köpfe dieses Landes uns jetzt zur Seite stehen und Expertinnen und Exper­ten uns begleiten, dies auch deswegen, da wir alle – und ich glaube, das eint uns alle – von Omikron hören, über Omikron lesen und wissen, dass da etwas auf uns zukommt. Wir wissen noch nicht alles, das ist ja noch viel beunruhigender, und deshalb ist es umso wichtiger, dass es ein beratendes ExpertInnengremium gibt. Ich möchte das hier wirklich besonders loben und betonen. Es sind tolle Persönlichkeiten, die der Regierung da zur Seite stehen.

Breit kommuniziert sind ja schon Generalmajor Rudolf Striedinger und Katharina Reich aus dem Gesundheitsministerium. Ich möchte aber ein paar Namen nennen, um zu zeigen, mit welch tollen Leuten und auch mit welch breiter Perspektive man das Ganze beleuchtet. In diesem Gremium sitzt zum Beispiel die Journalistin und Autorin Ingrid Brodnig, eine auch international sehr anerkannte Expertin in diesem ganzen Bereich, wie man mit Verschwörungstheorien umgeht, wie man mit Verschwörungserzählungen im Internet, mit Fakenews und mit Hass im Netz umgeht. Es ist Eva Schernhammer im Gremium, eine Professorin für Epidemiologie, es ist Niki Popper drinnen, ein Mathe­matiker, oder Markus Müller, ein Professor für Innere Medizin. Das sind die Expertinnen


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und Experten, die uns jetzt begleiten werden. Ich finde es ganz, ganz wichtig, jetzt fak­tenbasierte Politik zu machen, denn die richtige Antwort auf die Empörungsmaschinerie ist faktenorientiertes Handeln. (Zwischenruf des Bundesrates Hübner.)

Wir als Grüne haben uns (Bundesrat Steiner: Längst aufgegeben! Ihr habt euch längst aufgegeben!) von Anfang an zu dieser Regierungsbeteiligung bekannt. Ich halte es immer noch für richtig, dass wir das tun, und ich möchte auch begründen, warum. Ich bin vor zehn Jahren hier in diesem Haus angelobt worden, und da hat es immer noch geheißen oder war immer noch ein Duktus der gesamten Diskussion und der gesamten politischen Debatte, dass Klimaschutz und Wirtschaft Gegensätze wären. Das stand damals zur Debatte und das waren durchaus harte Debatten, und man hatte das Gefühl, das sind unüberbrückbare Gräben, die dazwischen liegen. Diese Regierungsbeteiligung, diese Zusammenarbeit zwischen ÖVP und Grün, hat dazu geführt, dass wir das Ganze versöhnen, dass wir Wirtschaft und Klimaschutz gemeinsam denken, weil das kein Widerspruch ist. Ein Lehrer von mir hat schon in den Achtzigerjahren in Bad Ischl einmal gesagt: Ökologie ist Langzeitökonomie. – Ich glaube, das ist das, was diese Regierung in einem ganz besonderen Ausmaß lebt.

Es ist auch schon gesagt worden, dass wir nicht vergessen dürfen, dass ganz Europa darauf schaut, wie das funktioniert, weil das durchaus sehr beispielgebend für die Zukunft sein kann, wie wir die Klimakrise – und das ist die eigentlich noch viel größere Krise als die Covid-Krise, das muss man schon auch betonen – weiterhin angehen werden.

Meine Damen und Herren, es sind viele Herausforderungen, die wir anzugehen haben. Herr Kollege Schallenberg ist nicht da, aber auch er hat derzeit große Krisen zu bewältigen. Wir brauchen nur an die ukrainische Grenze zu schauen, wir brauchen nur an die Grenze zwischen Belarus und Polen zu schauen, welche Herausforderungen da auch auf uns als Europa zukommen. (Zwischenruf des Bundesrates Hübner.)

Ich möchte insbesondere der Staatssekretärin mitgeben, dass natürlich die Jugend in einer ganz besonderen Art und Weise von dieser Pandemie betroffen ist. Es wird die Kritik geäußert, dass wir die Jugend übersehen würden, aber wir sehen ja, wie sehr die Jugend genau jetzt unter der Krise leidet. Das in den Schulen aufzufangen ist natürlich auch für das Bildungsressort eine sehr, sehr große Aufgabe. Da muss man der Jugend helfen.

Ich möchte dieser Jugend aber auch sehr großen Respekt aussprechen. Als am Sonntag bei Yes we care auf der Ringstraße Kerzen angezündet wurden, waren unglaublich viele Jugendliche dabei, die auch gezeigt haben - - (Bundesrat Steiner: Rechtsradikale, Nazis, Faschisten, Staatsverweigerer! Gottfried Küssel selber – war alles dabei! Rechts­radikale, Neonazis waren das!) – Nein das waren Menschen, die sich solidarisch gezeigt und der Covid-Toten gedacht haben.

Im Finanzressort – meine Kollegin Kittl wird darauf noch genauer eingehen – haben wir ja noch große Brocken vor uns liegen, nämlich die ökosoziale Steuerreform. Das ist eine der größten Reformen, die wir je in Österreich im Steuersystem gehabt haben. Diese Ökologisierung hat es nämlich in Österreich in einer Steuerreform wirklich noch nie gegeben. Ich möchte auch wirklich dieses Märchen zurückweisen, dass wir da den Ärmsten nicht helfen würden. Das ist eine der sozialsten Steuerreformen, die wir in den letzten Jahren gehabt haben (Beifall bei Grünen und ÖVP – Zwischenrufe bei der SPÖ), mit einer Entlastung, die sich wirklich, wirklich sehen lassen kann. Wir bekennen uns dazu!

Wir wünschen Ihnen (in Richtung Regierungsbank) für diese Arbeit alles erdenklich Gute und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.36



BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 95

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Bundesrat Christoph Steiner. – Bitte.


14.36.35

Bundesrat Christoph Steiner (FPÖ, Tirol): Bundesrat Kollege Schreuder hat in seiner Rede behauptet, es gäbe eine Vereinbarung der Präsidiale, dass man nur 10 Minuten redet. Das ist nicht richtig. Wir haben in der letzten Präsidiale noch einmal darüber ge­sprochen: Es ist in der Geschäftsordnung nicht vorgesehen, dass es eine Rede­zeitbeschränkung gibt.

Noch einmal für alle hier im Raum: Im Bundesrat gibt es keine Redezeitbeschränkung. Natürlich wird man sich bemühen, diese 10 Minuten einzuhalten, nur, bei einer Regie­rungserklärung, bei der sich der Herr Kanzler seine Staatssekretärin zur Seite genom­men hat – und wir werden den Herrn Kanzler (Bundesrat Preineder: Bundeskanzler!) im Bundesrat wahrscheinlich nie wieder sehen –, muss man die Zeit schon einmal aus­nutzen, und nach der sechsten, siebenten Regierungsumbildung muss man auch zuge­stehen, dass man auch einmal ein bisschen länger redet.

Herr Schreuder, hören Sie doch auf mit dem dauernden Unwahrheitenverbreiten, denn sonst weiß ich nicht, wofür in der Präsidiale - - (Beifall bei der FPÖ.)

14.37


Präsident Dr. Peter Raggl: Das ist jetzt keine tatsächliche Berichtigung mehr, Herr Bundesrat.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile dieses.


14.37.51

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Herren Bun­desminister! Einer ist noch da. (Bundesminister Polaschek: Zwei sind da!) Um kurz darauf einzugehen, Herr Kollege Steiner: Ihr könnt euch das ja zumindest in der Fraktion aufteilen, wer zu welchem Minister redet, ich muss jetzt tatsächlich alle auf einmal umfas­sen. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner: Aber du hast mehr als 10 Minuten Zeit!) – Ich weiß, ja.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, ich beginne mit etwas Persönlichem: Ich habe an­lässlich Ihres Amtsantritts Ihre Biographie ein bisschen näher angeschaut. Wir haben mehr Gemeinsamkeiten als unseren schönen Vornamen, uns trennt auch weniger als ein Monat im Alter. Wie waren beide an einem humanistischen Gymnasium, zwar nicht in demselben, aber Sie waren in jenem, in dem meine Tochter gewesen ist und wo ich dann auch im Elternverein war.

Zum Inhaltlichen: Sie haben in den ersten zwei Wochen Ihrer Amtszeit einen sehr positiven Eindruck erweckt – zumindest den Eindruck erweckt, inhaltlich kann man ja noch nicht viel rekapitulieren. Sie haben im Nationalrat und auch hier heute gesagt, dass Ihnen der Respekt vor dem Parlament sehr wichtig ist, dass Ihnen der Dialog wichtig ist. Das ist eine positive Zäsur vor allem zu Ihrem Vorvorgänger. Der Ton macht die Musik, und das ist einmal ein positiver Anfang. Wir NEOS und auch ich würden uns freuen, wenn das so bleibt.

Was sich in den letzten beiden Wochen an Inhaltlichem tatsächlich schon ereignet hat, waren zum Beispiel die Verhandlungen zum Impfpflichtgesetz. Dort hat es sich auch gezeigt, wie gut und wichtig es ist, dass man, wenn mehrere Parteien unterschiedliche Zugänge haben – denn wir haben nicht den gleichen Zugang wie die Regierungsparteien,


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aber es gibt gewisse Überschneidungen –, die Ideen einbringen kann und am Schluss auch zu einem guten Ergebnis kommen kann.

Die Baustellen und die großen Aufgaben, die in Ihrem neuen Ressort jetzt aber noch vor Ihnen liegen, sind zum Beispiel die Informationsfreiheit, die Parteienfinanzierung und die Inserate – da wäre es wichtig, dass Sie einen Erfolg haben und etwas weiterbringen. Das sind nämlich auch Punkte, mit denen wir dafür sorgen können, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik wiederhergestellt wird. (Beifall bei BundesrätInnen der SPÖ.)

Im Schnelldurchlauf: Herr Finanzminister, Sie haben bei Ihren Antrittsinterviews aus­geschildert, welche Leitlinien Sie sich geben. Sie wollen sich darum kümmern, haben Sie gesagt, dass es eine nachhaltige Fiskalpolitik und einen ausgeglichenen Budgetpfad gibt. Sie wollen dafür sorgen, dass der Schuldenrucksack für die Jungen nicht noch größer wird. All das sind Punkte, die wir NEOS nur voll unterstreichen können. Das Wich­tige ist aber: Es gehört auch getan. Ankündigungen haben wir in den letzten Wochen und Monaten, in den letzten zwei Jahren viele gehört, es wird Zeit, das jetzt umzusetzen.

Was kann man tun, um diese Ziele zu erreichen? – Es gibt drei große Bereiche, die von uns NEOS immer angeführt werden: Es braucht Reformen, die in den vergangenen zwei Jahren bei dieser Bundesregierung nicht ganz so beliebt waren. Die Reformbereitschaft muss den Effekt haben, dass die Dinge umgesetzt werden, denn andernfalls werden der Spielraum, den Sie als Finanzminister brauchen, oder auch nur ein ausgeglichenes Budget einfach nicht möglich sein. Da müssen alle Bundesminister in ihre Ressorts hineinschauen und sich darum kümmern, dass im Schulterschluss gemeinsam gear­beitet wird. Da geht es zum Beispiel um eine Pensionsreform, eine Systemänderung im Föderalismus – das System ist nämlich nicht nur teuer, sondern vor allem gibt es viele Doppelgleisigkeiten, wie wir in dieser Krise gesehen haben, die das Ganze sehr inef­fizient machen –, es braucht eine Reform des Bildungssystems, und es braucht viel mehr Treffsicherheit bei den Förderungen und bei den Hilfen, die ausgezahlt werden, auch jetzt in der Krise.

Der zweite Bereich betrifft den Wirtschaftsstandort. Es ist wahrscheinlich unstrittig, dass wir einen international attraktiven, wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort brauchen. Das kann aber nur erreicht werden, wenn insbesondere die Lohnnebenkosten gesenkt werden. Das ist etwas, was die Bundesregierung bisher versäumt hat. Das wäre eine Riesenmöglichkeit, eine Riesenchance für Sie, sich darum zu kümmern. Im Gleichklang braucht es einen Kapitalmarkt, der den Namen auch verdient, denn dieser steckt in Österreich leider ebenfalls noch in den Kinderschuhen.

Zuletzt noch betreffend jene Bürgerinnen und Bürger, die Steuern zahlen: Die Steuern auf Erwerbsarbeit in diesem Land sind viel zu hoch. Sepp Schellhorn hat immer gesagt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kosten zu viel, verdienen aber zu wenig. Die Steuern auf Erwerbsarbeit gehören deswegen spürbar gesenkt. Was Sie in diesem Zusammen­hang auch immer wieder von uns hören, ist: Die kalte Progression muss endlich abge­schafft werden! Von diesem Versprechen haben Sie in Ihrem letzten Interview bezie­hungsweise die Klubobleute der Regierungsparteien im Nationalrat leider schon einen Rückzieher gemacht.

Sie werden all diese Strukturreformen brauchen, um den Umbau des Steuersystems in Richtung einer CO2-Bepreisung bei einer gleichzeitigen Senkung der Erwerbsteuern weiter voranzutreiben, sonst werden nämlich die Klimaziele nicht erreicht werden, die Ihnen auch besonders wichtig sind, wie Sie gesagt haben – und die sind nicht nur wichtig für die Welt und für die nächsten Generationen, sondern es drohen vor allem ja auch Milliardenstrafen, die sich im Budget widerspiegeln werden, wenn wir diese Klimaziele nicht erreichen. Für diese Herausforderungen wünschen wir Ihnen viel Erfolg.


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Herr Bildungsminister, Sie haben sich in Ihrer vorherigen Funktion im Gegensatz zu anderen Hochschulleitungen sehr stark dafür eingesetzt, dass es an Ihrer Universität Präsenzbetrieb gibt. Das haben wir NEOS sehr begrüßt. Wir würden uns freuen und sind zuversichtlich, dass Sie das in Ihrer neuen Rolle auch für die Schulen so handhaben werden. Es ist kein Geheimnis, dass wir NEOS mit Ihrem Vorgänger in Sachen Priorität offene Schulen beziehungsweise sichere offene Schulen sehr gut zusammengearbeitet und ihn unterstützt haben. Ihr Vorgänger hat sich dabei dem Gegenwind einiger Landes­hauptleute ausgesetzt, weil er davon überzeugt war, dass offene Schulen Priorität haben, was nicht bei allen Landeshauptleuten auf Zustimmung gestoßen ist. Umso wichtiger ist es, Herr Bundesminister, dass Sie sich da mutig hinstellen.

Offene Schulen sind aber nicht nur allein Sache des Bildungsministeriums, sondern sie sind Sache und Angelegenheit der gesamten Bundesregierung, die die Rahmenbe­din­gungen dafür schaffen muss, dass sichere Schulen offen bleiben können. Herr Bundes­minister Faßmann hat da immer vortreten müssen, hat nicht hundertprozentigen Rüc­khalt gehabt; es besteht die Hoffnung, dass Sie da nicht so ganz im Regen stehen gelassen werden wie Ihr Amtsvorgänger.

Es besteht eine große Gefahr in Ihrem Ressort, nämlich dass Sie als Bildungsminister nur mit der Pandemiebekämpfung an Schulen zu tun haben und die anderen Probleme und Herausforderungen, die es im Bildungsbereich gibt und die seit Beginn der Pan­demie noch größer geworden sind, nicht so im Auge haben können. Dass wir im Bil­dungssystem an sich nicht so weitermachen können wie bisher, ist den meisten wahrscheinlich bekannt. Es braucht Booster nicht nur beim Impfen, sondern auch bei den Investitionen und bei den Reformen im Bildungsbereich, auch im Elementarbil­dungsbereich, damit die Kleinsten bereits von Anfang an die beste Bildung erhalten und damit die Eltern Beruf und Familie endlich gut unter einen Hut bringen können.

Wir brauchen einen flächendeckenden Chancenindex, damit jedes Kind, egal aus welcher Familie es kommt, beste Chancen auf Bildung hat. Die angekündigten 15 Mil­lionen Euro für 100 Schulen reichen dafür leider nicht. Die neue deutsche Bundes­regierung ist da zum Beispiel ein gutes Vorbild, sie möchte in den nächsten Jahren mehrere Milliarden Euro in diesen Bereich investieren. Das wäre ein gutes Beispiel, um sich davon inspirie­ren zu lassen.

Herr Bundeskanzler, zu dem, was Sie vorhin gesagt haben, nämlich dass Kinder und Jugendliche in der Pandemie und in den vergangenen zwei Jahren Unglaubliches geleistet haben: Mit dem Dank darf es natürlich nicht enden. Es wäre schön, wenn Sie der erste ÖVP-Bundeskanzler werden, der endlich verstanden hat, dass es in diesem Land eine große Bildungsreform braucht, dass nur die Bildung unser Land voranbringt und dass wir allen Kindern die beste Bildung geben müssen – dafür hätten auch Sie unsere Unterstützung.

Sehr geehrter Herr Innenminister! Heute wird im „Standard“ über eine parlamentarische Anfrage berichtet, die unser Nationalratsabgeordneter Helmut Brandstätter an den Außenminister gerichtet hat. Da geht es um die Hilfslieferungen für das Lager auf Lesbos, die vor ungefähr einem Jahr medienwirksam verschickt worden sind. Leider ist aber nicht das passiert, was versprochen wurde. Es wurde Betreuung beziehungsweise in Wirklichkeit Elementarbildung für 500 Kinder versprochen, tatsächlich sind es nur 120. Der ORF hat recherchiert, dass die gelieferten Heizstrahler nicht verwendbar sind, und der Verbleib des Rests der 55 Tonnen Hilfsgüter ist überhaupt unbekannt. Das ist etwas, das Sie von Ihrem Vorgänger, der jetzt Bundeskanzler ist, geerbt haben.

Es muss die Symbolpolitik aufhören und an nachhaltigen Lösungen gearbeitet werden, auch wenn das der schwierigere Weg ist. In der Migrationspolitik bedeutet das, nicht nur – meist eindimensional – von illegaler Migration zu reden, aber in teuren Shows um


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unser Steuergeld Zelte in ein EU-Land zu liefern, wo sie dann laut Lagerleitung vom Winde verweht werden, sondern sich auch für ein effizientes europäisches Asylsystem am Boden der Rechtsstaatlichkeit einzusetzen. Nur das bringt Sicherheit und Ordnung und lässt uns und die EU das Gesicht wahren.

Was hieße echtes Management, echtes Handeln in Österreich im Bereich Asyl? – Be­treffend die Grundversorgung der Asylwerberinnen und Asylwerber besteht keine Migrationskrise, sondern eine Managementkrise, die Sie als neuer Innenminister be­enden könnten. Bisher wurde es nämlich verabsäumt, die Grundversorgung so aufzu­stellen, dass sie funktioniert. Wahlen wie die in Oberösterreich, Wünsche von Bundes­ländern und sonstige unsachliche Argumente haben bisher dazu geführt, dass die Grundversorgung viel zu lange dauert, viel zu teuer ist und chaotisch abläuft.

Mehr als Symbolpolitik haben sich auch die Polizistinnen und Polizisten verdient. Dort gibt es weiterhin das Problem von zu vielen Überstunden und von Personalengpässen. Im Sinne der Arbeitsqualität der Beamtinnen und Beamten, die gerade heutzutage einen so wichtigen Dienst für uns tun, gehört da auch mehr angepackt. (Beifall bei Bun­desrätInnen der SPÖ.)

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, wir haben offenbar auch eine persönliche Gemein­samkeit, wir gehören/gehörten derselben ÖH-Fraktion an, wie auch andere hier in die­sem Haus.

Wir NEOS begrüßen, dass in dieser Bundesregierung jetzt tatsächlich ein Gesicht, eine Person mit der Aufgabe verbunden ist, sich für junge Menschen einzusetzen.

Wie wir auch heute schon gehört haben, wurde die Bekämpfung der Pandemie zum Großteil auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen ausgetragen. Ob das fahrlässig in Kauf genommen wurde oder als Kollateralschaden passiert ist, dazu gibt es wahr­scheinlich eine unterschiedliche Sichtweise von Regierung und Opposition. Tatsächlich waren aber leider die Jüngsten diejenigen, die als Erste von Einschränkungen betroffen waren und als Letzte berücksichtigt wurden, wenn es um deren Aufhebung ging.

Die Liste Ihrer Aufgaben ist lang. Es braucht Akutmaßnahmen zum Schutz der psychi­schen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Es braucht eine vollständige Veranke­rung der Kinderrechte in der Bundesverfassung. Es braucht die Beachtung der Kinder­rechte in jeglicher Verwaltungstätigkeit, Stichwort Griss-Kommission, Abschiebungen von Kindern. Es braucht die Absicherung der außerschulischen Jugendarbeit und ein Maßnahmenpaket für besonders vulnerable Gruppen. Man muss Bewegung und Sport in der Schule ausbauen und es braucht Reformen im Zivildienstsystem.

Wir NEOS hoffen, dass Sie Ihre Rolle in der Bundesregierung so anlegen, dass Sie nicht das Sprachrohr der Bundesregierung für das Publikum der Jugendlichen oder für die Wählerschicht der Jugendlichen sind, sondern dass Sie genau umgekehrt die Anwältin der Kinder und Jugendlichen gegenüber der Bundesregierung sind, dass Sie im Mini­sterrat, am Verhandlungstisch und in der Koalition aufstehen, wenn es um die Rechte von Kindern und Jugendlichen geht, frei von Parteitreue und Kanzlerloyalität, dass Sie Nein sagen, wenn vor Wahlen wieder Wahlzuckerl zulasten der kommenden Genera­tionen verteilt werden sollen, zum Beispiel bei der Erhöhung von Luxuspensionen, dass Sie Ihre Stimme erheben, wenn es um den Klimaschutz geht, von dem die junge Ge­neration besonders betroffen sein wird, und wenn wieder Schulden gemacht werden sollen und nicht an morgen gedacht wird. Das wäre unsere Erwartungshaltung an Sie, Frau Staatssekretärin.

Allen neuen Mitgliedern der Bundesregierung wünschen wir NEOS viel Erfolg für unser Land. – Danke. (Beifall bei BundesrätInnen von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

14.52



BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 99

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Christian Buchmann. Ich erteile ihm dieses.


14.52.28

Bundesrat Mag. Christian Buchmann (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundeskanzler! Geschätzter Herr Vizekanzler! Liebe Mitglieder der Bundes­regierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sie unseren Beratungen folgen! Ich möchte zuerst den neuen Mitgliedern der Bundesregierung ein herzliches Willkommen im österreichischen Bundesrat aus­sprechen.

Ich möchte Ihnen sagen, dass wir uns als das personifizierte Ländergewissen in der österreichischen Bundesgesetzgebung verstehen, dass wir immer auch einen gene­tischen Fußabdruck dieses Bundesrates nach außen abgegeben haben, indem wir uns als Zukunftskammer verstehen, die sich in Enqueten, in Fachdiskussionen mit der Entwicklung unseres Landes insbesondere aus Perspektive unserer Bundesländer und unserer Gemeinden auseinandersetzt – immerhin mehr als 2 000 Gemeinden in Öster­reich –, und dass wir uns immer auch als Europakammer verstanden haben, weil wir wissen, dass wir gerne in Österreich leben, dass sich unser Land – und die Menschen hier – in Gemeinden und Länder gliedert, dass wir aber Teil des gemeinsamen Europas sind und dass manche Entscheidungen, so sehr wir auch im Föderalismus verhaftet sind, auch übernational getroffen werden müssen.

So gesehen: Herzlich willkommen in diesem Parlament! Wir freuen uns auf den Aus­tausch mit den neuen Mitgliedern der Bundesregierung. Mit den bewährten Kräften hat er ohnedies über die letzten Jahre stattgefunden, und wir sind zuversichtlich, dass wir auch einen Beitrag leisten können.

Die heutige Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Vizekanzlers findet in Zeiten einer Pandemie statt, einer Pandemie, die nicht auf das österreichische Staatsgebiet begrenzt ist, sondern weltweit stattfindet – der Herr Bundeskanzler, der Herr Vizekanzler haben darauf hingewiesen –, einer Pandemie, die uns auch in den nächsten Jahren in der jeweils anfallenden Mutation weiter beschäftigen wird und die bei Weitem nicht von einem Tag auf den anderen gelöst sein wird.

Was erwarten sich die österreichischen Bürgerinnen und Bürger daher von einer Bun­desregierung? – Sie erwarten sich insbesondere eine handlungsfähige, eine handlungs­willige und eine handlungsbereite Bundesregierung, und das ist durch die Ausführungen der beiden genannten Herren auch so zum Ausdruck gekommen. Wichtige Themen wurden von Kanzler und Vizekanzler angesprochen.

Lieber Herr Bundeskanzler, auch wenn du aktuell kurz den Saal verlassen musstest – ich verstehe das, die Amtsgeschäfte eines Bundeskanzlers sind vielfältig, du hast darauf hingewiesen, dass sie in Österreich stattfinden, dass sie aber insbesondere auch auf europäischer Ebene stattfinden, wo es viele offene Fragen zu lösen gilt –, möchte ich festhalten, dass ich deine Ausführungen als sehr wohltuend empfunden habe, weil du dich als Brückenbauer verstehst – wir kennen uns seit geraumer Zeit – und weil du das Verbindende vor das Trennende stellst. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich habe es als sehr wohltuend empfunden, dass du in den ersten Tagen deiner Vor­sitzführung in der österreichischen Bundesregierung den Dialog intensiviert hast, den Dialog mit den Landeshauptleuten, mit allen neun Landeshauptleuten, den Dialog mit den Sozialpartnern, die ich und wir, glaube ich, alle immer sehr wertgeschätzt haben, den Dialog vor allem mit Expertinnen und Experten – die Koordination in dieser Krisen­situation erfordert jetzt ein besonderes Gremium – und auch den Dialog, der Herr


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Bundeskanzler hat es angesprochen, mit den Oppositionsführerinnen und dem Oppo­sitionsführer.

Ich glaube, dass das ein wichtiges Zeichen auch für die Menschen in unserem Lande ist, dass wir verstanden haben, dass diese Pandemie keine Pandemie einer Regierung ist, keine Pandemie einer Opposition ist, keine Pandemie einzelner Parteien oder ein­zelner gesellschaftlicher Gruppierungen ist, sondern eine gesamtgesellschaftliche welt­weite Pandemie ist, gegen die wir gemeinsam auftreten müssen. Ich habe die Ausfüh­rungen des Herrn Bundeskanzlers, aber auch des Herrn Vizekanzlers als sehr wert­schätzend empfunden. Sie kennen mein Credo, da ich aus der Wirtschaft komme: Diese Wertschätzung möge sich auch in Wertschöpfung äußern, denn dann gilt es den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Lande und auch den Wirtschaftstreibenden, wie immer sie ihre Tätigkeiten anlegen.

Was ist das Ziel der Bundesregierung in der Pandemiebekämpfung? – Es ist das Ziel, die Freiheitsgrade, die sich die Menschen verdienen, zurückzuerobern. Nur: Das kann die Bundesregierung, kann der österreichische Nationalrat, kann der österreichische Bundesrat nicht allein leisten. Dieses Ziel können wir nur gemeinsam erreichen, auch wenn es manchmal unterschiedliche Wege, manchmal unterschiedliche Maßnahmen gibt, die als zielführend erachtet werden. Ziel muss es sein, gemeinsam die Freiheits­grade zurückholen, und da werden manche Maßnahmen notwendig sein. Ob sie dann am Ende des Tages auch hinreichend sein werden, wird die Zukunft weisen. Im Rück­spiegel betrachtet ist vieles einfach zu analysieren; wenn man allerdings Entschei­dungen unter Risiko treffen muss, wird es auch Situationen geben, die im Rückspiegel betrachtet als nicht so zielführend erachtet werden, aber wichtig ist, im Moment der Entscheidung diese Entscheidungen auch tatsächlich zu treffen.

Es wurde heute angesprochen, dass viel Geld in die Pandemiebekämpfung investiert wurde, in den Arbeitsmarkt gleichermaßen wie in die Wirtschaft; wenn wir ehrlich sind, sehen wir, dass dieses Geld aber gut angelegt wurde. Die Ausführungen des General­sekretärs der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick­lung, von Montag bestärken, dass durch die raschen – Zitat – „Hilfsmaßnahmen der Regierung“ wichtige Schritte eingeleitet worden sind. Wenn wir für das heurige Jahr trotz der Krise eine sehr positive Wirtschaftsentwicklung vor Augen haben und – unabhängig davon, wie sich die Omikronvariante noch entwickeln wird – auch für 2022 von der OECD ein Wirtschaftswachstum von rund 4,9 Prozent prognostiziert wird, sollte es uns Hoffnung geben, dass wir diese Pandemie gemeinsam – auch wirtschaftlich – über­win­den können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Pandemie – das ist so – schürt in der Bevölkerung große Ängste. Wir alle spüren das im Kontakt mit Menschen, wir spüren das auch im Kontakt innerhalb der Familien. Es geht zum Teil ein Riss durch die Familien, zwischen Geimpften und Ungeimpften. Es wird dies zu einer großen Frage, nahezu einer religiö­sen Frage hochstilisiert. Ich glaube, wir sollten uns ein bisschen zurücknehmen und auf den Boden der Tatsachen zurückkehren, faktenorientiert diskutieren (Beifall bei ÖVP und FPÖ) und gemeinsam die richtigen Entscheidungen treffen.

Der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis ist, dass die Impfung ein wesentliches Instrument ist, und es gilt, uns aus dieser Pandemie zu impfen – das wird von manchen anders gesehen. Ich glaube, alle gemeinsam sollten alles tun, damit wir positive Wir­kungen erzeugen. Es gilt, diese Spaltung, die wir alle in unserer Gesellschaft spüren, zu vermeiden, und dazu kann jede und jeder von uns auch hier im Hohen Haus seinen Beitrag leisten.

Der Herr Bundeskanzler hat wichtige Punkte angesprochen, die sich auch zu einem guten Teil in der Regierungsvereinbarung dieser Koalition wiederfinden. Ich gehe nicht


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im Detail darauf ein, sondern verweise nur beim Thema Europa darauf, dass ich mich als Vorsitzender des EU-Ausschusses dieses Hauses sehr gefreut habe, dass er sich selbst als einen glühenden Europäer bezeichnet hat und dass er eine Rolle Österreichs in der Europäischen Union fortsetzen will – das haben seine beiden Vorgänger als Bun­deskanzler ebenso getan –, und ich appelliere an die gesamte Bundesregierung, einen wichtigen Punkt, den wir als österreichischer Bundesrat immer vertreten haben, den aber auch die österreichische Bundesregierung vertreten hat, zu beherzigen und auch in einer Pandemie besonderes Augenmerk auf den Westbalkan zu legen. Es wird für uns essenziell sein, dass wir die Entwicklungen in Bosnien und Herzegowina vor Augen haben und dass wir in Ländern des westlichen Balkans auch Signale setzen, was eine Annäherung an die Europäische Union bis hin zum Beitritt zur Europäischen Union bedeutet, weil wir sonst in dieser Region wie in anderen Regionen auf große Wider­stände stoßen werden, und das sollten wir uns, glaube ich, im gemeinsamen Interesse ersparen.

Ich möchte den ausgeschiedenen Mitgliedern der österreichischen Bundesregierung Danke sagen: Sebastian Kurz, Gernot Blümel, Heinz Faßmann, Michael Linhart und insbesondere Alexander Schallenberg, der heute aus gesundheitlichen Gründen nicht hier sein kann. Gerade er hat in einer sehr schwierigen Situation seinen Beitrag für Österreich geleistet, und dafür gehört ihm auch Respekt gezollt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Lackner.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben neue Mitglieder in der österreichischen Bun­desregierung, und weil er links von mir – vom Rednerpult aus gesehen – sitzt, möchte ich mit Magnus Brunner beginnen. Es wurde schon gesagt, dass er ein Kind dieses Hauses ist, dass er betreffend das politische Leben im österreichischen Bundesrat sozi­alisiert wurde. (Heiterkeit der Bundesrätin Zwazl.) Was dich aber ganz besonders aus­zeichnet, Magnus, ist aus meiner Sicht, dass du mit einem großen Landeshauptmann sehr eng zusammengearbeitet hast, den ich als Landesfinanzreferent meines Heimat­bundeslandes, der Steiermark, sehr gut kennengelernt habe, nämlich Herbert Sausgruber, und du weißt daher, dass jeder Euro, der erwirtschaftet wird, zweimal umgedreht werden muss, bevor er einmal ausgegeben werden kann. Das gibt Mut und Hoffnung für die Umsetzung der ökosozialen Steuerreform, die ein großer Brocken der Regierungsarbeit sein wird. Dafür wünsche ich dir eine ganz besonders gute Hand angesichts der Tatsache, dass – wie es aussieht und wie es auch die Europäische Zentralbank heute publiziert hat – die inflationären Entwicklungen jetzt doch etwas länger anhalten werden als ursprünglich erhofft.


Präsident Dr. Peter Raggl: Bundesrat Christian Buchmann, darf ich auch dich auf die freiwillige Redezeitbeschränkung hinweisen? – Du bist auch schon eineinhalb Minuten drüber.


Bundesrat Mag. Christian Buchmann (fortsetzend): Ja, danke vielmals! Ich halte es mit Kollegen Steiner und strapaziere das heute auch (Beifall bei der FPÖ – Bundesrat Steiner: Bravo!), bin aber gleich fertig, Herr Präsident.

Ich möchte sagen, dass ich mich sehr freue, dass Martin Polaschek - - (Bundesrat Steiner: ... nie wieder! Nie wieder! – Bundesrätin Steiner-Wieser: ... nur 14 Minuten geredet!) Das bitte nicht auf meine Redezeit anzurechnen, was Kollege Steiner da immer an Zeit konsumiert! (Bundesrat Steiner: ... Protokoll!) Ich möchte Martin Polaschek sehr herzlich zu seiner Aufgabe im Bildungsministerium gratulieren. Ich freue mich sehr, dass er diese Aufgabe übernommen hat – nicht nur weil er Steirer ist, sondern weil Steirer den genetischen Code des Erzherzogs Johann in sich tragen, nämlich Innovation aus Tradition, und daher wirst du auch auf das Thema der Innovation und auf die hohen Schulen nicht vergessen.


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Dass Innenminister Gerhard Karner für Stabilität sorgen muss und dass für diese Sta­bilität die innere Sicherheit ein wesentlicher Baustein ist, liegt auf der Hand – eine gute Hand dafür und alles Gute auch dir.

Claudia Plakolm möchte ich nur Folgendes sagen: Liebe Claudia, du kommst aus der Jungen ÖVP – manche von uns hier in diesem Raum kommen auch aus dieser Orga­nisation. (Heiterkeit des Bundesrates Himmer.) Das ist keine ganz schlechte Vorschule für ein hohes politisches Amt (Bundesrat Steiner: Kann man von Sebastian Kurz auch ...!), und du wirst es als Staatssekretärin sehr, sehr gut machen. Insbesondere bitte ich dich, auch einen Blick auf die Konferenz zur Zukunft Europas zu werfen, in der gerade junge Leute eine wichtige Rolle spielen sollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss: Die Fraktion der Österreichi­schen Volkspartei als die größte Fraktion hier im Hause (Bundesrat Steiner: Noch! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Noch! Noch!) wird die Ziele - - (Ruf bei der FPÖ: Wie lange?) – Na ja, immerhin zweieinhalb Mal so groß wie ihr, mit immerhin 1 300 Bür­germeistern ein unzähliges Mal mehr, als es meines Wissens freiheitliche Bürgermeister im Lande gibt.

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, die größte Fraktion hier im Haus wird die öster­reichische Bundesregierung – Herrn Bundeskanzler Nehammer, Herrn Vizekanzler Kogler und alle Mitglieder der Bundesregierung – gerne weiter unterstützen. (Bundesrat Steiner: Was soll sie denn sonst machen?) Mögen alle Ziele, die Sie sich gesetzt haben, umge­setzt werden! Wir werden unseren Beitrag leisten. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie Bravoruf des Bundesrates Himmer.)

15.06


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Günter Kovacs. Ich erteile ihm dieses.


15.06.42

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Herzlich willkommen auch von meiner Seite im Bundes­rat! Ich möchte diese Wohlfühlstimmung, die heute hier herrscht, jetzt ein bisschen stören. Mag. Buchmann, ich muss schon sagen: Es passt ja momentan eigentlich eh alles bei uns, nicht? Es ist ja alles in Ordnung! (Ruf bei der ÖVP: Ja, eh!)

Wir haben den vierten Advent, glaube ich, den dritten Kanzler heuer – den dritten Kanzler! (Bundesrat Himmer: Einen brauchen wir mindestens, nicht?) –, und ich frage Sie wie beim letzten Mal: Wer ist daran schuld? (Bundesrat Steiner: Die SPÖ! Die SPÖ wahrscheinlich!)

Wir sind momentan in einer extrem schwierigen Situation, in einer Pandemie, die von dieser Regierung überhaupt nicht beherrscht wurde. Die letzten Monate sind eine richtige Katastrophe, und ich müsste dir, lieber Christoph, heute oft recht geben, aber das alles kann man gar nicht so ins Lächerliche ziehen, weil es manchmal, wenn man darüber nachdenkt, eigentlich äußerst dramatisch ist.

Wir haben einen hohen Stand an Hospitalisierten, wir haben einen hohen Stand an Menschen, die während dieser Pandemie an dieser Krankheit verstorben sind – so viele Menschen, die verstorben sind! Und das nur aus einem Grund: weil die ÖVP damals nicht imstande war, zu sagen: Die Pandemie ist eben nicht beendet! – Man hat sich nicht daran gehalten, dass man einem Bürgermeister von Wien, einem Landeshauptmann des Burgenlandes folgt und sagt: Nein, wir müssen noch Maßnahmen treffen!, und deshalb sind wir noch in einen vierten Lockdown geraten und geraten wahrscheinlich – und das ist heute noch gar nicht zur Sprache gekommen – vielleicht in ein paar Wochen in einen fünften Lockdown. (Bundesrätin Steiner-Wieser: ... heute schon gesagt!) Man muss


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ganz klar sagen, was das für unser Land bedeutet. (Beifall bei der SPÖ sowie der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Viele Menschen wissen nicht mehr weiter!

Christoph, du hast vorhin gesagt, es sind die zwei besten Welten, oder wie hast du das genannt: die zwei besten Welten? Ich sage: Das sind zwei Parallelwelten: zwei Parallel­welten, in denen die ÖVP und die Grünen leben (Heiterkeit bei der FPÖ); das sieht man an dem, was momentan los ist.

Diese ökosoziale Steuerreform – wenn ich das schon den ganzen Tag hier höre! (Beifall bei der FPÖ.) Die ökosoziale Steuerreform, wem soll die etwas bringen? Wissen Sie, was Sie gemacht haben? – In nicht einmal elf Tagen endet die Hacklerregelung! (Bun­desrat Preineder: Die Hacklerregelung nicht!) Die Hacklerregelung endet in elf Tagen (Zwischenruf der Bundesrätin Mattersberger), das bedeutet, dass Menschen 300, 400 Euro im Monat verlieren werden. Und ich sage Ihnen eines: Das vergessen wir Sozialdemokraten nicht, das vergessen wir nicht! Das vergessen wir sicher nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber interessant waren ja auch die Ausführungen von Herrn Bundeskanzler Nehammer. Ich habe mir das ganz genau angehört, und zwar nicht nur heute, sondern auch vor wenigen Tagen im Nationalrat. Von seiner Gesamtredezeit von 30 Minuten hat er 12 Mi­nuten dafür verwendet, Lobhudelei zu betreiben für Minister, bei denen ich mir denke: Es sind Minister gegangen, die nicht deswegen gegangen sind, weil sie so super waren. Ich habe nicht wahrgenommen, dass Herr Minister Blümel der beste Finanzminister dieser Welt war, sondern ich habe da eher etwas anderes wahrgenommen.

Ich habe nicht wahrgenommen, dass Sebastian Kurz grundlos gegangen ist – oder ist er wirklich wegen des Babys gegangen? Glauben Sie das wirklich? (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Ja! – Heiterkeit und Rufe bei der SPÖ: Genau!) – Genau, so wird es sein! Es ist unfassbar, was da abgeht (Beifall bei der FPÖ), und das noch zu belobigen, das ist für mich eigentlich nicht mehr nachvollziehbar. Wie gesagt, von 30 Minuten hat er 12 Minuten über seine Minister gesprochen und dann inhaltlich, und da habe ich ge­dacht: Jetzt passe ich auf, worauf er eigentlich eingeht. – Er hat dann ein bisschen herumschwadroniert, wie zur Europapolitik, also um alles weit weg vom Land eigentlich.

Wissen Sie: Eine Gruppe hat er gar nicht erwähnt – eine Personengruppe hat er über­haupt nicht erwähnt, heute auch noch nicht –, das ist nämlich jene, die am stärksten davon betroffen ist, nämlich die Menschen, die älter sind, die Pensionisten sind, die wirklich daran leiden, die schwer krank sind, die verstorben sind – nicht einmal eine Silbe darüber. Das ist für mich einfach nicht in Ordnung. (Bundesrat Preineder: Mei, was ist das für ein rhetorisches ...?! – Zwischenruf des Bundesrates Himmer.)

Oder schauen wir nur einen Tag zurück: Was richtet Ihnen Nina Tomaselli aus? – Nina Tomaselli hat gestern in der „ZIB 2“ gesagt, nach diesem Skandal, der ja ansteht, wir müssen darauf schauen – 640 000 Euro Steuerschulden, Steuergeschenke wurden viel­leicht verteilt, das ist gestern im „Falter“ gestanden –, Nina Tomaselli hat gesagt, da muss man noch genauer hinschauen, denn da wird noch sehr, sehr viel zutage treten, Herr Finanzminister. Das ist meiner Meinung nach schon ein Warnschuss, und der kommt nicht einmal von uns, der kommt von den Grünen, das möchte ich festhalten. Da wird es noch rundgehen.

Oder auf der ÖVP-Seite, da ist es ja auch recht lustig. Man denke nur an diese Cofag-Auszahlungssachen, die ganz enorm wichtig sind für unsere Unternehmer, für unsere Händler, gerade in den letzten Wochen: Frau ehemalige Wirtschaftskammerdirektorin (Bundesrätin Zwazl: Na, Direktorin war ich nicht, Präsidentin! – Rufe bei der ÖVP: Präsidentin!), -präsidentin, Entschuldigung: Wie fühlen Sie mit solchen Unternehmen mit, die sagen: Wir haben keine Unterstützung, keine ausreichende Unterstützung!? Schmerzt Sie das nicht? Stehen Sie nicht einmal für Ihre Unternehmer, für kleine Unternehmen auf


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und sagen, dass Sie mehr wollen? – Wir als Sozialdemokraten wollen das, aber die ÖVP hat das abgelehnt. (Bundesrätin Zwazl: Wir unterstützen ...!) Auch das werden die kleinen Unternehmen nicht vergessen, das kann ich Ihnen garantieren. (Bundesrätin Zwazl: ... was die Unternehmer sich denken, gell!? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. Rufe und Gegenrufe zwischen den Bundesrätinnen Schumann und Zwazl.)

Wir haben in den letzten Ausschusssitzungen Anträge eingebracht, Anträge, um even­tuell Unternehmer zu entlasten und auch im nächsten Jahr nicht mehr zu belasten. Was hat die ÖVP und was haben die Grünen gemacht? Auch das haben Sie ganz klar abgelehnt.

Aber wie gesagt, der Tag wird kommen. Und wir werden uns das noch genauer an­schauen, denn – das sage ich noch einmal und bestärke es – wir wären nicht in dieser schwierigen Lage, wir wären nicht im vierten Lockdown drinnen gewesen (Bundesrätin Zwazl: Ja ...!), wir wären nicht in ein paar Wochen im fünften Lockdown, hätten wir uns das Burgenland, hätten wir uns Wien als unsere Vorbilder genommen und nicht rüber geschaut und gesagt: Na ja, die Tiroler haben zwar die höchsten Inzidenzen, in Vorarl­berg haben wir die höchsten Inzidenzen, sperren wir trotzdem auf! Das muss mir einer erklären, und zwar nicht durch einen Regierungswechsel, durch ein paar Namen, die jetzt geändert werden. Was soll sich jetzt ändern?

Ich sage es ganz offen als Burgenländer: Wir haben gestern oder schon vorgestern 87 Prozent – 87 Prozent! der impfbaren Bevölkerung durchgeimpft gehabt! (Beifall bei der SPÖ.) Versetzen Sie sich in unsere Lage! Wir bräuchten diesen ganzen Wahnsinn, der da mit einem Lockdown abgehalten wird, vielleicht in zwei, drei Wochen noch einmal einen Lockdown, nicht, aber wir müssen natürlich in diesem Fall solidarisch sein und müssen mit ganz Österreich mittun, damit eben das Werkel sozusagen weiterläuft. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)

Ich sage Ihnen ganz offen: Wir werden diese Regierung die nächsten Wochen insofern unterstützen, indem wir sagen, wir müssen aus dieser Krise, aus dieser Pandemie, aus dieser Impfsache, aus dieser Impfpflicht jetzt das Beste machen, aber nachher wird dann Tacheles gesprochen. Es kann nämlich nicht sein, dass das Land derart an die Wand gefahren wird wie in den letzten Monaten und wir dann vielleicht noch Danke sagen. Das wird es nicht spielen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.14


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Josef Ofner. Ich erteile ihm dieses.


15.14.29

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Der Herr Kanzler ist leider nicht da, schon über längere Zeit. Es wäre aber auch eine Form des Respekts – wenn er schon einen neuen Stil wählt –, dass er, wenn wir ihm bei seiner Regierungs­erklärung zuhören, dann auch da ist, um unseren Ausführungen zuzuhören. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Preineder.)

Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kollegen! Ganz interessant ist diese Regierungserklärung heute für die Zuschauer zu Hause! Bevor ich jetzt beginne, noch zu Herrn Kollegen Schreuder – er ist auch nicht da; jetzt fehlen überhaupt schon alle, aber vielleicht kann man es ihm dann ausrichten –: Kollege Schreuder ist schon direkt amüsant in seiner Theatralik und Selbstüberhöhung, wie er sich immer hierherstellt, sich als moralische Instanz aufspielt – er macht das sehr gerne; zwar nicht gut, aber sehr gerne – und dann immer allen zu erklären versucht, was hier herinnen richtig ist, und richtig ist natürlich nur das, was Herr Schreuder sagt. Er hat natürlich darauf vergessen, dass wir von der Opposition sehr wohl Vorschläge unterbreitet


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haben, genügend in den letzten Monaten, aber alle diese Vorschläge sind von den Regierungsparteien abgelehnt worden. (Beifall bei der FPÖ und bei BundesrätInnen der SPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Gfrerer.)

Eines kann man Herrn Schreuder natürlich auch noch mitgeben: Bevor wir irgendwelche Krisen lösen, sollten wir einmal die größte lösen, die unser Land hat – das ist diese Regierungskrise –, und das wäre mit einem sofortigen Schritt in Neuwahlen möglich. Das würde sehr vieles in unserem Land lösen. (Beifall bei der FPÖ.)

Mittlerweile grüßt im Monatsrhythmus ein neues ÖVP-Murmeltier – wobei dieser tieri­sche Vergleich eigentlich unzulässig ist, denn Murmeltiere schlafen im Gegensatz zu dieser Regierung den Sommer über nicht –, und wieder gibt es eine Regierungs­erklä­rung; eine Regierungserklärung von einem Bundeskanzler, der eigentlich mit all den türkisen Freunden gar nicht da sein dürfte, auf dieser Bank des Versagens. Er hat ja verlauten lassen und auch schriftlich vereinbart, ohne einen Sebastian Kurz gibt es auch ihn als Minister nicht mehr und alle diese Minister nicht mehr. Na ja, heute hat man die letzten Bilder aus der ÖVP-Zentrale entfernt, und diese Minister gibt es noch immer. Da sieht man schon, wie viel davon zu halten ist, wenn die ÖVP etwas sagt.

Ursprünglich hat mich das eigentlich zuversichtlich gestimmt, denn ich habe mir gedacht, dass das der Moment ist, an dem der Herr neben ihm, der Herr Vizekanzler, ein letztes Mal bei uns vorbeischauen wird, um auf Wiedersehen zu sagen, und dann endlich der Weg für eine Neuwahl freigemacht wird. Wie gewohnt sind aber die Versprechungen dieser ÖVP, so wie alles andere auch, in anderen Bereichen, insgesamt null wert. Der Kleber des Kanzlertürschilds, vom Spalter der Nation Schallenberg, war noch gar nicht ganz getrocknet, so schnell hat man dieses Schild schon wieder entfernt. Er wurde mit niederösterreichischer schlagkräftiger Unterstützung aus seinem Amt getreten, und die Flex-Trennscheibe Nehammer ist als Kanzler eingesetzt worden. So erleben wir jetzt nicht nur more of the same, sondern eigentlich more of shame. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn wir heute den Ausführungen zuhören, dann merkt man, dass er sehr viel Kreide gegessen hat und noch etwas weiß um den Mund ist, denn er gibt sich sehr verbindlich. Glauben Sie mir aber, vor allem geschätzte Zuschauer vor den Bildschirmen: Dieser Herr ist weder verbindlich, und schon gar nicht ist er wegen seiner Kompetenz auf diesen Kanzlerstuhl gesetzt worden. Da gibt es nur einen Grund: Die niederösterreichische ÖVP wollte das, und deswegen sitzt er da, wo er sitzt. (Beifall bei der FPÖ.)

Erinnern wir uns einmal, wer da sitzt: jener Herr Nehammer, der vor zwei Jahren mit seinem Messias Kurz noch gemeint hat, ein Innenminister Kickl sei nicht tragbar (Zwi­schenruf des Bundesrates Preineder) – und heute haben ja einige in der ÖVP schon aufgeschrien –, denn der war ja der Generalsekretär von Strache. Jetzt muss ich mich fragen: Wer war denn der Generalsekretär des mutmaßlich korrupten Herrn Kurz? War das nicht jener Herr Nehammer? – Jawohl, stimmt, das war jener Herr Nehammer, der heute hier sitzt, jener Herr Nehammer, der bis heute nicht die Verantwortung für sein Versagen und die Konsequenzen (in Richtung des wieder anwesenden Bundeskanzlers Nehammer) – danke, dass Sie jetzt auch vorbeischauen! – für den abscheulichen Ter­ror­anschlag im letzten November übernommen hat, jener Herr Nehammer, der als An­kündigungskönig, aber Umsetzungszwerg uns allen weisgemacht hat, dass er eine restriktive Migrationspolitik verfolgen wird.

Letztendlich fährt er nach Brüssel, nimmt 30 000 Illegale auf und sagt: Das gehört ein­fach dazu, damit haben wir zu leben!, aber dafür bringt er keinen effektiven Grenz­schutz zusammen, zumindest nicht gegenüber den Illegalen, sondern maximal gegenüber den Österreichern, wie wir bei den Einreisebestimmungen gesehen haben.

Das ist jener Herr Nehammer, der die Österreicher als „Lebensgefährder“ bezeichnet hat und voriges Jahr im Hinblick darauf, dass Leute bei Kundgebungen auf die Straße gehen,


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gemeint hat, ich zitiere: „Es ist nicht hinnehmbar, dass die Mehrheit der Menschen von der Verantwortungslosigkeit Weniger gefährdet wird. Es versteht niemand, wenn sich Radikale und Demokratie-Verweigerer auf den Straßen versammeln“ (Bundeskanzler Nehammer: Richtig!), und weiter: „Das ist eine perfide Ausnutzung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Wir nutzen alle zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkei­ten, um dagegen vorzugehen.“ – Das ist tatsächlich die Sprache eines Verbinders, so, wie Sie sich heute gegeben haben. Für mich ist es die Sprache eines Hardliners, dessen Vorbote Schallenberg ja geradezu ein sympathisch-empathischer Mensch war. (Beifall bei der FPÖ.)

Da reden wir noch gar nicht von der politischen Geisterfahrt einer Frau Köstinger, die gemeint hat, die Solidarität mit den Ungeimpften ist vorbei, oder von Frau Edtstadler, die überhaupt davon gesprochen hat – mein Kollege Steiner hat es angesprochen –, dass sich Ungeimpfte nach Einführung der Impfpflicht rechtswidrig in Österreich aufhalten würden. Man muss sich einmal vergegenwärtigen, zu welchen Aussagen diese Damen fähig sind. In diesem Kabinett ist der neue Innenminister Karner bestens aufgehoben. Wer eine Affinität zum Ständestaat hat, der ist in dieser Regierung sicher herzlich willkommen. Mit Impfpflichtstaaten wie Tadschikistan und Turkmenistan befinden wir uns dann ab 1. Feber ja in guter, autoritärer Gesellschaft. Da kann man nur sagen: Gute Nacht, österreichische Demokratie! (Beifall bei der FPÖ.)

Das kommt halt davon, wenn sich zwei Machtrauschige im Regierungsbett vergnügen, und da bin ich schon beim Herrn, der neben Herrn Nehammer sitzt. Neben ihm sitzt Herr Kogler (Bundesrat Steiner: ... im Rausch!), der sich immer als der Anstand mimt, aber eigentlich – ein Ergebnis dieser Koalition – als Umstand dasitzt. Wenn man seinen inhaltslosen, schwadronierenden Ausführungen zuhört, die anscheinend einer geistigen Umnachtung geschuldet sein dürften (Bundesrätin Zwazl: Hallo, hallo! – Ruf bei der ÖVP: He, he, hallo! – Zwischenrufe bei den Grünen), wenn man das so verfolgt, dann müssen wir leider von einem - -

15.22.34*****


Präsident Dr. Peter Raggl: Herr Bundesrat, für den Ausdruck der „geistigen Um­nach­tung“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

*****


15.22.39

Bundesrat Josef Ofner (fortsetzend): Herr Präsident, ich weiß, da sind Sie immer schnell zur Stelle, ihr müsst ja zusammenhalten. Eines ist klar: Wenn jemand hier herin­nen sagt, dass friedlich demonstrierende Menschen in Österreich Staatsverweigerer, Demokratiefeinde, Neonazis und Neofaschisten sind, dann gibt es selbstverständlich keinen Ordnungsruf, weil das normal ist. Ich sage Ihnen: Die Demokratiefeinde, die es wirklich gibt, sind nicht draußen auf den Straßen, sondern die sitzen (auf die Regie­rungsbank weisend) rechts neben mir. (Beifall bei der FPÖ.)

Eines kann ich Ihnen mitgeben: Die Menschen gehen auf die Straße, weil sie Ihre Märchen satthaben. Es sind Menschen aller Berufs- und Altersgruppen. Es sind Menschen, die für ihre Grund- und Freiheitsrechte einstehen. Das sind keine Impfgegner, wie Sie das immer behaupten – übrigens gleich wenig wie wir Freiheitliche –, sondern sie treten gegen eine Impfpflicht ein. Da sind sowohl Geimpfte als auch Genesene und Ungeimpfte dabei. Darunter sind Menschen, die keine Coronaleugner sind, sondern ausschließlich die absurden Maßnahmen dieser Regierung kritisieren, und es sind Menschen darunter, die im Gegensatz zu Ihren Freunden vom Schwarzen Block friedlich auf unseren Straßen ihren Unmut zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Heute haben wir gemerkt, dass Sie vor diesen Menschen große Angst haben, weil sie nämlich nicht nur vereinzelt auftreten, sondern weil sie das Gesamtbild der österreichi­schen Bevölkerung widerspiegeln. Diese Angst war heute bei Ihnen beiden direkt spürbar. Die Menschen – auch jene vor den Bildschirmen – fragen sich natürlich zu Recht: Warum sehen wir dieses friedliche Bild nicht in den Medien? Warum wird dort ein völlig anderes Bild von den Kundgebungen erzeugt, wenn nicht gerade eine Schampus­party mit diesen Herren live im Staatsfunk zu sehen ist?

Sie fragen sich, warum die vorgestrige Demonstration unter dem Motto: Yes, we care!, als friedlich und gut bezeichnet wird, vom Polizeihubschrauber freudig gefilmt wurde und mit lobenden Worten – das haben wir heute ja auch hier gehört – gepriesen wird, während die friedliche Kundgebung des Gesundheitspersonals am vergangenen Mitt­woch als illegale Demonstration bezeichnet wird, als Demonstration von Schwurblern und Coronaleugnern betitelt wird.

Da müssen sich die Menschen natürlich fragen: Was ist jetzt der Unterschied zwischen guten und bösen Kundgebungen? – Dazu darf ich noch einige Zusatzfragen in den Raum werfen: Warum ist es für die Herren neben mir (auf die Regierungsbank weisend) nicht verantwortungslos und warum hat es keine Auswirkungen auf das Infektions­ge­schehen, wenn – wie vorgestern – 30 000 Menschen in Form einer Kundgebung am Ring ein Lichtermeer entzünden? Warum wurde diese Kundgebung vom Bundesprä­si­denten – der zwar immer etwas von Zusammenhalt stammelt, aber wenn es dann offiziell darum geht, für die Freiheit einzutreten, dann schweigt er und gibt keinen Pieps von sich – unterstützt? – Dasselbe gilt übrigens für den Oberhirten der katholischen Kirche Schönborn, der sich gestern natürlich entsprechend in Szene gesetzt hat, aber an­scheinend auch wenig von den Freiheitsrechten hält und eher spaltend als verbindend die 2G-Regel in den Kirchen unterstützt.

Müssen jetzt eigentlich der Bundespräsident und Herr Schönborn als rechtsextrem eingestuft werden? Wir haben ja medial gehört, dass bei diesen Kundgebungen auch der Aktivist Sellner dabei war und ein Herr Küssel gesehen worden ist. Warum haben sich beide bis heute nicht ganz deutlich davon distanziert, dass sie das unterstützt haben? Warum unterstützt der nächste Rücktrittsreife, nämlich Ärztekammerchef Szekeres, diese Kundgebung, obwohl er sonst in diesem Zusammenhang auch immer, so wie Sie, von Verantwortungslosigkeit der Demonstranten in Bezug auf das Infektionsgeschehen spricht und sich sogar erblödet, eine Kärntner Schulärztin durch die Bildungsdirektion – und da sind Sie (in Richtung Bundesminister Polaschek) gefordert, Herr Neominister – kündigen zu lassen, weil sie einen offenen Brief an ihn unterstützt und seine Einschüch­terungsversuche kritisiert? (Beifall bei der FPÖ.)


Präsident Dr. Peter Raggl: Herr Bundesrat, um alle Bundesräte gleich zu behandeln, darf ich auch Sie darauf hinweisen, dass Sie die freiwillige Redezeitbeschränkung be­reits um 3 Minuten überschritten haben. Ich darf Sie bitten, langsam zum Ende zu kommen.


Bundesrat Josef Ofner (fortsetzend): Danke, Herr Präsident, aber ich muss die Situ­ation nützen, um dem Bundeskanzler auf seine Regierungserklärung eine Antwort zu geben, da ich nicht weiß, ob er, wenn wir das nächste Mal hier zusammenkommen, noch Bundeskanzler ist. Wie wir wissen, ist diese Regierung sehr volatil, und da könnte es schon sein, dass ein Neuer hier sitzt – vielleicht Sie, Herr Präsident (Bundesrat Steiner: Na das bezweifle ich! Das bezweifle ich stark!), mittlerweile haben ja schon alle in dieser ÖVP probiert, Bundeskanzler zu spielen.

Warum sprechen Polizei und Medien, wenn der gesamte Heldenplatz und der Ring gefüllt sind, von 30 000 bis 40 000 Menschen, und warum wurde vorgestern, als der Ring zu einem Viertel voll war, auch von 30 000 Menschen gesprochen? (Bundesrätin Grimling:


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Da warst du aber nicht am Ring!) Das alles sind Fragen, die klarer Antworten bedürfen. Mir würden dazu zwei Erklärungen einfallen. Ich weiß, die SPÖ ist immer willfähriger Unterstützungsgehilfe dieser Regierung (Bundesrätin Schumann: Nein, wir sind nicht willfährig! Die SPÖ ist nicht willfährig! – Bundesrätin Grimling: Da warst du nicht am Ring!) – da stehen wir bereit! (Ruf bei der SPÖ: Aber wirklich nicht! Was wahr ist, muss wahr bleiben!) Ihr seid ja auch bei jedem Schmarrn, bei den Abstimmungen mit dabei, das kennen wir eh schon. (Beifall bei der FPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe der Bun­desrätinnen Grimling und Schumann.)

Meine erste Erklärung wäre: Man kann dieser Regierung und den Herrschaften, die ihr angehören, nichts, was sie sagen, glauben. Wir erinnern uns: Es gibt keinen Testzwang, es gibt keinen Lockdown, es gibt keinen Impfzwang, es gibt keine Impfpflicht! Wer geimpft ist, für den bedeutet das Freiheit! Die Impfung schützt vor Ansteckungen! Wir haben sogar das Ende der Pandemie bereits erlebt.

Erstens: Man kann diesen Herrschaften nichts glauben. Zweitens: Wir haben es in der Berichterstattung größtenteils mit systemtreuen, gekauften Medien zu tun. Es müsste bei all den Nachrichtensendungen dieser Systemmedien ein Untertitel zugeschaltet werden: Diese Sendung enthält Produktplatzierungen! Eigentlich müsste das türkis-grüne Produkt rechts von mir (auf die Regierungsbank weisend) wegen schwerer Mängel in Bezug auf Korruptionsdurchseuchung und antidemokratische Nebenwirkungen sofort vom politischen Markt genommen werden. (Beifall bei der FPÖ.) Diese Aufgabe werden die Wähler bei den nächsten Wahlen erledigen, denn sie sind im wahrsten Sinne des Wortes das Volk, sie haben es in der Hand.

Es verhält sich aber auch mit den redaktionellen Beiträgen in den Printmedien gleich. Die müssten eigentlich alle als bezahlte Anzeigen gekennzeichnet sein, denn nichts anderes ist es in Wahrheit, wenn Sie 210 Millionen Euro ausgeben, um Propaganda zu machen und Inserate zu kaufen. Natürlich ist es für einen Staats- und Regierungsfunk, der sich über Zwangsgebühren und Werbeeinschaltungen finanzieren lässt, schwierig, sich für Freiheit, objektive Berichterstattung und Unabhängigkeit einzusetzen. Das würde nicht zusammenpassen, denn schließlich: Live is Life.

Deshalb ist es enorm wichtig, dass sich alle Österreicher genau ansehen, was in diesem Land – um es mit den Worten des sonst so schweigsamen Hofburgbewohners und Gassigehers zu formulieren – wirklich eine Belastung ist: Diese Bundesregierung ist eine Belastung, dieser schweigsame, tatenlose grüne Regierungsunterstützer von freiheits­raubenden Maßnahmen ist eine Belastung, die Maßnahmen und die Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten sind generell eine Belastung, die zum größten Teil gekaufte Medienlandschaft in unserem Land ist eine Belastung, und diese bewusst forcierte Spaltung unserer Gesellschaft und Familien durch diese Bundesregierung, um von der eigenen Korruption abzulenken, ist eine Belastung. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren, dieser Belastungen kann man Herr werden, auch wenn Sie uns immer glaubhaft machen wollen, es sei alles alternativlos. Nein, diese Regierung ist eben nicht alternativlos. Die Ruderregatta, die Sie heute mit Hin- und Zurückrudern, was das Impfen anbelangt, veranstaltet haben, hat das wieder einmal gezeigt. Es gibt einen demokratischen Weg – den habe ich Ihnen aufgezeigt –, wie man diese Belastungen entsprechend loswerden kann, denn unsere Heimat muss endlich wieder frei sein. Sie muss einen geradlinigen Weg gehen, und die Menschen müssen wieder an erster Stelle stehen, weder die Spaltung noch der Lobbyismus der Pharmakonzerne noch der Macht­rausch und schon gar nicht das türkise System dürfen weiter Platz greifen. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher: Freiheit für Österreich, Freiwilligkeit in der Gesundheitspolitik für die Menschen in unserem Land mit einem klaren Nein zur Impfpflicht, Zusammenhalt statt Spaltung


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und Schluss mit diesem türkis-grünen korrupten und märchenerzählenden System! Das hätten sich die Österreicher wirklich verdient. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner: Danke, sehr gut!)

15.32


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Stefan Schennach. Ich erteile ihm dieses.


15.32.57

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Jetzt eine kleine Pause: Lieber Magnus Brunner! Bevor ich in die Debatte einsteige: Lieber Kollege Ofner! (Bundesrätin Steiner-Wieser: Oje!) – Nein, nicht „Oje!“, aber man kann das, was da jetzt gerade geschehen ist, nicht so stehen lassen. Du hast Menschen verächtlich gemacht, die an 13 000 Tote erinnert haben. Die haben keinen Krawall gemacht wie bei den anderen Demonstrationen. (Bundesrat Ofner: Nein, da ist auch kein Krawall!) Die haben keine Gitter über den Haufen gerannt. Die haben sich nicht mit Polizisten und Polizistinnen duelliert und diese verletzt. (Bundesrat Steiner: Ja, das ist auch gut ...!) Die haben an die Toten erinnert. Vielleicht hättest du Danke sagen sollen (Zwischenruf des Bundesrates Spanring), denn gerade bei der Falschinformation, der Fakeinfor­ma­tion, die wieder zu Toten geführt hat, wart ihr führend. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky. – Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Jetzt kommen wir zur Debatte zurück: Ich schaue in die Mitte, da sitzt der Mann, der normalerweise mit dem Wolf tanzt, aber heute hat er den Tanz des Wolfes ausgelassen: Silvester Gfrerer. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Er hat sich an seine Salzburger Wurzeln erinnert und die ersten Etappen eines Krippenspieles inszeniert, wobei die Frage ist: Wer ist in diesem Krippenspiel der Verkündigungsengel? – (Heiterkeit bei der SPÖ.) Immerhin hat er – ganz kurz, glaube ich – den Kanzler als Engel gemeint.

Passt aber auf! Mit diesen Heilandsgeschichten seid ihr ganz tief hinuntergestürzt. Geh du aber voran, wir folgen dir! (Heiterkeit des Bundesrates Steiner.) – Das ist bemer­kenswert für eine parlamentarische Debatte, bemerkenswert für eine Debatte zu einer Regierungserklärung, das muss ich schon sagen. Normalerweise findet das: Geh du voran, wir folgen dir!, unter anderen Umständen statt. Das nennt man dann den Zug der Lemminge, die dann auch freiwillig, weil sie folgen, in den Abgrund stürzen. Wenn ihr aber einmal ganz kurz in den Abgrund hinunterschaut, seht ihr, dass da schon zwei sitzen, und die heißen Kurz und Blümel. Ich glaube nicht, dass ihr weiter dorthin wollt.

Dann kommt auch noch der Zweite, der offensichtlich kurz in dieses Krippenspiel hinein­gekommen ist: Marco Schreuder, der nach der oppositionellen Rede von Herrn Steiner – man kann jetzt sagen, die ist gut oder schlecht, das ist jedem überlassen – zum Krip­pen­spiel herauskommt (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder) und sagt: Wo sind die Lö­sun­gen zu den großen Krisen? – Wo waren aber vorher in all den Reden zu den Regie­rungsumbildungen Lösungen? – Das waren Überschriften. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Herr Steiner kommt aus dem Zillertal und bemüht sich, ein ordentlicher Oppositions­führer seiner Fraktion zu sein. Niemand erwartet, dass er jetzt die großen Lösungen auf den Tisch legt, aber das kann man von einer Regierung verlangen. (Heiterkeit bei SPÖ und FPÖ.) Ich frage mich jetzt eines: Wo sind, lieber Marco Schreuder, die großen Lösungen dieser Regierung (Bundesrat Schreuder: ... Demokratie!) im Bereich der Pfle­gemilliarde? (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Wo ist der Pflegegarantie­fonds? Wo ist die Pflegeausbildung? – Wir warten darauf. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, so gut kennen wir uns nicht, dass ich jetzt da - - – mein Gott, wie soll ich das sagen? Ich habe Ihre Auftritte und Ihre Interviews der letzten Zeit verfolgt.


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Sie haben da wortreich erklärt, dass Ihre Sprache als Innenminister die eines Sheriffs war. Jetzt sind Sie Bundeskanzler, jetzt bedienen Sie sich einer anderen Sprache.

Das ist eigentlich ein Rollenspiel, so nennt man das. In der Politik und in der Führung einer Bundesregierung geht es eigentlich immer um Vertrauen. Worauf sollen wir jetzt vertrauen? – Vieles, was Sie als Innenminister – jetzt sage ich das Wort – angestellt haben, werden wir nicht vergessen. Dass Sie das Triumvirat des türkisen Projekts Blümel, Kurz und Köstinger ergänzt haben und als Generalsekretär nicht unwesentlich an der schamlosen Wahlkampfkostenüberziehung beteiligt waren, werden wir auch nicht ver­ges­sen.

So, jetzt sind wir neugierig: Was kommt da jetzt mit Ihnen als Bundeskanzler daher? – Passen Sie auf! Die gebrochenen Versprechen, all das, was bisher unter verschiedenen Bundeskanzlern der ÖVP in wenigen Monaten passiert ist, ist schon relativ viel. Wo sind denn die – lieber Marco Schreuder, hör wieder einmal zu! – großen Projekte dieser Bun­desregierung gegen diese immense Teuerung, die derzeit stattfindet? (Bundesrätin Schumann: Nirgends!) Wo sind endlich die Maßnahmen? Wann sagt man: Wir haben einen Fehler gemacht, wir haben bei den Helden und Heldinnen zwei, drei Gruppen vergessen!? – Die habt ihr vergessen: die Sanitäter und Sanitäterinnen. Wieso sind da die Sanitäter und Sanitäterinnen nicht berücksichtigt, warum sind die Putzkräfte in den Spitälern nicht drin? Das sind alles Helden und Heldinnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Bis heute warten wir. Vielleicht wäre jetzt der richtige Augenblick, dass endlich das Arbeitslosengeld auf eine richtige, auf eine lebenswürdige, auf eine menschenwürdige Höhe erhöht wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gab schon einmal einen Minister aus dem Bundesrat, der belächelt wurde, weil er ein Wort kreiert hat. (Rufe bei ÖVP und SPÖ: Situationselastisch!) – Genau! Er war aus der Steiermark und muss damals schon gewusst haben, dass es Jahre später einen steirischen Vizekanzler geben wird, der diese Situationselastik geradezu in einem Kür­programm präsentiert, wie wir es uns davor gar nicht vorstellen konnten. Bei so vielen Kanzlern in so kurzer Zeit sagt er immer: Passt!, Passt, wir haben die beste Gesprächs­basis!, und so weiter.

Auf eines werde ich in der nächsten Zeit unter Schmerzen verzichten müssen: Schalli und Wernherr, den Beitrag in „Willkommen Österreich“. Das wird mit Nehammer und Kogler einfach nicht lustig. Wer sie nicht gesehen hat, kann dies sicher in „Willkommen Österreich“ nachsehen und sich die verschiedenen Beiträge dort anschauen.

Herr Bundeskanzler! Bundeskanzler zu sein, ist kein Wanderpokal. Man hat das Gefühl, dass die ÖVP aus diesem hohen Staatsamt einen Wanderpokal gemacht hat. Es ist ja wurscht, wer jetzt den Kanzler macht: Schicken wir einmal den Schallenberg, den Schallenberg ziehen wir dann gleich wieder zurück und so weiter. Das Einzige, was daran gut ist, ist, dass mit all diesen Rücktritten der Respekt vor dem Verfassungs­ge­richtshof und vor der Justiz zurückgekehrt ist. Das muss man sagen, denn so geht das hier jetzt nicht mehr, wobei Sie intern diesen Respekt allerdings ein bisschen missen lassen.

Okay, wir wissen ja jetzt noch nicht, wer wirklich Bundeskanzler ist. Ist es Frau Mikl-Leitner aus Sankt Pölten oder ist es Herr Nehammer, der hier bei uns sitzt? Irgend­jemand von den beiden wird es sein. Weil aber gerade der Präsident den Vorsitz führt: Es könnte unter Umständen auch ein bisschen Platter sein. So sieht das halt aus.

Eines, Herr Bundeskanzler, ist ja heute wieder passiert, dass nämlich dieses Krip­penspiel aufgeführt wird, dieses Danke, Danke, Danke. Danke sagt Frau Maurer in der „Kronen Zeitung“, Danke sagt Herr Wöginger, Danke sagt Herr Kogler, alle danken sich bei allen durch. Wofür eigentlich? Danke, dass ihr uns aufgrund unseres Versagens nicht mit Tomaten bewerft? Wofür wird gedankt?


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Wissen Sie, Herr Bundeskanzler, dass ein, zwei Danke aber ausstehen? – Überspringen Sie einmal die Kluft! Sie könnten sich einmal bei Frau Pamela Rendi-Wagner bedanken. (Bundesrat Himmer: Bei der bedanken wir uns dann die nächsten Tage!) Sie hat in den letzten zwei Jahren immer jenen Schritt in der Pandemiebekämpfung eingefordert, den die Regierung mit einem Stottern von drei, sechs bis zu acht Wochen nachvollzogen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Nur in einem Punkt hat es über ein Jahr gedauert, und der betrifft das derzeitige Gremium für das Krisenmanagement. Genau das hat sie am Anfang der Pandemie gefordert, denn anders geht es nicht. Jetzt haben Sie es gemacht. Das ist auch richtig so, aber dafür könnten Sie ihr Danke sagen.

Zweitens, Frau Köstinger: Die ist ja bei der Regierungsumbildung vergessen worden, denn die gehört schon längst raus aus der Regierung – allein dafür, was Frau Köstinger am Anfang der Pandemie der Wiener Bevölkerung mit der Schließung der Bun­desgärten, der Parkanlagen in Wien, angetan hat. Umgekehrt sollten Sie der Stadt Wien, die als Millionenstadt als einzige über den gesamten Sommer hinweg einen Kurs gefahren ist, der uns jetzt hilft, diese Krise zu bewältigen, danken. Ein Dank an den Wiener Bürgermeister und an die Bundeshauptstadt würde guttun. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man sich dann schon bei denen bedankt, sollte man vielleicht Köstinger auch Danke für ihre bisherige Tätigkeit sagen, denn es ist mehr als an der Zeit, dass es in dieser Position der Regierung zu einem Wechsel kommt.

Wir stellen uns aber gar nicht auf einen so langen Zeitraum ein, denn wir sind es ja gewohnt, in immer kürzeren Rhythmen in den Bundesrat zu kommen, um uns Regie­rungserklärungen anzuhören. Ich weiß, für Vizekanzler Kogler wird das alles situations­elastisch super sein. Er wird ja hier möglicherweise auch noch an der Seite des nächsten Bundeskanzlers eine Rede halten. Das ist, wie es eben ist.

Herr Bundeskanzler, ich weiß, Sie sind jetzt ein Gefangener der Landeshauptleute. Wichtig ist allerdings: Reden Sie mit Ihrem Gesundheitsminister! Es geht doch nicht an, dass es in Großbritannien den strengsten Lockdown gibt, dass dort der Notstand ausgerufen wird, aber in Innsbruck in der Woche bis zu drei Flugzeuge mit Skitouristen aus Großbritannien landen. Da tut niemand etwas! Wisst ihr, was das bedeutet? – Welcome to Omicron. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.45


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Finanz­minister Magnus Brunner. – Ich bitte darum.


15.46.06

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Liebe Regierungskollegen! Werte Damen und Herren Bundesräte! Puh, ja, ich möchte mir erlauben, nach diesen umfangreichen Redebeiträgen, denen – wie soll ich es sagen – interessant zuzuhören war, vielleicht wieder zum Eigentlichen zurückzukehren, nämlich zur Regierungserklärung, und mit Ihnen, mit euch allen ein paar Punkte und Inhalte daraus zu behandeln. Ich werde es wie der Herr Vizekanzler halten und den anderen Kolleginnen und Kollegen mehr Raum lassen, weil wir uns ja schon einige Jahre kennen, aber auch die letzten zwei Jahre durfte ich sozusagen als ständiger Vertreter der Frau Bundesministerin bei euch sein.

Zuerst einmal möchte ich mich – und lieber Stefan Schennach, erlaube es mir trotzdem, mich zu bedanken (Bundesrat Schennach: Oh, ein Dank! Tatsächlich!) – beim Bun­des­kanzler für das Vertrauen bedanken, nämlich rein persönlich für das Vertrauen. – Erlaub mir bitte, lieber Stefan, dass ich das doch noch anbringe! – Danke für das Vertrau­en, das mir entgegengebracht worden ist. Die Funktion des Finanzministers ist eine durchaus


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verantwortungsvolle Aufgabe, die ich mit großem Respekt vor dem Parlament, aber auch insgesamt mit hundertprozentigem Einsatz angehen werde. Auch mit viel Freude – das muss ich auch noch dazusagen.

Jetzt muss ich doch noch beim Dank bleiben. – Stefan, du hast mich etwas provoziert (Bundesrat Schennach: Ja!), danke dafür. – So möchte ich mich doch auch bei meinem Vorgänger, Gernot Blümel, bedanken, der doch einiges auf den Weg gebracht hat. Die Tatsache, dass wir beispielsweise im Verlauf der Coronapandemie keine Insolvenz­wellen hatten und viele Arbeitsplätze retten konnten, ist nicht zuletzt auch auf die umfang­reichen Wirtschaftshilfen zurückzuführen, die unter seiner Führung ausgearbeitet und auf den Weg gebracht wurden. Noch einmal: Danke! – Jetzt war es das mit dem Danke, Stefan. Dabei werde ich es belassen. (Bundesrat Schennach: Bis Weihnachten!) – Bis Weihnachten, genau.

Diese Wirtschaftshilfen – um jetzt zum eigentlichen Thema zu kommen – haben natürlich Existenzen gerettet, haben Arbeitsplätze gerettet, haben Unternehmen gut durch diese größte Wirtschaftskrise, die wir seit dem Zweiten Weltkrieg hatten, gebracht. Das muss betont werden. Und diesen Weg werden wir natürlich weitergehen, weiter beschreiten. Wir werden weiterhin jenen Unternehmen unter die Arme greifen, die von der Krise besonders betroffen sind, und dadurch auch Arbeitsplätze erhalten können. Denen werden wir selbstverständlich auch weiterhin unter die Arme greifen.

Die Größenordnung wurde bereits vom Herrn Bundeskanzler erwähnt: 42 Milliarden Euro sind bereits ausbezahlt oder zumindest rechtsverbindlich zugesagt worden. Wir haben die Wirtschaftshilfen natürlich auch adjustiert. Das ist notwendig; selbstver­ständ­lich muss man sie auch immer wieder an die Gegebenheiten anpassen, das ist über­haupt keine Frage. Deswegen haben wir beispielsweise die Antragstellung für den Ausfallsbonus bereits früher, nämlich ab 10. Dezember, freigegeben. Mittlerweile sind bereits 4 500 Anträge, 10 Millionen Euro innerhalb von wenigen Tagen bewilligt worden, damit das Geld eben noch vor Weihnachten fließen kann. Es ist, glaube ich, wichtig, mit den Wirtschaftshilfen immer wieder auf die konkreten Bedürfnisse einzugehen.

Wir haben budgetär dafür vorgesorgt, dass die Unterstützungsleistungen auch ins kom­mende Jahr hinein fortgesetzt werden können. Das ist sehr wichtig. Lieber Kollege Kovacs, jetzt muss ich doch ein paar Dinge zur Steuerreform sagen – no na net –, denn die ist natürlich wichtig.

Wo ist er? – Ah, da oben sitzt er, Entschuldigung! Das ist natürlich ein wichtiges Thema, denn mit dieser ökosozialen Steuerreform – die wir im Ministerrat beschlossen haben und die jetzt dem parlamentarischen Prozess zugeführt wurde – leiten wir eine Trans­formation ein, eine Transformation des gesamten Steuersystems. Wir starten mit der viel diskutierten CO2-Bepreisung eine riesige ökologische Weichenstellung, das kann man wirklich nicht kleinreden!

Jetzt kann man natürlich über die Höhe des CO2-Preises immer diskutieren, klar, da haben wir auch viel diskutiert. Ich meine aber – das kann ich Ihnen versichern –, wir sind da mit Augenmaß vorgegangen: mit Augenmaß, auch um den ländlichen Raum, den Sie alle hier ja vertreten, entsprechend zu berücksichtigen, das ist wichtig.

Wir haben einen Pfad definiert, mit dem wir versuchen, Menschen und auch Unterneh­men auf diesen Weg der Ökologisierung mitzunehmen. Das ist ganz entscheidend, damit uns nicht dasselbe passiert wie in manchen anderen europäischen Mitgliedstaaten, wenn ich beispielsweise an die Gelbwestenproteste in Frankreich denke oder an die Schweiz, wo die Abstimmung über eine CO2-Bepreisung negativ ausging. Dieser soziale Aspekt ist eben bei einer ökosozialen Steuerreform ganz entscheidend, der ist wichtig, und den haben wir in dieser Steuerreform auch berücksichtigt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Insgesamt gibt es also eine Entlastung von 18 Milliarden Euro in den nächsten Jahren, das ist schon gewaltig. Jetzt bin ich als Alemanne vielleicht nicht der vor Euphorie Sprü­hendste, aber das ist wirklich gewaltig, was da auf den Boden gebracht wurde, da kann man allen nur gratulieren! Wir entlasten nämlich, liebe Frau Kollegin Schumann, natürlich die Menschen! (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Wir entlasten sie, indem wir die Lohn- und Einkommensteuer senken; indem wir auch Menschen, die keine Lohnsteuer zahlen, mit der Senkung der Sozialversicherungs­beiträge entlasten – also ja, genau das, was Sie fordern, liebe Frau Kollegin Schumann, machen wir! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Das alles machen wir nicht erst mit 1. Juli 2022, sondern bereits mit dem 1. Jänner 2022, damit die Entlastung eben gleich mit Jahresbeginn bei den Menschen ankommt. Diese Entlastung ist uns wirklich ein Anliegen, und ich bin froh, dass wir das bereits mit 1.1. umsetzen können. (Ruf bei der SPÖ: Damit werden wir die Inflation und Teuerung bekämpfen, bravo, Herr Finanzminister, großartig!)

Abgesehen davon, dass wir die Menschen entlasten, stärken wir auch den Standort, das ist ebenfalls wichtig, eben auch die Regionen, die heute schon oft angesprochen wurden. Der regionale Standort und der regionale Fokus, die der Herr Vizekanzler erwähnt hat, finden in dieser Steuerreform entsprechend Berücksichtigung. Während andere Länder über Steuererhöhungen nachdenken, senken wir also die Steuern, und das ist, meine ich, ein gutes Signal.

Wir schaffen mit den richtigen Leitlinien auch Anreize für Investitionen, nämlich in Ökologisierungsmaßnahmen und in Digitalisierungsmaßnahmen – das war uns wichtig. Das bietet vor allem Platz für Innovationen, und das ist für die Zukunft ganz ent­scheidend.

Vielleicht noch ein paar Sätze zum Klimaschutz – ich habe mich ja zwei Jahre intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Lieber Kollege Schreuder, du hast vollkommen recht: Klimaschutz ist auf der einen Seite eine der größten Herausforderungen, denen wir begegnen – aber man kann das auch positiv sehen. Man soll in dieser Hinsicht nicht Wirtschaft und Ökologie, Wirtschaft und Gesellschaft gegeneinander ausspielen, son­dern im Gegenteil: Man soll es als Chance sehen, als Chance für den Standort und für mehr Arbeitsplätze.

Die Unternehmen sind so weit, die haben ihre Lösungen für mehr Ökologisierung bereits in der Schublade und werden diese auch umsetzen, wenn sie die richtigen Rahmen­bedingungen vorfinden. Wenn man also Klimaschutz als Chance sieht, wenn man die Energiewende als Chance begreift, wenn man da an einem Strang zieht, dann ist es zwar eine große Herausforderung, aber durchaus machbar.

Für unser Budget sind, im Großen gesehen, zwei Säulen wichtig. Die eine ist ein sorg­samer Umgang mit Steuergeld. Jetzt sagt man uns Vorarlbergern eine etwas größere Sparsamkeit nach – das hat jetzt nicht ausschließlich etwas mit Vorarlbergern zu tun, aber man sagt es uns zumindest nach –, das kann also zumindest nicht schaden. Das ist die eine Sache.

Die zweite Säule ist der Wille – und das ist schon auch wichtig –, mittelfristig wieder einen nachhaltigen Budgetpfad zu erreichen, auf einen nachhaltigen Budgetpfad zurück­zukommen. Dafür setzen wir uns auch auf europäischer Ebene ein, denn nach der Krise muss wieder eine geordnete Budgetpolitik stattfinden können, muss der Schuldenabbau wieder vorangetrieben werden können. Das tun wir in Österreich, das wollen wir aber natürlich auch auf europäischer Ebene vorantreiben.

Ich war ja am Tag meiner Angelobung gleich in Brüssel beim Ecofin und habe dort die Position Österreichs noch einmal klargestellt. Der Herr Bundeskanzler hat es vorhin


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erwähnt: Wir müssen uns ja Spielraum für Krisen verschaffen. Gott sei Dank haben wir uns als Republik Österreich ja vor Beginn der Pandemie Spielraum verschafft, um nun zu ermöglichen, die Wirtschaftshilfen entsprechend unter die Leute zu bringen.

Die OECD hat die Wirtschaftshilfen gestern angesprochen – und das sagen jetzt nicht wir als Regierung, bei uns klingt es vielleicht nicht so glaubwürdig, aber der General­sekretär der OECD hat es gestern in seinem Bericht auch bestätigt –: Diese Wirt­schafts­hilfen sind wirklich gut angekommen und waren europaweit auch führend darin, die Unternehmen durch die Krise zu bringen.

Ich freue mich auf jeden Fall auf die Zusammenarbeit, sowohl innerhalb der Bundes­regierung, aber vor allem auch mit Ihnen, mit euch allen. Auf einen intensiven Austausch, den wir sicher haben werden, freue ich mich natürlich auch. Viele von euch durfte ich in meinen über zehn Jahren im Bundesrat näher kennenlernen, und viele, auch parteiüber­greifend, sind zu Freunden geworden – das freut mich. Ich habe den wertschätzenden Umgang miteinander im Bundesrat immer sehr geschätzt und genossen. Ich würde mich freuen, wenn wir diesen wertschätzenden Umgang fortführen könnten, jetzt eben in einer anderen Rolle.

Große Herausforderungen für uns alle liegen vor uns: Wir müssen insbesondere die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie abfedern, dürfen aber auch nicht auf die Zukunft des Standorts vergessen. Wir tragen ökologische und ökonomische Verantwor­tung, auch gegenüber den nachfolgenden Generationen. Bei all diesen Themen hoffe ich auf Ihre, auf eure Unterstützung, und wie gesagt freue ich mich auf die Diskussion. Die kann ruhig ein bisschen intensiver sein, davor scheue ich mich auch nicht. Ich freue mich auf jeden Fall darauf und ersuche euch und Sie um euer/Ihr Vertrauen. Auf gute Zusammenarbeit! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

15.57


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank dem Herrn Finanzminister.

Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Martin Polaschek zu Wort gemeldet. – Ich bitte darum.


15.57.34

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen in der Bundesregierung! Geschätzte Bundesrätinnen und Bundesräte! Ich freue mich sehr, dass ich mich heute bei Ihnen vorstellen darf. Gerade Sie als Vertreterinnen und Vertreter der Bundesländer wird es vielleicht besonders freuen, zu hören, dass ich unmittelbar nach Beginn des neuen Jahres in die Bundesländer fahren werde. Ich möchte mir vor Ort bei den Schulen und Bildungsdirektionen mit den Ländervertreterinnen und Ländervertretern ein Bild machen und direkt mit den Menschen in Kontakt treten. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

Unsere Welt befindet sich in einem massiven Umbruch und steht, wie Sie alle wissen, vor zahlreichen Herausforderungen: Fakenews, Populismus, Intoleranz und vieles mehr verlangen von uns allen aktiven Einsatz, wenn wir unser Gemeinwesen und unsere Umwelt erhalten wollen.

Eine wichtige Grundlage, wenn nicht die wichtigste, um all diese Herausforderungen zu meistern, ist die Bildung, und mit dem Regierungsprogramm haben wir da einen hervor­ragenden Leitfaden. Es ist ein Bekenntnis zur konsequenten Weiterentwicklung unserer Systeme, zur Modernisierung nicht nur von Strukturen, sondern auch von Inhalten – ich verweise etwa auf die Digitalisierung. Es spannt einen Bogen von der Elementar­pädagogik bis zum tertiären Bereich, verknüpft Praxis und Vision und stellt vor allem klare Ziele in den Mittelpunkt. Das wichtigste davon lautet: Kein Mensch soll und darf


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unser Bildungssystem verlassen, ohne die Grundkompetenzen zu beherrschen, die ihm eine Teilnahme an unserer Gesellschaft, an Arbeitswelt und Wohlstand überhaupt erst ermöglichen.

Einiges ist zur Umsetzung der Vorhaben im Regierungsprogramm ja schon passiert, und vieles ist in Vorbereitung. Heute gegen Abend darf ich ja mit Ihnen noch über die Einführung der digitalen Grundbildung und der Sommerschule debattieren. Ich darf mich an dieser Stelle schon einmal bei Heinz Faßmann für die umfassenden Vorarbeiten dazu sehr bedanken.

Was den Alltag von Schülerinnen und Schülern, von Lehrerinnen und Lehrern, von Eltern und Schulverwaltungen derzeit aber am meisten prägt, haben nicht wir bestimmt. Die Pandemie ist über unsere gesamte Gesellschaft und auch über die Schulen herein­gebrochen. Derzeit befinden wir uns mitten in einer ganz entscheidenden Phase dieser Pandemie. Oberstes Ziel muss es sein, im Sinne der Schülerinnen und Schüler die Schulen offen zu halten, gestützt durch ein enges Sicherheitsnetz.

Daher haben wir Maßnahmen in unterschiedlicher Intensität gesetzt, und wir sehen: Diese Maßnahmen wirken, die Infektionszahlen bei den Schülerinnen und Schülern sind massiv gesunken. Als jemand, der aus dem Bereich der Wissenschaft kommt, orientiere ich mich an Zahlen, Daten und Fakten, und diese sprechen eine eindeutige Sprache. Daher habe ich mich auch bereits eng mit den zuständigen Landesrätinnen und Landesräten abgestimmt. Wir haben entschieden, diese Maßnahmen bis in den Jänner hinein zu verlängern, mit einem ganz klaren Ziel, nämlich als ersten Schritt, dass die Familien mit ihren Kindern gesunde und fröhliche Weihnachten mit größtmöglicher Bewegungsfreiheit feiern können. (Vizepräsident Novak übernimmt den Vorsitz.)

Wir müssen aber in den kommenden Monaten und wohl auch Jahren ganz besonders darauf achten, was diese Pandemie alles an Folgen mit sich gebracht hat und was sie noch bringen wird. Wir haben die Verantwortung, diese Probleme zu lösen. Wissenschaft und Forschung werden dabei eine ganz wichtige, wenn nicht die wichtigste Rolle spielen.

Auch in diesem Wissenschafts- und Forschungsbereich stand in den vergangenen Mo­naten vieles, wenn nicht alles unter dem Motto der Pandemie. Glauben Sie mir, ich als Rektor einer der größten und ältesten Universitäten dieses Landes weiß, wovon ich spreche. Aus meiner Erfahrung nicht nur als Rektor, sondern auch als Familienvater darf ich sagen: Man kann nur allen am Bildungssystem insgesamt beteiligten Personen, allen Schülerinnen und Schülern, allen Studierenden, allen Lehrerinnen und Lehrern, allen Eltern und Partnern, aber auch den Menschen in den Universitäten, in den Hochschulen und Wissenschaftsinstitutionen und auch den Menschen in den administrativen Ein­richtungen dafür danken, was sie in all dieser Zeit geleistet haben. Dafür gebührt ihnen höchster Dank und Respekt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Dieser Dank gebührt ihnen für Innovation, für Management im Großen und Kleinen, für vieles an Verzicht, Anstren­gung und Mühsal, aber vor allem auch für das besondere Achtgeben aufeinander.

Lassen Sie mich nun kurz zu dem Bereich kommen, mit dem mich viele von Ihnen bis vor Kurzem vorrangig verbunden haben, nämlich unseren Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen: Wissenschaft und Forschung stehen für über Genera­tionen erarbeitete Methoden, Haltungen und Wissen. Wir müssen diesen Fundus des Wissens bewahren, bereithalten und weiterentwickeln, um neue Fragen stellen und beantworten zu können, denn durch Wissen und Bildung entsteht Zukunft. Wir werden uns dabei verstärkt mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen haben. Dabei geht es mir aber nicht um die Digitalisierung an sich, sondern auch um die Fähigkeit, sich selbst in einer digitalen Welt zu bewegen und diese Welt aktiv mitzugestalten.

Es gibt ja keinen eigenen Amtseid für Bildungsminister, aber als Rektor habe ich zahl­reiche Promotionen vornehmen dürfen. Der akademische Eid, den die Absolventinnen


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und Absolventen dabei ablegen, enthält unter anderem folgende Versprechen: „der Wissenschaft“ und Bildung „zu dienen, deren Ziele zu fördern und dadurch verantwortlich zur Lösung der Probleme der menschlichen Gesellschaft und deren gedeihlicher Weiter­entwicklung beizutragen“ und das „Wissen und Können zum Wohle der Menschen, ohne Ansehung der Person einzusetzen“.

Sehr geehrte Damen und Herren hier im Bundesrat, ich gebe Ihnen als Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung dieses Versprechen an dieser Stelle ebenfalls aus ganzem Herzen, auch zum Wohle unseres Landes. – Danke für Ihre Aufmerk­sam­keit. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

16.03


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundes­minister Mag. Gerhard Karner. Ich erteile ihm das Wort.


16.04.14

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Staatssekretärin! Ministerkollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über 18 Jahre durfte ich im Niederösterreichischen Landtag die Interessen meiner Re­gion und die Interessen der Sicherheit vertreten. Sie können sich daher vorstellen, dass es mir ein besonderes Anliegen ist, heute in dieser Länderkammer meine Vorstellungen auch entsprechend zu präsentieren.

Es gibt viele von Ihnen, von euch, die ich seit vielen Jahren kenne, mit denen ich auch im Landtag sitzen durfte, wie Frau Abgeordnete Hahn als ehemalige Kollegin des Niederösterreichischen Landtages, daher freut es mich, mich auch hier vorzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit großem Respekt habe ich vor gut zwei Wochen ein Gelöbnis, den Eid auf die Republik Österreich abgelegt. Ich habe das schon gesagt und darf das auch hier wiederholen: Ich habe das mit einer großen Gewissheit getan, nämlich mit der Gewissheit, ein wohlbestelltes Haus übernommen zu haben. Daher möchte ich ganz bewusst mit einem großen Dankeschön beginnen, einem Danke­schön, das in der Region, wo ich herkomme, ein Zeichen der Selbstverständlichkeit, ein Zeichen der Wertschätzung ist. Ein großes Dankeschön meinem Vorgänger, dem nun­mehrigen Bundeskanzler Karl Nehammer (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen), der dieses Haus sicher, fest, konsequent, aber immer besonnen geführt hat, gerade in ganz besonders herausfordernden Zeiten, wie das in den letzten beiden Jahren immer wieder der Fall war.

Das zweite Danke, das ich sagen möchte – und ich bin jetzt seit gut zwei Wochen im Amt –, ist ein Danke an die Exekutive, an die Polizistinnen und Polizisten. Auch das wissen gerade Sie, die Sie in Ihren Wahlkreisen Verantwortung tragen, diese leisten quer über das ganze Land exzellente Arbeit, auf den Polizeiinspektionen, wo überall sie Verantwortung tragen und letztendlich für Ihre Sicherheit da sind. Danke allen, die das tun, tagtäglich. (Beifall bei BundesrätInnen von ÖVP, FPÖ und Grünen.)

Ich sehe es daher als unsere gemeinsame Aufgabe, unseren Sicherheitsver­antwort­lichen gerade in dieser so schwierigen Zeit immer wieder den Rücken zu stärken, ihnen Rückhalt zu geben. Das ist meine Verantwortung als Minister, aber ich denke, das ist unser aller Verantwortung als Gesellschaft, aber auch gerade als Vertreter dieses Hohen Hauses. Sie haben das immer wieder getan – ich möchte das auch heute hier erwähnen, ich habe das auch im Nationalrat getan –, nämlich mit dem Beschluss des sogenannten DSN-Gesetzes, wo es darum ging, den Staatsschutz und den Nachrichtendienst neu aufzustellen. Der Beschluss dazu wurde hier am 15. Juli letztendlich mit einer über­wältigenden Mehrheit gefällt. Da möchte ich mich wirklich sehr herzlich bei allen für diese


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konstruktive Diskussion bedanken und vor allem für diesen Beschluss, der sicherstellt, dass dieser Staatsschutz neue Wege beschreitet. Ich bitte gleichzeitig hier an dieser Stelle um einen guten Austausch in anderen Themenbereichen, die jetzt zur Diskussion stehen, wenn ich an das Krisensicherheitsgesetz oder die notwendige Reform des Kriminaldienstes gerade im Hinblick auf den Bereich Cybercrime und Netzwerksicherheit denke.

Nun aber noch einige wesentliche Eckpunkte, beispielhaft angeführt von meiner Seite, die ich kurz skizzieren darf, wo ich in der nächsten Zeit Schwerpunkte sehe. Das ist zu­nächst – und ich habe das schon kurz angesprochen – natürlich der Bereich der Pandemie, der für die gesamte Gesellschaft eine ganz besondere Herausforderung darstellt. Ich habe sehen müssen, dass diese zwei Wochen, seit ich als Innenminister tätig sein darf, gerade für die Exekutive, gerade für die Polizei eine ganz besondere Herausforderung waren, wenn ich an Demonstrationen denke oder wenn ich an not­wendige Kontrollen denke, die gerade von der Exekutive durchgeführt werden müssen. Wenn ich die Demonstrationen anspreche, kann ich nur an alle appellieren und dringend ersuchen, im Sinne der Sicherheit der Bevölkerung, aber auch im Sinne der Sicherheit unserer Polizei nicht zu zündeln, sondern sich immer wieder zurückzunehmen und besonnen zu agieren.

Das zweite Schwerpunktthema, das ich ansprechen möchte, ist der Kampf gegen jedwede Form des Extremismus. Ja, hier gibt es einiges zu tun.

Rechtsradikale, die jetzt mithilfe von Demonstrationen versuchen, neue Netzwerke zu schaffen – daher mein Appell an Demonstrierende, sich nicht vor diesen Karren spannen zu lassen –, Gefahr von der linken Seite, islamistischer Terror, Antisemitismus, Faschis­mus: All das sind Dinge, die wir beherzt bekämpfen müssen. Das ist auch mein großes persönliches Anliegen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die illegale Migration, der Schutz der EU-Außengrenzen, auch das sind Themen, die dieses Haus, die unseren Sicherheitsapparat ganz, ganz wesentlich beschäftigen, wo wir auch die internationale Kooperation brauchen, damit wir entsprechend lenkend eingreifen können.

Ich habe vor wenigen Tagen, nachdem es ein Ersuchen der Innenkommissarin gab, an einem Resettlement-Programm teilzunehmen, bei dem 40 000 afghanische Asylwerber in Europa aufgeteilt werden sollen, gesagt: Nein, Österreich kann daran nicht teilnehmen und wird nicht teilnehmen (Zwischenrufe bei der SPÖ), weil wir in diesem Jahr bereits knapp 7 000 Asylanträge allein aus diesem Land hatten. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Wir leisten unsere Pflicht. Wir tun das, was möglich ist; daher meine klare Absage an dieses Resettlement-Programm aus österreichischer Sicht. (Beifall bei Bun­des­rätInnen der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: Na, na, na? – Rufe bei SPÖ und FPÖ: Oje, oje!)

Ein vierter Punkt, den ich beispielhaft noch ansprechen möchte, ist ein Thema, das Orga­nisationen betrifft, das Unternehmen betrifft, aber letztendlich jeden und jede Einzelne, nämlich der Bereich Cybercrime, Netzwerkkriminalität. Auch da bedarf es zunehmend Anstrengungen, und wir werden das durch entsprechende Strukturreformen auch bei uns im Haus angehen.

Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Sicherheit ist ein vielfältiges Thema, ein sensibles Thema, und ich werde, das ist mir bewusst, selten hundertprozentige Zu­stimmung in der Bevölkerung und wahrscheinlich auch von Ihnen bekommen. Trotzdem werde ich Ihnen und vor allem und gerade der Bevölkerung versprechen, dass ich mit hundertprozentigem Einsatz für die Sicherheit in diesem Land da sein werde. (Bundesrätin Schumann: 30 Frauenmorde! Kein Thema? Gewalt an Frauen ist kein Thema?!) – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.12



BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 118

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Staatssekretärin Claudia Plakolm. Ich erteile ihr das Wort.


16.12.41

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Diese Pandemie, die uns mittlerweile schon seit zwei Jahren begleitet und unser aller Leben bestimmt, bedeutet insbesondere für junge Menschen viel Unsicherheit und ein andauerndes mulmiges Gefühl, was morgen sein wird. Es bedeutet, nicht zu wissen, wie es um die Chancen für unsere eigene Zukunft steht. Als Abgeordnete hier im Hohen Haus habe ich in den letzten Jahren immer betont, dass wir jungen Menschen in Österreich absolut nicht „lost“ sind, dass die junge Gene­ration keine verlorene Generation ist. Davon bin ich nach wie vor felsenfest überzeugt. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Pandemie schränkt jeden Einzelnen, jede Einzelne von uns irrsinnig in seinem/ihrem Alltag ein. Gerade wir Jungen haben in den letzten Wochen und Monaten – sogar in den letzten Jahren, muss man leider schon sagen – zum Wohle der Gesundheit aller auf vieles verzichten müssen. Denken wir an Schülerinnen und Schüler, die jetzt in der käl­teren Jahreszeit gerne auf Skiausflug, auf Skiwoche gefahren wären, daran, dass ein weiterer Maturajahrgang um seinen Maturaball umgefallen ist, an Studierende, die liebend gerne nach der letzten Prüfung im Semester mit Studienkolleginnen und Studien­kollegen einfach feiern gehen würden, stattdessen aber einfach nur den Laptop zuklap­pen können, oder auch an junge Familien, die mit ihren Kindern gerne etwas unter­nehmen würden, auch Vereinsarbeit machen würden, Freunde treffen würden, statt­dessen jedoch einfach nur zu Hause sitzen können. Denken wir auch an unzählige Ehrenamtliche, die insbesondere in Krisenzeiten unser Land am Laufen halten, die in den letzten zwei Jahren viele Vereinsaktivitäten und Veranstaltungen mühevoll orga­nisiert haben und dann leider kurzerhand wieder absagen mussten.

Auch so banale Dinge, die vor drei Jahren noch selbstverständlich für uns waren – wie Weihnachtsfeiern, miteinander Fortgehen –, haben viele von uns das letzte Mal vor der Pandemie gemacht. So geht es den jungen Menschen bei uns im Land, bei uns in Österreich. Die Pandemie ist insbesondere für junge Menschen extrem kräftezehrend, aber gerade wir Jungen dürfen uns diesen Mut und diese Zuversicht nicht nehmen lassen, weil viele Herausforderungen vor uns stehen. Dafür brauchen wir die jungen Menschen in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Liebe Kolleginnen und Kollegen in der Bundesregierung! Genau darin sehe ich meine Aufgabe als Staatssekretärin im Bundeskanzleramt für die Jugend. Gerade jetzt brauchen wir Jungen jemanden, der die Themen klar anspricht (Bundesrätin Hahn: Nicht nur ansprechen! Handeln!) und der auch anpackt. Diese Person werde ich für die jungen Menschen in Österreich sein.

Ich freue mich irrsinnig auf die neue Aufgabe, habe gleichzeitig auch großen Respekt davor, und freue mich, Teil des neuen Teams der Bundesregierung um Bundeskanzler Karl Nehammer zu sein. Ich war selbst in den letzten vier Jahren Abgeordnete hier im Hohen Haus als Jugendsprecherin im Nationalrat, und insbesondere als junge Oberösterreicherin weiß ich die Arbeit des Bundesrates, der Länderkammer im Parla­ment, sehr zu schätzen.

Österreich ist ein vielfältiges Land, und es braucht ganz einfach auch die Einbindung der Bundesländer. Deshalb weiß ich auch ganz genau, dass eine Person in der Politik absolut nichts ausrichten kann, sondern dass wir auf Zusammenarbeit und Zusam­menhalt angewiesen sind, nicht nur in Krisenzeiten, egal, ob in der Regierung oder im Parlament, egal, ob im Nationalrat oder im Bundesrat.


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 119

Ich bin dankbar für 61 starke Stimmen hier in der Länderkammer, und ich freue mich, wenn wir hier im Hohen Haus gemeinsam an einem Strang ziehen, nicht nur in Österreich, sondern auch in der Europäischen Union. Da bin ich wieder beim Thema Jugend: Die EU hat für das kommende Jahr, 2022, das Jahr der Jugend ausgerufen. Ich freue mich insbesondere auf viele Schwerpunktsetzungen.

Deshalb habe ich gleich nach meiner Angelobung, wie meine Kolleginnen und Kollegen auch, direkt die Arbeit aufgenommen (Ruf bei der SPÖ: Bravo! Bravo!), mich mit allen Jugendsprecherinnen und Jugendsprechern der im Parlament vertretenen Parteien in Verbindung gesetzt, auch mit vielen Jugendorganisationen, denn gerade für die Anlie­gen junger Menschen braucht es jetzt keine Parteitaktik, sondern Zusammenhalt. (Oh-Rufe bei der SPÖ.)

Am Ende des Tages eint uns alle ein großes Ziel: jungen Menschen Hoffnung geben, Mut machen und Chancen eröffnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Insbesondere was die Pandemie betrifft, kann ich nach den ersten beiden Wochen im Amt sagen: Es gibt viel zu tun, aber wir sind auf einem guten Weg. (Ruf bei der SPÖ: Na dann!) Ich als Jugendstaatssekretärin möchte insbesondere die psychische Gesundheit von jungen Menschen in den Vordergrund rücken. Dafür sind bereits 13 Millionen Euro zur Verfügung gestellt worden. Letzte Woche hat der Ministerrat zusätzliche 2,9 Mil­lionen Euro für die psychosoziale Gesundheit der Menschen in Österreich beschlossen.

Mein erster offizieller Termin als Staatssekretärin hat mich zu Rat auf Draht – 147 – geführt, eine Telefonnummer, die wir alle sehr, sehr gut kennen und deren Mitarbeiter wahnsinnig tolle Dienste leisten. Ich habe viele Gespräche mit denjenigen, die am anderen Ende der Leitung sitzen und jungen Menschen rund um die Uhr und möglichst niederschwellig Hilfe anbieten, geführt.

Heute im Anschluss an die Bundesratssitzung treffe ich mich mit der Bundes­jugend­vertretung. In den letzten Tagen habe ich trotz Corona schon viele Treffen mit Stake­holdern abhalten können – per Videokonferenz, per Telefon.

Mir geht es aber nicht nur um die Bewältigung der Pandemie aus Sicht der nächsten und kommenden Generationen, sondern auch der Klimawandel ist eine riesengroße Auf­gabe. Dessen Bewältigung können wir nicht einfach nur den nächsten Generationen überlassen, sondern wir brauchen gerade jetzt den Mut und die Zuversicht, Innova­tio­nen, die die jungen Menschen haben, damit wir Klimaschutz zu unserem Markenzeichen machen können, was uns international auch einen großen Wettbewerbsvorteil ver­schaffen würde, und insbesondere auch wieder schnell aus der wirtschaftlichen Krise, die uns Corona beschert hat, bringt. (Zwischenruf des Bundesrates Hübner.)

Auch die Digitalisierung hat unsere Arbeits- und Lebenswelt komplett über den Haufen geworfen. Nur mit jungen Menschen, die innovative Ideen haben, die auch den Mut haben, diese Ideen in Österreich umzusetzen, werden wir international nicht abgehängt. Wir müssen auch darauf schauen, dass die jungen Menschen in unserem Land durch harte Arbeit und Fleiß wieder etwas aufbauen können.

Es liegen also vielfältige Herausforderungen für alle auf dem Tisch, aber insbesondere für die jungen Menschen in Österreich. In diesem Sinne freue ich mich, Staatssekretärin für die Jugendagenden und gleichzeitig die Pacemakerin in der Bundesregierung beim wöchentlichen Ministerrat für die jungen Menschen in Österreich zu sein. – Danke schön und ich freue mich auf die Zusammenarbeit. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

16.19


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Harald Himmer. Ich erteile ihm das Wort.



BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 120

16.19.44

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Es ist ja eine interes­sante Diskussion, zu der sich jeder – wie immer – sein eigenes Bild machen kann.

Ich darf da der Bitte des Kollegen Schennach – ist Stefan jetzt hier oder weg?, er ist momentan nicht hier – nachkommen, weil er in Richtung des Bundeskanzlers oder meiner Fraktion – das habe ich jetzt nicht mehr so genau in Erinnerung – die Bitte gerichtet hat, sich bei Frau Pamela Rendi-Wagner zu bedanken. – Ich bedanke mich gerne bei Frau Abgeordneter Pamela Rendi-Wagner. Es steht außer Zweifel, dass sie immer wieder auch gute Beiträge dazu geleistet hat, dass diese Krise bewältigt werden kann. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) – Wenn man das sagt, wollt ihr es auch nicht hören. Es ist echt schwierig mit euch. (Bundesrätin Schumann: Aber geh! Geh komm, bitte! Na geh!)

Ich darf auch noch ergänzen, Frau Kollegin Schumann: Wir wünschen Frau Pamela Rendi-Wagner auch ein langes politisches Leben. (Ruf bei der SPÖ: Ja! Wenn es ehrlich wäre, wäre es schön!) Ich glaube sogar, dass wir ehrlicheren Herzens Frau Rendi-Wagner ein langes politisches Leben wünschen als die eigene Fraktion. (Bundesrätin Schumann: Ja! Gemeinsam! Danke, ja! Und gemeinsam mit den Vorschlägen der Opposition, gemeinsam! Genau, ja!) Daher will ich das hier wirklich offenen Herzens einmal gesagt haben. (Bundesrätin Schumann: Das ist Zynismus für Anfänger, Herr Kollege! Zynismus für Anfänger ist das!) Kollege Schennach ist offensichtlich ein Pamela-Rendi-Wagner-Fan, und ich wollte ihm eigentlich nur sagen: Bei uns gibt es auch ganz viele. (Heiterkeit bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ. – Bundesrätin Schumann: Aber nein! Der Zynismus, mein Gott, die letzte Waffe! Die letzte Waffe ...! Oje!)

Was das Thema Regierungsbildung betrifft, ist es tatsächlich so, dass Österreich im Jahr 2017 vom sogenannten Ibizaskandal erschüttert worden ist. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich verstehe auch in einem hohen Ausmaß die bis heute andauernde Ver­schnupftheit, die Verärgerung der Freiheitlichen Partei (Zwischenruf des Bundesrates Ofner), weil es letztendlich damals schon so war, dass der klarste kriminelle Akt damals die Überwachung, die stattgefunden hat, war, das Filmen einer privaten Szene mit der Absicht der Erpressung. Diese kriminelle Energie ist damals möglicherweise in der politischen Bewertung untergegangen und war von den Handlungen oder Gesprächen, die dort gesehen worden sind, und der Diskussion, die damit ausgelöst worden ist, überschwemmt. Da sieht man natürlich, dass es in der Politik oft sehr schnell gehen kann, das haben wir alle miterlebt.

Ich habe jetzt gerade noch einmal nachgerechnet: Die Wahl 2017 war ja jene Wahl, bei der die Grünen aus dem Nationalrat gefallen sind (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), und wenn alles nach Plan verlaufen wäre und eine fünfjährige Legislaturperiode stattgefunden hätte, dann wäre Werner Kogler noch der Anführer der außerparlamen­tarischen Opposition in diesem Lande. So aber ist er, wie hier bereits mehrfach fest­gestellt worden ist, schon der routinierteste Redner, wenn es um das Thema Regie­rungs­erklärungen geht. (Zwischenruf des Bundesrates Ofner.)

Es gilt für alle Parteien, dass es schnell nach oben gehen kann, dass es dann auch vergleichsweise rasch nach unten gehen kann. Was aber in jedem Fall und natürlich klar ist, ist, dass auch nichts für die Ewigkeit ist. Man wird gewählt, man hat eine Funktion, und es gibt immer einen Tag, bevor man ein Amt ausübt, und einen Tag danach – und es kommen auch bestimmt die nächsten Wahlen.

In diesem Zusammenhang möchte ich besonders dem ehemaligen Bundeskanzler Schallenberg Dank dafür sagen, dass er zwei Monate lang dieses Amt ausgeübt hat,


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weil ich glaube, dass es diesem Land sehr gutgetan hat, dass es diese, wenn auch nur kurze, Regierung Schallenberg/Kogler gegeben hat.

Was wäre denn die Alternative gewesen? – Die Alternative wäre eine Regierung von Rendi-Wagner mit Kickl gewesen. (Bundesrätin Schumann: Na geh! Na geh! Das glaubst du aber selber nicht!) Wenn wir den Diskussionen hier folgen, dann kann sich jeder vorstellen, wie gering die Schnittmengen in einer Regierung Rendi-Wagner/Kickl gewesen wären (Bundesrätin Schumann: Aber ÖVP und Grüne sind super, nachdem die Grünen nachlassen!), wenn wir nämlich gerade die Diskussionen hier im Bundesrat zum aktuellsten Problem betrachten, nämlich zu den Herausforderungen rund um das Coronavirus. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Sie sind aber inhaltlich nicht sonderlich anders als die, die man im Nationalrat mitverfolgen kann.

Da sieht man nämlich, dass die SPÖ den Standpunkt vertritt, dass bestimmte Maß­nahmen noch viel früher und noch viel stringenter hätten gesetzt werden müssen (Bun­desrätin Schumann: Ja! Wiener Abgeordneter, oder nicht?), während die Freiheitliche Partei meint, dass nahezu keine Maßnahmen notwendig wären und man eigentlich recht viel Zeit hat, überhaupt irgendwelche Maßnahmen zu setzen, und dass das Virus eigentlich vergleichsweise unabhängig vom Verhalten, das man den Bürgerinnen und Bürgern empfiehlt, kommt und geht. Da, muss ich sagen, wüsste ich nicht, welche weitreichenden Entscheidungen dann in diesen zwei Monaten hätten getroffen werden sollen. (Bundesrätin Schumann: Sie kommen aber aus Wien, Herr Bundesrat, oder?)

Wie gesagt, die nächste Wahl kommt eh bestimmt, ob es jetzt früher oder später ist. Das kann ohnehin niemand von uns verhindern, ein wie großer Anhänger er auch immer ist. Da frage ich mich: Will die Freiheitliche Partei eigentlich Verantwortung übernehmen? Will die Freiheitliche Partei in diesem Land mitgestalten? (Bundesrat Ofner: Na, mach dir um uns keine Sorgen! Mach dir um euch Sorgen!), und wenn sie das will, dann frage ich mich, was sie glaubt, mit welchen Partnern sie diese Positionen umsetzen kann, die Sie hier jetzt am konkretesten zum Thema der Herausforderung rund um das Corona­virus vertreten.

Eigentlich höre ich nur, dass jede andere Partei als die Freiheitliche Partei völlig zum Vergessen ist und auf dem völlig falschen Dampfer ist. Also welches Versprechen geben Sie eigentlich den Bürgerinnen und Bürgern, die Sie da so massiv emotional ansprechen? Welche Optionen sollen sich ergeben? Wer außer der MFG ist geneigt, mit den Freiheitlichen diese Inhalte – nämlich bezüglich der Pandemie: Let’s ignore it! – umzusetzen? (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.)

Daher denke ich, dass der Kurs der Bundesregierung, den Dialog zu suchen, absolut der richtige ist. Den Dialog zu suchen – weil dann immer gleich die Frau Fraktionsobfrau der SPÖ detoniert – heißt nicht automatisch, dass man dem, mit dem man den Dialog führt, immer recht gibt. (Bundesrätin Hahn: Aber auch nicht, dass man immer auto­matisch alles ablehnt! – Bundesrätin Schumann: Herzliche Grüße aus Wien, Herr Bun­desrat!) Es ist das Wesen der Demokratie, dass es viele Meinungen gibt, und daher bin ich sehr zuversichtlich, dass die Menschen anerkennen, dass man den Dialog sucht.

Ich finde es auch wichtig, dass sich die Mitglieder der Bundesregierung in der Wortwahl und darin, wie sie auf andere Fraktionen, auf politisch Andersdenkende zugehen, von manchen anderen, die wir hier gehört haben, unterscheiden.

Ich wünsche allen neuen Mitgliedern der Bundesregierung und jenen, die in neuen Funk­tionen sind, ganz besonders alles Gute und viel Erfolg – den anderen haben wir das ja schon bei anderen Gelegenheiten gewünscht. (Zwischenruf des Bundesrates Reisinger.) Besonders möchte ich noch einmal der Jugendstaatssekretärin meine besten Glück­wünsche übermitteln und ihr auch besonders alles Gute wünschen, weil ich mitbekom­men habe, dass sie in einem sogenannten Frauenmagazin, das ich an sich sonst nicht


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lese, auf das ich aber aufmerksam gemacht worden bin, zerrissen worden ist. Dort ist mehr oder weniger kritisiert worden, dass sie dieselbe Gage wie andere Regierungs­mitglieder in der gleichen Funktion kriegt. Ich finde es immer wieder amüsant, wie junge Damen zerrissen werden, wenn sie politisch engagiert und keine Linken sind.

Dann sind sie auf einmal offensichtlich keine Damen mehr, denen man Respekt entge­genbringen kann. (Bundesrätin Schumann: Ich war mein Leben lang keine Dame, das weiß ich mit Sicherheit! ...! Eine Dame war ich nie, aber ein Mensch ...!) Zu den anderen dämlichen Vergleichen, die es in dem Zusammenhang immer gibt: Ich glaube, dass Personen wie die Staatssekretärin oder vielleicht auch unsere neue Generalsekretärin sicherlich nicht ihren politischen Schwerpunkt darin sehen werden, dass sie alten oder älteren, reiferen Männern mit Lebensweisheit Dinge vorgeben, sondern dass sie eben – genau so, wie es die Staatssekretärin ausgeführt hat – die Werte, die Ziele und die Herausforderungen, die die eigene Generation hat, näherbringen und damit natürlich einen ganz, ganz wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft und einen ganz, ganz wichtigen Beitrag auch für die Bundespolitik – im Rahmen der Bundesregierung und hier in der Zusammenarbeit mit dem Parlament – bringen können. – Dafür Glück auf! (Beifall bei der ÖVP.)

16.31


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner. Ich erteile ihr das Wort.


16.31.13

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Hohes Prä­sidium! Sehr geehrte Mitglieder der neuen Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kol­legen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe gelernt (die Schutzmaske einsteckend). Wir haben alle ein Mail bekommen, wir alle miteinander sollen hier nicht die Masken (auf das Rednerpult weisend) ablegen. (Ruf: Ich hab’s richtig gemacht!) – Ja genau, du bist lobend erwähnt worden. Ich habe jetzt auch gelernt, ich stecke sie ein.

Ich wünsche allen Regierungsmitgliedern, ich wünsche Ihnen allen in Ihrer verant­wor­tungsvollen Aufgabe einen klaren Blick für die Themen und die Bedürfnisse der Men­schen in unserem Land – nämlich aller Menschen in unserem Land: dass bitte niemand vergessen wird! –, und ich wünsche mir, dass Sie das mit etwas weniger Selbstge­fälligkeit und politischem Kalkül angehen als manche Ihrer Vorgänger. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrter Herr Bildungsminister – wenn ich mit Ihnen beginnen darf –, was ich Ihnen mitgeben möchte: Wir haben in der letzten Bundesratssitzung noch mit Ihrem Vorgänger sehr ausführlich das Thema Bildung debattiert. Wir haben zu einer Dringlichen Anfrage eingeladen, weil wir das Thema Bildung als Ganzes analysieren wollten und die aus unserer Sicht notwendigen Maßnahmen erläutern wollten. Ich habe kurz überlegt, ob ich Ihnen unsere Reden vom letzten Mal – die sind erst zwei Wochen alt, also eigentlich noch aktuell – gebunden mitbringen soll, aber ich habe mich dann doch für die mündliche Zusammenfassung entschieden.

Herr Minister, jetzt, in dieser laufenden Pandemie – und wir sind sozusagen mitten in der Pandemie – ist die Zeit – wir würden in der Elementarbildung sagen: die Zeit der Ein­gewöhnung – nicht gegeben. Das Bildungssystem ist von der Elementarbildung bis zur Erwachsenenbildung mehr als belastet, und es braucht jetzt sehr schnell sehr klare und sehr lösungsorientierte Handlungen.

Die Kinder, die SchülerInnen, die PädagogInnen, die Eltern brauchen Klarheit und sie brauchen Perspektiven. Das ist das, was man in Krisensituationen braucht. Was aus meiner Sicht noch dringend gebraucht würde, ist, dass man den Druck aus dem Bildungssystem


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nimmt. Ich glaube, es geht jetzt in erster Linie darum, dass alle Betei­ligten, alle AkteurIn­nen in ihrer psychischen Verfasstheit gestärkt werden und geschont werden, dass wir alle halbwegs gut und sicher gemeinsam durch diese Pandemie kommen und sie über­stehen, und es geht jetzt, a n der Stelle, weniger um schulische Leistungen. Diesen Fokus auf die psychische Gesundheit anstatt Leistungsorientierung würde ich mir in dieser Situation, in der wir stecken, wünschen.

Herr Minister, Sie haben es selber gesagt – das freut mich –: Die Bildung beginnt bei der Elementarbildung! – Alle meine KollegInnen hier kennen mich schon. Die Elementar­bildung ist mir ein besonderes Herzensanliegen, auch deshalb, weil ich das Gefühl habe, dass sie von der bisherigen Regierung weitestgehend vergessen wurde. (Beifall bei der SPÖ.) Eigentlich beginnt ganz genau genommen die Bildung noch früher: nämlich bei der Elternbildung, bevor die Kinder auf die Welt kommen.

Jedenfalls aber meine Bitte an Sie, Herr Bildungsminister: Schenken Sie der Elementar­bildung die Aufmerksamkeit, die sie braucht und verdient, denn ich kann Ihnen sagen, ich bin in der Elementarbildungsszene sehr gut vernetzt, und gerade mit Hinblick auf den 24. Jänner, den Tag der Elementarbildung, braut sich etwas zusammen. Die verschie­densten Plattformen, die verschiedensten Berufsgruppen ringen nach Möglichkeiten, in diesem Bereich jetzt spürbar etwas zu verbessern, die MitarbeiterInnen in diesem System zu entlasten und gleichzeitig die Qualität in den Einrichtungen zu verbessern.

Oft wird dafür plädiert, die Kindergärten vor allem qualitativ auszubauen, aber das geht sich aktuell mit dem vorhandenen Fachkräftemangel gar nicht aus. Das heißt, wir müssen viel früher ansetzen, wir müssen das Berufsbild attraktivieren, wir müssen Menschen dazu bringen, dass sie diesen Beruf ergreifen und dort bleiben. Das heißt, es geht um Rahmenbedingungen, damit sie eine gute, qualitativ hochwertige Arbeit machen können, und dafür braucht es eine große Offensive – nicht kleine Schräubchen, sondern eine große Offensive –, denn sonst steuern wir da in ein ziemliches Desaster.

Die Forderungen aller AkteurInnen – und da sind die Forderungen über alle Partei­grenzen hinweg sehr einheitlich, das ist ein Vorteil – kann man nehmen und an die Um­setzung gehen. Da wünsche ich mir sehr, Herr Bildungsminister, dass Sie da aktiv wer­den.

Was die Schulen betrifft: Herr Minister, bitte seien Sie mutig, trauen Sie sich Konzepte für eine kindgerechte Schule, die am Tisch liegen, aufzugreifen! Da braucht es ent­sprechende Ressourcen. Es braucht vor allem Köpfe und menschliche Ressourcen im Bildungssystem, um genau das zu tun, was es jetzt braucht, nämlich diese psychische Belastung abzufangen. Es braucht Unterstützungspersonal, Unterstützungssysteme, SozialarbeiterInnen, StützlehrerInnen, FreizeitbetreuerInnen, die die in der Bildung akti­ven Personen unterstützen und ganz speziell auf die Situation von Schülern und Schülerinnen jetzt in der Pandemie eingehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Eines ist uns als Sozialdemokratie so wichtig – und es ist jetzt wieder bei Ihnen (in Richtung Bundesminister Polaschek) und auch bei Ihnen, Frau Jugendstaatssekretärin, passiert –: Es werden immer die Lehrlinge vergessen. Die Lehrlinge und die Berufs­schulen sind so wichtig. Wir brauchen diese jungen Menschen, die eine gute Ausbildung bekommen, die Fachkräfte in den Betrieben sind. Alle ringen um diese guten Fachkräfte. Das heißt, wir müssen diese jungen Menschen auch an der Hand nehmen, durch die Lehre und durch die Berufsschule begleiten und sie verwöhnen, weil sie etwas Wichtiges machen. Dafür braucht es aber auch Ihren Fokus, und das würde ich Ihnen beiden gerne mitgeben: Bitte denken Sie an die Lehrlinge in unserem Land! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Güte, ich hätte noch so viel alleine an Sie, Herr Bildungsminister – inklusive Strukturen, damit alle Kinder mitgenommen werden –, mitzugeben! Ich hoffe, wir können das an anderer Stelle debattieren.


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Ich würde aber gleich bei Ihnen, Frau Staatssekretärin, gerne weitermachen. Auch bei Ihnen sind so viele Themen, die darauf warten, aufgegriffen zu werden. Ich denke nur an das Thema der Kinderrechte. Sträflich vernachlässigt finde ich in dieser Regierung bisher das Kinderrechte-Board im Ministerium. Es gibt kein Monitoring in diesem Be­reich. Da wäre so viel Know-how und so viel Bereitschaft, mitzutun, abzuholen. Bitte greifen Sie hin, packen Sie dieses Know-how und lassen Sie diese Szene mitarbeiten!

Die Kinder und Jugendlichen brauchen jetzt einen Fokus der gesamten Regierung. Ich möchte Ihnen auch den kürzlich erschienenen Bericht der Liga für Kinder- und Jugend­gesundheit ans Herz legen. Da sind ganz viele, ganz konkrete Maßnahmen, da ist ganz viel Expertise drinnen. Es gehört da schleunigst gegengesteuert: Auch – sozusagen – das psychische System kann all diesen Bedarf nicht mehr auffangen. Bitte greifen Sie dorthin! Weil wir beide aus der Kinder- und Jugendarbeit kommen – auch ich arbeite in so einer Organisation –: Da wird auch präventive Arbeit für Kinder- und Jugendliche geleistet, um ihr Wohlergehen zu sichern.

Sie haben später einen Termin mit Jugendorganisationen im Rahmen der BJV – ich spoilere jetzt ein bisschen –: Es wird auch um die Valorisierung der Förderungen in diesem Bereich gehen, denn jene für Kinder- und Jugendorganisationen sind seit 2001 nicht mehr valorisiert worden, das ist ein Wertverlust von fast 40 Prozent.

Wir brauchen eine gute Grundausstattung, um die Kinder und Jugendlichen weiterhin gut begleiten zu können und die Tausenden Ehrenamtlichen koordinieren zu können. Auch hier gibt es große Hoffnungen in Sie, Frau Staatssekretärin, dass Sie dabei auf unserer Seite sind, weil Sie die Situation kennen.

Die rote Lampe leuchtet schon. Nun möchte ich noch dem Herrn Innenminister einiges mitgeben. Herr Innenminister, vor allem der Kanzler hat vorhin gesagt, er ist ein ganz großer Fan von gemeinsamen Lösungen innerhalb der Europäischen Union. Das sind wir auch; ich glaube, dass viele Probleme nur gemeinsam gelöst werden können. Sie sagen dann allerdings gleichzeitig in der Regierungserklärung: Wir machen bei der fairen Verteilung von geflüchteten Menschen nicht mit, da nehmen wir uns zurück. – Ich glaube, gemeinsame Lösungen zu finden und sich dann nur die Rosinen heraus­zu­klauben, das wird sich nicht ausgehen, da werden wir uns keine Freunde in der EU machen.

Ich weise Sie nur darauf hin – das betrifft nun auch den Außenminister –, was an unse­ren Grenzen passiert: in Bosnien, an der Grenze zu Kroatien; in Griechenland, wo wir wissentlich zuschauen, wie gegenwärtig – während wir hier im warmen Saal sind, satt, kurz vor Weihnachten, und die Bilder sehen – Kinder und ihre Familien in Zelten hausen müssen, an den Grenzen mit Push-backs nackig zurückgeschickt werden. Diese Men­schen­rechtsverletzungen gehen auch auf unsere Kappe, denn wir wissen, dass das passiert, und niemand von Ihnen steuert gegen. (Beifall bei der SPÖ.)

In Traiskirchen warten minderjährige Flüchtlinge darauf, betreut zu werden, da gibt es keine gerechte Verteilung unter den Bundesländern, die Obsorge dieser jungen Men­schen ist nicht gewährleistet. Ich weiß, Sie mögen diese Themen nicht, aber sie sind auch da.

Herr Innenminister, Sie haben mit keinem Wort die Gewalt an Frauen erwähnt. Wir zählen mittlerweile den 33. Frauenmord in Österreich in einem Jahr; da brodelt es, da wären Sie als Innenminister gefordert. Sie haben darüber kein Wort verloren, das macht mir ein bisschen Angst. Ich würde Sie bitten, auch diese unangenehmen Themen anzugreifen und gegenzusteuern. Das ist dringend notwendig. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt unglaublich viel zu tun. Die rote Lampe leuchtet. Es ist keine Zeit für politisches Kalkül, eigentlich auch nicht für Regierungsumbildungen. Es muss für alle Menschen in Österreich gearbeitet werden – und zwar sofort. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.42



BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 125

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Andreas Arthur Spanring. Ich erteile ihm das Wort.


16.43.03

Bundesrat Andreas Arthur Spanring (FPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Vor­übergehend platzierte Herrschaften auf der Regierungsbank! (Heiterkeit der Bundesräte Steiner und Ofner.) Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Bevor ich auf die Regierung eingehe, möchte ich kurz Kollegen Schreuder antworten, der heute hier gesagt hat, wir brächten niemals Vorschläge. Nun habe ich zwei Vorschläge für Sie. Erstens: Schauen Sie sich vielleicht unseren seit Monaten immer wieder gebrachten Plan B einmal an! Ich glaube, Sie haben das noch nicht gemacht – sonst könnten Sie nicht sagen, wir bringen keine Vorschläge. (Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.) Wenn Sie ihn sich angeschaut haben, dann gehe ich davon aus, Sie wollen ihn nicht verstehen, oder schlimmer: Sie verstehen ihn wirklich nicht. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)

Der zweite Vorschlag meinerseits, das ist auch ein sehr konstruktiver Vorschlag an Sie: Ich habe vor circa einem Jahr einen Artikel aus dem „Standard“ dabeigehabt, da ist dringestanden: Müssen sich nun alle Bartträger und Bartträgerinnen den Bart rasieren, damit die Maske schützt? (Bundesrat Egger nimmt kurz seine Schutzmaske ab und setzt sie erneut auf.) Das betrifft nun Sie im Besonderen, weil Sie um einiges mehr Bart haben als ich. Sie haben zwar immer brav die Maske oben und sind auch immer moralisch überlegen und sagen, alle müssen Masken tragen. Wenn Sie das ernst meinen, dann müssen Sie sich Ihren Bart rasieren – sonst bringt die Maske nichts. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Gut, meine Damen und Herren, das ist die zweite Regierungserklärung und der dritte Bundeskanzler innerhalb weniger Monate (Zwischenruf bei der SPÖ), und wenn ich so auf die Regierungsbank schaue, dann muss ich sagen, dass die Spaltung in dieser Regierung schon tiefer ist als die Spaltung in der Bevölkerung, weil von den Grünen außer Vizekanzler Kogler niemand da ist. Ich kann Ihnen aber auch sagen: Diese Spaltung haben in beiden Fällen Sie selbst zu verantworten. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese türkis/schwarz-grüne Regierung hat Österreich international leider wieder einmal zu einer Lachnummer gemacht. Allein für diesen Schaden an Österreichs Reputation, meine Damen und Herren, sollten Sie geschlossen und freiwillig zurücktreten: jene in der ÖVP, die ein korruptes System hochgezogen haben; und jene bei den Grünen, die das alles gutheißen, mittragen und auch decken.

Inzwischen kann man statt von einer schwarz-grünen Koalition ja schon fast von einer schwarz-grünen Komplizenschaft sprechen. Denn warum haben wir hier und heute den dritten Kanzler in gut zwei Monaten? Warum ist das so? – Weil es innerhalb der ÖVP Pläne gab, dass ein gewisser Sebastian Kurz die eigene Partei übernehmen wollte – „Koste es, was es wolle“ –, mit dem Ziel der totalen Machtübernahme in diesem Land – auch: „Koste es, was es wolle“ –, das war das berühmte Projekt Ballhausplatz. Es wäre ja fast geglückt, Gott sei Dank eben nur fast.

Nun im Nachhinein muss man ja quasi dankbar sein für die Videofalle in Ibiza, mit der man der FPÖ massiv schaden wollte; denn der daraufhin eingesetzte Ibiza-Unter­suchungsausschuss, der das Ziel hatte, die FPÖ komplett zu zerstören, wurde zum schwarz/türkisen Bumerang (Beifall bei der FPÖ) und hat die Spitzen dieser ÖVP mit voller Wucht getroffen. Deshalb, meine Damen und Herren, sind wir heute hier, deshalb erleben wir die x-te Neuauflage, und deshalb gibt es diese x-te Regierungserklärung – dank unzähliger Chatprotokolle, die schier unfassbare Dinge ans Tageslicht gebracht haben.


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 126

Allein die ersten Skandale rund um die Bestellung von Thomas Schmid in die Öbag hätten eigentlich schon gereicht, samt aller Beschimpfungen aus der ÖVP, in denen die Bevölkerung als Pöbel und Uniformierte als Tiere bezeichnet wurden. Das alles hätte schon lange gereicht, dass eigentlich alle hätten zurücktreten müssen – nur eben nicht bei dieser ÖVP. Dank enger Vertrauter, Mitarbeiter in den Schaltzentralen der Macht – einer davon ein suspendierter Sektionschef im Justizministerium –, dank der Rückge­winnung des Innenministeriums durch den damaligen Innenminister und jetzigen Kanzler Nehammer, der leider schon wieder nicht da ist, samt eines BVT, das in der Führung ausnahmslos dunkelschwarz oder türkis besetzt war, dank all dieser Vertrauten und einiger mehr, dank gewisser Medien und dank geschredderter Festplatten konnte sich die alte neue ÖVP und somit die alte schwarz-grüne Regierung noch halten.

Dann wurden aber die nächsten Chats veröffentlicht. Mit Hilfe der Tageszeitung „Öster­reich“ soll sich Kurz tatsächlich an die Spitze der ÖVP geputscht haben. Dafür wurden Umfragen frisiert und Storys bestellt. Deren Geschichte ist mir eigentlich ziemlich wurscht, aber wie schaut es mit der Finanzierung aus? – Ja, die Finanzierung der Kurz-freundlichen Umfragen passierte mit Steuergeld, direkt aus dem Finanzministerium, von eben jenem Thomas Schmid eingefädelt, dessen brisante Chats das alles aufdeckten und von dessen Bestellung zum Öbag-Chef trotz mangelnder Qualifikation angeblich niemand in der ÖVP-Spitze wusste – schon gar nicht Herr Kurz, was dem Ex-Kanzler wiederum eine Anklage wegen vermeintlicher Falschaussage im Untersuchungs­aus­schuss eingehandelt hat.

Dann gab es noch die Razzien im Bundeskanzleramt, Gassi geführte Laptops, weit unter Wert gekaufte Häuser für gute Freunde, die wiederum dann dafür die „Kronen Zeitung“ gekauft haben, weit überschrittene Wahlkampfausgaben samt doppelter Buchführung – nicht Buchhaltung, Buchführung –, Freundschaftsdienste, Spenden und so weiter, und so fort. Merken Sie etwas, meine Damen und Herren? – Bisher habe ich noch kein ein­ziges Wort über die Coronapolitik dieser Regierung verloren, die natürlich wie bestellt kam, um von den Skandalen, den Skandalen und den Skandalen rund um die ÖVP abzulenken. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Meine Damen und Herren, genau das ist der Grund für die heutige abermalige Regie­rungserklärung hier im Hohen Haus, egal, was die Herrschaften links und rechts von mir erzählen. Da ist es total egal, ob das Türkis oder Schwarz ist, die Farbe ändert kein System – denn wenn ein System bis in die Wurzeln korrumpiert ist, dann ist ein neuer Anstrich zu wenig. (Beifall bei der FPÖ.)

All das darf niemals in Vergessenheit geraten, all das muss den Damen und Herren Österreichern immer wieder aufgezeigt werden, warum jetzt die x-te Regierungs­umbil­dung stattfinden musste.

Passend dazu gab es ganz aktuell eine erneute Razzia im Finanzministerium. Angeblich wurden 630 000 Euro für einen guten ÖVP-Freund nachgelassen. Und wieder ist der Kurz-Intimus Thomas Schmid mit dabei. Es war nämlich ganz zufällig ein Steuernachlass für denjenigen, dem Sebastian Kurz bei US-Sanktionen helfen sollte und den Kurz als Aufsichtsratsvorsitzenden in der Öbag wollte. Übrigens ist das nicht der einzige Fall, der in diese Richtung geht, denn angeblich gab es solche Gespräche von Herrn Kurz auch in Italien für einen anderen guten ÖVP-Freund, als dann eine Steuerschuld von bis zu 60 Millionen Euro auf einmal auf 20 Millionen Euro gesenkt wurde. Es gilt natürlich auch dabei wie immer die Unschuldsvermutung, aber jetzt müssen auch Sie von der ÖVP selbst zugeben: Es wird schön langsam eng. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieser wirklich nur kleine Auszug aus der Welt der ÖVP-Korruption führt zur aktuellen Regierungsbesetzung – also ein paar neue Köpfe und ein paar, die einfach einen anderen Platz einnehmen. Als Beispiel: Der ehemalige Kanzler Schallenberg, der bei


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den letzten Sitzungen und Interviews schon ganz und gar nicht mehr so diplomatisch war und auch Nerven gezeigt hat, ist jetzt wieder Außenminister.

Eine Veränderung ist für uns im Bundesrat interessant: Der ehemalige Staatssekretär Magnus Brunner, im Bundesrat für seine menschliche und verbindende Art bestens bekannt und auch geschätzt, ist der neue Finanzminister. – Dir, lieber Magnus, wünsche ich alles Gute. Ich bin auch davon überzeugt, dass du es besser machen wirst als dein Vorgänger. Ohne jetzt dir gegenüber despektierlich sein zu wollen: Das wird auch nicht besonders schwer werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Nur eines hat mich schon sehr geärgert: Du hast in einem der ersten Interviews als neuer Finanzminister gesagt, dass die Coronatests selbst zu bezahlen sein sollen. Dazu kann ich dir nur sagen: Solange diese Regierung die aktuellen Coronavorschriften aufrecht­erhält, so lange haben diese Tests für alle Bürger gratis zu sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn es aber tatsächlich so ist, dass dir das Testen zu viel kostet, dann mache dich in dieser Regierung bitte dafür stark, dass endlich eine evidenzbasierte und damit auch bürgerfreundliche Politik gemacht wird: Schluss mit der Spaltung, zurück zur Vernunft! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe es auch zur Kenntnis genommen, dass du mehr oder weniger schon zuge­geben hast, dass es besonders um die Vergabe von Aufträgen für zuvor genannte Um­fra­gen, womit man Kurz künstlich hochgeschrieben hat, Malversationen im Finanzminis­terium gegeben hat. Da richte ich auch folgende Bitte an dich: Hilf bitte mit voller Kraft mit, diese ÖVP-Korruption aufzuklären, denn nur so, wenn überhaupt, kann die Politik wieder etwas an Glaubwürdigkeit zurückgewinnen.

Damit sind wir in Wahrheit schon bei unserem Hauptproblem, dem Vertrauensverlust dieser Regierung, vor allem dem Verlust des Vertrauens in die ÖVP. Für mich ist es inzwischen unmöglich, dieser Regierung, diesen handelnden Personen auch nur noch irgendetwas zu glauben. So wie mir geht es der großen Mehrheit der österreichischen Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ.)

Es hat so gut wie nichts gehalten, was von dieser Regierung angekündigt wurde. Zwei Jahre Coronapolitik dieser Regierung waren nichts anderes als zwei Jahre Falsch­ankündigungen, Falschprognosen, Fehlinformationen, Grundrechtseinschnitte, Verfas­sungsbrüche, eine dauernde Gängelung der eigenen Bevölkerung bis hin zur vermeint­lichen ÖVP-Korruption. Diese Politik wird von den gut bezahlten Medien noch am Leben gehalten – noch! –, aber selbst das beginnt zu bröckeln.

Täglich melden sich Menschen trotz aller zu erwartenden Probleme und Repressalien und zeigen auf, was für Unwahrheiten diese Regierung von sich gibt, etwa in Form eines von 199 Ärzten unterzeichneten Briefes an den – leider noch immer – Ärztekam­mer­präsidenten Szekeres ist, obwohl diese Ärzte genau wissen, dass sie dadurch massive Schwierigkeiten bekommen können. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner.) Es sind auch Ex-ORF-Granden wie zum Beispiel Reinhard Jesionek oder auch Topunternehmer wie der Wienerberger-Chef Heimo Scheuch dabei und unzählige Menschen mehr: Sie zeigen auf, dass sich diese Regierung komplett in einer Sackgasse verrennt. (Beifall bei der FPÖ.)

Apropos Sackgasse: Da fällt mir noch der neue angebliche Hardliner in dieser Regierung ein – als Niederösterreicher muss ich das natürlich ansprechen –, Herr Karner, der Innenminister der Republik, ein enger Vertrauter des verurteilten ÖVP-Ex-Innenministers Strasser, der nun als nächster Niederösterreicher nach Mikl-Leitner, Sobotka und Nehammer in diesem Ministerium beauftragt ist, alles aus der dunklen Vergangenheit unter Verschluss zu halten. Anders kann ich mir Ihre Berufung gar nicht erklären. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Steiner: Die Kompetenz war es nicht!)


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Ihr Dollfuß-Museum wird es ja wohl nicht gewesen sein – hoffe ich zumindest.


Vizepräsident Günther Novak: Das waren 13 Minuten.


Bundesrat Andreas Arthur Spanring (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. Ich weiß, dass ich über der Zeit bin. Ich brauche noch etwas Zeit, ich verspreche Ihnen aber, ich werde die Zeit morgen bei meinen Reden wieder einholen und werde weniger lang reden.

So geht es aber mit den Besetzungen im Innenministerium auch gleich weiter. Im BVT Neu, über das wir heute schon gehört haben, also in der DSN, in der Direktion für Staats­schutz und Nachrichtendienst, wurde der ehemalige Chef des Landeskriminalamts Niederösterreich, zufällig – zufällig! – politisch tätig für die ÖVP, der keine Erfahrung mit Nachrichtendienst hat, zum neuen Direktor ernannt. – Herzliche Gratulation von dieser Stelle! Da muss man sich dann schon die Frage von Armin Wolf gefallen lassen, ob man aus der niederösterreichischen ÖVP kommen muss, um im Innenministerium etwas zu werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Es geht also in der DSN munter weiter, wie es im BVT aufgehört hat: Alleinig das Parteibuch zählt. Offensichtlich hat die ÖVP nach dem Totalversagen beim Terror­anschlag vom 2. November 2020 in Wien, den der jetzige Bundeskanzler Nehammer, der noch immer nicht hier ist (Vizekanzler Kogler: Wundert euch das? – Bundesrat Bernard: Da geht es um Wertschätzung!), als damaliger Innenminister politisch zu verantworten hat, der damals nicht den Anstand hatte, zurückzutreten, nichts gelernt. Die Grünen sind mit an Bord. Der immer wieder von den Grünen zitierte Anstand wird mit dem Platz am Futtertrog getauscht.

Dann passt es auch gut dazu, was Vizekanzler Kogler über jenen Teil der österreichi­schen Bevölkerung gesagt hat, der friedlich zu Hunderttausenden in Österreich für Grund- und Freiheitsrechte demonstrieren geht. Kogler nannte und nennt diese Men­schen – ich war übrigens auch bei mehreren Demos, also werden Sie mich auch gemeint haben – Demokratieverweigerer, Staatsfeinde, Neofaschisten und Neonazis. (Vizekanzler Kogler: Die waren ja auch dabei!) Es ist jener Herr Kogler, der vor wenigen Jahren noch jubelnd dabei war, als der Schwarze Block gemeinsam mit anderen extremistischen Bewegungen Wiens Innenstadt bei der Demo gegen den Akademikerball in Schutt gelegt hat. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann. – Bundesrat Bernard: Entschuldigen Sie sich, Herr Vizekanzler! – Zwischenruf des Bundesrates Ofner. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Dort waren Kinder!)

Der Schaden belief sich auf mehrere Hunderttausend Euro, mehr als 20 Personen wurden teils schwer verletzt. Das ist alles egal, weil es ja aus Sicht der Richtigen, der moralisch Überhobenen – Sie hören es vielleicht auch wieder am Hereinrufen der SPÖ, dass diese auch zu den moralisch Überhobenen gehört – in Ordnung ist. (Bundesrätin Schumann: Was?!) Ihnen kann ich aber sagen: Herr Kogler, schämen Sie sich für Ihre Aussagen! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrätin Steiner-Wieser: Genau! Richtig!)

Diese Regierung ist heuer gnädig zur eigenen Bevölkerung: Wir, der Pöbel, dürfen zu Weihnachten und zu Silvester gemeinsam mit unseren Liebsten feiern; natürlich nicht im Gasthaus, da muss es schon einen Unterschied zwischen geimpft und ungeimpft geben, aber zu Hause in den eigenen vier Wänden hat es uns die Regierung erlaubt: Wir dürfen gemeinsam feiern. (Bundesrat Ofner: Danke, danke!) Herzlichen Dank, gnädigsten Dank an diese Regierung. Falls es nicht zu hören war: Das war jetzt Sarkasmus. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Was ist die Begründung? Warum muss jetzt alles streng aufrechtbleiben? – Omikron, eine neue Virusvariante, weshalb die Regierenden bei uns wieder Angst und Panik ver­breiten, währenddessen es im Ursprungsland Südafrika, wo es das erste Mal entdeckt wurde, überhaupt keine Probleme mit Omikron gibt. Bei uns schiebt man aber Panik.


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Niemand weiß bis jetzt übrigens, das sagen die Hersteller selbst, ob die Impfung vor dieser neuen Variante schützt oder nicht, aber Hauptsache ist, wie diese Regierung sagt: Impfen, Impfen, Impfen!

Gleichzeitig wird eine gute Freundin von mir, die 2020 Corona hatte und laut ganz aktuellem Bluttest einen Antikörperwert von knapp 900 hat, von dieser Regierung zu Hause eingesperrt. (Zwischenruf der Bundesrätin Grimling.) Also nicht ganz: Sie darf arbeiten gehen und Steuern zahlen, aber sie wird so wie 100 000 andere Gesunde vom gesellschaftlichen Leben weggesperrt, und das alles ohne wissenschaftliche Evidenz. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Der Lockdown für Ungeimpfte – und jetzt kommen wir zu den nächsten Maßnahmen (Zwischenrufe der BundesrätInnen Schumann und Schreuder) – ist nämlich noch evidenzloser, als es der Lockdown für alle war, denn sechs Tage, bevor der Lockdown für alle begonnen hat, am 16. November, haben wir in Österreich bereits den Peak der Infektionskurve erreicht.


Vizepräsident Günther Novak: 18 Minuten, Herr Kollege.


Bundesrat Andreas Arthur Spanring (fortsetzend): Herr Präsident, vielen Dank für den Hinweis. Das ist gut, denn es wird nicht mehr angezeigt, ich habe eh nicht gewusst, wie weit ich bin. (Bundesrätin Zwazl: Wie viele Seiten hast du noch?)

Zum Beweis dafür, dass der Lockdown wirkungslos war, brauchen wir nur in unsere Nachbarländer zu schauen. Die hatten keinen Lockdown, und die Infektionskurven waren ziemlich ident, nämlich in der Slowakei, in Tschechien, Kroatien, Ungarn und Slowenien. Jetzt kann man sagen, vielleicht war der österreichische Lockdown so wirk­sam, dass er gleich in die Nachbarländer mit ausgestrahlt hat, aber das ist halt leider nicht evidenzbasiert. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Bundesrates Schreuder.)

Einen Effekt, meine Damen und Herren, hatte der Lockdown allerdings schon: Diese Regierung hat wieder einige Österreicher mehr, Unternehmer und auch Arbeitnehmer, in die Armut getrieben. Gleichzeitig sind wahrscheinlich die Amazon-Aktien in die Höhe geschossen. – Gratuliere, ein massiver Schaden für Österreich!

Daher kann ich Ihnen, Herr Kogler, sagen: Wenn Sie schon von Demokratieverweigerern und Staatsfeinden reden, dann schauen Sie einmal links und rechts neben sich, denn die sitzen allesamt auf der Regierungsbank. (Beifall bei der FPÖ.)

Noch einmal und ganz langsam zum Mitschreiben für alle: Nicht Ungeimpfte verbreiten das Virus, sondern Infektiöse – und das können auch Geimpfte sein! (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Trotz all den Kollateralschäden, die diese Regierung mit ihren Maßnahmen verursacht, gibt es aber auch Positives, nämlich – und das erlebe ich selbst täglich – dass Men­schen, die in erster Linie eher politisch links eingestellt sind, jetzt das erkennen, was wir Freiheitliche schon lange kritisieren, nämlich: Wenn du gegen die Regierenden und gegen den Mainstream auftrittst und für die Grund- und Freiheitsrechte der Bevölkerung eintrittst, dann wirst du diffamiert, über einen Kamm geschoren und ins Nazi-Eck gestellt. Das haben jetzt sehr viele Linke besonders auf den Demos am eigenen Leibe erfahren (Zwischenrufe bei der SPÖ), und das hat vielen die Augen geöffnet.

Ja, ich weiß, die werden jetzt nicht unbedingt die FPÖ wählen, überhaupt nicht, aber, und das ist das Positive daran, das hat einen Denkprozess gestartet, und viele sehen jetzt erstmals dorthin, wo man früher nie hingeschaut hat. Und sie sehen, was alles schiefläuft, von der Auftragsberichterstattung bis hin zur Zerstörung der Reputation oder der wirtschaftlichen Existenz von Personen, die es wagen, gegen das System aufzutreten. Und so ein Vorgehen ist schäbig! (Beifall bei der FPÖ.)


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Zum Impfzwang, den diese Regierung geplant hat: Ich glaube in der Zwischenzeit gar nicht mehr, dass Sie eine Impfpflicht wirklich durchsetzen können. Das war, denke ich, eher ein Säbelrasseln, damit sich noch möglichst viele impfen lassen. Mittlerweile sind einerseits Medikamente gegen Corona am Markt, andererseits ist unklar, ob die Impfung überhaupt irgendwie gegen Omikron hilft, und auch die Impfstoffe haben nach wie vor keine Vollzulassung, und angesichts dessen werden Sie einen Impfzwang nur ganz schwer durchsetzen können, denn das ist jetzt eindeutig keine Ultima Ratio mehr. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich komme zum Ende, Herr Präsident. Abschließend: Der derzeitige Kanzler Nehammer hat in einer seiner Reden als Kanzler für ein Abrüsten der Worte plädiert. Da frage ich Sie, Herr Kanzler: Waren es nicht Sie, der von Anfang an die Ungeimpften als Gefährder bezeichnet hat? Sie haben sie somit mit Terroristen verglichen. Also, Herr Nehammer, wenn Sie ein Abrüsten der Worte fordern, dann gehen Sie mit gutem Beispiel voran! Ich sage Ihnen aber: Besser als ein Abrüsten der Worte wäre ein Abrüsten der Taten dieser Regierung gegenüber der eigenen Bevölkerung. – Frohe Weihnachten! (Beifall bei der FPÖ.)

17.05

17.05.35*****


Vizepräsident Günther Novak: Herr Kollege Spanring, das waren 22 Minuten.

Dafür, dass Sie Mitglieder der Bundesregierung indirekt als Staatsfeinde bezeichnet haben, erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

*****

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau MMag. Elisabeth Kittl. Ich erteile es ihr.


17.05.47

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte ZuseherInnen vor den Bildschirmen! Willkommen im Bundesrat – auf eine gute Zusammenarbeit und auf ein gemeinsames Ringen für gute Lösungen, die nämlich schon da sind! Ich möchte später auf die Zusammenarbeit vor allem mit dem Herrn Innenminister zurückkommen.

Gleich zu Beginn möchte ich aber etwas ansprechen, das in den letzten Tagen gelungen ist, das auch ein Teil der Lösung ist, nämlich angesichts der Klimakrise, und das ist das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, dem nun die Steine aus dem Weg geräumt worden sind, wobei auch Sie, Herr Finanzminister Brunner, etwas dazu beigetragen haben. Jetzt fehlen noch die Länder zur Umsetzung.

Ich möchte hier auch ein Hoch auf die ökosoziale Steuerreform aussprechen, denn zum ersten Mal wird CO2 bepreist, und auch das ist ein Mittel gegen die Klimakrise. Die CO2-Bepreisung ist aber nicht nur ökologisch, sondern sie ist auch sozial abgefedert, und das schauen sich auch schon andere Länder von uns ab.

Liebe Kolleginnen von der SPÖ! Wenn man die Steuerreform 2015/2016 mit der heutigen vergleicht und sich das niedrigste Einkommenszehntel anschaut, sieht man, dass damals die Entlastung 1,5 Prozent betrug; heute beträgt sie 3,5 Prozent, fast das Dreifache. (Beifall bei BundesrätInnen der Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Genau das Soziale in Verbindung mit dem Ökologischen ist ein gesellschaftspolitisch wichtiger Punkt. Herr Brunner hat schon gesagt, dass wir da aus den Erfahrungen in Frankreich gelernt haben, und auch der Herr Bundeskanzler hat schon gesagt: Die


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ökosoziale Steuerreform ist so konzipiert, dass sie alle Menschen mitnimmt, indem sie klimaschädliches Verhalten schrittweise und absehbar bepreist. Sie schafft einen Ausgleich – mit dem Stichwort Klimabonus –, der Menschen mit niedrigem Einkommen besonders zugutekommt, und sie schafft Anreize – Stichwort Förderungen und Investitionen –, wie der Herr Vizekanzler heute schon ausgeführt hat.

Dadurch können sich die Menschen in ihren Lebensgewohnheiten und Verhaltens­weisen langsam und leichter anpassen. Das fällt uns Alten wesentlich schwerer als den Jungen, die oft weit fortschrittlicher sind, was den Klimaschutz betrifft.

Frau Plakolm, Sie sagten es in einem Interview: Klimaschutz ist eine Querschnitts­materie, die alle unsere Lebensbereiche umfasst, und auch das wird von den Jungen schon weit klarer gesehen und gelebt. – Da freut es mich, dass es nun ein eigenes Staatssekretariat als Sprachrohr der Jugend für die Umsetzung ihrer Bedürfnisse gibt. Dafür alles Gute, Frau Staatssekretärin!

Von der Jugend ist es nicht weit zur Bildung, die schon in der Elementarbildung anfängt, wir haben es heute schon gehört, und deren PädagogInnen einen leider weit unter­schätzten Wert in unserer Gesellschaft haben. An der Verbesserung der Arbeitsbedin­gungen müssen wir weiter arbeiten.

Bildung ist, wie es der Herr Bundesminister schon gesagt hat, das Um und Auf, aber vor allem auch mediale Bildung, denn wir müssen bedenken, dass die Jungen sich fast ausschließlich auf sozialen Plattformen bewegen, und die sind leider voll von alternativen Fakten.

Das Bundesministerium für Bildung trägt auch Forschung und Wissenschaft im Namen. Das wird von Ihnen, Herr Polaschek, wieder einem Mann aus der Lehre, übernommen; und das ist gut so, denn Forschung und Lehre und Wissenschaft müssen gerade heute in der gesellschaftlichen Akzeptanz wieder gestärkt werden. Auch dafür alles Gute!

Nun möchte ich auf die eingangs angesprochene Zusammenarbeit eingehen, nämlich auf die von mir schon öfter positiv erwähnte Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Justiz und Inneres in Sachen Gewaltschutz für Frauen.

Auch da geht es um Sicherheit, nämlich um die Sicherheit von Frauen. Ich weiß, ich wiederhole mich, aber es ist mir ein wichtiges Anliegen und es ist ein wichtiges Thema, das der Wichtigste hier heute unter uns, nämlich Herr Innenminister Karner, noch nicht gehört hat.

Lassen Sie mich dazu ein bisschen mehr ausführen, um diese Wichtigkeit auch zu unterstreichen, wie Frau Kollegin Gruber-Pruner es schon erwähnt hat: Österreich hat eine schrecklich hohe Rate an Frauenmorden, und doppelt so viele Morde an Frauen wurden versucht. Unzählige Gewalttaten an Frauen sind leider nicht erfasst.

Was aber das Erschreckende ist, ist, die meisten Gerichtsverfahren diesbezüglich werden eingestellt. Warum werden sie eingestellt? – Weil es an Beweisen mangelt und weil zu wenige Beweise gesucht, aufgenommen und gesichert werden. Da ist die Justiz genauso wie die Polizei gefordert, und daher ist meine eindringliche Bitte an Sie, Herr Karner: Bleiben Sie bei der Zusammenarbeit zwischen Justiz und Polizei und intensivieren Sie sie, intensivieren Sie sie vor allem im Bereich der Beweissicherung, denn da gibt es noch recht viel Luft nach oben!

Wir haben die Istanbulkonvention unterzeichnet, das ist das Übereinkommen zur Ver­hütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und von häuslicher Gewalt. Durch diese Unterzeichnung und Ratifizierung haben wir uns zu genauen Ermittlungen und zur umsichtigen Strafverfolgung verpflichtet. Warum? – Weil es das wesentliche Mittel ist,


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Gewalt zu verhindern, da eine erfolgreiche Verfolgung immer Präventivcharakter hat, also potenzielle Täter von Straftaten abhält.

Die Justizministerin schult und sensibilisiert derzeit das richterliche Personal und sie hat auch eine sehr praxisnahe Richtlinie bezüglich Nachforschung und Beweisaufnahme herausgegeben. Nun geht es auch um die Polizei, darum, diese zu schulen und zu sensibilisieren. Opferschutzeinrichtungen weisen zum Beispiel immer wieder darauf hin, dass bei einer Anzeige zu spät auf die Rechte von gewaltbetroffenen Frauen hinge­wiesen wird. Genau diese Opferschutzeinrichtungen helfen aber auch in der Beweis­sicherung, denn wenn Gewalterfahrung angezeigt wird, ist das eine aufwühlende Situ­ation, und in dieser Situation sind eben die Opferschutzeinrichtungen sehr hilfreich.

Nutzen Sie, lieber Herr Innenminister, die Hochrisikofallkonferenzen, denn Opferschutz­ein­richtungen und Täterberatungen liefern oft hilfreiche Hinweise, und es ist vor allem die Polizei, die diese Fallkonferenzen einberufen kann. Die Polizei muss hinschauen, hin­hören und vor allem muss sie aufschreiben, denn jedes Schriftstück hilft in einem Verfahren.

Noch bewegen sich die Gefährder in einem Umfeld, das Gewalt als männliches Attribut anerkennt und Gewalt sogar als Ausdruck von Liebe definiert. Noch fällt es zu leicht, dass Opfer zu Täterinnen gemacht werden und noch viel zu viele Verfahren wegen Mangels an Beweisen eingestellt werden. Zuverlässige Ermittlungen und gut geführte Verfahren aber haben abschreckende Wirkung auf potenzielle Täter, und daher müssen wir diesen Hebel, dessen Motor die Beweissicherung ist, betätigen, um Gewalttaten und Morde an Frauen zu verhindern.

Abschließend möchte ich noch einen Appell senden, den auch der Herr Bundeskanzler heute betont hat: Arbeiten wir zusammen daran, dass diese Pandemie endlich beendet wird, und arbeiten wir aber auch zusammen, um die gesellschaftliche Spaltung zu been­den! Bemühen wir uns darum, wieder in Beziehung zu treten und unsere erhitzten Gemüter zu beruhigen! Schwenken wir um auf wertschätzendes und auf faktenbasiertes Diskutieren!

Es beunruhigt nämlich, glaube ich, uns alle zutiefst, wie derzeit immer mehr und immer bedrohlicher gegen Menschen gehetzt wird, die sich für die Impfung und unsere Gesundheit einsetzen, die impfen, betreuen und behandeln (Zwischenrufe bei der FPÖ), die aufklären und informieren, die forschen, beobachten und analysieren. Diese Men­schen werden zu Feindbildern erklärt. (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Es wird ihnen unterstellt, in böser Absicht und für böse Mächte zu handeln (Zwischenruf des Bundesrates Hübner), sie bekommen Drohbriefe, und es wird vor ihren Privat­wohnhäusern und vor Krankenhäusern demonstriert. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Hübner.) Im Netz wird zu Gewalt aufgerufen, und Gewalt wurde auch schon angewendet. Verfassungsschützer warnen davor, dass die Gewalt eskaliert. (Zwi­schenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.)

Daher hier mein Appell vor allem an die FPÖ: Ja, steigen Sie aus der Gewaltspirale aus! Beruhigen Sie, ermuntern Sie die Menschen, wieder aufeinander zuzugehen! (Bundes­rätin Steiner-Wieser: Das darf aber keine Einbahnstraße sein!) Rufen Sie zum Impfen auf! Nehmen Sie, aber nehmen auch wir alle die Verantwortung für die Aufrechterhaltung des gesellschaftlichen Friedens in diesem Land wahr! Weihnachten ist eine gute Zeit dafür. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Bundesrates Appé.)

17.14


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sonja Zwazl. Ich erteile es ihr.


17.15.16

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Minister! Ich sage ein herzliches


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Dankeschön für diese verantwortungsvollen Positionen, die Sie in dieser schwierigen Zeit übernommen haben, und ich wünsche Ihnen sehr viel Kraft und auch Freude, dass Sie Ihre Konzepte, Ihre Programme auch umsetzen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich auf das Entlastungspaket – so sehe ich das, Magnus – eingehe, möchte ich jetzt schon eine Stellungnahme zu dir, Herr Kollege Kovacs, abgeben. Ich schätze es absolut nicht, wenn man sich hier rausstellt und Leute anfliegt und ihnen sagt, dass sie ihre Arbeit nicht gemacht haben. Ich bin Unternehmerin mit Leib und Seele (Zwischenruf des Bundesrates Kovacs), ich habe mein Unternehmen aufgebaut und ich bin auch jetzt noch eine glühende Interessen­ver­treterin. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Kovacs.) Ich habe immer die Inter­essen und gerade jene der Klein- und Mittelbetriebe hartnäckig vertreten und vertrete sie nach wie vor, weil ich so ein Unternehmen führe. (Zwischenruf des Bundesrates Kovacs.)

Meine Hartnäckigkeit, diese Betriebe zu vertreten und gute Konzepte auch umzusetzen, kann dir auch der Herr Innenminister bezeugen, weil er da schon einiges mit mir zu tun gehabt hat (Heiterkeit bei BundesrätInnen der ÖVP), aber ich glaube, noch gescheiter wäre es, du fragst einmal meinen Sozialpartner in Niederösterreich, Herrn Präsidenten Wieser, weil wir wirklich eine lebende, wertschätzende Sozialpartnerschaft haben. Wir haben in den vergangenen Jahren – auch mit den Vorgängern von Wieser – sehr viel umgesetzt, sehr viele Konzepte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Jugend gemacht, aber auch Konzepte für unsere Betriebe umgesetzt.

Niederösterreich hat in den letzten Jahren einen ungeheuren wirtschaftlichen Aufschwung genommen, und das haben wir nur deshalb geschafft, weil wir eben ein wertschätzendes Miteinander haben, weil wir uns zusammensetzen und gemeinsam immer Lösungen finden. In Zukunft unterlasse das also bitte! (Zwischenruf des Bundesrates Kovacs.) Ich finde diese Aussagen von dir ganz einfach verletzend. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Kovacs. – Bundesrat Steiner: Das Miteinan­der ist ja super in Niederösterreich ...!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem geschätzter Herr Finanzminister! Ich freue mich sehr, Magnus, dass du Finanzminister bist. Wir kennen dich hier alle, wir wissen, wie sehr du dich in eine Aufgabe hineinarbeitest, wie genau du das alles machst und wie du das auch umsetzt. Dafür sage ich erstens einmal Danke schön, weil Finanzminister gerade nicht die Position im Land ist, in der man sich die meisten Freunde macht, weil die Wünsche, die man an den Finanzminister hat (Zwischenruf bei der SPÖ), immer größer sind, als es die Möglichkeiten zur Umsetzung sind. (Zwischenruf des Bundesrates Kovacs.)

Zu diesem Entlastungspaket, das jetzt hier geschnürt wurde: Das ist ganz einfach ein Entlastungspaket und gerade in so schwierigen Zeiten, die wir jetzt haben und in denen wir drinnen sind. Warum sagen wir nicht ganz einfach den Leuten, was sie davon haben? Warum sagen wir ihnen nicht, was da für sie drinnen ist? – Ich habe mir das aus dem Finanzministerium runtergeladen, da steht: Der Faktor Arbeit wird mit rund 4,3 Milliarden Euro pro Jahr entlastet. 3,8 Millionen Lohnsteuerzahler profitieren von der Tarifsenkung. Arbeitnehmer zahlen bis zu 1 230 Euro pro Jahr weniger Steuern, und das trifft genauso auf die Pensionisten zu, wobei Pensionisten von 0 Euro an bis 25 500 Euro gar nichts zahlen.

Ich habe mir aber natürlich auch angeschaut – als Unternehmerin ist mir das auch wichtig –, wie das mit der Entlastung der Wirtschaft ausschaut. Wir müssen ja wirt­schaften können, und die Wirtschaft – das möchte ich auch ein für alle Mal sagen – sind wir alle, nicht nur die Unternehmer, nicht nur die Firmeninhaber, sondern auch unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ich stehe heute da, und bei mir im Geschäft


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reißen sich meine Mitarbeiter wirklich die Haxen aus, damit sie den Umsatz machen, damit unsere, meine Firma erfolgreich ist. Ich verdanke meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr viel. Darum ist es auch wichtig, dass wir Unterstützungen bekommen, um weiterhin auch in so schwierigen Situationen wirtschaften zu können.

Wir Unternehmer kriegen 2023 eine KöSt-Senkung von 25 auf 24 Prozent und 2024 von 24 auf 23 Prozent. Natürlich wäre unser Wunsch – das weißt du, Herr Minister – 19 Prozent, aber vielleicht schaffen wir das auch noch.

Es gibt einen Investitionsfreibetrag und Gewinnfreibetrag mit einem Volumen von 400 Mil­lionen Euro. Carbonleakage bringt eine Entlastung bis zu 150 Millionen Euro, die Härtefall­regelung eine Entlastung bis zu 100 Millionen Euro. Es gibt eine Befreiung von der Eigenstromsteuer mit einem Volumen von 60 Millionen Euro und die Grenze bei gering­wertigen Wirtschaftsgütern ist auf 1 000 Euro erhöht worden. Das ist schon eine langjährige Forderung – jetzt haben wir es erreicht, Gott sei Dank. Ich hoffe und wünsche natürlich auch, dass das jährlich ein bisschen evaluiert wird, dass wir nicht wieder so einen Rückstau haben, wie wir ihn jetzt gehabt haben. Natürlich ist auch die KV-Senkung für uns Selbststän­dige und die Bauern mit einem Volumen von 61 Millionen Euro etwas Wesentliches.

Ich habe mir dann auch angeschaut – weil es wichtig ist, dass wir den Leuten sagen, wie es jetzt wirklich ausschaut; wir wissen, dass wir Teuerungen haben, aber die Frage ist, wie es genau ausschaut –: Was ist in dem Entlastungspaket drinnen? Wie schaut es mit der persönlichen Entlastung aus? – Bei einem Monatsbruttobezug von 2 000 Euro hat ein Arbeitnehmer eine Entlastung von 334 Euro, ein Pensionist eine von 353 Euro. Ich lese euch nicht die ganze Liste vor, die könnt ihr euch sowieso runterladen.

Wir haben uns auch ausgerechnet, wie zum Beispiel das Entlastungspaket, das wir jetzt haben, die Erleichterungen für unsere Menschen, für unsere Bevölkerung ausschauen. Wir haben uns die Situation eines Pensionistenehepaares in Retz angeschaut: Er hat eine Nettopension von 1 220 Euro, sie leider nur 1 044 Euro, weil sie lange bei den Kindern zu Hause war, aber jeder von ihnen hat eine Steuerentlastung von 225 Euro, zusammen mit dem Klimabonus von 200 Euro hat jeder 425 Euro, das macht im Jahr 850 Euro aus. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ja, aber immerhin! Man muss den Leuten sagen, dass etwas geschieht.

Diese Steuererleichterungen sind für alle, sie sind wirklich gerecht verteilt. Wir haben die Betriebe, wir haben die Unternehmer, wir haben die Bauern, aber wir haben natürlich auch die arbeitende Bevölkerung und die Pensionisten. Wir haben einen Familienbonus, wir haben den Kindermehrbetrag. Der Familienbonus ist auf 2 000 Euro erhöht worden, der Kindermehrbetrag von 250 Euro auf 450 Euro. Das ist ein Entlastungsvolumen von 600 Millionen Euro. Es gibt einen regionalen Klimabonus für Kinder, das sind weitere 100 Euro, und wenn ich mir das anschaue, dann muss ich sagen, von diesen Maß­nahmen profitieren 1,75 Millionen Kinder.

Was noch wichtig ist – das sind so die Details, aber die sind für uns ganz einfach wichtig im Leben, in der Wirtschaft, für beide, für die Arbeitnehmer und für die Arbeitgeber –: Es gibt Essensgutscheine in Höhe von 8 Euro, die steuerbefreit sind, und das gilt auch ab 2022 und nicht nur für die Mahlzeiten, die man im Gasthaus einnimmt, sondern auch abgestimmt auf die Situation, in der wir jetzt sind, in der es viele gibt, die Homeoffice machen, also auch dann, wenn das Essen zugestellt wird. Es gibt Weihnachtsgutscheine bis 365 Euro, die steuerfrei sind, wenn keine Betriebsveranstaltungen gemacht wurden. Ein wesentlicher Punkt ist ganz einfach die Coronaprämie für Mitarbeiter. Die Bonus­zahlungen sind wie schon 2020 bis 3 000 Euro steuerfrei, aber nicht nur steuerfrei, son­dern auch sozialversicherungsfrei, es gibt keine Kommunalsteuer, keinen Dienstgeber­beitrag, und die Coronaprämie erhöht auch nicht das Jahressechstel und wird auf dieses nicht angerechnet. Es gibt Bonuszahlungen auch für die Zeit der Kurzarbeit.


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Die Pendlerpauschale wird auch während der Lockdowns zugestanden. Zudem können pauschale Reiseaufwandsentschädigungen von November, Dezember 2021 steuerfrei ausbezahlt werden, wenn aufgrund der Coronakrise ganz einfach keine Ersatztage stattfinden konnten. Die Schutzmasken sind von der USt befreit, die geringwertigen Wirtschaftsgüter habe ich schon genannt.

Die Arbeitsplatzpauschale ist eine langjährige Forderung. Bei betrieblichen Einkünften kann die Nutzung von privatem Wohnraum für betriebliche Arbeiten abgesetzt werden. Diese Pauschale beträgt 1 200 Euro, und das ist schon ein wesentlicher Punkt, wenn es gerade keine anderen Einkünfte gibt oder wenn es bei einer anderen Tätigkeit nicht die Möglichkeit gibt, dort seine Abrechnungen und so weiter zu machen. Die Abschreibun­gen für den Schreibtisch und für die Einrichtung gibt es natürlich sowieso.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir sollen den Leuten aufzeigen, dass etwas geschieht, dass etwas gemacht wird, dass auf die Situation Rücksicht genommen wird, und nicht immer nur sagen, was nicht geht und was man falsch gemacht hat. Darüber kann man reden, darüber soll man auch reden, aber ich denke, dass der Stil, den wir in der niederösterreichischen Sozialpartnerschaft haben, ein erfolgreicher ist. Vielleicht schaffen wir das auch hier, und vielleicht ist es auch so, dass wir den Entscheidungsträgern, unseren Regierungsmitgliedern, einmal wirklich alles Gute und viel Kraft wünschen, und sie sollen auch Freude haben, indem sie von uns Wert­schätzung für ihre Arbeit erfahren. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

17.25


Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ingo Appé. Ich erteile ihm das Wort.


17.26.07

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vize­kanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherin­nen und Zuseher! Im Zuge der heutigen Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers sowie der neuen Regierungsmitglieder wurde hier schon sehr viel gesagt. Ich möchte mich in meinem Debattenbeitrag fokussiert dem neuen Bundesminister für Finanzen widmen, ist doch das Finanzministerium ein Schlüsselressort in jeder Bundes­regierung.

Gerade in bewegten Zeiten wie jetzt bedarf es einer besonnenen und korrekten Amts­führung in diesem Ministerium. Dies war in der nahen Vergangenheit leider nicht der Fall, das bezeugen auch die Schlagzeilen der Zeitungen nicht nur der letzten Tage, etwa: „Fiasko im Fiskus“, „Brunner rechnet ab mit Türkis“, Causa Beinschab: Abrechnung mit türkiser Finanz und so weiter.

Ich denke, es war schon eine einmalige Situation in der letzten Sitzung des Bundesrates, dass ein zu diesem Zeitpunkt noch amtierender Minister seinen letzten parlamenta­rischen Auftritt mit einem Ordnungsruf in diesem Hause beendet hat; vielleicht auch symbolisch ein beispielloser Abgang. (Beifall der Bundesrätin Schumann.)

Bezug nehmend auf die letzten aufgebrochenen Missstände im Finanzressort haben Sie, Herr Bundesminister, festgestellt: „Die Vorgänge entsprechen nicht meinen Vorstel­lungen, wie man mit Steuergeld umgeht“. – Sie haben außergewöhnlich deutliche Worte zur Vergabepraxis Ihres Amtsvorgängers gefunden. Ich denke, man kann Ihnen diese Worte auch glauben.

Ich kenne Sie nun schon länger und erinnere mich gerne an meine Präsidentschaft zurück, in der Sie ja die Funktion des Vizepräsidenten innehatten. Ich denke, es ist nicht alltäglich, wenn ein Mitglied des Bundesrates über die Stufe eines Staatssekretärs Bundesminister für Finanzen wird. Dies ist sicher neben der persönlichen Qualifikation


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auch eine Art Auszeichnung der Länderkammer. Ich möchte aber schon festhalten, dass es in der Sache selbst keine Kindesweglegung geben kann. Die derzeitige Situation im Ressort liegt ganz klar in der Verantwortung des türkisen Systems Kurz und der nun­mehrigen ÖVP. Herr Bundesminister, überdenken Sie mit Ihren Kompetenzen die soge­nannte ökosoziale Steuerreform, Sie hätten jetzt die Chance dazu!

Nur kurz eine Beschlagwortung mit ein paar Denkanstößen:

Zur Arbeitswelt: Die Reichen werden reicher; wenn versprochen wird, dass es eine Entlastung für ArbeitnehmerInnen geben wird, reicht es aber in Wirklichkeit gerade einmal zum Ausgleich der kalten Progression.

Zu Familien und Frauen: Dort verfestigt sich die Situation und es kommt zum Anstieg der Armut.

Es gibt keine Fairness beim Wohnen und bei der Mobilität.

Ich muss auch die Auswirkungen der Steuerreform auf die Gemeindefinanzen an­sprechen: Wer trägt die Reform? – Der Bund mit rund 64 Prozent, die Länder mit 19 Prozent und die Gemeinden mit 13 Prozent, und diese 13 Prozent machen immerhin 2,4 Milliarden Euro aus. Das bedeutet für die Städte und Gemeinden, dass bereits bisher prognos­tizierte steigende Finanzierungslücken noch weiter vergrößert werden.

Leistungskürzungen sind wahrscheinlich, sofern nicht Reformen im Gemeindebudget gestärkt werden – ein Fiasko! Gemeindepakete, KIP und Genesis, werden in einer Höhe von 2,5 Milliarden Euro kompensiert. Das heißt, die Städte und Gemeinden sind nun doppelt belastet: Rückzahlungspflicht von 1 Milliarde Euro aus dem Coronahilfspaket und eine weitere Milliarde per annum aus der Steuerreform.

Obwohl es in den Ausschüssen, hier in diesem Gremium und von Experten Ihres Hauses andauernd in Abrede gestellt wird, ist das, was ich jetzt aufgezählt habe, keine Fest­stellung von jemandem, der durch die politische Brille blickt, sondern eine Analyse des KDZ aus dem Oktober 2021.

Weil Sie die CO2-Steuer angesprochen haben: Auch da wurde eine große Chance vertan, da es keine Zweckbindung der aus dieser CO2-Steuer erzielten Einnahmen für klimafreundliche Investitionen in den Kommunen gegeben hat. (Vizepräsidentin Schwarz-Fuchs übernimmt den Vorsitz.)

Von den laufenden aktuellen und auf die Gemeinden noch zukommenden Belastungen spreche ich jetzt gar nicht. Nur ein Beispiel: Es stehen neue Stromlieferverträge für die Gemeinden an. Stand der letzten Woche: Der Preis für 2021 beträgt 10 Cent. Heutiger, aktueller Preis an der Strombörse, der für 2022 schlagend wird: 23 Cent. Dies bedeutet für meine Gemeinde zum Beispiel eine Mehrbelastung von 200 000 Euro. Über die Erhöhungen von Leitungskosten und anderen Kosten am Energiesektor rede ich jetzt gar nicht.

Herr Bundesminister, auch wenn die Vorarlberger für ihre Sparsamkeit bekannt sind – Sie haben es ja selbst angesprochen –: Vergessen Sie bitte nicht auf die Gemeinden! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Gemeinden sind gerade jetzt ein Garant für Stabilität und auch die Umsetzung für das Leben in unserem Land, und diese Gemeinden haben nicht Belastungen, sondern Unterstützungen verdient. Damit Sie unsere Gemeinden nicht vergessen, habe ich Ihnen ein regionales Produkt aus meiner Gemeinde mitgebracht: einen auf fast 1 000 Metern Seehöhe an der Grenze zu Slowenien am Loiblpass vom Gasthof Deutscher Peter selbst gebrannten Schnaps namens Bürgermeister. Der Wirt ist mit einer Schweizerin ver­heiratet, und der Schnaps ist nach einem Schweizer Rezept zubereitet – womit ich es geschafft habe, wieder den Bogen zu Vorarlberg zu spannen. Es gibt Situationen, in


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denen gutes Wasser gut ist, aber ab und zu ein Stamperl bietet dem Magen auch etwas Erholung und ist nicht schlecht. In diesem Sinne viel Vergnügen beim Genießen dieses Grußes aus Kärnten!

Herr Bundesminister, Ihnen und den neuen Regierungsmitgliedern alles Gute für die zukünftige Arbeit! Wir werden diese in Zukunft so wie bisher kritisch, aber konstruktiv beobachten und begleiten.

Neben den neuen Regierungsmitgliedern auch der Frau Staatssekretärin alles Gute! Für Sie habe ich keinen Schnaps mitgebracht – bei Ihnen wird ja fast noch der Jugendschutz schlagend. (Allgemeine Heiterkeit.) Der Renner im Gasthof Deutscher Peter, was Damenschnäpse und Liköre anbelangt, ist der Kindermacher, und den wollte ich jetzt nicht mitbringen. Daher habe ich für Sie, da Sie mich ja während meiner Präsidentschaft beim Staatsbesuch in China begleitet haben, die versprochenen Bilder auf einem Stick mitgebracht, damit du das auch einmal in Ruhe anschauen kannst. Ich wünsche dir viel Spaß beim Ansehen!

Wenn es Sie nun gewundert hat, warum ich Herrn Magnus Brunner per Sie ange­sprochen habe, kann ich Ihnen sagen, dass das einen ganz einfachen Grund hat: nicht, dass wir aufeinander böse sind – ganz im Gegenteil –, sondern aus Respekt vor dem Amt. Der Respekt vor dem Amt und vor Funktionsträgern und deren Ansehen haben, so scheint es, in diesem Haus etwas gelitten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei BundesrätInnen der Grünen.)

Ich denke, dass wir eine Vorbildfunktion nach außen hin haben und nicht Steigbügel­halter für jene Kräfte sein sollen, die E-Mails mit Drohungen schicken und Mandatare unter Druck setzen. Daher mein Appell: Bitte hört damit auf! Es ist zwar lustig, wenn man Videosequenzen auf Youtube teilt, über die sich gewisse Blasen amüsieren, aber der Respekt vor Mandataren, vor Bürgermeistern geht dadurch leider verloren – und ich glaube, das haben wir als Politiker nicht verdient. (Bundesrat Steiner: Wundert es dich? Ihr spielt alles mit mit der Regierung! Ihr hüpft alles mit!) – Hör mir ein bisschen zu! Vielleicht fängst du dann an, nachzudenken. (Bundesrat Steiner: Ihr hüpft alles mit mit der Regierung! Da wundert es mich nicht!)

Lieber Christoph, ich habe mir ganz genau überlegt, ob ich das sagen soll (Bundesrat Steiner: Ja, sag es! Lass es raus, sonst quält es dich tagelang!) – ja, ja, das ist auch eine gewisse Art von Respekt, den du mir entgegenbringst (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen) –: Ich habe am 14. Dezember eine Gemeinderatssitzung und eine Bürgerinfo­veranstaltung gehabt. Im Vorfeld stattete mir die Staatspolizei einen Besuch ab, bei dem ich darauf aufmerksam gemacht wurde, dass es Drohungen gegen mich gibt (Bundesrat Steiner: Ja, gegen mich auch! Und jetzt?), dass ich darauf achten soll, Securitypersonal für diese beiden Veranstaltungen anzuschaffen, dass verdeckte Ermittler der Polizei bei den Sitzungen anwesend sind und dass es Drohungen gegen meine Familie gibt. (Bundesrat Steiner: Das gibt es bei uns am laufenden Band!) Ich glaube, wir haben das nicht verdient. Und der Respekt in diesem Haus sollte eigentlich ein Zeichen des Miteinanders sein und nicht jene Kräfte beflügeln, die die Demokratie in diesem Land gefährden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

17.36


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Markus Leinfellner. Ich erteile ihm dieses.


17.36.50

Bundesrat Markus Leinfellner (FPÖ, Steiermark): Frau Vizepräsidentin! Werte Regie­rungsmitglieder! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Es kommt mir bei dieser gefühlt hun­dertsten Regierungserklärung in diesem Haus ja fast schon so vor wie bei „Und täglich


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grüßt das Murmeltier“: vom Kanzler zum Klubobmann, vom Klubobmann zur Kundschaft bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft; vom Außenminister zum Kanzler und wieder zurück zum Außenminister; von der Arbeitsministerin, bei der man einen unqualifizierten Versuch, die Akademikerquote zu erhöhen, gestartet hat, wieder zurück in die Privatwirtschaft; vom Mitarbeiter zum Arbeitsminister; vom Staatssekretär zum Finanzminister. Der ausgeschiedene Finanzminister wird wieder zur Kundschaft bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Den früheren Staatssekretär im grünen Ministerium hat man abgezogen, den braucht man dort inzwischen anscheinend nicht mehr. Ich weiß jetzt nicht, aus welchen Gründen, vielleicht war er davor auch überflüssig. Oder ist es diese grüne Klimahysterie, diese Belastungspolitik in dem grünen Minis­terium, hinsichtlich der die ÖVP selbst bereits gesehen hat, dass es damit in diesem Land nicht viel zu gewinnen gibt? (Beifall bei der FPÖ.)

Das sind aber nicht die einzigen Köpfe, die ausgetauscht worden sind. Wenn ich das allerdings jetzt alles erwähnen und aufzählen würde, wäre meine Redezeit heute wahr­scheinlich erschöpft. Einen aber möchte ich nicht ganz unerwähnt lassen, nämlich unseren heutigen Bundeskanzler, der ja in seiner Zeit als Innenminister mit den Sympa­thiewerten in diesem Land im wahrsten Sinne des Wortes geglänzt hat, während er gleichzeitig in seinem Zuständigkeitsbereich, nämlich im Bereich der Zuwande­rungs­politik und in der Terrorismusbekämpfung, kläglich versagt hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber ja, genau so ist diese ÖVP: Ein Innenminister, der spätestens nach diesem Total­ver­sagen bei einem schrecklichen Terroranschlag in Wien hätte zurücktreten müssen, wird jetzt von der ÖVP hinaufgehoben und zum Bundeskanzler in diesem Land ernannt. Das ist sowieso eine Eigenart in der ÖVP: Bei uns wählt ja inzwischen die ÖVP den Bundeskanzler, und niemand weiß anscheinend, wer nach Weihnachten Bundeskanzler sein wird – aber das wissen Sie wahrscheinlich selbst noch nicht. (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Bader: Mach dir keine Sorgen!)

Das läuft ja inzwischen alles nach dem Motto: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.

Wir wissen ja, dass das anscheinend der Leitspruch der ÖVP geworden ist, seitdem es beim Messias, bei ihrem gefallenen Engel Kurz, Hausdurchsuchungen gegeben hat, den man dann kurzfristig als Klubobmann versorgt hat. Inzwischen ist das Türkis ja ver­schwunden, der Heilsbringer Kurz ist weg und das alte, niederösterreichische Schwarz ist wieder da. Ich sage aber: Es ist völlig egal, ob es türkis-grün oder schwarz-grün oder was auch immer ist – das ist ja alles dasselbe! Das ist ja alles eine Nudel, ein Teig! Sämtliche Grundsätze von Sitte, Moral und Anstand sind in dieser Bundesregierung über Bord geworfen worden. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist ja alles nur mehr eine Zweckbindung zum Machterhalt aus einem einzigen Grund: weil Sie nach diesem Totalversagen in der Bundesregierung Angst vor der Bevölkerung haben, Angst davor haben, diese Bevölkerung um Verzeihung zu bitten. Um Verzeihung bitten können Sie unsere Bevölkerung, indem Sie in Neuwahlen gehen, aber davor haben Sie schlicht und ergreifend Angst.

Ich sage: Verzeiht mir, wenn ich inzwischen schon nicht mehr weiß, auf welcher Funktion welches Regierungsmitglied sitzt. Die sind ja alle austauschbar, diese Köpfe sind austauschbar, und es ist schon völlig egal, welche Funktion welcher Minister ausübt. Die Köpfe sind austauschbar – auch insofern, als dass sie gemeinsam für dieses Kollektiv­versagen in der Pandemiebekämpfung, vor allem aber für dieses gesellschaftspolitische Kollektivversagen verantwortlich sind, als dass sie alle gemeinsam daran mitgewirkt haben.

Ja, Herr Neobundeskanzler, Bundeskanzler, Noch-Bundeskanzler (Zwischenruf der Bundesrätin Mattersberger) – man weiß es ja nicht so genau –, ich verstehe, wenn Sie


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heute das eine oder andere Mal auf das Handy schauen müssen, denn das letzte Mal, als Ihr Vorgänger, Bundeskanzler Schallenberg – jetzt wieder Außenminister Schallenberg –, hier bei uns im Plenarsaal gewesen ist, hat er ja augenscheinlich auch hier herinnen erfahren (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Nehammer), dass er gerade zurück­getreten ist. Ich könnte das heute also verstehen. (Beifall bei der FPÖ.)

„So sind wir nicht“, hat unser Bundespräsident einmal gesagt. Ich sage Ihnen aber: Genau so sind Sie, genau so ist diese ÖVP-Familie, nämlich nur für den Machterhalt, und das Ganze geht ja am leichtesten nach dem Motto, das wir schon oft gehört haben: Teile und herrsche! Genau so agieren Sie, und genau daraus besteht Ihr Regierungs­programm, und das seit Beginn Ihrer Regierungstätigkeit. Sie spalten die Gesellschaft, Sie spielen mit der Angst der Bevölkerung (Heiterkeit des Bundesrates Bader), Sie spielen mit der Gesundheit der Bevölkerung, Sie spielen mit der Zukunft unserer Kinder und Sie spielen mit der Zukunft unseres Landes (Bundesrat Bader: Ja, genau!) – und das alles schon viel, viel zu lange. (Beifall bei der FPÖ.)

Schauen wir uns das aber einmal an: Wer sind oder waren denn die Akteure in dieser Bundesregierung? – In der Anfangszeit war es Gesundheitsminister Anschober, der ja nur sehr wenige verfassungskonforme Verordnungen zustande gebracht hat. Er ist dann vom heutigen Gesundheitsminister Mückstein abgelöst worden, von jenem Herrn, von dem wir spätestens seit dem letzten „ZIB 2“-Interview wissen, dass er nicht einmal entschei­den kann, ob er sein Wurstsemmerl mit oder ohne Gurkerl bestellt. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist eine Verkehrsministerin, die unsere Österreicher mit NoVA-Erhöhungen drang­saliert, die entgegen der Verkehrssicherheit für unsere Österreicher lange geplante Straßen­bauprojekte hinausschiebt und ihre Klimahysterie in den Vordergrund stellt.

Und ja, es ist ein heutiger Bundeskanzler und früherer Innenminister, der als Innen­minister ja als Tiger losgestartet ist. Wenn man sich seine heutige Rede angehört hat, dann, muss man sagen, ist er eher als Bettvorleger vor der niederösterreichischen ÖVP zu liegen gekommen. (Beifall bei der FPÖ.) Es ist nämlich jener Innenminister, der Sie waren, Herr Bundeskanzler, der unsere Österreicher als „Lebensgefährder“ bezeichnet hat, der Babyelefanten in die Köpfe der Österreicher gezeichnet hat, der die Einhaltung dieses Babyelefantenabstands kontrolliert hat. Bitte, schwer gehbehinderte ältere Men­schen sind bestraft worden, weil sie einen Mindestabstand nicht eingehalten haben – das ist bei mir in meiner eigenen Gemeinde passiert! Das ist Wahnsinn, was da passiert ist – und inzwischen hat es auf unseren Grenzübergängen Sodom und Gomorrha gegeben, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist ein Terroranschlag, der zu vermeiden gewesen wäre, es sind horrende Asylzahlen, wir sind in diesem Jahr bereits wieder bei über 30 000 Asylanträgen – das ist der harte Asylkurs dieser ÖVP, und das ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Armutszeugnis.

Abschließend – jetzt ist er gerade nicht da – darf ich auch noch zu unserem Vizekanzler kommen, der sozusagen der stabile Faktor in dieser Bundesregierung ist. Der stabile Faktor ist er aber deswegen, weil er dieses Chaos schon viel zu lange hinauszögert. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Grünen haben sämtliche Grundsätze über Bord geworfen und sind nichts anderes als eine Lebensverlängerung für diese Bundesregierung. Bei Korruptionsvorwürfen und Hausdurchsuchungen geht unser Vizekanzler auf Tauchstation. An einen grünen Vizekanzler, Sportminister, Anpassungskünstler – vielleicht ist er auch deswegen heute für Kunst zuständig – werden wir uns noch lange erinnern, vor allem an seine letzten Äußerungen – wir haben es heute schon gehört, aber man kann nicht oft genug daran erinnern –, als er unsere Österreicher, unsere österreichischen Mütter, die österreichi­schen Väter, Kinder, Menschen, die sich Sorgen machen, als „Staatsverweigerer“, Demokratieverweigerer, „Neonazis“ und „Neofaschisten“ beschimpft hat.


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Herr Bundeskanzler, bei der Rede meines Kollegen Ofner ist mir aufgefallen, dass Sie, genau als er das erwähnt hat, auch noch sagen: „Richtig!“ – Sie teilen diese Meinung auch noch! (Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser.) Das ist für mich höchst bedenklich, und da fragt man sich schon: Welche Rolle spielt dieser Bundeskanzler heute? Ist das jetzt der Wolf im Schafspelz, das Schaf im Wolfspelz, oder spielt er irgendeine Rolle, die ihm die ÖVP gerade aufgetragen hat und mit der er sich in Wahrheit ja gar nicht identifizieren kann? – Man weiß es nicht so genau. (Zwischenruf des Bun­desrates Schennach.) Diese unglaublichen Entgleisungen aber (Bundesrat Schennach: Selber!), sage ich, haben hier nichts verloren. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau so aber denkt diese Bundesregierung über unsere Österreicher, die sich Sorgen machen, über unsere Österreicher, die Angst haben, und zwar deswegen Angst haben, weil sie schon seit zwei Jahren mit dieser Regierungspropaganda und von dieser Regierung drangsaliert werden.

Und Kollege Schennach, ich erwarte mir von der SPÖ wirklich nicht viel, eines aber erwarte ich mir schon, nämlich dass man diese wahnsinnigen Aussagen hier heraußen nicht auch noch unterstreicht! (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrates Schennach.) Das würde ich mir von der SPÖ zumindest erwarten. (Beifall bei der FPÖ.)

17.48.23*****


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Für die „wahnsinnigen Aussagen“ erteile ich einen Ordnungsruf. Bitte mäßigen Sie sich und schauen Sie bitte auch auf die Zeit! – Danke.

*****


17.48.32

Bundesrat Markus Leinfellner (fortsetzend): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Diese Bundesregierung hat in diesem Land schon so vieles zerstört, durch diese Angst- und Propagandapolitik, die ja nicht ganz billig war – ich kann nur sagen: 210 Millionen Euro!

Was mir immer wieder einfällt, ist einfach unser Vizekanzler Kogler, der bereits bei seinem Amtsantritt gesagt hat: Sie werden dieses Land in einigen Jahren nicht mehr wiedererkennen. – Na liebe Kollegen von der ÖVP und von den Grünen, da bedanke ich mich recht herzlich, ich erkenne dieses Land nämlich bereits heute nicht mehr wieder! (Beifall bei der FPÖ.)

Das, was aus dieser Regierungszeit bleibt, ist eine zerstörte Wirtschaft, ein gespaltenes Land, zerstrittene Familien, zerbrochene Freundschaften, traurige Kinderaugen (Bun­desrätin Steiner-Wieser: Ja!), ein Bildungschaos und ein Scherbenhaufen, der noch bestehen wird, wenn diese schlechteste Bundesregierung aller Zeiten schon lange nicht mehr im Amt sein wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Deswegen möchte ich es jetzt wirklich ehrlich mit den Worten des Bundespräsidenten sagen: „So sind wir nicht.“ Befragen Sie einmal die Bevölkerung, was sie von diesem Kollektivversagen der Bundesregierung hält! Fragen Sie die Bevölkerung, bitten Sie die Bevölkerung um Entschuldigung! Um Entschuldigung können Sie nur bitten, indem Sie in Neuwahlen gehen. Gehen Sie in diese Neuwahlen, haben Sie den Mut dazu! Ich kann Ihnen nur sagen: „Genug ist genug“, diese Regierung ist rücktrittsreif! (Beifall bei der FPÖ.)

17.50


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Wolff. Ich erteile ihr dieses.



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17.50.43

Bundesrätin Elisabeth Wolff, BA (ÖVP, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Minister! Sehr geehrte Frau Staatssekre­tärin! Zu Beginn meiner Rede möchte ich unserem Bundeskanzler und den neu ernann­ten Ministern sowie der Staatssekretärin ganz herzlich zu der neuen Aufgabe gratulieren. Ich wünsche Ihnen alles Gute und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit in den nächsten Jahren hier bei uns im Haus. (Beifall bei der ÖVP.)

Es sind wahrlich keine leichten Zeiten. In den letzten Jahren haben sich die Ereignisse geradezu gestapelt. Mit der Bekämpfung der Coronapandemie ist das politische Alltags­geschäft vorübergehend fast zum Stillstand gekommen. Der Regierung ist es aber trotzdem gelungen, auch andere Themen wieder anzupacken und unser Land voranzu­bringen. Es wurde heute schon des Öfteren das eine oder andere Thema angesprochen, wie zum Beispiel die AWG-Novelle, die Steuerreform oder Maßnahmen zur Digitalisie­rung. Genauso wichtig ist jetzt auch, dass das neue Regierungsteam schnellstmöglich weitermachen kann, wie das auch unser Bundeskanzler Nehammer immer wieder betont.

Mit Karl Nehammer an der Spitze haben wir einen Kandidaten als Kanzler, der mit der notwendigen Entschlossenheit, dem nötigen Weitblick und der notwendigen Erfahrung unser Land sicher aus der Krise führen kann. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Das hat alles der Gfrerer schon vorgelesen!) Das konnte er auch schon beweisen, indem er sich mit allen Parteien zusammengesetzt hat, den Dialog gesucht hat, um auch wieder Stabilität und Sicherheit in unser Land zu bringen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Das hat alles der Gfrerer schon vorgelesen!) – Wissen Sie (in Richtung Bun­desrat Steiner), Sie haben Ihre freiwillige Redezeit schon bei Weitem überschritten, jetzt bin ich dran. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Steiner: Ich sag nur, dass der Gfrerer das alles schon vorgelesen hat!) Deswegen würde ich Sie bitten, leise zu sein. (Bun­desrat Steiner: Es wird nicht besser, wenn man es zweimal liest!)

Ich selber bin JVPlerin und auch Jugendsprecherin bei uns in der Bundesratsfraktion, und deswegen freut es mich, kurz zu unserer neuen Staatssekretärin für Jugend, Claudia Plakolm, Stellung zu nehmen. Ich durfte Claudia Plakolm als junge, ambitionierte Frau kennenlernen, die immer mit vollem Elan an die Arbeit geht. Das konnte sie in den letzten Jahren schon beweisen, als sie sich hier im Parlament und bei den unterschiedlichsten Jugendorganisationen für die Rechte der Jugend eingesetzt hat.

Es wurde heute zwar schon kurz gesagt, ich möchte aber auch noch einmal kurz darauf eingehen, dass – für mich schwer nachzuvollziehen – ihre Ernennung zur Staatssekre­tärin für Jugend einen wahren Shitstorm ausgelöst hat. Zu jung, zu unerfahren, zu weiblich waren da die Argumente. Das finde ich wirklich schade, dass aufgrund des Alters oder aufgrund des Geschlechts geurteilt wird, anstatt dass man einer Persön­lichkeit einfach einmal die Zeit und die Chance gibt, sich überhaupt in ihrem Amt zu beweisen. (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade in Zeiten der Pandemie sind Jugendthemen oft in den Hintergrund gerückt. Claudia Plakolm jedoch hat sich bereits in den letzten Jahren stets dafür eingesetzt, dass die Jugendlichen auch eine Stimme bekommen. Mit Mut und Zuversicht, wie sie selbst schon gesagt hat, geht sie an jedes einzelne ihrer Themen heran. Genau das brauchen unsere Jugendlichen jetzt auch. Wir müssen heute die richtigen Schritte setzen, denn die heutige Jugend ist die Zukunft von morgen. Eigentlich ist, wie du (in Richtung Staatssekretärin Plakolm) auch schon gesagt hast, jedes Thema ein Jugendthema, ob nun die Verschuldung, die Bildung, die Digitalisierung, die Sicherheit, außenpolitische Maßnahmen oder eben die Bekämpfung der Coronapandemie.


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Da habe ich noch eine Bitte: Die einen oder anderen wissen es ja, meine Familie hat sowohl einen landwirtschaftlichen als auch einen gastronomischen Betrieb. Wir hatten in den letzten Jahren etliche Monate pandemiebedingt geschlossen, zuerst mit einer extremen Ungewissheit darüber, wie es für uns überhaupt weitergeht, ob wir wieder aufsperren können, wie lange wir geschlossen haben müssen. Wir haben nicht gewusst, was auf uns zukommt. Zum Glück wurden wir von einem feinmaschigen Fördersystem durch den Staat aufgefangen. Sie werden aber auch verstehen können, dass es nicht der Sinn des Unternehmers ist, durch die leeren Räumlichkeiten zu gehen und sich durch Förderungen irgendwie über Wasser halten zu lassen, sondern der Sinn ist einfach vielmehr, durch die Räumlichkeiten zu gehen und die Gäste zu bewirten.

Daher habe ich eine Bitte, vor allem an die FPÖ, nämlich bezüglich der Coronapandemie keine Unwahrheiten zu verbreiten (Bundesrat Spanring: Das macht ihr genauso, geh bitte! – Bundesrätin Steiner-Wieser: Brauchen wir gar nicht, das macht eh ihr!), die Menschen zu gefährden oder ein falsches Bild von der Situation in den Spitälern dar­zustellen. Bei der Bekämpfung der Pandemie sollte es nicht mehr darum gehen, irgend­welche Wählergruppen abzufischen, um bei der nächsten Wahl bestmöglich dazu­stehen, sondern da müssen wir wirklich alle zusammenhalten (neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Steiner-Wieser), um schnellstmöglich aus der Pandemie heraus­zufin­den.

Aus heutiger Sicht ist das nun einmal die Impfung. (Bundesrat Spanring: Ich setze mich gerne einmal mit dir an einen Tisch, und dann diskutieren wir über Corona und dann schauen wir, wer besseres Wissen hat! Ihr seid moralisch abgehoben, immer die Ober­gescheiten!) Daher bitte ich Sie – falls uns heute noch jemand zuhört, ich weiß, die Diskussion dauert schon etwas länger –: Gehen Sie impfen! Lassen Sie die Impfung auffrischen! Holen Sie sich eventuell auch einen dritten Stich und sichern Sie somit sich und ihre Mitmenschen! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.56


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. Ich erteile dieses.


17.56.22

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Geschätzte Frau Präsi­dentin! Werter Herr Bundeskanzler! Herr Finanzminister! Geschätzte Mitglieder der Bun­desregierung! Ja, wer hätte sich in der letzten Bundesratssitzung gedacht, dass, noch während wir an den damaligen Bildungsminister Faßmann eine Dringliche Anfrage zur Coronasituation an den Schulen und im Bildungswesen generell gestellt haben, offensichtlich schon lange klar war, dass nicht er es sein wird, der sich mit der Thematik in Zukunft weiter befassen wird oder wird befassen müssen. – Eines kann ich Ihnen versichern, geschätzter Herr Minister: Sie haben da ein Ressort übernommen, in dem es mehr als genug zu tun gibt. Es gibt in so vielen Bereichen der Bildung dringendsten Handlungsbedarf, und ich glaube, ein gemütlicher Einstieg wird das wohl nicht werden.

Ich bin mir sicher, Sie wissen, dass das österreichische Bildungssystem gerade im euro­päischen Vergleich eher ungerecht ist. In kaum einem anderen Land wird Bildung so sehr vererbt wie in Österreich. Der schulische Erfolg und auch das Weiterkommen eines Kindes im Bildungssystem hängen vergleichsweise stark vom familiären Hintergrund ab. Ich darf dazu den Nationalen Bildungsbericht erwähnen, der das auch immer wieder feststellt und darlegt.

Das war schon vor der Pandemie der Fall, die Krise hat diese Problematik aber natürlich, wie wir schon wissen, sehr intensiv verschärft. Kinder mit Unterstützung zu Hause tun sich oftmals wesentlich leichter, auch im schulischen Pandemiealltag, beim Distance­learning und allem, was dazugehört, als jene Kinder, die diese Unterstützung eben nicht


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im notwendigen Ausmaß haben. Wir wissen, jedes Jahr werden Abermillionen von Euro für Nachhilfe ausgegeben, was die Schere noch weiter auseinanderklaffen lässt. Manche können sich die Nachhilfe leisten, andere nicht.

In diesem Sinne habe ich, wenn Sie so wollen, einige Wünsche an Sie, und ich hoffe, diese bleiben keine Wünsche ans Christkind, wenn ich das so formulieren darf. Ich fange mit etwas relativ Einfachem an, das sich aus meiner Sicht, wie ich glaube, relativ leicht und akut umsetzen lässt. Ich würde Sie nämlich als Lehrerin an einer Mittelschule, in dem Fall auch als Betroffene, wirklich sehr eindringlich um eine Kommunikation im Schulbereich mit den Lehrerinnen und Lehrern, mit den PädagogInnen, vor allen Dingen mit den Schulleiterinnen und Schulleitern bitten, und ich würde Sie darum bitten, nicht erst am Sonntag in irgendwelchen Pressekonferenzen zu verlautbaren, was dann am Montag zu tun ist. Ich sage nur, Wertschätzung und Planungssicherheit sollte man sich nach 21 Monaten der Pandemie erwarten können. Das wäre mein Wunsch, denn in den vergangenen Monaten ist das mitnichten passiert – leider, muss ich sagen.

Etwas, das ich mir auch wünsche, sind ganz klare Ansagen in den Verordnungen; Ver­ordnungen, die nicht noch mehr Fragen aufwerfen, als sie eigentlich lösen. Ich glaube, wir als Pädagogen sind, was alle geänderten Maßnahmen betrifft, inzwischen gebrannte Kinder, wenn man das so formulieren darf.

Ein Wunsch, den ich noch habe, hängt mit der Sommerschule zusammen, denn ich habe das Gefühl, gerade auch mit der Sommerschule, mit einer Förderstunde hier, einer Förderstunde da, werden in Wahrheit nur Pflaster aufgeklebt. Es werden da in einem Klein-Klein nur Symptome behandelt, nicht aber die wahre Ursache, nicht die Grund­problematik, die ganz offensichtlich in unserem Schulsystem vorherrscht. Ich denke mir, wenn das Geld für all diese kleinen Pflaster da ist, wie eben für die Sommerschule, dann sollte es doch eigentlich auch für ein wirkliches Neudenken der Schule, der gesamten Bildungswelt da sein, sollten auch Mittel für noch mehr Autonomie bereitgestellt werden (Zwischenruf des Bundesrates Bader), damit je nach Bedarf auch tatsächlich in Klein­gruppen unterrichtet werden kann, projektorientiert unterrichtet werden kann, the­men­zentriert gearbeitet werden kann, und das nicht nur in diesen besagten zwei Wochen im Rahmen der Sommerschule. Das wäre mein allergrößter Wunsch, den ich habe. Ich glaube, bildungstheoretische Ideen gäbe es genug, man muss sie nur aufgreifen, wenn man den Mut dazu hat.

Als selbst Betroffene darf ich noch einen digitalen Wunsch anschließen, nämlich betref­fend die digitalen Endgeräte, die ja kommen sollen. Meine Schule gehört auch zu diesem knappen Drittel an Schulen, die bis heute noch kein einziges digitales Endgerät bekom­men haben. Ich würde mir wünschen, dass zumindest die Deadline, die uns jetzt genannt wird, Ende Februar, tatsächlich gehalten wird und gehalten werden kann. Wir dürfen nicht vergessen: Bis die Geräte dann auch tatsächlich einsetzbar sind, bis die Software drauf ist, bis die Kinder entsprechend eingeschult sind, die Lehrerinnen und Lehrer eingeschult sind, ist das Schuljahr vorbei. Angesichts dessen, dass die damalige Ministerin Hammerschmid bereits 2017 ein fixfertiges Konzept präsentiert hat und wir dann schon 2022 haben, ist viel zu viel Zeit vergangen, muss ich sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Covid-Maßnahmen, das ist auch so ein Punkt: Ich wünsche mir einfach Maßnahmen, die wirklich alle mittragen können, die klar sind, die eine sichere Schule, eine sichere Bildungswelt gewährleisten, damit auch wirklich alle, die in der Schule und im Bildungs­wesen tätig sind, geschützt dort arbeiten können, sicher dort arbeiten können und ein dauerhafter Unterricht gewährleistet ist. Ich denke, das ist sicher ein Wunsch, der uns eint, und ich hoffe, das wird in Zukunft noch gelingen. Wir alle wissen nicht, was Omikron bringt, ich hoffe aber, dass die Planungen dahin gehend schon so weit gediehen sind, dass Konzepte vorliegen, wie im Falle so einer Notsituation damit umgegangen werden


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kann. Ich kann Ihnen versichern, es gibt auch in unseren Reihen genügend Praktike­rin­nen und Praktiker, es gibt genügend Pädagogen und Pädagoginnen – Kollegin Gruber-Pruner beispielsweise, die hinter mir sitzt, oder auch ich. Unsere Hand ist jedenfalls ausgestreckt, Sie müssen sie nehmen und zugreifen.

Nun darf ich mich noch an Sie wenden, Frau Staatssekretärin: Im Zusammenhang mit Ihrer Bestellung und Angelobung, muss ich sagen, haben sich sozusagen zwei Szenarien, zwei Bilder vor mir entwickelt, und zwar auf der einen Seite im Zusam­menhang mit der Erklärung, die Sie heute abgegeben haben, auf der anderen Seite im Zusammenhang mit einem Interview, das Sie vor etwas mehr als einer Woche in der Sendung „Hohes Haus“ gegeben haben. Ich habe in beiden Fällen sehr, sehr gut zugehört. Da ging es natürlich um die Situation der Jugend gerade jetzt, in der Pan­demie.

Sie haben es heute schon angesprochen: Die Studierenden haben zum Teil auch mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, weil ihnen beispielsweise die typischen Stu­dentenjobs in der Gastronomie, im Tourismus weggefallen sind, und vieles andere mehr. Frau Kollegin Gruber-Pruner hat die Lehrlinge angesprochen, auf die in Wahrheit in der gesamten Pandemiezeit gänzlich vergessen wurde. (Beifall bei der SPÖ.) Viele, auch jüngere SchülerInnen kämpfen mit depressiven Verstimmungen, Angstzuständen, Schlafstörungen. Ganz aktuell ist eine Studie der Donau-Uni Krems dazu heraus­gekom­men: „62 Prozent der Mädchen und“ immerhin „38 Prozent der Burschen weisen eine mittelgradige depressive Symptomatik auf.“ Und fast täglich tauchen in Wahrheit ganz neue Zahlen, neue Meldungen dahin gehend auf, heute ganz aktuell im ORF. Im Bericht der Liga für Kinder- und Jugendgesundheit – ich habe ihn auch mit – wird ein ähnliches Bild gezeichnet.

Ich hoffe, wir sind uns einig, dass das eine mehr als besorgniserregende Entwicklung ist, angesichts derer wir uns alle gemeinsam, über alle Parteigrenzen hinweg besser gestern als heute zusammenschließen müssen und der wir entgegenwirken müssen. Das ist dringend geboten.

Sie haben das also in Ihrem Interview bestätigt – so weit, so gut. Auf der anderen Seite – das muss ich feststellen und darauf muss ich, glaube ich, wirklich immer wieder ganz deutlich hinweisen – sehe ich unzählige wirklich gute inhaltliche Anregungen, sehe ich unzählige Anträge auch und vor allem der sozialdemokratischen Abgeordneten, die in Wahrheit in Bausch und Bogen abgelehnt werden, aus Prinzip vermutlich, weil sie von der Opposition kommen (Bundesrätin Steiner-Wieser: Auch die freiheitlichen!)  ich weiß es nicht, ich kann es nur vermuten.

Ich habe Ihre Worte noch ganz genau im Ohr: Sie haben von den dringend notwendigen niederschwelligen Angeboten und Möglichkeiten im Bereich der Schulpsychologie, der SchulsozialarbeiterInnen und vielem anderen mehr gesprochen. – Das finde ich wirklich spannend, denn erst in der letzten Sitzung des Bundesrates hat Ihre Fraktion, Frau Staatssekretärin, gemeinsam mit den Grünen, muss ich schockierenderweise hinzu­fügen, geschlossen gegen meinen, gegen unseren Antrag betreffend die Gesundheit von Schülerinnen und Schülern, der genau das zum Inhalt hatte, gestimmt. Das verstehe ich ganz und gar nicht, mit Verlaub. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ein konsistentes inhalt­liches Bild schaut für mich anders aus, denn dann würde man nicht das eine sagen und in Wahrheit das andere tun. (Bundesrat Himmer: Aber wie wir abstimmen, musst schon uns fragen ...!) Das passt für mich nicht zusammen, so ehrlich bin ich. (Beifall bei der SPÖ.)

Und wir wissen: Ein Schulpsychologe, eine Schulpsychologin muss sich derzeit um etwa 5 200 Schülerinnen kümmern, ist für eine solche Menge an Schwierigkeiten, emotionalen Schwierigkeiten zuständig  das kann, glaube ich, in niemandes Interesse sein.


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Ganz ehrlich: Die Situation aufgrund der Pandemie ist eine, die sich ganz und gar nicht für solche parteitaktischen Spielchen und so ein Kalkulieren und Inszenieren eignet. Ich glaube, es geht schlicht und einfach darum, die physische, die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen sicherzustellen, ihre Resilienz aufzubauen, ihre Stärken auch tatsächlich erkennen zu können und zu entwickeln, damit sie später ein gutes und erfülltes Erwachsenenleben sowohl auf beruflicher Ebene als auch abseits von Job und Verpflichtungen führen können. Kurzum: Es geht um die Zukunft unserer Gesellschaft. Wo ist also dieser viel beschworene Schulterschluss? Ich kann ihn beim besten Willen nicht finden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf an dieser Stelle noch daran erinnern, dass es zum Beispiel einen aufrechten Bundesratsbeschluss vom 16. Juli des letzten Jahres gibt, nämlich betreffend die Um­setzung der täglichen Turnstunde. Das ist inzwischen über ein Jahr her, und seither ist diesbezüglich offensichtlich nicht mehr passiert, als Arbeitsgruppen einzusetzen. Umge­setzt worden ist die tägliche Turnstunde nicht, gerade jetzt aber wäre regelmäßige Bewegung und regelmäßiger Sport so wichtig, auch als Ausgleich angesichts all der psychischen Schwierigkeiten, von denen wir heute schon gehört haben.

Frau Staatssekretärin, Herr Bildungsminister, wenn Sie es also wirklich ernst meinen, wenn Ihnen die Jugend, wenn Ihnen die Kinder, all ihre Sorgen und die Hindernisse, mit denen sie aktuell tatsächlich zu kämpfen haben, wichtig sind, dann setzen Sie sich hoffentlich gegenüber Ihrer Fraktion durch! Arbeiten wir gemeinsam daran, dass die Zukunft unserer Jugend auch tatsächlich eine gute und schöne Zukunft werden kann! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.08


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mag.a Elisabeth Grossmann. Ich erteile dieses.


18.08.19

Bundesrätin Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ, Steiermark): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Werte Regierungsmitglieder! Ich begrüße Sie in Ihren neuen Ämtern sehr herzlich und wünsche Ihnen für die Führung Ihrer Amtsgeschäfte eine gute Hand – eine bessere Hand –, als Ihre Vorgänger sie hatten, denn es geht schließlich um die Lebensbedingungen der Menschen und die Existenzen der Menschen in unserem Land. Diese haben in den letzten Monaten und Jahren genug mitgemacht: Unter Türkis-Grün, Schwarz-Grün, Türkis-Blau, also in allen Farbkonstellationen, haben die Menschen in unserem Land wirklich genug mitgemacht. Man hat den Eindruck, es kann nur besser werden, deshalb wünsche ich Ihnen da wirklich eine gute Hand.

Ausdruck dessen, was die Menschen mitgemacht haben und wie die Menschen das empfinden, ist eine erschütternde Vertrauenskrise gegenüber der Politik insgesamt, in einem Ausmaß, wie wir das vorher eigentlich noch nicht kannten. Das nimmt schon wirklich demokratiegefährdende Ausmaße an, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist in dieser gefährlichen Phase der Pandemie besonders bedenklich, weil man sieht, dass viele Menschen einfach nichts und niemandem mehr glauben, weil sie schon so oft enttäuscht wurden. Ich hoffe, dass die jetzige Regierung aus den Fehlern der vergangenen Regierungen lernt, gerade was die Bewältigung der Pandemie angeht. Da gibt es jetzt schon Lernmöglichkeiten und ich hoffe, dass Sie daraus die Lehren ziehen.

Ich möchte, was die Vertrauenskrise anlangt, gar nicht die zahlreichen Finanzskandale ausbreiten; diese werden die Justizbehörden noch ausgiebig beschäftigen. Mir geht es vor allem darum, dass die Pandemie und ihre Folgen bewältigt werden. Das geht eben nur, wenn die Menschen den Amtsträgern und Amtsträgerinnen vertrauen und wenn die Maßnahmen, die notwendigerweise gesetzt werden, natürlich auch evidenzbasiert sind.


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Da darf es einfach nicht mehr vorkommen, dass die Politik die Wissenschaft brüskiert, wie das sehr oft passiert ist, dass Maßnahmen nicht nach wissenschaftlichen Evidenzen gesetzt werden, sondern nach Umfragewerten. Da ist so vieles schiefgelaufen und da wird immer wieder auch das Vertrauen in die Wissenschaft erschüttert.

Die heutigen Worte des Bildungs- und Wissenschaftsministers haben mich sehr ge­freut. – Ich bleibe jetzt auch beim Sie, wir kennen uns ja schon aus Grazer Zeiten und da waren wir per Du, aber Kollege Appé hat es richtig angesprochen: Es geht auch um den Respekt vor dem Amt, vor der Persönlichkeit, deshalb belasse ich es im Plenum auch beim Sie.

Wie gesagt, Ihre Worte waren sehr wohltuend. Dieses Gelöbnis, das den Studierenden abgenommen wird, „der Wissenschaft [...] zu dienen“, ihre „Ziele zu fördern und dadurch verantwortlich zur Lösung der Probleme [...] beizutragen“ – das ist ja genau das, was wir auch bei einer Sponsion feierlich geloben. Da ersuche ich Sie schon auch, wie gesagt, auf Regierungsmitglieder, aber auch auf neun Parteifreunde einzuwirken. Ich spreche da zum Beispiel Landeshauptmann Haslauer in Salzburg an (Bundesrätin Eder-Gitschthaler: Bitte! ...!), der WissenschafterInnen irgendwie fast beschuldigt hat, am liebsten alle einsperren zu wollen, und die empfohlenen Maßnahmen wirklich dermaßen lächerlich gemacht hat, dass es der Wissenschaft und natürlich auch der Pandemie­bekämpfung nicht dienlich war. (Beifall bei der SPÖ.) Da verknüpfe ich wie gesagt Hoffnungen damit, dass eine Kraft in der Regierung ist, die solchen Tendenzen ent­gegenwirkt. Das würde dem Land sehr guttun.

Ich bleibe gleich beim Wissenschafts- und Bildungsminister, den ich aus früheren Begeg­nungen sehr schätze. Als Vizerektor der Universität Graz waren Sie ja auch zuständig für ein Pilotprojekt, nämlich die gemeinsame Lehrer-, Lehrerinnenausbildung. Ich war damals Bildungslandesrätin in der Steiermark, und da haben wir eine sehr gute Zusam­menarbeit gepflegt, als es darum ging, einen Ausbildungsverbund zu schaffen, zwischen den pädagogischen Hochschulen und den Universitäten einerseits, andererseits auch übergreifend über drei Länder, nämlich Kärnten, das Burgenland und die Steiermark. Diese Verbundlösung war beispielgebend für ganz Österreich und funktioniert ja auch noch sehr gut.

Das zeigt, dass Ihnen Bildungsreformen nicht fremd sind. Sie haben auch unter zahl­reichen Ministerinnen, nämlich Schmied – da muss man dann schon sehr weit in die Vergangenheit zurückgehen –, Heinisch-Hosek, Hammerschmid, aktiv an sehr progres­siven Bildungsreformen mitgearbeitet. Ich hoffe, dass Ihre nominierende Partei Sie in Ihrem Reformeifer nicht bremst, denn im Bildungsbereich ist sehr viel reformbedürftig.

Die gemeinsame Lehrer-, Lehrerinnenausbildung war ein Teilaspekt einer Basis für die gemeinsame Schule, die von vielen Bildungswissenschafterinnen und Bildungswissen­schaftern empfohlen wird und die auch immer auf der Agenda nicht nur der SPÖ, sondern auch Ihres Koalitionspartners, der Grünen, gestanden hat. Ich erinnere mich noch sehr genau an den energischen Einsatz des ehemaligen Bildungssprechers der Grünen, Harald Walser, eines Vorarlbergers, der sich vehement für die gemeinsame Schule eingesetzt hat. Es war ja eigentlich schon kurz vor der Umsetzung, ein ganzes Bundesland, das Bundesland Vorarlberg, auf eigenen Wunsch hin als Modellregion für die gemeinsame Schule auszurufen.

Jetzt haben wir also einen engagierten – hoffentlich weiterhin engagierten – Bildungs- und Wissenschaftsminister und einen Vorarlberger als Finanzminister. Ich hoffe daher, dass im Bereich der Schulreformen, im Bereich der gemeinsamen Schule etwas weiter­geht und dass man sich einen Ruck gibt. (Bundesrat Bader: Vielleicht gibt’s was Bes­seres!) Sie sollten sich da auch nicht sehr einschränken lassen. Sie haben es sicherlich nicht leicht, denn das Regierungsprogramm, das schon erwähnt wurde, aber auch das


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Budget, das kürzlich beschlossen wurde, sind bildungspolitisch nicht wirklich große Würfe. Da müsste man schon über den Schatten springen, damit auch wirklich mutige Reformen angegangen werden. Dahin gehend wünsche ich wirklich Kraft und Durchset­zungskraft.

Ich möchte aber auch ein Wort an den Innenminister richten, weil es Ihnen heute keine Erwähnung wert war: Schon Frau Bundesrätin Kittl aus den Reihen Ihres Koalitions­partners hat Sie daran erinnert, dass Sie betreffend Gewalttaten gegen Frauen sehr wohl eine Zuständigkeit haben. Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern, wirklich mit größtem Engagement die dringend notwendigen Risikofallkonferenzen einberufen zu lassen, denn es geht um eine treffsichere Gefährlichkeitsprognose. Das ist im Sinne der Prävention ganz, ganz dringend.

In diesem Sinne noch einmal alles Gute für Ihre Amtsgeschäfte und danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Himmer.)

18.17


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dominik Reisinger. Ich erteile dieses.


18.17.46

Bundesrat Dominik Reisinger (SPÖ, Oberösterreich): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuhörerInnen! Wer sich erinnert: Vor wenigen Wochen habe ich an dieser Stelle den damaligen Finanzminister Gernot Blümel wegen fehlender Reformansätze und anderer Dinge kritisiert. Heute gibt es Blümel als Finanzminister nicht mehr, weil er, wie wir wissen, aus privaten und familiären Gründen sein Amt zurückgelegt hat. Der wahre Grund für seinen Rücktritt ist natürlich ein anderer. Wäre er nicht selbst gegangen, hätte er spätestens vorige Woche gehen müssen (die BundesrätInnen Bader und Eder-Gitschthaler: Warum?!), nämlich wegen der immer konkreter werdenden Korruptionsvorwürfe gegen Kurz und seine Getreuen, und zu diesen Getreuen zählt er ja, wie wir wissen.

Es ist eigentlich unfassbar, was durch die Interne Revision im Finanzministerium zur sogenannten ÖVP-Inseratenaffäre ans Tageslicht kam. Angesichts dieser Vorgänge – und das meine ich jetzt ehrlich – müsste uns der neue Finanzminister eigentlich leidtun. Er war es nämlich, der sich öffentlich hinstellen und diese Vorwürfe, diese unangenehme Geschichte nach außen hin erklären musste. – Herr Finanzminister, eines muss bei Ihrem sonst tadellosen Auftritt doch sehr vehement korrigiert werden: Der sehr wahr­scheinliche – ich formuliere es so – Griff in die Staatskasse durch die Türkisen ist kein Systemversagen, wie Sie es nannten, es ist ganz klar menschliches Versagen, und zwar nur in den Reihen der ÖVP. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich hoffe, dass Sie nach dem notwendigen Aufräumen im Finanzministerium dann genügend Zeit für die wahren Herausforderungen, die es gibt, finden werden. Von denen gibt es sehr, sehr viele. Als Bürgermeister spreche ich natürlich die prekäre Finanz­situation in den Gemeinden und Städten an.

Ich möchte gleich bei diesem Thema bleiben und hoffe sehr, dass wir in Ihnen, Herr Finanzminister, einen Ansprechpartner mit einem offenen Ohr finden werden, dass Sie unsere Sorgen ernst nehmen und dass Sie mit den Gemeinde- und Städtevertretern auch Lösungen überlegen.

Wir diskutieren ja seit Anbeginn der Coronakrise die angespannte Finanzlage der Ge­meinden. Wir haben – ich kann mich erinnern – unzählige Male geschildert, dass durch die Steuerausfälle und durch die enormen Kostensteigerungen zum Beispiel im Gesund­heitsbereich die Gefahr droht, dass die Gemeinden ihre vielfältigen Leistungen der Daseinsvorsorge nicht mehr finanzieren können, und die Steuerreform  ich werde das


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nicht mehr im Detail ausführen  wird diese Lage noch verschärfen. Das kritisiert selbst der oberösterreichische Gemeindebundpräsident Hans Hingsamer von der ÖVP scharf.

Herr Minister, es braucht jetzt ganz, ganz dringend Maßnahmen zur Stärkung der Gemeindefinanzen! Wir als SPÖ-Fraktion haben mehrmals Anträge eingebracht – ge­rade gestern wieder im Finanzausschuss, leider aber wurde dieser Antrag wieder einmal vertagt und somit schubladisiert.

Was brauchen die Gemeinden jetzt, in dieser Situation? – Sie brauchen einerseits Direktzuschüsse, um den laufenden Haushalt, um die laufende Geschäftstätigkeit auf­rechterhalten zu können, und sie brauchen auch eine Verlängerung eines oder mehrerer Investitionsprogramme.

Herr Finanzminister, Corona wird zur Überlebensfrage für die Gemeinden! Wenn wir als in Summe gesehen größter Investor Österreichs nämlich nicht mehr investieren können, dann wird sich das unweigerlich auf die Wirtschaft und auch auf den Arbeitsmarkt auswirken. Gerade deshalb richte ich einen dringenden Appell an die Regierungsver­antwortlichen, die Gemeinden bitte nicht im Stich zu lassen!

Mein zweiter Redeschwerpunkt richtet sich an den neuen Innenminister Gerhard KarnerSehr geehrter Herr Minister, Sie standen gleich zu Beginn Ihrer Amtsübernahme in der öffentlichen Kritik, zum einen wegen antisemitischer Äußerungen im Landtagswahl­kampf 2008. Das ist zwar lange her, macht das Ganze aber nicht besser. Erst nachdem es aus allen Richtungen Kritik hagelte, haben Sie diese Äußerungen zurückgenommen. Als der Druck noch größer wurde, haben Sie sich dann doch auch noch entschuldigt – und ich kann Ihnen sagen, diese Entschuldigung war höchst angebracht und absolut notwendig.

Dieses Thema ist das eine, die Causa Dollfußmuseum in Ihrer Heimatgemeinde Texing­tal, wo Sie ja bis zuletzt Bürgermeister waren, das andere. Auch da gibt es absoluten Gesprächs- und Klärungsbedarf, nämlich über die Ausrichtung des Museums und Ihre Haltung demgegenüber, denn wenn Experten darüber urteilen, dass dieses Museum keinen Mehrwert habe, weil die Hintergründe und die differenzierte Auseinandersetzung mit dem Austrofaschismus und der Thematisierung der Verantwortung von Dollfuß fehlen, kann man ganz einfach nicht zur Tagesordnung übergehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade als Innenminister sind Sie da umso mehr gefordert und zur umfassenden und ehrlichen Distanzierung vom Austrofaschismus verpflichtet. Sie müssen beweisen, dass Sie das können, Sie müssen beweisen, dass Sie das wollen – also ziehen Sie bitte auch klare Linien!

Zum Abschluss darf ich mich dem Exekutivbereich widmen und die dringend notwendige Wertschätzung für unsere Polizei einfordern – aber nicht nur in Applausform, wie Sie das heute gemacht haben, sondern in Form von finanziellen und dienstrechtlichen Refor­men. Wir werden auch ganz sicher nicht den Coronabonus vergessen, den der damalige Innenminister Karl Nehammer versprochen hat, der aber bis dato nicht bei den Polizistin­nen und Polizisten angekommen ist.

Herr Minister, Sie wissen – Sie haben das auch in Ihrer Rede erwähnt –, wie insbeson­dere auch die Polizei von Corona betroffen ist. Neben ihren ureigensten Aufgaben wurden ihr auch noch die Kontrolle und Überwachung von Maßnahmen der Pandemie­bekämpfung überantwortet, und das trotz Kritik aus der Gewerkschaft, trotz Kritik von Verfassungsexperten. Hinzu kommt – das haben wir auch heute schon festgestellt – die zusätzliche Belastung bei Coronademos, wo gerade das Aggressions- und Konflikt­poten­zial stark zunimmt. Deshalb frage ich mich: Wo bleibt der versprochene Corona­bonus? – Herr Minister, in der Nationalratssitzung hatten Sie darauf leider noch keine Antwort; leider konnten Sie uns auch heute nicht positiv überraschen.


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Darüber hinaus liegen auch noch andere Reformen, die auf Umsetzung warten, seit Jahren in Ihren Schubladen. Ich darf einige ganz kurz ansprechen: zum Beispiel betreffend das Thema Dienstunfälle, die die PolizistInnen vor ihrer Definitivstellung ereilen können und die unter Umständen sogar zur Kündigung führen können, oder betreffend pauschalierte Nebengebühren als Einkommensbestandteil, die man bei einer länger als vier Wochen dauernden Abwesenheit vom Dienst verliert. Da muss es ganz einfach Ausnahmen geben! Gerade in Bezug auf Corona, wenn man als Risikopatient eingestuft wird, wenn man in Quarantäne gehen muss – also wenn man sozusagen genehmigt vom Dienst abwesend ist –, kann das nicht dazu führen, dass ein Gehalts­bestandteil verloren geht.

Dazu kommen noch finanzielle Nachteile für KollegInnen – das ist keine Riesen­geschichte, aber trotzdem erwähnenswert –, wenn zum Beispiel aus dienstlichen Gründen ein Urlaub storniert werden muss. Die Stornokosten, das ist richtig, werden zwar grundsätzlich übernommen, aber als steuerpflichtiger Gehaltsbestandteil, das heißt, es kommt auch dort wieder zu Abzügen.

Mein Resümee lautet also: Corona bringt die Exekutive an ihre Grenzen, es braucht daher mehr Personal und die angesprochenen Reformen. Klatschen ist zu wenig, wir brauchen auch finanzielle Wertschätzung für unsere Polizei. Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Dringend notwendige Wertschätzung für unsere Polizei“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert umgehend Schritte zu setzen, um den in Aussicht gestellten Corona-Bonus für die Polizei so rasch als möglich auszubezahlen. Zudem wird der Minister aufgefordert dem Nationalrat und dem Bundesrat umgehend Vorlagen zuzuleiten, um die Nachteile bei Dienstunfällen vor der Definitivstellung zu verhindern und den Ausfall von pauschalierten Nebengebühren zu verhindern. Zudem soll sichergestellt werden, dass den Polizist*innen keine finanziellen Nachteile entstehen, wenn sie ihre Urlaube aus dienstlichen Gründen stornieren müssen.“

*****

Herr Minister, Sie sind dafür verantwortlich, dass der Polizei die besten Rahmen­bedin­gungen für die Erfüllung ihrer Aufgaben bereitgestellt werden. Sie sind da in der Pflicht. Bitte kommen Sie dieser auch nach!

Abschließend danke ich allen Polizistinnen und Polizisten für die herausragende Arbeit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

18.27

18.27.50


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Der von den Bundesräten Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Dringend notwendige Wertschätzung für unsere Polizei“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.


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Weitere Wortmeldungen zu den Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist somit geschlossen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Dominik Reisinger, Kolleginnen und Kollegen auf Fassung einer Entschließung betreffend „Dringend notwendige Wertschätzung für un­sere Polizei“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenminderheit. Der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

18.28.52Fortsetzung der Tagesordnung


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Ich nehme die Verhandlungen zu den Tagesordnungspunkten 13 und 14 wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ingo Appé. Ich erteile dieses.


18.29.15

Bundesrat Ingo Appé (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Als alter Segler würde ich sagen, wir kommen jetzt hoffentlich in etwas ruhigere Gewässer. Die Einleitung zu diesem Tages­ordnungspunkt klingt eigentlich sehr kompliziert und ist eine schon seit Längerem offene und deswegen anstehende Erledigung gegenüber der europäischen Gesetzgebung. Warum diese bis dato noch nicht erfolgt ist, ist eines der vielen nunmehr zutage getre­tenen Mysterien bei in der Kompetenz des ehemaligen Finanzministers gelegenen Auf­gaben.

Beim Schwarmfinanzierung-Vollzugsgesetz handelt es sich nicht, wie vermeintlich ange­nommen werden könnte, um Fischereirechte oder inhaltlich gesehen um den Weltbest­seller „Der Schwarm“ von Frank Schätzing, in dem sich verschiedenes Meeresgetier zu einer aggressiven, intelligenten Armee vereinigt, um die Menschheit zu bedrohen. Nein, es geht dabei ganz einfach um Crowdfunding, um österreichische Crowdfunding­plattformen, die gerne grenzüberschreitend tätig gewesen wären, jedoch aufgrund der Säumigkeit des Gesetzgebers bis dato vom europäischen Markt ausgeschlossen waren.

Bereits im Juli des vergangenen Jahres hatte die EU-Kommission die Verordnung über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister, kurz ECSP-Verordnung, veröffentlicht. Seit 10. November 2021 ist die Verordnung anwendbar, ein nationales Gesetz gab es dazu in Österreich aber noch nicht, kritisiert der Fachverband der Finanzdienstleister. Ein nationales Gesetz ist jedoch Voraussetzung, um grenzüberschreitend tätig sein zu können.

Die ESCP-Verordnung schafft einen einheitlichen Rahmen für das europaweite Crowd­funding: Plattformen mit entsprechender EU-Genehmigung können ihre Schwarmfinan­zierungsdienstleistungen künftig EU-weit platzieren und somit ihre Finanzierungsbasis enorm erweitern. In Österreich interessieren sich laut Fachverband etwa fünf der heimischen Crowdinvestingplattformen für eine solche Zulassung.

Einen Antrag können diese allerdings nicht stellen, denn ein nationales Umsetzungs­gesetz, das eine Behörde definiert, die für die Vergabe der Konzessionen zuständig ist, gab es noch nicht. Formal kann es ohne Gesetz keine österreichische Crowdinvesting­plattform gemäß der neuen Verordnung geben. Für die heimischen Plattformen ist diese Vakanz zunehmend problematisch, heißt es vonseiten der Fachleute. Es dürfe auch


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nicht vergessen werden, dass die zuständige Behörde ohne entsprechendes Gesetz keine Ressourcen aufbauen könne. Eine Lizenz von der österreichischen Behörde zu erhalten dürfte rund ein halbes Jahr in Anspruch nehmen, damit ist sich ein grenzüber­greifender Start eines Austrounternehmens im November nicht mehr ausgegangen.

Wie Sie sehen, ist die Regierung da massiv säumig und im Verzug. Leider können wir trotz der eben angeführten Kritik über das bis dato nicht zustande gekommene Geset­zes­werk diesem nicht die Zustimmung erteilen, da aus unserer Sicht die Anlegerschutz­be­stimmungen, die konsumentenschutzrechtlichen Bestimmungen einfach nicht ausreichend sind.

Beim zweiten Gesetz, welchem wir ebenfalls nicht die Zustimmung erteilen können, geht es um die Errichtung eines Produktivitätsrates. Da reden wir in der Zwischenzeit von einem Uraltkonzept, wir sind in Österreich gegenüber der EU schon viel weiter. Die Begründung, warum wir da nicht mitgehen, liegt darin, dass noch eine Reihe von ungelösten Problemen existieren, wie zum Beispiel, dass die Anzahl der Vertreter der Sozialpartner im Vergleich zum Fiskalrat reduziert wurde. Daher, wie gesagt, können wir da nicht zustimmen. Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

18.33


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Alexandra Platzer. Ich erteile dieses.


18.33.32

Bundesrätin Alexandra Platzer, MBA (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Haus! Ge­schätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher, die noch immer geduldig dieser Debatte zusehen! Zum Tagesordnungs­punkt 13: Das Schwarmfinanzierung-Vollzugsgesetz regelt ja das umgangssprachlich bekanntere Crowdfunding auf europäischer Ebene. Es geht also jetzt um die Umsetzung einer EU-Richtlinie und um die Harmonisierung rechtlicher Rahmenbedingungen.

Beim Crowdfunding geht es ja primär darum, dass viele Menschen, also die Crowd oder der Schwarm, eine innovative Geschäftsidee mit vielen kleineren Beträgen unterstützen. Somit werden viele Investoren oder Käufer gesucht und hoffentlich auch gefunden, die ein Unternehmen, an das sie glauben, unterstützen, aufbauen oder bei der Erweiterung und Erschließung neuer Märkte behilflich sind. So hat zum Beispiel die Brauerei Trumer zum Ausbau der innovativen Hopfenbox, zur Anschaffung von zwei kleineren Tanks, um Unterstützung durch die Crowd ersucht – in diesem Fall wurde scherzhaft ein Brau­funding eingesetzt. Auch die oberösterreichische Stadt Steyr konnte mit einer erfolg­reichen Crowdfundingkampagne einen Innenstadteislaufplatz finanzieren, und in meiner Heimatstadt Wels wurden zum Beispiel im Immobilienbereich bereits viele erfolgreiche Projekte realisiert.

Besonders beliebt aber ist diese Form der Finanzierung bei Start-ups, da diese gerne bereits in der Frühphase, also schon bald nach der zündenden Idee, eingesetzt wird und somit wertvolles Risikokapital lukriert werden kann. Und wie wir alle wissen, brauchen wir mehr Risikokapital am Markt, denn auch das sichert unsere österreichischen Arbeits­plätze ab.

Zusätzlich kann mit dem Schwarmfinanzierung-Vollzugsgesetz auch der Anleger- und Konsumentenschutz sichergestellt werden. Das Finanzierungsvolumen wird nun von 2 Millionen Euro auf 5 Millionen Euro erhöht, und die rechtlichen Rahmenbedingungen werden ebenfalls sinnvoll geregelt.

Zum Tagesordnungspunkt 14: Es geht bei der Einrichtung eines Produktivitätsrates be­stehend aus fünf Mitgliedern ausgeglichenen Verhältnisses, also eines wichtigen


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Expertengremiums bestehend aus dem Vorsitzenden, zwei Regierungsvertretern sowie Vertretern der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer, die für eine Periode von sechs Jahren bestellt werden, um eine EU-Ratsempfehlung. Man nutzt hierfür die Infra­struktur und Bürostruktur der Oesterreichischen Nationalbank, der Präsident des Fiskal­rates ist gleichzeitig auch der Präsident des Produktivitätsrates.

Dieser Rat, der sich auch mit anderen europäischen Gremien vernetzt, analysiert hin­sichtlich Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität und soll Ungleichgewichte in der EU harmonisieren. Künftig werden mögliche Maßnahmen zur Steigerung der Produktivität aufgezeigt und anschließend wird dem Nationalrat ehrlich berichtet. Ich bitte um Zustim­mung zu diesen Tagesordnungspunkten. Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.36


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Johannes Hübner. Ich erteile dieses.


18.37.01

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, hinsichtlich Crowdfunding oder Schwarmfinanzierung gibt es auch unsererseits eine Zustimmung. Es ist vollkommen richtig, was der SPÖ-Vertreter gesagt hat: dass es da keinen perfekten Anlegerschutz gibt. Da wäre einiges zu verbessern, man muss aber bedenken: Mehr Anlegerschutz macht das Instrumen­tarium für diejenigen, die sich über den Schwarm finanzieren wollen, auch weniger attraktiv. Das sind halt zwei Dinge, die nicht so einfach zu versöhnen sind. Im Prinzip halten wir aber die gesetzliche Vorlage für exekutierbar und lebbar.

Das Nächste ist der sogenannte Produktivitätsrat: Ja, der Kollege (in Richtung Bundesrat Himmer) hat es schon gesehen, da kommt mir natürlich ein Lächeln über die Lippen. Ich erinnere mich an den Herrn Bundeskanzler, an den Herrn Neubundeskanzler und Altinnenminister, wie er heute gestrahlt hat, wie ihm die Brust geschwellt ist, nachdem er, abgehend von seiner vorherigen Eloge über Transparenz, Durchsichtigkeit, Dialog und so weiter, berichtet hat, wie toll das im Rat der Europäischen Union ist, weil dort nicht einmal die Mitarbeiter hineindürfen und man da richtig frei sprechen kann. Das also ist bundeskanzlerische Transparenz: dass nicht einmal die Mitarbeiter wissen, was da geschehen ist.

Dazu passt auch sehr gut diese Empfehlung der EU, einen Fiskalrat und einen Produk­tivitätsrat zu bilden. Das Ganze ist ein Ausfluss der Finanzkrise und man meint, die Eurozone verlangt, dass sich die einzelnen Staaten vermehrt mit ihrer eigenen Stellung in der Wirtschafts- und Währungsunion auseinandersetzen, um dort festzustellen, welchen Status sie haben. Natürlich müssen da Empfehlungen gegeben werden, natürlich muss international ausgetauscht und evaluiert werden und dergleichen.

Es gibt ja schon seit einiger Zeit den sogenannten Fiskalrat. Ich glaube nicht, dass irgendjemandem dieser Fiskalrat aufgefallen ist. Er ist natürlich mit unabhängigen Experten besetzt, wie das Gesetz das vorgibt. Diese unabhängigen Experten sind sechs von der Regierung bestellte Experten und dann Experten, die die Bundeswirtschafts­kammer, die Arbeiterkammer, der Städtebund, der Gemeindebund und Co entsenden – das ist in Österreich ein unabhängiger Experte –, und dieses Expertengremium ist offenbar viel gescheiter als die volkswirtschaftlichen Abteilungen der Nationalbank oder des Finanzministeriums, die das ja offenbar nicht können, und deswegen musste man dieser Empfehlung folgen und diesen Rat einsetzen.

Wir werden aber trotzdem zustimmen, nicht nur weil Weihnachten ist, sondern weil es ja hier im Wesentlichen nur um die Einrichtung des Produktivitätsrates geht. Die diesbezüg­liche Empfehlung will ich gar nicht näher erörtern, sie ist noch viel absurder als die


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Empfehlung für die Einsetzung eines Fiskalrates. Sie zeigt, dass Transparenz auf europäischer Ebene im Wesentlichen die Bildung von machtlosen, einflusslosen, aber kostspieligen und viel Papier produzierenden Räten ist, die nach Möglichkeit bereits vorhandene Kapazitäten duplizieren oder triplizieren, wie etwa die volkswirtschaftlichen Abteilungen der Notenbanken, Nationalbanken, Ministerien und dergleichen.

Es gibt einen kleinen Vorteil: Dieser Produktivitätsrat besteht jetzt nur mehr aus fünf Mitgliedern, die Zahl der Mitglieder wurde halbiert, und er nutzt die Räumlichkeiten und Kapazitäten des bereits bestehenden Fiskalrates. Deswegen kann man sagen, es ist ein kleiner Schritt im Interesse der österreichischen Steuerzahler, und wir können, ver­bunden mit dem Datum der heutigen Sitzung, daher auch unsere Zustimmung erteilen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

18.40


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin MMag.a Elisabeth Kittl. Ich erteile dieses.


18.41.01

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe KollegInnen! Werte ZuseherInnen! Mit Schwarmfinanzierung asso­ziieren wir alle etwas Unterschiedliches, ich habe Schwarmintelligenz damit assoziiert. (Heiterkeit bei Grünen und ÖVP.) Damit hat es aber wirklich ein wenig zu tun, denn natürlich schließt man sich eher einem Projekt an, an dem sich schon viele andere beteiligt haben. Es geht, wir haben es schon gehört, um Crowdfunding und Crowd­lending. Dessen rechtliche Grundlagen finden sich einerseits im Alternativfinanzie­rungs­gesetz, und mit dem Schwarmfinanzierung-Vollzugsgesetz wird die Erbringung von Crowdfundingdienstleistungen EU-weit harmonisiert. Die Internationalität des Wortes zeigt auch – wir haben es schon gehört – die Tendenz der Internationalisierung der Finanzinstrumente. Das ist gut so, denn damit können KonsumentInnen mit einheitlichen Regelungen rechnen – das ist ja auch die Absicht von EU-Richtlinien und – Verord­nungen.

Es ist gut, dass das Alternativfinanzierungsgesetz jetzt eine Änderung erfahren hat und aufrechtgeblieben ist, denn es ist wichtig, dass engagierte und solidarisch agierende Einzelpersonen Crowdfunding- oder ‑lendinginitiativen für regionale Unternehmen und auch für kleine solidarische Projekte weiterhin finanzieren können.

Kurz zur Begrifflichkeit: Crowdfunding bedeutet, dass das gegebene Geld nicht oder vielleicht mit Naturalien zurückgezahlt wird, Crowdlending bedeutet, dass das Geld als eine Art Veranlagung zu sehen ist, also wieder zurückzugeben ist und ausbezahlt wird. Es ist aber kein klassischer Kredit, sondern ein qualifiziertes Nachrangdarlehen.

Dazu kommt noch, dass Crowdfundinginitiativen über das Alternativfinanzierungsgesetz keine Bankkonzession haben. Das Geld, das so gegeben wird, ist also nicht so gesichert wie eben über von der FMA zertifizierte Plattformen im Rahmen des Schwarmfinan­zierung-Vollzugsgesetzes. Initiativen über das Crowdfunding oder Crowdlending nach dem Alternativfinanzierungsgesetz vor allem im kleinen und regionalen Bereich sind mehr als eine Art der finanziellen BürgerInnenbeteiligung und eine erleichterte Form der finanziellen Unterstützung zu sehen. Es geht auch ein bisschen um Vertrauen und die Unterstützung dieser GeldnehmerInnen, wie zum Beispiel Heini Staudinger von GEA – ich nenne dann noch ein paar andere, Kollegin Platzer hat auch schon ein paar erwähnt.

Es geht dabei nicht um riesige Investmentfonds, die Großprojekte an der Bankenregu­lierung vorbeischleusen wollen und so die Finanzmarktstabilität gefährden, sondern es geht um kleine Projekte, die schwer eine Finanzierung finden, weil ihre Losgrößen für die Banken zu klein sind oder das Geschäfts- oder Projektmodell für die klassische


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Kreditberatung zu neuartig ist. Es geht also um Vertrauen und Referenzen, die für die Entscheidung in die Waagschale gelegt werden.

Da es – das habe ich schon erwähnt – eine nicht so sichere Anlegeform ist, haben wir geschaut, dass im Sinne des KonsumentInnen- und AnlegerInnenschutzes ins Alter­nativfinanzierungsgesetz eine aktive Informationsannahmeverpflichtung genau darüber, dass das Geld weg sein kann, aufzunehmen ist und die AnlegerInnen in Zukunft durch die Aufklärung sowie die proaktive Bestätigung dieser Aufklärung über das Risiko Bescheid wissen, dass das Geld eben weg sein kann.

Die Möglichkeiten des bisherigen Systems des Crowdfundings und -lendings sollen daher jedenfalls erhalten bleiben – das war ja in Diskussion –, die Abhängigkeit von großen und wohl bald auch international aktiven Crowdfundingplattformen alleine wäre der falsche Weg, da die kleinen, nicht auf Profit ausgerichteten Unternehmen dort mit hohen Kosten zu rechnen haben.

Bekannte und erfolgreiche Beispiele solcher Initiativen sind die Grüne Erde oder die Plattform Crowd4Climate, die Klimaschutzprojekte im Rahmen der Entwicklungszusam­menarbeit finanziert. Es gibt aber auch Beispiele aus dem Bereich Bauen und leistbares Wohnen. Ich nenne als gutes Beispiel dafür die Baugruppe Bikes and Rails im Wiener Stadtentwicklungsgebiet Sonnwendviertel. Das ist ein gemeinschaftliches Wohnprojekt, das gemeinschaftlich finanziert wird, das aber auch gemeinschaftlich gebaut, bewohnt und dann besessen wird. Das ist ein spezielles Konstrukt aus Deutschland. Das Span­nende an dem Konstrukt ist, dass dort leistbarer Wohnraum geschaffen wird, aber auch erhalten wird, weil er aus der Spekulation herausgehalten wird. Dieses Modell vom Mietshäuser Syndikat ist sehr spannend. All diese Projekte und Unternehmen, die von einer kleinen Gemeinschaft finanziert werden, werden dann immer an die große Gemein­schaft wieder zurückgegeben. Das ist jedenfalls unterstützenswert. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.46


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Magnus Brunner. Ich erteile dieses.


18.46.42

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herrn Bundesräte! Der Begriff Schwarmfinanzierung, auf Deutsch Crowdfunding, ist wirklich interessant (Heiterkeit bei BundesrätInnen der ÖVP) – wir sind vertrauter mit dem englischen Ausdruck, das ist sehr interessant. Kollegin Platzer hat inhaltlich bereits alles sehr gut dargestellt. Das Braufunding interessiert mich übrigens sehr, über dieses Beispiel können wir uns dann gerne noch unterhalten.

Inhaltlich habe ich nicht mehr viel zu ergänzen, außer zu Kollegen Appé. Sie – ich bleibe auch beim Sie, weil Sie mich vorhin so respektvoll angesprochen haben, nachher kön­nen wir hoffentlich wieder du sagen – haben das Thema Anlegerschutz angesprochen, Dr. Hübner auch. Ich glaube schon, dass das in dieser Verordnung sehr wohl umfassend berücksichtigt worden ist. Einerseits haben wir natürlich europarechtliche Vorgaben, die wir umgesetzt haben, die umzusetzen waren, die zu berücksichtigen waren, andererseits haben wir sehr hohe Standards in der nationalen Gesetzgebung, betreffend Konsumen­tenschutz beispielsweise. Ich glaube also sehr wohl, dass der Anlegerschutz umfassend berücksichtigt worden ist.

Vielleicht noch ein paar Sätze zum Produktivitätsrat: Herr Dr. Hübner, ich bin froh, dass es den Fiskalrat gibt – das ist eine unabhängige Einrichtung mit Prof. Badelt an der Spitze, die auch der Wächter über das Budget ist. Es ist wichtig, dass Experten von außen beobachten, uns begleiten und immer mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ich habe


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mich letzte Woche bereits mit Prof. Badelt und anderen Wirtschaftsforschern austau­schen können. Das ist ein unterstützendes Gremium, wenn es um die Überwachung der budgetären Dinge geht. Ich bin sehr froh, dass es den Fiskalrat gibt.

Es hat im Nationalrat über die Zusammensetzung des Produktivitätsrates ja eine inter­essante Diskussion gegeben. Dem einen ist es zu wenig Sozialpartnerschaft, dem anderen ist es zu viel Sozialpartnerschaft – mir ist wichtig, dass die Mitglieder ausgewiesene Experten sind. Das ist eigentlich das Entscheidende, darauf kommt es an, glaube ich, und das wird jetzt gesetzlich sichergestellt. Das ist ganz entscheidend. Natürlich wird auch auf das ausgewogene Geschlechterverhältnis geachtet – auch gesetzlich –; nicht, weil man es halt heute so macht, sondern weil es richtig und für ein derartiges Gremium ganz wichtig ist.

Ich glaube – das ist der nächste Punkt betreffend Produktivitätsrat –, es braucht zur optimalen Aufgabenerfüllung keine neue Institution, wie Dr. Hübner ausgeführt hat. Deswegen nutzen wir bereits vorhandene Strukturen: Präsidentin/Präsident – momen­tan Präsident – des Fiskalrates ist gleichzeitig Präsidentin/Präsident des Produktivitäts­rates. Auch die Büroorganisation wird, um administrative Synergien zu nutzen, vom Fiskalrat mitbetreut. Wichtige Synergien werden also auch in dem Bereich genutzt, damit da nicht etwas Ausuferndes auf den Boden gebracht wird.

Prinzipiell also: Danke für die Unterstützung an all diejenigen, die es unterstützen, schade in Bezug auf die Seite der Sozialdemokratie. – Danke schön und (erheitert) bis gleich. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei BundesrätInnen der SPÖ.)

18.50

18.50.23


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Es ist dies nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über die gegenständlichen Tagesordnungspunkte getrennt erfolgt. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schwarmfinanzierung-Vollzugsgesetz erlassen und das Kapitalmarktgesetz 2019 und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Fiskalrat- und Produktivitätsratgesetz 2021.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies wiederum die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

18.51.4715. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuer­ge­setz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Finanz­strafgesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das


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Alkoholsteuergesetz, das Tabaksteuergesetz 1995, das Mineralölsteuerge­setz 1995, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz, das Transparenzdatenbankgesetz 2012, das COVID-19-Zweckzuschussgesetz und das Pflegefondsgesetz geändert werden (2080/A und 1185 d.B. sowie 10803/BR d.B. und 10831/BR d.B.)

16. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz, das Garantiegesetz 1977, das ABBAG-Gesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden (2082/A und 1186 d.B. sowie 10804/BR d.B. und 10832/BR d.B.)


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Wir gelangen nun zu den Tagesord­nungspunkten 15 und 16, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter zu den Tagesordnungspunkten 15 und 16 ist Herr Bundesrat Ernest Schwindsackl. – Ich bitte um die Berichte.


18.52.29

Berichterstatter Ernest Schwindsackl: Frau Präsidentin! Werter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ein­kommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuerge­setz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Finanzstrafgesetz, das Biersteuerge­setz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Alkoholsteuergesetz, das Tabaksteuer­ge­setz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz, das Transparenzdatenbankgesetz 2012, das COVID-19-Zweckzuschussgesetz und das Pflegefondsgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Weiters bringe ich den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz, das Garan­tiegesetz 1977, das ABBAG-Gesetz und die Bundesabgabenordnung geändert werden.

Die gegenständlichen Änderungen konkretisieren beziehungsweise aktualisieren beste­hende Verweise. Weiters wird im ABBAG-Gesetz eine ausdrückliche Veröffentlichungs­pflicht der Richtlinien im Internet festgelegt.

Dieser Bericht liegt Ihnen auch in schriftlicher Form vor, daher komme ich zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Vielen Dank.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Günter Kovacs. Ich erteile ihm dieses.



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18.55.04

Bundesrat Günter Kovacs (SPÖ, Burgenland): Ich darf zu diesen zwei Tagesord­nungspunkten einige Worte verlieren. Wir haben das ja schon im Nationalrat und auch im Ausschuss abgelehnt. Natürlich geht es bei solchen Hilfen darum, wie sie finanziell ausgestattet und in der Abwicklung ausgestaltet sind und ob sie auch tatsächlich – und das merke ich hier an – praktikabel sind. Da liegen unsere Kritikpunkte – und das wissen Sie, Herr Finanzminister – etwa beim bürokratischen Aufwand, der die Unterneh­merin­nen und Unternehmer eher hemmt, als dass ihnen geholfen wird.

Der allergrößte Kritikpunkt ist für uns die Cofag, die völlig intransparent ist. Es ist mir auch nicht ganz klar, warum die ÖVP und die Grünen das damals verhindert haben, sodass eine parlamentarische Kontrolle eigentlich gar nicht möglich ist. Man kann diese Zahlungen nicht kontrollieren, außer halt über einen Beirat, aber der kann auch nicht damit ins Parlament gehen oder die Nationalräte damit befassen. Wir reden immerhin schon von 19 Milliarden Euro, Herr Finanzminister, also 19 Milliarden Euro sind nicht so leicht kontrollierbar. Das Zweite ist eben die fehlende Transparenz, für uns ist das eine Blackbox.

Zum anderen Gesetz: Dazu hat Herr Nationalrat Kopf – und das war sehr interessant – in der Sitzung damals gesagt, er wäre auch für die Verlängerung der Halbierung der Umsatzsteuer auf 5 Prozent, so wie in unserem Antrag – den hat Christoph Matznetter eingebracht – eigentlich vorgeschlagen, um den Unternehmen zu helfen und um die Unternehmer zu unterstützen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Brunner.) Er hat gesagt, er habe es nicht durchbekommen. Er habe es nicht mehr durchbekommen, und das ist schon unglaublich. Wenn man bedenkt: Die ÖVP ist eigentlich schon ein bissl stärker aufgestellt als die Grünen, aber die Grünen haben gesagt: Nein, das wollen wir so nicht!, und sie hat sich fügen müssen, wieder einmal fügen müssen. Den Kanzler haben sie eh schon verloren und jetzt haben sie auch die Halbierung auf 5 Prozent für die Unternehmer verloren.

Liebe Frau Zwazl, jetzt sage ich es nicht mit meinen persönlichen Worten, sondern zitiere einfach jemanden, den Sie gut kennen, nämlich den Spartenobmann, Herrn Pulker. Ich glaube, Sie kennen ihn gut, er ist Niederösterreicher: „Scharfe Kritik übte Pulker“ – das ist noch nicht einmal so lange her, wir reden von zehn Tagen – „auch an der staatlichen Corona-Hilfsagentur COFAG, die die allermeisten Unternehmenshilfen ausbezahlt. ‚Es gibt vermehrt Konkursanträge, weil die COFAG-Auszahlungen nicht rechtzeitig erfol­gen.‘“ Also nicht wir als SPÖ sagen das, Ihre eigenen Leute von der ÖVP sagen das, liebe Frau ehemalige Präsidentin. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)

Dann gibt es noch einen Satz von Kaffeesiederobmann Wolfgang Binder – den werden Sie vielleicht auch kennen –, der gebeten hat: „‚Wer Pleiten verhindern will, muss uns die Chance geben, im nächsten Jahr noch von den 5 Prozent Umsatzsteuer profitieren zu können‘, forderte Kaffeesieder-Obmann Wolfgang Binder.“ – Auch das hat die ÖVP nicht gemacht. Aber wie hat Karlheinz Kopf gesagt? – Er hat sich nicht durchsetzen können. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

18.58


Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Elisabeth Mattersberger. Ich erteile ihr dieses.


18.58.31

Bundesrätin Elisabeth Mattersberger (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Finanzminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuse­herInnen zu Hause via Livestream! Bei den Tagesordnungspunkten 15 und 16 geht es


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 158

hauptsächlich um coronabedingte Maßnahmen und es geht um Verlängerungen von Fristen, die aufgrund der anhaltenden Pandemie notwendig geworden sind – notwendig deshalb, weil es natürlich wichtig ist, dass Unternehmen in Zeiten wie diesen finanziell klug, praxisnah und rasch unterstützt werden. Mit der raschen Hilfe wird der Betriebs­standort Österreich gestärkt, und damit werden Arbeitsplätze gesichert.

Durch den drei- bis vierwöchigen Lockdown im November und Dezember müssen viele Unternehmen wieder um Wirtschaftshilfen ansuchen. Vom neuerlichen Lockdown waren die Gastronomie und die Hotellerie, die körpernahen Dienstleister, der Handel sowie Kunst und Kultur wieder ganz stark betroffen.

Bei der Abwicklung der Wirtschaftshilfen möchte ich ganz besonders die Leistung der Wirtschaftskammer hervorheben. Es wurden die Anträge für den Härtefallfonds gestellt, nach ein bis zwei Tagen kam die Rückmeldung über die positive Erledigung, nach weite­ren ein bis zwei Tagen war das Geld als Soforthilfe auf den Konten – Voraussetzung ist natürlich, dass alle Daten vollständig angegeben werden.

Beim Ausfallsbonus ist es etwas komplizierter, da dieser, falls man auch Kurzarbeit beantragt hat, mit dem Antrag auf Kurzarbeit zusammenhängt. Genauer gesagt muss man beim Antrag auf den Ausfallsbonus die Bestätigung der Kurzarbeit, vor allem auch betragsmäßig, vorlegen. Das heißt, es muss eine Genehmigung des AMS vorliegen. Da spießt es sich meiner Meinung nach schon ein bisschen. Wenn die Bearbeitung der Kurzarbeit etwas länger dauert, kann während dieser Zeit auch der Ausfallsbonus nicht beantragt werden und somit vorläufig keine Hilfe fließen. Da müsste meiner Meinung nach etwas nachjustiert werden, Herr Finanzminister.

Nochmals zurück zu den vorliegenden, krisenbedingt notwendigen Gesetzesände­run­gen: Um die Liquidität in den Betrieben weiterhin zu sichern, wurden die Abgaben­stun­dungen nochmals um sechs Monate, bis zum 30. Juni 2022, verlängert. Unter diese Verlängerung bis zum 30. Juni 2022 fällt auch die Möglichkeit, staatlich garantierte Kreditmaßnahmen und Gebührenbefreiungen weiterhin in Anspruch zu nehmen.

Ganz und gar erfreulich ist, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Kalenderjahr 2021 besondere Erschwernisse durch die Coronakrise hatten, von ihren Unternehmen mit einem steuerfreien Bonus in Höhe von bis zu 3 000 Euro belohnt werden können. Das bedeutet konkret, dass das Unternehmen zum Beispiel eine Prämie von 500 Euro ausgibt und beim Mitarbeiter oder bei der Mitarbeiterin auch die vollen 500 Euro ankommen. (Präsident Raggl übernimmt den Vorsitz.)

Leider fallen coronabedingt auch heuer wieder viele Betriebsweihnachtsfeiern aus. Das bedeutet einerseits eine weitere Einbuße für die Gastronomie, ist aber natürlich auch für den betrieblichen Zusammenhalt sehr schade. Ein Nachfeiern irgendwann im Frühjahr ist dann auch nicht dasselbe und nicht das Wahre. Als Ausgleich können den Mitar­beitern ersatzweise Gutscheine bis zu 365 Euro steuerfrei übergeben werden. Damit sollen die Mitarbeiter zumindest ein bisschen entschädigt und gleichzeitig die Wirtschaft gestärkt werden.

Des Weiteren werden in Zukunft Essensgutscheine auch für Homeoffice gelten. Das Essen muss von einem Gasthaus oder Lieferservice zubereitet und geliefert werden. Zudem wird durch die Einführung einer Arbeitsplatzpauschale den geänderten Lebens- und Arbeitsverhältnissen Rechnung getragen.

Das war jetzt ein Auszug aus den vorliegenden Gesetzesänderungen und Gesetzes­an­passungen, die, wie bereits ausgeführt, fast überwiegend zur Bekämpfung der wirt­schaftlichen Folgen der Pandemie dienen. Ich ersuche Sie namens meiner Fraktion um Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

19.03



BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 159

Präsident Dr. Peter Raggl: Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl ist als Nächste zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr dieses.


19.03.40

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Herr Präsident! Herr Minister! Liebe KollegInnen! Liebe ZuseherInnen! Ich halte mich an das Motto von Kollegin Zwazl, man soll über die guten Dinge reden, deswegen wiederhole ich jetzt nur drei Punkte, die besonders schön sind, und halte mich aber insgesamt sehr kurz.

Der Weihnachtsgutschein in Höhe von 365 Euro ist sehr gut. Er kommt den Mitar­bei­terInnen steuerfrei zugute, und er kommt im Endeffekt auch der Wirtschaft zugute. Das ist sehr schön. Die Coronaboni bis 3 000 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei kommen genauso wieder der Wirtschaft zugute. Das ist also ein schöner Kreislauf.

Ganz kurz noch zur Arbeitsplatzpauschale: Diese ist besonders begrüßenswert, weil sie schon sehr lange diskutiert wurde und es sich für Selbstständige, die zu Hause arbeiten und kein getrenntes Arbeitszimmer haben, immer um sehr schwer ermittelbare Kosten handelt. Das sind Menschen, die in kleineren Wohnungen leben und sich kein teures Atelier oder Büro leisten können. Mit dieser Pauschalierung ist ein niederschwelliger Zugang gesichert, da sie natürlich leichter zu beantragen ist und genutzt werden kann. Daher freut mich diese Regelung der Arbeitsplatzpauschale in Höhe von maximal 1 200 Euro besonders. – Vielen schönen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bundes­rätInnen der ÖVP.)

19.05


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank.

Zu einer abschließenden Stellungnahme hat sich unser Finanzminister Magnus Brunner zu Wort gemeldet. – Bitte.


19.05.15

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Vielleicht erlauben Sie mir, ein paar allgemeine Sätze zu den Coronamaßnahmen zu verlieren. Als Bundesregierung haben wir von Anfang an ein Ziel gehabt, ein Ziel, das über allen anderen steht, nämlich Menschen­leben zu retten. Das ist das Grundziel, das wir verfolgen müssen. In weiterer Folge ist aber auch entscheidend, wie viele Arbeitsplätze wir sichern können, wie viele Unter­nehmen wir vor der Insolvenz retten, um eben diese Arbeitsplätze sichern zu können. Das ist auch entscheidend.

Ja, es gab durchaus auch Kritik an so manchen Maßnahmen, und trotzdem, und davon bin ich wirklich überzeugt, können wir eine positive Zwischenbilanz ziehen und sagen, dass Österreich die Pandemie auch in wirtschaftlicher Hinsicht sehr, sehr gut gemeistert hat. Das hat uns die OECD ja gerade gestern auch bestätigt. Übrigens wurde auch die Cofag-Konstruktion positiv bewertet. Selbstverständlich kann auch die Opposition sich einbringen, indem sie an diesem Beirat teilnimmt. Das hat die Opposition leider nicht in Anspruch genommen, das tut mir wirklich leid, weil das eine Möglichkeit wäre, auch das Know-how der Oppositionsparteien im Cofag-Beirat zur Verfügung zu stellen. Das finde ich sehr, sehr schade.

Prinzipiell: Die Pandemie ist natürlich noch nicht vorbei. Das wissen wir alle, das ist klar. Als Bundesregierung werden wir alles Notwendige tun, um Arbeitsplätze zu halten, um den Standort entsprechend attraktiv zu halten, um die Unternehmen weiterhin gut durch die Krise zu bringen. Das ist unsere Hauptaufgabe.


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Ich habe das vorhin bei der Regierungserklärung schon gesagt: Wir haben insgesamt über 42 Milliarden Euro an Hilfsmaßnahmen entweder schon ausbezahlt oder zumindest rechtsverbindlich zugesagt. Diese Hilfen haben Existenzen gerettet, und es ist daher eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass wir unsere Betriebe auch in der so wichtigen Vorweihnachtszeit noch einmal unterstützen und Ausfälle aufgrund der notwendigen Schließungen kompensieren.

Wir haben daher Zuschussinstrumente, die sich in der Vergangenheit bewährt haben und mit denen die Unternehmen vertraut sind, verlängert. Wir haben sie, und das ist auch wichtig, an die Erfordernisse, an die Bedürfnisse angepasst, denn selbstverständ­lich evaluieren wir diese Maßnahmen auch ständig und drehen an Schrauben, um sie praxisbezogener zu machen. Niemand ist perfekt, und natürlich hat es am Anfang Schwierigkeiten gegeben. An diesen Schrauben drehen wir ständig, und wir versuchen immer, diese Hilfsinstrumente zu verbessern, beispielsweise jetzt eben auch beim Aus­fallsbonus, bei dem wir die Antragstellung auf den 10. Dezember vorgezogen haben, um zu ermöglichen, dass die Geldmittel noch vor Weihnachten fließen. Das war, Gott sei Dank, erfolgreich. 4 500 Unternehmen haben jetzt vor Weihnachten noch die Zusage erhalten, den Ausfallsbonus zu bekommen, und die Gelder – über 10 Millionen Euro – fließen auch schon. Das ist gerade in dieser Vorweihnachtszeit wichtig.

Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Die Anträge, die hier zur Debatte stehen, und deren Inhalte wurden bereits von Bundesrätin Mattersberger im Detail dargestellt. Ich möchte gar nicht mehr im Detail darauf eingehen. Viele Maßnahmen bauen auf jenen auf, die wir im Verlaufe der Pandemie erfolgreich implementiert haben. Wie gesagt lernen wir selbstverständlich jeden Tag aus den Erfahrungen dazu und versuchen, diese Instrumente ständig zu verbessern. Ich glaube schon, dass das im Großen und Ganzen sehr gut gelungen ist, wie uns das eben auch die Zahlen zeigen und es uns auch inter­national bestätigt wird. In diesem Sinne hoffe ich natürlich auf eine breite Zustimmung. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.09

19.09.32


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank, Herr Finanzminister.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit geschlos­sen.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die über die gegenständlichen Tagesordnungs­punkte getrennt erfolgen. Die Plätze sind eingenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und wei­tere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 161

19.10.4417. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie geneh­migt wird (1144 d.B. und 1195 d.B. sowie 10833/BR d.B.)

18. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz – BFinG geändert wird (1158 d.B. und 1196 d.B. sowie 10801/BR d.B. und 10834/BR d.B.)


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 17 und 18, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatterin zu Tagesordnungspunkt 17 ist Frau Bundesrätin Elisabeth Kittl. – Bitte.


19.11.24

Berichterstatterin MMag. Elisabeth Kittl, BA: Herr Präsident! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, daher komme ich gleich zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. Dezember 2021 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank.

Berichterstatter zu Tagesordnungspunkt 18 ist Herr Bundesrat Otto Auer. – Ich bitte auch um diesen Bericht.


19.12.10

Berichterstatter Otto Auer: Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Herr Minister, lieber Magnus! Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungs­gesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Michael Bernard. – Bitte. (Bundesrat Schennach: Halbe Stunde?)


19.12.58

Bundesrat Michael Bernard (FPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Liebe Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Der ÖBB-Rahmenplan, der bereits von Norbert Hofer vorbereitet wurde, ist sicherlich ein guter Plan, und Sie, Frau Minister, konnten auf ein solides Fundament aufbauen. Der ÖBB-Rahmenplan, Frau Minister –


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und in diesem Bereich gehen unsere Vorstellungen kilometerweit auseinander – deckt aber nur einen Teilbereich der benötigten Verkehrsinfrastruktur ab.

Frau Minister, Sie geben in den nächsten sechs Jahren für einen Teil der Bevölkerung im Bereich von Ballungszentren und entlang von Hauptstrecken 18,2 Milliarden Euro aus, und Sie wollen eine Ermächtigung zum Eingehen von Vorbelastungen für Verträge mit der ÖBB-Infrastruktur in der Höhe von 46,58 Milliarden Euro. Frau Minister, ich möchte Sie nur darauf hinweisen, dass das nicht Ihr Geld ist, sondern das ist das Steuergeld aller Österreicher! (Bundesrat Schreuder: Das weiß sie!) Wir fordern Sie daher auf, Ihre Verkehrspolitik zu ändern. Sie blenden ja in Ihrer Politik einen ganz, ganz großen Teil der Bevölkerung aus: Sie blenden den ländlichen Raum aus, in dem allerdings die Hälfte aller Österreicher zu Hause ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Anstatt die Bevölkerung des ländlichen Raums zu bestrafen, Frau Minister, wäre es vernünftig, zum Beispiel zu prüfen, wie viele von den in Niederösterreich von der ÖVP mutwillig geschlossenen 26 von 28 Nebenbahnen reaktiviert werden könnten, bevor alle Trassenbänder verkauft sind.

Als Praxisbeispiel, Frau Minister, um Ihnen zu zeigen, dass Sie als Verkehrsministerin nicht geeignet sind – schön ausgedrückt wegen der Weihnachtssitzung –, Folgendes: Ein Gemeindebürger aus Poysdorf in meinem Heimatbezirk Mistelbach (Heiterkeit bei der ÖVP) fährt zu seinem Arbeitsplatz in der Wiener Gebietskrankenkasse – jetzt die Österreichische Gesundheitskasse – am Wienerberg. Wenn er die öffentlichen Ver­kehrsmittel benutzt, sind es 2:15 Stunden in eine Richtung, sprich insgesamt ein Zeit­aufwand von 4:30 Stunden täglich; mit dem Auto fährt er gesamt 2 Stunden. Großartiger­weise belohnen Sie ihn mit einem Klimabonus von 200 Euro.

Natürlich kann er sich auch ein Klimaticket kaufen, aber dadurch kommt er auch nicht schneller hin und zurück. Natürlich, Frau Minister, belohnen Sie ihn mit dem auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschobenen zweigleisigen Ausbau der Laaer Ostbahn. Natür­lich, Frau Minister, belohnen Sie ihn – es versteht sich von selbst, wegen der Lenkungs­maßnahmen, wie es ein Experte Ihres Hauses in einer der letzten Ausschusssitzungen mitteilte – mit der Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer, mit der Erhö­hung der Mineralölsteuer, mit der Erhöhung der NoVA und, und, und.

Das aber, Frau Minister, ist noch nicht genug: Als sogenanntes Weihnachtsgeschenk – aber nicht nur für den einen Poysdorfer, Frau Minister, ich weiß, Sie sind ja nicht so geizig – beschenken Sie die ganze Ostregion mit der Nichtdurchführung wichtiger Straßenbauprojekte. Frau Minister, wie fühlen Sie sich dabei, wenn Sie Ihrem Hass gegen alle Autofahrer freien Lauf lassen? Frau Minister, Sie vernichten Millionen an Steuergeldern, die bis jetzt in die Planungen dieser Projekte geflossen sind!

Frau Minister, Sie stellen sich im Rahmen einer Pressekonferenz hin und beerdigen die S 8, die Marchfeld-Schnellstraße, stoppen die Klagenfurter Schnellstraße und die B 317. Sie streichen die S 34 im Traisental zusammen und beerdigen den Lückenschluss der S 1 mit dem Lobautunnel. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Minister, noch etwas: Wir sind vollkommen davon überzeugt, dass Sie mit diesen Maßnahmen, mit der Streichung dieser Verkehrsprojekte absolut entgegen der Rechts­ordnung handeln. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass es zwei Nationalratsbeschlüsse gibt, die Sie mit Füßen treten – einen vom 28.2.2002 und einen vom 6.7.2011 –, mit denen diese Projekte vom Nationalrat klar in Auftrag gegeben wurden.

Ich möchte Ihnen noch etwas sagen: Sie handeln auch der Rechtsprechung des Ver­waltungsgerichtshofs zuwider, denn der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 10.10.1990 klargestellt, dass es der Verwaltung untersagt ist, nach Belieben Projekte, die im Parlament beschlossen wurden, zu stoppen. Ich bin aber


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gespannt, wie sich die ÖVP-Bundesräte heute in Bezug auf unseren Antrag in diesem Zusammenhang verhalten.

Mit dem rund 19 Kilometer langen gegenständlichen Abschnitt wird eines der wichtigsten Straßenbauprojekte in Wien und Niederösterreich, nämlich der Straßenring, Regio­nenring, um Wien geschlossen und eine Verknüpfung mit der geplanten Stadtstraße in Richtung A 23 Südosttangente Wien und der geplanten S 8 Marchfeld-Schnellstraße ermöglicht. Die Trasse der S 1, Schwechat bis Süßenbrunn, beginnt an der A 4 Ost-Autobahn beim Knoten Schwechat und führt künftig als Tunnel unter der Donau, der Neuen Donau und dem Nationalpark Donau-Auen in Richtung Norden, wo sie im Knoten Süßenbrunn an das bestehende Straßennetz anbindet.

Durch den Lückenschluss der S 1 werden die Ortskerne von Essling, Aspern, Groß-Enzersdorf und Raasdorf entlastet und damit die Verkehrssicherheit erhöht. Weniger Verkehr bedeutet auch weniger Lärm- und Luftschadstoffemissionen in der Region. Das Projekt sollte in zwei Etappen realisiert werden. Mit dem Bau des rund 10 Kilometer langen Abschnitts von Groß-Enzersdorf bis zum Knoten Süßenbrunn sollte 2022 begon­nen werden. Im Anschluss daran ist die Errichtung des rund 9 Kilometer langen Ab­schnitts von Schwechat bis Groß-Enzersdorf mit dem Tunnel Donau-Lobau geplant.

Dieses Projekt wurde mit dem Beschluss des Nationalrates – ich will es noch einmal sagen – vom 28.2.2002 in das Bundesstraßengesetz 1971 aufgenommen. Mit dem Beschluss vom 6.7.2011 wurde die Beschreibung den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Am 1.12. verkündeten Sie, Frau Minister, das aus Ihrer Sicht endgültige Aus der Fertigstellung der S 1 Wiener Außenring-Schnellstraße. Jahrzehntelange Vorarbeit und an die 150 Millionen Euro wurden in einer kurzen Pressekonferenz Ihrerseits in den Sand gesetzt. Gestoppt wurde nicht nur der Lobautunnel, sondern auch die Schnell­straße von Raasdorf nach Süßenbrunn. Einzig die Stadtstraße und Spange Aspern, die auf den Raasdorfer Feldern praktisch im Nichts endet, dürfte errichtet werden. Das ist alles nur mehr eine einzige Pflanzerei. (Beifall bei der FPÖ.)

Aufgrund dessen stellen wir folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße – ,Lobau-Tunnel‘“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, die ‚S 1 Wiener Außenring Schnellstraße‘ wieder in das ASFINAG-Bauprogramm aufzunehmen, und dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen weiteren – von der Bundesregierung verur­sachten – Bauverzögerungen bei der ‚S 1 Wiener Außenring Schnellstraße‘ kommt.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

19.21


Präsident Dr. Peter Raggl: Ich begrüße die bereits mehrfach angesprochene Bundes­ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Frau Ministerin Leonore Gewessler, bei uns im Bundesrat. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)


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Der von den Bundesräten Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Ent­schließungsantrag betreffend „Umsetzung der S 1 Wiener Außenring Schnellstraße – ,Lobau-Tunnel‘“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Ing. Eduard Köck. Ich erteile ihm dieses.


19.22.04

Bundesrat Ing. Eduard Köck (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher! Nun, ich denke, uns liegt hier ein Gesetz vor, welches ein großartiges Programm finanziert, und das soll man dann doch nicht ganz so schlechtreden wie mein Vorredner. Es geht immerhin um 18,2 Milliarden Euro für den Ausbau der Bahninfrastruktur in den nächsten fünf, sechs Jahren.

Da muss man auch sehen: Wo stehen wir denn jetzt? – Wir haben in Europa eine äußerst gute Stellung beim Bahnausbau. Wir haben jetzt schon die dritthöchste Aus­baurate in ganz Europa, und zwar von 3 460 gefahrenen Bahnkilometern pro Kopf. Es liegen eigentlich nur mehr Tschechien und die Schweiz vor uns. Das, denke ich, ist für ein Land mit doch nicht so ebener Fläche eine sehr, sehr gute Rate beim Ausbau. Wenn man da noch einmal 18,2 Milliarden Euro draufsetzt, dann ist das etwas, das uns in der Zukunft sicherlich noch einmal einen Sprung weiter nach vorne bringen wird. Man bedenke: Es gibt doch Länder wie Frankreich mit dem TGV oder Deutschland mit dem ICE, von denen immer wieder Großartiges in den Medien gezeigt wird, die in diesen Statistiken aber doch um einiges hinter uns liegen.

Die Mobilität wird damit umweltfreundlicher. Das ist auch gut so. Die Strecken werden ausgebaut, die Bahnhöfe werden ausgebaut, Park-and-ride-Anlagen werden errichtet. Natürlich gibt es viel mehr Ausbauwünsche, auch in meiner Region, aber dafür bedürfte es dann wahrscheinlich nicht 18,2, sondern 36 oder 50 Milliarden Euro. Das ist halt auch ein begrenzender Faktor, und da muss man dann eben auch den einen oder anderen Abstrich machen.

Ich denke, wir sind in eine gute Richtung unterwegs. Es gibt auch andere Ansätze. Dass man etwa Städteverbindungen dort, wo es gute Bahnverbindungen gibt, ganz einfach nicht mehr mit Flugzeugen bedient, ist, glaube ich, ein Schritt in eine sehr gute Richtung. Es soll auch wieder die Nachtzugverbindung Richtung Paris geben. Das freut mich sehr, dann kann ich zum Europarat wieder mit dem Nachtzug fahren. Die Flugverbindungen dorthin sind ja auch nicht so besonders, muss ich ehrlich sagen.

Alles in allem ist das also ein sehr gutes Gesetz. Auch ich komme aus einer ländlichen Region, aus einer sehr ländlichen Region, und natürlich ist es für uns nicht so einfach. Der von mir aus nächsten Bahnanschluss ist 20 Kilometer entfernt, das ist dann nicht so das Ding, aber es gibt auch noch Busse, Kollege Bernard. Ich glaube, dieses ergän­zende Netz wird man auch in Zukunft brauchen, das muss man auch unterstützen. Man kann ja die Busse auf ökologische Antriebe umbauen, und das passiert ja auch schon musterprojektartig. Ich glaube, das ist die richtige Richtung, in die wir gehen müssen.

Wir, die Vereinigung unserer 15 Gemeinden in unserem Bezirk, haben eigene Projekte gemacht, um auch die letzten Kilometer zu erreichen. Wir haben ein Carsharing mit acht Autos auf die Beine gestellt; das läuft jetzt im fünften Jahr ganz gut. Der Herr Finanz­minister ist anlässlich eines Besuches bei uns schon mitgefahren. Finanziell bekommen wir gute Förderungen – sie könnten noch ein bisschen besser sein. Dann haben wir noch ein E-Bike-Verleihsystem mit 130 E-Bikes auf insgesamt 30 Verleihstellen, die im ersten Jahr bereits 2 500 Ausleihungen zu verzeichnen hatten. Ich denke, das können Systeme sein, mit denen wir am Land die letzten Kilometer erreichen können. Ich glaube, da müssen wir einiges investieren, dann können wir auch dort gute Netze aufbauen.


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Ich habe aber noch ein zweites Anliegen, das sind die Holztransporte. Ich komme aus einer Gemeinde, durch die eigentlich der gesamte Holztransport aus Tschechien, Polen, Estland durchgeführt wird, ehe er sich dann in Österreich verteilt. Wenn da jeden Tag zwischen 200 und 300 Holz-Lkws über den Hauptplatz donnern, dann ist das nicht sehr lustig. Ich würde mir wünschen, dass wir vielleicht doch mit den Unternehmern etwas intensiver ins Gespräch kommen, damit sie die Transporte wieder auf die Bahn verla­gern. Es ist für mich schwer einzusehen, dass Holz, das aus Polen kommt, Hunderte Kilometer mit dem Lastwagen transportiert wird. Ich denke, da sollte es auch gewisse Schwellen geben.

Dieses Ausbauprogramm ist gut, wird sehr viele Verbesserungen bringen, wird hoffent­lich zu einer guten, umweltgerechteren Mobilität führen, und deshalb unterstützen wir dieses Programm sehr gerne.

Beim zweiten Gesetz geht es um eine Veränderung in der Umschuldungsklausel, haupt­sächlich in Bezug auf den Europäischen Stabilitätsfonds, da sich herausgestellt hat, dass das zweistufige System für Kleinanleger nicht so günstig war. Das wird umgestellt, und ich glaube, das ist eine wichtige und gute Sache, und auch das unterstützen wir sehr gerne. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.27


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gelangt Bundesrat Günther Novak. Ich erteile ihm dieses.


19.27.28

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Bundesminister! Wir, die SPÖ, werden diesen zwei Gesetzen auch zustimmen, denn wir glauben, dass dieser Ausbau der öffentlichen Mobilität ein wichtiger Schritt in Richtung Klimaschutz ist. Die angepeilte Klimaneutralität bis 2040 verlangt von uns gewaltige Anstrengung und die Bereitschaft, wirklich umfassend und flächendeckend in klimafreundliche Mobilitätssysteme zu investieren.

Wie schon gesagt worden ist: Dieser Rahmenplan von 2022 bis 2037 mit 18,2 Milliarden Euro umfasst natürlich eine gewaltige Summe und ist ein ambitioniertes Investitions­pro­gramm für ein modernes und leistungsfähiges Bahnnetz, das unsere Republik in Sachen klimafreundliche und öffentliche Mobilität deutlich weiter voranbringen wird.

Es ist auch schon gesagt worden: Österreich ist ein Land der Bahnfahrer. Die kon­tinuierlich steigenden Zahlen der BahnkundInnen beweisen das. Österreich hat aber durchaus noch etliche Lücken; deswegen gibt es ja auch diese Summe, um diese Lücken zu schließen und das Angebot auszubauen. Speziell, was die Regional- und Nebenbahnen betrifft, ist noch sehr viel Aufholbedarf vorhanden. Vor allem die länd­lichen Regionen sind bei Weitem nicht in der entsprechenden Form erschlossen. Vielen Pendlern bleibt nichts anderes übrig, als sich leider Gottes weiterhin auf ihr Auto zu verlassen. Die ländlichen Regionen dürfen nicht zu Verlierern werden, daher ist in Zukunft jedenfalls sehr darauf Bedacht zu nehmen, dass nicht wieder nur die Zen­tralräume von diesem Investitionspaket profitieren.

Ich habe mir zufällig die Nationalratssitzung angeschaut. Ein Nationalratsabgeordneter hat darüber philosophiert, dass in Österreich jede halbe Stunde in jeder Region die Möglichkeit besteht, dass dort die Bahn hält. – Davon sind wir weit entfernt. Sie wissen das selbst, Sie waren ja gemeinsam mit mir in Heiligenblut und kennen die Station für den Intercity-Express in Mallnitz. Wir sind froh darüber, dass es diese dort gibt, aber derzeit hält er nur mit einem zweistündigen Intervall. Ich denke, wenn der Koralmtunnel kommt, wird das wahrscheinlich einstündig sein.


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Sie haben aber, glaube ich, auch in Ihren Zielsetzungen festgeschrieben, dass es in Zukunft neben der Mobilität, die wir besprochen haben, vor allem Barrierefreiheit am Bahnhof geben sollte. So wie ich das sehe, sind wir schon noch weit von der Barriere­freiheit in Bahnhöfen entfernt, weil Bahnhöfe, auf denen nicht 1 000 Personen am Tag aussteigen, das selbst richten müssen – wenn sie es selbst richten –, oder es wird im Vorfeld, wenn sich jemand anmeldet, benachrichtigt, damit man den vom Zug abholt. Ich denke da auch an jenen Teil der Bevölkerung, der das nicht erreichen und nützen kann. Dass es in den Bahnhöfen keine Lifte und Rolltreppen gibt, führt auch zu anderen Problemen, weil das mit schwerem Gepäck, Kinderwägen und Rollstuhl einfach nicht zu bewerkstelligen ist.

Eines kommt noch dazu, und da kann ich gleich das Beispiel von Mallnitz, vom Natio­nalpark hernehmen, der der Nationalparkbahnhof für das gesamte Mölltal ist: Wir sind jetzt gerade dabei, mit den Bundesbahnen, mit dem Land und den Gemeinden die Barrierefreiheit auszubauen. Natürlich ist es ein schwieriges Unterfangen für eine Ge­meinde, die von Haus aus schon eine Abgangsgemeinde ist, dort Geld zu investieren, denn da geht es nicht um ein paar Tausend Euro, sondern da geht es um Hundert­tausende Euro; aber wir sind trotzdem froh, dass wir das gemeinsam zu dritt schaffen werden.

Es ist in Zukunft – und das haben Sie auch festgestellt – auch die Zahl der Frachtton­na­gen zu erhöhen, Fracht ist vom Pkw auf die Schiene zu bekommen, und der Güterver­kehr als solcher ist zu verbessern. In dieser Hinsicht sollte zukunftsorientiert gehandelt werden.

Lärmschutz ist auch noch ein Thema, dazu komme ich noch kurz. Ich möchte vorher nur sagen, dass wir den von Herrn Bernard eingebrachten Entschließungsantrag unter­stüt­zen werden, weil es einfach um Themen geht, die für uns alle in Österreich interessant sind. Der Antrag betrifft die Umsetzung der S 1 Wiener Außenring-Schnellstraße, Lobau­tunnel. Ich möchte das jetzt gar nicht in allen Einzelheiten noch einmal erklären, wie es vorhin schon getan worden sind. Ich glaube, dass es anstatt der Ablehnung mit einem Federstrich und ohne jegliche Nennung von Alternativen besser gewesen wäre – aber die Hoffnung stirbt ja zuletzt –, dass man in Zukunft gemeinsam mit der zuständigen Stadträtin – ich glaube, zuständig ist die Frau Planungsstadträtin Sima in Wien – schaut, dass man etwas schafft, was diese wirklich blöde Situation in diesem Bereich Lobau entschärft – und die Schnellstraße betrifft ja auch Niederösterreich –, dass man Möglich­keiten findet, doch noch etwas zu tun. Ich denke, dass der Herr Landeshauptmann und Bürgermeister von Wien Ihnen da noch einmal ganz gewaltig zuwesteigen wird, wie man bei uns sagen würde. (Bundesrätin Grimling: Das glaube ich auch!)

Das Zweite, das hat Herr Bernard auch ganz kurz angesprochen, betrifft uns in Kärnten: Da haben Sie bei der Klagenfurter Schnellstraße S 37 im Grunde genommen einen Sicher­heitsausbau gestoppt und eine Strecke, die schon lange geplant und in Auftrag und Um­setzung durch die Asfinag war, zurückgenommen. Wenn man bedenkt, dass seit 2015 dort 17 Menschen zu Tode gekommen und 283 Unfälle passiert sind, ist es absolut not­wen­dig, dort etwas zu tun. Ich denke, dass Landesrat Schuschnig, der dafür zustän­dig ist, mit Ihnen Kontakt aufgenommen hat, um Möglichkeiten zu schaffen und tätig zu werden.

Das Letzte ist: Die Hochleistungsstrecke Wörtherseebahn und die zukünftige Koralm­bahn führen mitten durch die Stadt Klagenfurt und entlang eines Tourismusgebiets, des Wörthersees. Wenn dieser Koralmtunnel in Betrieb genommen wird, dann reden wir da von einer Zunahme des Güterverkehrs um 136 Prozent, und das betrifft dann rund 200 000 Kärntnerinnen und Kärntner.

Das ist ja die Westbahn, die bei uns durch Mallnitz und dann über das Gasteinertal nach Salzburg geht. Ich glaube, dass es auch notwendig ist, dort in Bezug auf den Lärmschutz


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noch Maßnahmen zu setzen. Wie gesagt, die Landesräte Gruber und Schuschnig sind ja mit Ihnen in Verbindung, es ist bitter, bitter notwendig, etwas zu tun.

Es ist in ländlichen Gemeinden, so wie unsere es ist, absolut nicht möglich, einen Lärm­schutz zu bekommen, wenn von der Bahn kein Ausbau stattfindet, weil man dazuzahlen muss, und dazu sind wir leider Gottes nicht in der Lage. Vielleicht ist es auch möglich, die Lärmgrenze von 54 Dezibel untertags und 44 in der Nacht zu senken. Da sagen aber die Bahnchefs, dass das nicht möglich ist, weil jede Minute kostet.

Grundsätzlich, möchte ich zum Abschluss sagen, sind die Maßnahmen im ÖBB-Rah­menplan mit dem Investitionsvolumen von 18,2 Millionen Euro sehr zu begrüßen. Es bleibt darauf zu achten, dass dies effizient, gerecht und nachhaltig eingesetzt wird. Ein zukunftsfähiger Standort braucht ein innovatives, effizientes und gut funktionierendes Mobilitäts- und Transportsystem. Allein das Klimaticket mit seinen 135 000 verkauften Stück zeigt das ja.

Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Menschen und der Transport von Waren eine Vor­aussetzung für unsere Wirtschaft, beides jedoch künftig nur mehr unter dem Aspekt der Klimaneutralität. – Danke. (Erheitert:) Jetzt habe ich zu lange geredet, meine Kollegen werden mich schimpfen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Grimling: Ja! Ja! – Bun­desrat Bader: Bei euch geht es zu!)

19.36


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist nun Bundesrätin Elisabeth Kittl. Ich erteile ihr dieses.


19.36.39

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Herr Präsident! Liebe Frau Ministerin! Herr Minister! Liebe KollegInnen! Mit diesem Gesetz soll die Klimaschutz­ministerin im Einvernehmen mit dem Finanzminister Vorbelastungen von 46,5 Milliarden Euro begründen können. Das sind Altinvestitionen aus alten Rahmenplänen und der neue ÖBB-Rahmenplan sowie Zahlungen bis 2076. Wir haben es schon gehört, 18,2 Milliarden Euro für den Rahmenplan 2022 bis 2027, das sind 700 Millionen Euro mehr als im letzten Rahmenplan, und noch nie wurde in Österreich so viel für den Bahn­ausbau budgetiert. Herr Kollege Köck hat es schon gesagt: Österreich ist damit im Spit­zenfeld, was die Investitionen pro Kopf in die Bahninfrastruktur betrifft. Im Sinne des Klimaschutzes kommt das allen, die in Österreich leben, zugute.

Wir werden jährlich etwa 3 Milliarden Euro in eine moderne, umweltfreundliche und leistungsfähige Bahninfrastruktur investieren können. Das Geld soll dafür verwendet werden, dass die Züge öfters fahren, dass die Verbindungen und Umstiegsmöglichkeiten leichter und klarer sind, damit man schneller von A nach B kommt, dass Park and Ride ausgebaut wird, dass man in warmen, bequemen und modern ausgestatteten Zügen sitzt, dass Bahnverbindungen ausgebaut werden, vor allem rund um die Städte, was den hohen und CO2-starken PendlerInnenverkehr verringern soll. Das stärkt auch die Regio­nen, es schafft vor allem auch Arbeitsplätze, und es sichert Arbeitsplätze! Auch das kommt allen, die in Österreich leben, zugute. Vor allem bringt es uns dem Ziel der Klima­neutralität näher, denn wenn die Bahn schneller und bequemer wird, motiviert sie auch zur Nutzung. Für Private ist es darüber hinaus ein großer Anreiz, dass Bahnfahren billiger wird als Autofahren. Daher Danke für dieses tolle Klimaticket, es rentiert sich schon für relativ wenige Kilometer, wenn man zum Beispiel nach Wien fährt und die Wiener Jahreskarte damit summiert, aber auch von Poysdorf aus ist es damit günstiger, als mit dem Auto zu fahren.

Wie Herr Kollege Köck gesagt hat, ist es natürlich extrem wichtig, auch den Güterver­kehr auf die Schiene zu bringen, und auch dafür wird Geld eingesetzt, nämlich um die


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Güterzentren zu modernisieren und effektiver zu machen, damit die Logistik besser funktioniert und schneller wird.

Es ist also eine große und enorm wichtige Aufgabe, den Personen- und den Güter­verkehr auf die Schiene zu bringen, damit wir eben keine weiteren riesigen Straßen­bauprojekte mehr brauchen, die es nämlich reizvoll machen, mit dem Auto oder mit dem Lkw zu fahren, weil man vermeintlich schneller und bequemer von A nach B kommt. Dieses vermeintliche Glück dauert aber nur ein paar Jahre. Je besser die Infrastruktur eben auch für die Autos ist, desto mehr wird sie genutzt. Eine große Straßeninfrastruktur zieht also mehr Autos an – das sagen viele WissenschaftlerInnen –, und nach ein paar Jahren haben wir noch mehr Staus, noch schlechtere Luft, noch mehr Dreck, noch mehr CO2-Emissionen, noch mehr Schneisen in der Landschaft und es sind noch mehr Quadratkilometer Boden versiegelt. (Zwischenruf des Bundesrates Spanring.) Es sind also die Bahn und die öffentliche Verkehrsinfrastruktur, die wir besser machen müssen – auch in der Donaustadt, ja –, damit sie bequemer, schneller, günstiger werden und die Bahn den PKW und den LKW schlägt (Zwischenrufe der Bundesrätinnen Grimling und Schumann) und vor allem, damit das klimaschützende Verhalten eine Freude und kein Verzicht ist. Daher bitte ich um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP. – Bundesrätin Grimling: 60 000 Wohnungen sind weg! Ja, super! – Bundesrätin Schumann: Danke dass wir keinen sozialen Wohnbau mehr haben! Danke schön!)

19.40


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu einer Stellungnahme hat sich Umweltministerin Leonore Gewessler zu Wort gemeldet. – Ich bitte darum.


19.40.48

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte BundesrätInnen! Lieber Herr Finanzminister! Ich freue mich, dass ich heute hier sein und tatsächlich einen großen Meilenstein präsentieren kann sowie um Ihre Unterstützung für diesen Meilenstein auf dem Weg zur Klimaneutralität Österreichs 2040 bitten darf.

Klimaneutralität Österreichs 2040 ist ein großes Projekt, ohne Zweifel ein Projekt, das Herausforderungen mit sich bringt, aber ohne Zweifel ein Projekt, das gerade im Verkehrsbereich viele Chancen bietet, Chancen auf mehr Lebensqualität, auf saubere Luft, auf eine gute, zukunftsfähige, klimafitte Infrastruktur. In diese Zukunft müssen wir investieren, und mit dem ÖBB-Rahmenplan und dem zugehörigen Gesetz machen wir genau das. Der ÖBB-Rahmenplan ist das größte Bahnausbaupaket, das unsere Repu­blik je gesehen hat, und das bringen Sie heute mit auf den Weg.

Wir haben vor, in den nächsten sechs Jahren 18,2 Milliarden Euro in die Infrastruktur, in die Bahninfrastruktur in Österreich zu investieren, damit die klimafreundliche Mobilität tatsächlich für uns alle zum besten Angebot wird. Natürlich haben wir da einiges zu tun, das ist auch in der Debatte schon angeklungen.

Es braucht ein gutes Angebot. Das heißt, die Züge müssen dann fahren, wenn die Menschen in unserem Land sie brauchen, und auch regelmäßig fahren, sodass man sich darauf verlassen kann.

Es braucht ein günstiges Ticket. Das Klimaticket ist ein solcher Baustein, und ich freue mich wirklich darüber, wie viele Menschen in unserem Land das Klimaticket schon in Anspruch nehmen und damit klimafreundlich in ganz Österreich unterwegs sind.

Es braucht natürlich auch eine moderne, leistungsfähige, zukunftsfitte Infrastruktur als Baustein. Da setzen wir mit diesem Rahmenplan auf das Programm vom letzten Jahr


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noch einmal eins drauf, noch einmal 700 Millionen Euro mehr an Investitionen in die Infrastruktur. Das ist die Basis für die zukunftsfähige Entwicklung.

Ich stehe nicht an, es zu sagen – und ich sage das im Nationalrat auch regelmäßig –: Ich arbeite auf einer guten Basis. Ich habe im Nationalrat einige meiner Vorgänger und Vorgängerinnen auf den Abgeordnetenbänken sitzen, Herrn Abgeordneten Stöger, Herrn geschäftsführenden Klubobmann Leichtfried und, ja, auch Herrn Dritten Nationalrats­prä­sidenten Hofer.

Vielleicht macht ja ein Vergleich sicher. Der Bund ist für die Basisinfrastruktur der Bahn zuständig und braucht für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur in der Fläche die Ko­operation mit den Bundesländern. Zu diesem Zweck schließen wir Bundesländerpakete ab.

Sie wissen – Herr Bundesrat Bernard hat mich jetzt mit seiner Rede zu einer historischen Recherche inspiriert –, dass mit Niederösterreich so ein Paket abgeschlossen wurde. Das hat genau zu diesen Entwicklungen geführt, die Sie jetzt zu Recht bedauern, dass wir in der Regionalinfrastruktur anders aufgestellt sind als noch vor zehn Jahren. Das hat 2010 begonnen und wurde 2019 abgeschlossen.

Ich habe mit der Steiermark auch so ein Bundesländerpaket abgeschlossen. Was haben wir in der Steiermark gemacht? – Wir haben in der Steiermark sichergestellt, dass wir alle Regionalbahnen erhalten, dass wir in diese Regionalbahnen investieren, dass wir gemeinsam zukunftsfähige Konzepte für diese Regionalbahnen entwickeln, weil wir sie als Rückgrat der Versorgung auch im ländlichen Raum brauchen. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

Ich möchte ein bisschen detaillierter darauf eingehen: Warum sind das die Schwerpunkte des Rahmenplans? – 18,2 Milliarden Euro in den nächsten sechs Jahren, das ist die Basis, damit wir noch besser werden. Wir haben vier Schwerpunkte in diesem Rahmen­plan.

Das eine ist der Ausbau des Nahverkehrs in den Ballungsräumen. Die Bahn ist dort das Rückgrat der klimafreundlichen Mobilität. Für unzählige Menschen ist sie der Garant dafür, dass sie pünktlich und bequem in die Arbeit kommen, und das natürlich ganz besonders rund um die Ballungszentren. Deswegen liegt auch genau da ein Schwer­punkt im Rahmenplan. Vom Rheintal in Vorarlberg bis hin zur S-Bahn-Stammstrecke in und um Wien bauen wir aus, verbessern wir die Infrastruktur und stellen so sicher, dass in Zukunft die Züge schnell und mit der nötigen Kapazität unterwegs sein können.

Der zweite Punkt ist: Wir wollen Güterverkehr auf die Bahn verlagern. Das ist auch von zwei Kollegen in ihren Reden angesprochen worden. Nicht nur im Personenverkehr, sondern ganz besonders im Güterverkehr spielt das eine ganz wesentliche Rolle für das klimafreundliche Verkehrssystem der Zukunft. Deswegen finden sich in diesem Rah­menplan auch erstmals Maßnahmen für die konkreten Bautätigkeiten beim Nord­zulauf des Brennerbasistunnels, und zwar geht es da um die Strecke zwischen Schaftenau und dem Knoten Radfeld. Da wird eine viergleisige Hochleistungsstrecke entstehen. Damit schaffen wir die Basis für mehr Güterverkehr auf dieser enorm wichtigen Nord-Süd-Achse in Europa.

Der dritte Schwerpunkt ist die Elektrifizierung. Die Bahn fährt elektrisch, und zwar in ganz Österreich. Wir stellen von dieselbetriebenen Loks auf eine Bahn um, die zur Gänze mit erneuerbarem Strom unterwegs ist. Schon heute sind 90 Prozent der Zugleistung im Netz der ÖBB elektrisch unterwegs. Jetzt geht es um die letzten 10 Prozent. Die wollen wir bis 2035 schaffen. Deswegen legt dieser Rahmenplan auch einen deutlichen Schwer­punkt auf die Elektrifizierung. Bis 2030 werden wir 500 Kilometer elektrifizieren. Das reicht von der Mattigtalbahn in Oberösterreich über die Traisentalbahn in Niederösterreich


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bis zur steirischen Ostbahn. Die war ein Teil der Einigung, die wir mit dem Land Steier­mark erreicht haben.

Der vierte Schwerpunkt im Rahmenplan ist, dass die Bahn effizienter und digitaler wird. Auch das ist wichtig. Elektrifizierung ist das eine, Digitalisierung ist das andere. Damit sorgen wir nicht nur für mehr Effizienz, sondern machen das Zugfahren auch bequemer. Dazu gehören moderne Infosysteme auf den Bahnhöfen, dazu gehört auch – ich nehme an, das wird die regelmäßigen Zugfahrer und -fahrerinnen unter Ihnen besonders freuen – ein guter Handyempfang im Zug. Es betrifft aber auch die operative Ebene: Elektronische Stellwerke helfen dabei, die Leistung des Systems Bahn zu erhöhen, und das neue Zugsicherungssystem ETCS sorgt dafür, dass die Züge schnell und sicher ans Ziel kommen.

Wir haben neben diesen großen Schwerpunkten auch einige neue Projekte in den Rah­menplan 2022 bis 2027 aufgenommen. Neben dem Güterverkehrsteil, also dem Bren­nernordzulauf, den ich vorhin erwähnt habe, bauen wir wichtige Knotenbahnhöfe aus, etwa Innsbruck und Villach, um nur zwei davon zu nennen. Wir beginnen mit den Planungen des zweigleisigen Ausbaus zwischen Herzogenburg und Sankt Pölten in Niederösterreich – das war auch ein langjähriger Wunsch der Region – und zwischen Kirchdorf an der Krems und Micheldorf in Oberösterreich. Wir planen die Geschwin­digkeitsanhebung auf 120 km/h im Arlbergtunnel – auch etwas, das oft an uns heran­getragen wird.

Sie werden also sehen, diesen Rahmenplan sieht man nicht nur auf dem Papier, den sieht man nicht nur an beeindruckenden Investitionssummen, sondern den sieht man vor allem an modernen, neuen Bahnstrecken im ganzen Land. Einige davon sind in den letzten Jahren auch schon fertig geworden. Der neue Karawankenbahntunnel hat die Kärntnerinnen und Kärntner sehr gefreut. Den haben wir in diesem Sommer eröffnet. Die Strecke rund um Steindorf in Oberösterreich und Salzburg ist mit dem Fahrplan­wechsel im Dezember fertig geworden, und das gilt auch für den zweigleisigen Ausbau zwischen Hard und Lauterach in Vorarlberg.

Das sind viele Projekte für mehr Klimaschutz in unserem Land, denn, ja, Klimaschutz braucht gerade im Verkehrsbereich mutige Entscheidungen, eine klare Strategie zur Verlagerung auf die Bahn, und er braucht die notwendigen Investitionen, um das auch Realität werden zu lassen. Das sind die 18,2 Milliarden Euro im ÖBB-Rahmenplan, dem größten Bahnausbauprogramm der Republik mit wichtigen Schwerpunkten für die nächsten sechs Jahre. Das sind gute Neuigkeiten für Österreich, für die Menschen in Österreich, für das Klima, und deswegen: herzlichen Dank für Ihre Unterstützung. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

19.49


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank für die Stellungnahme.

Ich darf in der Zwischenzeit zum zweiten Mal am heutigen Tage unseren Bildungs­minister Martin Polaschek im Bundesrat begrüßen. (Beifall bei BundesrätInnen von ÖVP und Grünen.)

Auch der Herr Finanzminister hat sich noch einmal zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet. – Bitte.


19.49.47

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren Bundesräte! Liebe Frau Bundesministerin! Herr Bundes­minis­ter! Vielleicht darf ich nur aus Sicht des Finanzministers noch ein paar Sätze zum ÖBB-Rahmenplan und zum Vorbelastungsgesetz ergänzen. Es wurde bereits erwähnt: Das ist natürlich Rekord, ein Rekordniveau, was da – auch in die Schieneninfrastruktur


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hinein – investiert wird. Wir sind da wirklich mittlerweile im europäischen Spitzenfeld gelandet. Die Investitionen sind natürlich wichtig für den Klimaschutz, ja, aber sie sind auch extrem wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung. Es ist auch ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor, was da investiert wird. Gerade angesichts der negativen Aus­wirkungen der Covid-Pandemie auf die Wirtschaft bringen solche Investitionen in die Bahn auch ein Mehr an Stabilität für den Wirtschaftsstandort Österreich. Das ist, glaube ich, ganz wichtig.

Wenn ich nur ein Rechenbeispiel – ich habe das auch schon im Nationalrat gemacht – zum Besten geben darf: 1 Milliarde Euro an Investitionen in die Schiene schaffen beziehungsweise erhalten auch 15 000 Arbeitsplätze – und viele davon auch in regio­nalen Betrieben, in den Regionen Österreichs. Was auch wesentlich ist: Dieser positive wirtschaftliche Effekt besteht nicht nur kurzfristig – also kurzfristig in der Bauphase –, sondern auch langfristig, weil die Investitionen Regionen, die bisher schlecht erreichbar waren, einfach besser erreichbar machen, auch besser an das Verkehrsnetz anbin­den. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.51

19.51.26


Präsident Dr. Peter Raggl: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit geschlos­sen.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die über die gegenständlichen Tagesordnungs­punkte getrennt erfolgen. – Bitte nehmen Sie die Plätze ein!

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie genehmigt wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

Es liegt ein Antrag der Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen auf Fas­sung einer Entschließung betreffend „Umsetzung der S 1 Wiener Außenring Schnell­straße – ‚Lobau –Tunnel‘“ vor. Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstim­men.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Handzeichen. (Ruf bei der FPÖ: Oh, liebe ÖVP Niederösterreich!) – Dies ist die Stimmenminderheit, der Antrag auf Fassung der gegenständlichen Entschließung ist somit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzierungsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

19.53.17 19. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird (1161 d.B. und 1192 d.B. sowie 10835/BR d.B.)


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 172

20. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Unfall­untersuchungsgesetz geändert werden (1168 d.B. und 1194 d.B. sowie 10805/BR d.B. und 10836/BR d.B.)


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 19 und 20, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Berichterstatter zu den Punkten 19 und 20 ist Herr Bundesrat Martin Preineder. – Ich bitte um die Berichte.


19.53.47

Berichterstatter Martin Preineder: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich bringe weiters den Bericht des Ausschusses für Verkehr über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisen­bahngesetz 1957, das Bundesbahngesetz und das Unfalluntersuchungsgesetz geän­dert werden.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

19.54.33


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Mir liegen keine Wortmeldungen dazu vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist damit geschlos­sen.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die über die gegenständlichen Tagesordnungs­punkte getrennt erfolgen. – Bitte nehmen Sie wiederum die Plätze ein!

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schifffahrtsgesetz geändert wird.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 und weitere Gesetze geändert werden.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.


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19.55.42 21. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Schulzeitgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Hochschulgesetz 2005 und das 2. COVID-19-Hochschulgesetz geändert werden (1171 d.B. und 1245 d.B. sowie 10811/BR d.B.)


Präsident Dr. Peter Raggl: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin zu diesem Tagesordnungspunkt ist Frau Bundesrätin Christine Schwarz-Fuchs. Ich bitte um den Bericht.

Kann bitte jemand schauen, wo die Vizepräsidentin für die Berichterstattung ist? (Bun­desrat Steiner – in Richtung der in den Saal eilenden Bundesrätin Schwarz-Fuchs –: Aber jetzt zack, zack! Aber flott! Aber jetzt zack, zack! Alles wartet!)


19.57.26

Berichterstatterin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Entschuldigung! – Ich bringe den Bericht des Unterrichtsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 15. De­zember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbe­reitungslehrgänge, das Schulzeitgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatz­ge­setz, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulpflichtge­setz 1985, das Hochschulgesetz 2005 und das 2. COVID-19-Hochschulgesetz geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher gleich zur Antrag­stellung.

Der Unterrichtsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.


Präsident Dr. Peter Raggl: Vielen Dank für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Doris Hahn. Ich erteile ihr dieses.


19.58.43

Bundesrätin Doris Hahn, MEd MA (SPÖ, Niederösterreich): Geschätzter Herr Prä­si­dent! Werter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe KollegInnen! Es freut mich, dass ich heute auch noch ein zweites Mal die Gelegenheit bekomme, über Bildungs­angelegenheiten zu diskutieren.

Wenig überraschend, weil auch schon im Nationalrat der Fall, können wir dem vorge­legten Gesetzeskonvolut – so muss man ja dazu sagen – nicht unsere Zustimmung geben. Ich möchte ganz kurz darlegen, wieso das so ist. Ich möchte mich aber aufgrund der fortgeschrittenen Dauer unserer Sitzung heute auf jene Punkte beschränken, an denen wir wirklich berechtigte Kritik üben und äußern müssen.

Zunächst einmal zur Überführung der Sommerschule in das Regelschulwesen: Da geht es in Summe um einen zweiwöchigen Förderkurs, also um insgesamt 40 Stunden – man muss sagen: lediglich 40 Stunden –, in denen die Lücken der vergangenen Pandemie­monate, womöglich von einem ganzen Schuljahr oder noch mehr, nachgeholt werden sollen, und das noch dazu heterogen, also in ganz unterschiedlich zusammengesetzten Gruppen, in denen sich jede Schülerin, jeder Schüler einem Projekt widmen soll, das dann am Ende auch präsentiert wird.


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Das klingt im ersten Moment recht fein – das muss man sagen –, aber wenn man genauer hinschaut, steht auf einem gänzlich anderen Blatt, wie das pädagogisch und didaktisch sinnvoll von den eingesetzten Lehrkräften umgesetzt werden soll. Da gibt es nun Gruppen von sechs bis 15 ganz unterschiedlichen Kindern oder Jugendlichen mit ganz unterschiedlichem Nachhol- und Förderbedarf – weil es darunter, also unter sechs Schülern, ja, wie es im Gesetzentwurf heißt, wirtschaftlich und pädagogisch nicht sinnvoll ist. Dass Kleingruppen pädagogisch nicht sinnvoll sind, wäre mir nun neu – vielleicht können Sie mir das noch genauer erklären.

Womöglich kommen die Kinder dann auch noch aus ganz unterschiedlichen Schulen, kennen einander nicht und kennen auch die Lehrkraft nicht. Bei dem einen soll es um das Sprachbewusstsein gehen, um das Lesen, um das Verfassen eines Textes womög­lich, beim Nächsten stehen im Gegensatz dazu mathematische Grundkompetenzen am Plan, zum Beispiel das Arbeiten mit geometrischen Arbeitsmitteln und vieles andere mehr.

Ganz ehrlich, meine Meinung als Pädagogin, die in der Klasse steht, aus der Praxis: Jeder, der glaubt, dass es reicht, einem Schüler, einer Schülerin in 1 Minute zu erklären, was er oder sie machen soll, und er oder sie arbeitet dann die ganze Woche hoch kon­zentriert und selbstständig daran, der hat, glaube ich, von Schule, von Unterricht und von der Praxis mit Verlaub keine Ahnung. Das mag in der Oberstufe funktionieren, in der AHS, in einer BHS, vielleicht auch in einem Hörsaal. Gerade aber Kinder aus der Primar­stufe oder auch der Sekundarstufe I, also Sechs- bis 14-Jährige, brauchen unter Umständen ein bisschen mehr Unterstützung – manche mehr, manche weniger, gar keine Frage. Ich glaube, das Thema wird so realistisch behandelt, wie das in den ver­gangenen Wochen mit den Lernpaketen der Fall war.

Das kennen wir aber auch schon aus anderen Episoden der Pandemie. Der Lehrer, die Lehrerin arbeitet ja eh schon quasi seit 21 Monaten als – ich möchte es jetzt wirklich flapsig formulieren – eierlegendes Wollmilchschwein. Er oder sie macht alles gleich­zeitig: Präsenzunterricht, Distancelearning und ein bisschen Betreuung zwischendurch. Das ist alles kein Problem, die zwei Wochen Sommerschule machen wir dann auch noch ganz nebenbei, das geht ganz locker von der Hand.

Herr Minister, ich muss nun schon sagen, ich habe den Eindruck, da wird einmal mehr die pädagogische Arbeit der Lehrkräfte in unserem Land, besonders im Bereich der Pflichtschulen, besonders im Bereich der Grundstufe I und Grundstufe II, nicht nur unter­schätzt, sondern, ich möchte sogar sagen, gering geschätzt. Aus meiner eigenen Erfah­rung fordere ich Sie auf: Versuchen Sie einmal, einer Gruppe mit 25 13- oder 14-Jäh­rigen etwas über den pythagoreischen Lehrsatz zu erzählen, dann werden Sie verste­hen, dass das oft nicht so einfach ist, wie man sich das in der Lehrpraxis vielleicht blumig vorstellt!

Dass das dann auch für Lehramtsstudierende, die ja, wie ich vernommen habe, in erster Linie eingesetzt werden sollen, unter Umständen nicht ganz so einfach sein kann, liegt auch auf der Hand, vor allen Dingen, wenn man nicht vergisst, dass in den letzten beiden Studienjahren vielfach auch die Schulpraxis ausgefallen ist oder sie nur in anderer Art und Weise hat absolviert werden können. Sie werden also in völliges Neuland geschickt, in so extrem heterogene Gruppen. Das stelle ich mir sehr, sehr schwierig vor. Überspitzt formuliert möchte ich unterstellen, dass es sich dabei eher um günstige Arbeitskräfte handeln könnte, aber das sei nun einmal dahingestellt.

Wie das mit den Schülertransporten funktionieren soll, ist mir ebenfalls ein Rätsel. Ich nehme nicht an, dass für einen oder zwei Schüler aus einer Gemeinde ein eigener Schülerbus eingerichtet werden kann, damit diesen eben dann in einer anderen Ge­meinde der Besuch der Sommerschule ermöglicht werden kann. Wir haben gehört, es


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soll ja auch wirtschaftlich sein. Ich glaube, wegen einem Schüler wird das für einzelne Gemeinden wahrscheinlich nicht umsetzbar sein.

Ich habe es heute schon einmal gesagt und ich wiederhole es gerne noch einmal: Ich halte die Sommerschule mit dem Konzept, wie es gegenwärtig vorgelegt wird, im We­sentlichen nur für ein Pflaster, mit dem quasi versucht wird, einen offenen Bruch zu behandeln. Es ist besser als nichts, das ist gar keine Frage, aber aus meiner Sicht ist das viel, viel zu wenig. Es wäre aus meiner Sicht wesentlich sinnvoller und vor allem nachhaltiger, die Ressourcen, die da verwendet werden, dann auch für einen modernen, zeitgemäßen, pädagogisch auch wirklich flexiblen und schulautonomen Unterricht das ganze Schuljahr über zu verwenden. Das muss in Wahrheit das Ziel sein.

Dasselbe muss ich betreffend die Möglichkeit eines Quereinstiegs in die Elementar­pädagogik feststellen. Wir haben es heute schon von Kollegin Gruber-Pruner gehört: Ja, wir brauchen dringend qualitativ bestens ausgebildetes Personal in den elementarpäda­gogischen Einrichtungen, gar keine Frage. Insofern ist das ein Puzzlestein für eine gute, moderne, finanziell wie personell sichergestellte Elementarbildung. Was damit aber kei­neswegs gelöst wird, ist die Frage einer ordentlichen Bezahlung für dieses wichtige Berufsbild. Was ich zum Beispiel oft von ElementarpädagogInnen höre, ist, dass viele Menschen glauben: Das bisschen Spielen als Kindergartentante wird ja wohl keine Hexerei sein, das kann ja eh jeder. Das ist aber ein großer, großer Irrtum. Da wird in Wahrheit die Grundlage für den weiteren Bildungsweg eines Kindes gelegt, und das ist mit sehr viel persönlichem Engagement und Aufwand verbunden. An dieser Stelle mei­nen herzlichen Dank allen Elementarpädagoginnen und -pädagogen für ihre großartige Arbeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht darum, richtige und gute Rahmenbedingungen, kleine Gruppengrößen und so weiter zu schaffen. Dafür muss gesorgt werden. Ich glaube, nordische Länder machen es uns vor. In Finnland beispielsweise haben die PädagogInnen, gerade in der Elemen­tar­bildung, einen weit höheren gesellschaftlichen Stellenwert, als das bei uns der Fall ist. Ich glaube, da gibt es ebenso noch Handlungsbedarf.

Ein kleiner Nachsatz zur digitalen Grundbildung, die da ja auch drinnen ist: Ja, natürlich sehen auch wir die Notwendigkeit gegeben, es ist gar keine Frage, dass wir Kinder und Jugendliche auf eine digitale Welt entsprechend vorbereiten müssen. Das Unterschei­den von Fakenews, die digitalen Social Skills, wenn man so möchte, der Umgang mit Cybermobbing: All das muss entsprechend vermittelt und natürlich auch entwickelt werden können.

Nun kommt aber mein kleiner Kritikpunkt: Vom Experten im Ausschuss haben wir be­stätigt bekommen, dass diese Umstellung von der unverbindlichen Übung auf einen Pflichtgegenstand auch Auswirkungen auf die Stundentafel hat. Da möchte ich Sie, Herr Minister, auf eine Besonderheit, wenn man so möchte, hinweisen, die gesetzlich, glaube ich, nicht bedacht wurde. Und zwar geht es in dem konkreten Fall um verschränkte Ganztagesschulen, die zum Beispiel bis dato keinen im Stundenplan verankerten IKT-Unterricht hatten, sondern ihn integrativ umgesetzt haben. Dadurch würde dann eine Stunde mehr für die digitale Grundbildung im Fächerkanon anfallen, und somit müsste sich aber gleichzeitig die Freizeit für die Kinder, die ihnen eigentlich zustehen würde, um eine Stunde verringern. Ich glaube, da muss man sich noch eine Lösung überlegen, dass man diesem Widerspruch entgegenwirken kann und dass den Schülern aus den ver­schränkten GTS dadurch kein Nachteil entsteht.

Abschließend darf ich noch die Industriellenvereinigung zitieren, die Mitte Dezember in einer Presseaussendung geschrieben hat, die Pandemie habe Bildungsungleichheiten ver­größert, das Leistungsniveau beeinflusst und alle Betroffenen oft an ihre Leistungsgrenze


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gebracht. Herr Minister, in diesem Sinne: Ich glaube, ein Pflaster wird nicht reichen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.08


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Bernhard Hirczy. Ich erteile dieses.


20.08.20

Bundesrat Bernhard Hirczy (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich darf auf diese Regierungs­vor­lage eingehen, auf die Gesetze SchUG und SchOG im Bereich Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, aber auch auf das Pflichtschulerhaltungsgrundsatzgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Hochschulgesetz und das 2. COVID-19-Gesetz. Da werden wichtige Neuerungen wie die Sommerschule, die digitale Grundbildung, Digitalisierung, Elementarpädagogik oder auch die Stärkung der Kuratorien dementsprechend behandelt.

Die Sommerschule ist ein gutes Projekt. Es geht um eine Sommerschule, die auf die Bedürfnisse der Menschen eingeht – die Bedürfnisse der Kinder, der Pädagoginnen und Pädagogen und auch der Eltern. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Konkret geht es dabei um die Förderung von Deutsch und Mathematik in der Volksschule und Sekundar­stufe I. Ich finde es persönlich eine sehr gute Möglichkeit, den Einstieg in das Schuljahr zu erleichtern, denn wir wissen ja: Wiederholen und Festigen sind die zentralen Ele­mente in unserem Bildungssystem. Damit der Unterschied beim Schulstart nicht allzu groß ist oder nicht noch größer wird, ist dies als eine Chance zu sehen, um Defizite auszugleichen. An dieser Stelle möchte ich auch festhalten, dass wir dadurch einen opti­malen Schritt setzen, um den Kindern mehr Förderunterricht anbieten zu können. Die Sommerschule soll aber nicht nur für lernschwache Schüler da sein, sie soll auch ein Anreiz für Schülerinnen und Schüler sein, die leistungswillig und leistungsfähig sind und von diesem Unterricht profitieren können.

Für den Bereich der mittleren und höheren Schulen darf ich festhalten, dass es hier um eine entsprechende Vorbereitung auf die 9. Schulstufe und gleichzeitig auch auf einen möglichen Schulwechsel geht. Auch dabei gilt es, Kindern und Jugendlichen bessere Chancen im Hinblick auf eine neue Schule zu ermöglichen.

Ebenfalls erwähnen möchte ich natürlich auch die Stärkung der Stellung der Kuratorien an höheren technischen und gewerblichen Lehranstalten, vor allem für Land- und Forst­wirtschaft. Da geht es um mehr Mitbestimmung im Bereich der selbst aufgebrachten Mittel und deren Zweckwidmung.

Im Bereich der Elementarpädagogik geht es um die Überführung – wir haben schon einiges dazu gehört – eines sehr wichtigen Schulversuchs in das Regelschulwesen. Die­ser Aufbaulehrgang soll künftig für Absolventinnen und Absolventen der Fachschule für pädagogische Assistenzberufe möglich sein, um sich zur Elementarpädagogin oder zum Elementarpädagogen weiter qualifizieren zu können. Es wird dadurch die Möglichkeit geschaffen, dass mehr qualifiziertes Personal für elementarpädagogische Einrichtungen ausgebildet wird.

Ein Punkt, der mir persönlich auch sehr wichtig ist, ist der Bereich Digitalisierung. Die Digitalisierung in Österreich schreitet voran. Wir werden täglich auf allen Ebenen davon begleitet, egal ob es Smartphones, Laptops, Tablets sind. Die digitale Welt ist ein zen­traler Teil unseres Alltags geworden. Damit ist auch die digitale Schule keine Zukunfts­musik mehr, sondern wird Schritt für Schritt zur Realität. Sie ist die zukunftsweisende Kombination aus digitaler Infrastruktur und inspirierender Pädagogik.


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Vorrangiges Ziel ist daher die Verbesserung der bestehenden Rahmenbedingungen. Unser Ziel ist es, die Gesellschaft – und somit müssen wir bei unseren Kindern und Jugendlichen beginnen – fit für den digitalen Wandel, für eine digitale Zukunft zu machen. Es geht um digitale Innovationen und es geht um Chancen. Konkret geht es um die Weiterentwicklung der digitalen Grundbildung. Diese wird nun als Pflichtgegen­stand vorgesehen, was sich in der Änderung der Stundentafel entsprechend nieder­schlagen wird: als Pflichtgegenstand mit vier Wochenstunden binnen vier Jahren, und das nach einer dementsprechenden Lehrplanänderung. Ich sehe es als einen wesent­lichen Schritt und als eine Chance, dass sich Schülerinnen und Schüler künftig im Unter­richt mit der Digitalisierung auseinandersetzen werden.

Positiv finde ich auch die Initiative für die digitalen Endgeräte für Schülerinnen und Schüler. Da darf ich auf Zahlen aus meinem Heimatbezirk Jennersdorf verweisen. Dort freuen wir uns über 253 Geräte für unsere Schülerinnen und Schüler. Ich möchte hier auch die neue Mittelschule Jennersdorf mit Direktor Hannes Thomas positiv erwähnen. Es gibt 148 zusätzliche Geräte für diese Schule im kleinsten Bezirksvorort von Öster­reich. Es ist eine Schule, die seit vielen Jahren – ich wage zu behaupten, seit über 15 Jahren – einen innovativen Weg geht. Die Schule wird als „Leuchtturm“ bezeichnet, sie hat sehr viele I-Pad-Klassen, und wir sind auch sehr stolz darauf. Die Schule bekommt österreichweit sowie international sehr viel Aufmerksamkeit. Auch die nam­hafte Firma Apple berichtete bereits über diese Schule. Schlagzeilen wie „erste I-Pad-Klasse Österreichs“ oder „der digitale Lehrer wird möglich“ sorgten für sehr viel Aufmerk­samkeit. Nach vielen harten Jahren mit vielen Investitionen auf kommunaler Ebene ist es nun gelungen, dass dieser Schritt, der vor Ort im Kleinen bereits umgesetzt ist, für ganz Österreich langfristig Realität wird.

Ich erinnere mich an harte Gespräche und Verhandlungen mit den zuständigen Firmen, mit digitalen Versorgern für entsprechende Netzwerke, für den Breitbandausbau. Es ging darum, eine Bandbreite für 200 bis 300 I-Pads sicherzustellen. Es ist ein innovatives Projekt, und ich möchte mich hier bei allen Beteiligten, bei allen Mitwirkenden, bei allen Unterstützern, bei allen Sponsoren und natürlich auch bei allen Lehrerinnen und Lehrern an der Schule in Jennersdorf bedanken, dass sie diesen innovativen Weg mit uns gemeinsam gegangen sind. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) – Danke.

Dieses Beispiel zeigt, dass es sehr erfreulich ist, dass der Bund die Digitalisierung forciert und die Schülerinnen und Schüler mit Endgeräten versorgt. Die Ausrollung dieser Endgeräte auf ganz Österreich ist natürlich sehr fordernd. Ein Experte im Unterrichts­ausschuss bestätigte jedoch, dass es derzeit – für ein Projekt dieser Größenordnung – sehr wenige bis fast gar keine Probleme gibt.

Ich möchte auch festhalten, dass diese Tablets auf keinen Fall Schulbücher ersetzen, darf aber auch anmerken, dass das Aufsetzen dieser Tablets, das Implementieren in bestehende Netzwerke, das Vorbereiten mit einem Aufwand verbunden sind und nicht so einfach funktioniert, wie 25 Schulbücher von A nach B zu schicken.

Abschließend möchte ich noch den Bereich häuslicher Unterricht streifen. Bedingt durch die Covid-Pandemie ist dieser Begriff derzeit sehr prominent besetzt. Wir haben wirklich engagierte und kompetente Lehrkräfte, und diese sorgen dafür, dass wir hervorragende Schulen haben. Sie sorgen auch dafür, dass die Zahlen im Bereich des häuslichen Unterrichtes sehr gering gehalten werden. In der Zeit der Pandemie haben sehr viele Pädagoginnen und Pädagogen Schüler auch im Distancelearning unterstützt und ge­lehrt. Auch jetzt werden viele Schülerinnen und Schüler im Falle einer Quarantäne mit­tels Teams oder Moodle unterrichtet, die Schülerinnen und Schüler werden also dem Unterricht zugeschaltet. All dieser Aufwand ist es wert, all das klappt hervorragend und das ist natürlich auch auf unsere Lehrerinnen und Lehrer zurückzuführen.


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Viele Eltern haben aus meiner Sicht die Abmeldung vom Schulunterricht unterschätzt, denn ein Buch kann keinen Lehrer ersetzen, und zu Hause diese Tätigkeiten zu über­nehmen ist auf jeden Fall nicht so einfach. Daher finden gerade auch sehr viele abgemeldete Schüler den Weg zurück an unsere Schulen. Ich finde es auch positiv, dass ein Reflexionsgespräch für diese Schüler eingeführt wird, damit die Eltern wissen, auf welchen Weg, auf welche Reise sie sich mit ihren Kindern begeben.

Ich möchte mich abschließend auch als Familienvater bei allen Pädagoginnen und Pädagogen recht herzlich bedanken. Vom Kindergarten bis zur Hochschule: In allen Bereichen wird hervorragend gearbeitet und auch diese fordernde Pandemiezeit hervor­ragend bewältigt. Ich darf daher an alle appellieren: Verbessern wir gemeinsam unser Bildungssystem! Es ist im Sinne unserer Kinder und Jugendlichen, und wir wollen dementsprechend qualitätsvollen und zukunftsorientierten Schulbetrieb sichern. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

20.16


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Josef Ofner. – Bitte. (Bun­desrat Steiner: Bravo, Giuseppe! Ernst bleiben! Nicht lachen!)


20.17.03

Bundesrat Josef Ofner (FPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Mein Vorredner hat so viel lobgehudelt, dass ich jetzt gar nicht weiß, wie ich das kom­men­tieren soll, denn das würde die Zeit sprengen. Ich glaube, dass wir alle froh sind, wenn der heutige Tag ein Ende findet, da wir morgen ja noch viele Aufgaben vor uns haben.

Herr Minister, ich beginne bei Ihnen und möchte festhalten, dass ich hoffe, dass Sie Ihre Aufgabe wie Ihr Vorgänger anlegen. (Beifall bei der FPÖ.) Ihr Vorgänger war nahezu der einzige Minister auf der Regierungsbank, der einen inhaltlichen Diskurs zugelassen hat, der auf Redebeiträge repliziert hat. Wir haben auch wirklich großartige Debatten stattfin­den lassen können, weil er auch auf Vorschläge der Opposition eingegangen ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Dahin gehend kann man festhalten, dass das natürlich zu Kontroversen geführt hat. Kollege Hirczy hat hier jetzt alles gut- und schöngeredet, man weiß aber ganz genau, dass gerade innerhalb der ÖVP die größten Kontroversen dahin gehend stattgefunden haben, ob – wie Sie es heute schon angesprochen haben – es ein Offenhalten der Schulen gibt oder nicht. Dabei ist Herr Faßmann wirklich zu seinem Wort gestanden. Das dürfte ihn auch seinen Job gekostet haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Betreffend die vorliegende Gesetzesmaterie darf ich festhalten, dass wir diesen Ände­rungen keine Zustimmung geben können. Das geschieht einerseits aus Gründen, die Kollegin Hahn bereits erläutert hat. Vor allem ist es aber aus pädagogischen Gründen für uns nicht nachvollziehbar, dass man im Bereich der Sommerschule einen Projekt­unterricht machen will, wobei jedem, der sich in die Lage der Eltern und des pädago­gischen Personals versetzen kann, klar sein muss, dass man in wenigen Tagen nicht erwarten kann, dass der Bildungsstandard der Schüler eruiert wird und gleichzeitig alle, die auf unterschiedlichen Niveaus beginnen, dann dasselbe Niveau erreichen sollen. Das kann nicht stattfinden. Daher wissen wir auch nicht, wie Sie das anlegen wollen, aber vielleicht werden Sie das ja auch noch erklären.

Was die Elementarpädagogik betrifft, habe ich schon Ihrem Vorgänger mitgegeben, dass es seitens des Ministeriums keinerlei Lösungsansätze gibt, um dem Personal­man­gel entgegenzusteuern – das wird auch diese Gesetzesänderung nicht lösen – und um diesen wichtigen und wertvollen Beruf entsprechend zu attraktivieren. Da wird es einmal mehr eine finanzielle Aufwertung benötigen, da wird es einheitliche Betreuungsschlüssel


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für die Gruppengrößen und flexible Betreuungsangebote brauchen. Dabei kann man die Verantwortung nicht allein den Ländern überlassen und vor allem die gesamte finanzielle Belastung nicht den Gemeinden übertragen. Die Gemeinden werden das nämlich aufgrund der finanziellen Auswirkungen der Pandemie nicht stemmen können. Gerade die Elementarpädagogik ist aber das Fundament, das die Kinder für ihren weiteren Bildungs- und Lebensweg essenziell brauchen, sodass da meiner Meinung nach die höchsten Qualitätsmaßstäbe anzulegen sind.

In diesem Zusammenhang möchte auch ich allen pädagogischen Fachkräften aufrichtig danken, insbesondere für das, was sie in den letzten zwei Jahren an Arbeit an den Tag gelegt haben. Trotz des Chaosmanagements dieser Regierung und dieser Koalition haben sie das Beste für unsere Kinder gegeben, haben sich jeden Tag ins Zeug gelegt. Oft haben sie nicht gewusst, welche Verordnungen gerade gegolten haben, denn diese sind teilweise nur irgendwie über Medien kommuniziert worden, aber noch gar nicht in Verordnungen geflossen. Die PädagogInnen haben hervorragende Arbeit geleistet. Daher gebührt ihnen allen ein herzliches Dankeschön, und dieser Applaus gilt ihnen allen. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Einen Punkt, der in dieser Gesetzesänderung auch verankert ist, möchte ich abschließend noch ansprechen, weil Sie sich bisher noch nicht klar dazu geäußert haben, Herr Bil­dungsminister, und zwar geht es dabei um die Änderung des Hochschulgesetzes. Das betrifft zwar die pädagogischen Hochschulen, aber ich möchte das von Ihnen – vielleicht bekommen wir heute eine Antwort – für alle Universitäten und Hochschulen wissen. Hier steht nämlich in der Textpassage: „kann das Rektorat im Rahmen der Regelungen für die Benützung von Räumen und Einrichtungen der Pädagogischen Hochschule [...] Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der COVID-19-Pandemie insbesondere für die Teilnahme an Präsenz-Lehrveranstaltungen und Prüfungen oder an Eignungs- und Aufnahmeverfahren oder für die sonstige Benützung von Räumlichkeiten und Ein­richtungen festlegen; es kann ein Nachweis über eine lediglich geringe epidemiologische Gefahr verlangt werden. Näheres ist vom Rektorat festzulegen.“

So steht es im Gesetzestext, und jetzt möchte ich Sie fragen: Ist damit etwa auch die unsagbare 2G-Regel gemeint, die bereits an einigen Universitäten Platz greift, wodurch jungen Menschen das Recht auf Bildung verwehrt wird? Dazu möchte ich Sie wirklich um eine klare Antwort bitten. Wenn nein, dann ersuche ich Sie, uns mitzuteilen, wann Sie endlich jene Rektoren, die diesen freien Bildungszugang den jungen Menschen ver­weigern – wie beispielsweise an der Uni Klagenfurt –, zur Ordnung rufen und den Stu­denten wieder freien Bildungszugang ermöglichen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe diesbezüglich Ihrem Vorgänger, Herrn Minister Faßmann, eine Resolution der Kärntner Studenten übergeben. So ein Vorgehen, nämlich Studenten in Ungeimpfte und Geimpfte zu unterteilen und den Bildungszugang davon abhängig zu machen, würde ich zwar dem abstrusen Coronamanagement dieser Bundesregierung und vor allem ihren geistigen Zugängen zutrauen, aber das ist unseren rechtsstaatlichen Grundwerten zu­tiefst abträglich. Ich hoffe, Ihr Zugang zur Bildung in unserem Staat ist ein anderer, und es würde mich freuen, wenn wir dazu eine klare Stellungnahme von Ihnen bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

20.24


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Andreas Lackner. Ich erteile es ihm.


20.24.53

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Werter Herr Minister, willkommen! Kolleginnen und Kollegen! Wo Schatten ist, da ist auch Licht, und im


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 180

Bildungsbereich haben wir durch Corona als Kondensator bei allen Problemen, die ich keineswegs kleinreden möchte (Zwischenruf des Bundesrates Schennach), auch posi­tive Neuerungen und Weiterentwicklungen gewonnen.

Da wäre zum einen die Sommerschule, die nun gesetzlich verankert wird, und, um es mit den Worten meiner Kollegin Sibylle Hamann aus dem Nationalrat zu sagen: „die Sommerschule ist gekommen, um zu bleiben“. Sie ist wirklich ein Erfolgsmodell und eben nicht mehr wegzudenken. Es ist ein niederschwelliges, kostenloses Angebot für alle, die es möchten. Wichtig ist dabei auch, dass sie standortübergreifend möglich ist. Besonders für kleinere Schulstandorte ist das entscheidend, da möglicherweise an einer kleineren Schule allein die erforderliche Mindestanzahl an Schülerinnen und Schülern nicht erreicht wird. Andererseits bietet die Sommerschule Studierenden die Möglichkeit, Praxis zu sammeln und eigenverantwortlich Erfahrungen zu machen.

Ein zweiter positiver Effekt der Pandemie ist die Digitalisierung im Bildungsbereich. Wir haben, gerade was die digitalen Kompetenzen betrifft, und das nicht nur im Bildungs­bereich, sondern als gesamte Gesellschaft, Fortschritte gemacht, die vor zwei Jahren noch undenkbar waren. Bei der Digitalisierung haben wir alle mehr oder weniger die Siebenmeilenstiefel angezogen, einfach deshalb, weil es notwendig war. Das macht mich irgendwie zuversichtlich, denn es hat sich letztlich gezeigt: Wenn es darauf an­kommt, können wir uns auch schneller bewegen und uns schneller verändern.

Daher ist es auch nur logisch, dass digitale Grundbildung in der Sekundarstufe ein Pflichtgegenstand wird. Die Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit digitalen Endgeräten ist eine gute Sache, eine Investition in die digitale Ausbildung ist natürlich ebenso wichtig.

Durch die Novellierung des Schulpflichtgesetzes kommt es im Bereich des häuslichen Unterrichts zu Veränderungen. Es geht dabei um Kinder, die vom Schulunterricht abge­meldet wurden. Wir werden da genauer hinsehen und darauf achten, was mit diesen Kindern passiert – wer sie unterrichtet und wie es ihnen dabei geht. Bei verbindlichen Reflexionsgesprächen an der Schule wird darauf geschaut, wie der Unterricht zu Hause funktioniert und wie es den Kindern damit geht, dies immer verbunden mit der Einladung, wieder an die Schule zurückzukehren. (Bundesrat Schennach: Aber wer schaut hin?)

Genau das ist interessanterweise zuletzt auch passiert: Wie uns der Experte aus dem Ministerium gestern im Ausschuss mitgeteilt hat, haben viele Eltern und Kinder wieder zur Schule zurückgefunden, ganz einfach weil sich immer mehr herausgestellt hat, dass das Unterrichten nicht so leicht ist und eben nicht gerade für Do-it-yourself geeignet ist – mehr oder weniger auch eine Art Wertschätzung für die Schulen und für die Pädago­ginnen und Pädagogen.

Überhaupt ist festzuhalten, dass durch den Lockdown an den Schulen bei ganz vielen Menschen ein Umdenken stattgefunden hat, dass der Wert der Bildung, der Schulen deutlich gestiegen ist und die Arbeit der Pädagoginnen und Pädagogen wieder mehr geschätzt wird. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

20.29


Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky. Ich erteile es ihm.


20.29.24

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir NEOS haben die­sem Gesetz schon im Nationalrat zugestimmt und werden auch heute hier zustimmen bezie­hungs­weise werde ich auch heute hier zustimmen. Ich möchte aber nicht unerwähnt


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 181

lassen, dass wir in ein paar Punkten Verbesserungsbedarf sehen, der in weiterer Folge noch umgesetzt werden sollte.

Zur Sommerschule: Wir unterstützen das Konzept, den grundsätzlichen Gedanken dahinter, halten aber die aktuelle Regierungsvorlage, den aktuellen Gesetzesbeschluss für unausgereift, weil es keine vorherige Evaluierung gegeben hat, sodass die zahlreichen Mängel in der Durchführung nicht behoben wurden.

So sehen wir es zum Beispiel kritisch, dass die Schulleitungen zur Leitung der Som­mer­schule ohne zusätzliches administratives Personal verpflichtet wurden, und das ausge­rechnet in den letzten beiden Wochen vor Schulbeginn, wenn administrative Unterstüt­zung in den Schulen ohnehin händeringend benötigt wird. Von der pauschalen Entloh­nung von 350 Euro ist da gar nicht erst zu sprechen. (Vizepräsident Novak übernimmt den Vorsitz.)

Ein weiteres großes Manko im derzeitigen Entwurf ist das Fehlen einer Ganztags-betreu­ung, und das hat auch der Rechnungshof in seiner Stellungnahme schon kritisch ange­merkt. Die Sommerschule findet ja nur vormittags statt, und die Nachmittagsbetreuung würde es allein schon deswegen brauchen, um die erworbenen Deutschkenntnisse zu festigen.

Weiters enthalten sind in dieser Regierungsvorlage Themen wie zum Beispiel das neue Pflichtfach digitale Grundbildung, das bisher eine verbindliche Übung war. Wir haben keine Informationen darüber gefunden, ob bei dieser Umwandlung sonst noch irgend­etwas geändert wird und wo man Informationen dazu finden kann.

Schließlich zum häuslichen Unterricht: Wir begrüßen die klareren Vorgaben, was Anmel­dung, Prüfung und das hinzugekommene Reflexionsgespräch betrifft. Wir hätten aller­dings gerne gesehen, dass das verpflichtende Gespräch mit Kind und Eltern schon vor Beginn des häuslichen Unterrichts stattfindet und nicht erst nach einem halben Jahr, wenn allenfalls schon Wissenslücken und andere Nachteile entstanden sind. Außerdem hätten wir bevorzugt, dass die – so wie es im Gesetz heißt – führend unterrichtende Person bei diesem Vorabgespräch schon ein zumindest grobes Unterrichtskonzept vorlegen muss, um bereits vor dem Schulbeginn zu gewährleisten, dass die Kinder und Jugendlichen im Heimunterricht eine mit dem Regelschulunterricht vergleichbare Bil­dung erhalten.

Insgesamt überwiegen aber bei diesem Gesetzesbeschluss die positiven Teile, wes­wegen ich heute auch zustimme. – Danke. (Beifall bei BundesrätInnen von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

20.32


Vizepräsident Günther Novak: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Martin Polaschek. Ich erteile ihm das Wort.


20.32.32

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem Sie mittler­weile seit 10 Stunden und 30 Minuten in diesem Raum sitzen und Ihre wichtigen Bera­tungen machen, gestatten Sie mir, dass ich heute nicht so wie angeregt in intensivere Debatten mit Ihnen trete. Ich könnte zu einigen Punkten sehr, sehr viel sagen, da ich noch vor drei Wochen als Rektor die andere Seite, nämlich die Umsetzungsseite, zu verantworten hatte und deshalb einige auch sehr, sehr gute Argumente für viele dieser Punkte bringen könnte.

Zu einem Punkt, weil Herr Bundesrat Ofner mich direkt angesprochen hat, was das 2. COVID-19-Hochschulgesetz angeht: Ja, es ist so, dass es in der Autonomie der


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 182

Rektorate liegt, entsprechende Verordnungen zu erlassen, und mit guten Gründen 2G oder 2G plus verhängt werden kann. Ich habe noch im Ohr, dass Bundesminister Faßmann gemeint hat, dass er die Entscheidung eines autonomen Rektors nicht weiter kommentiert, weil er diese Entscheidung mit guten Gründen gefällt hat. Ich bitte um Verständnis, dass auch ich die Entscheidung meines früheren Amtskollegen respektiere. Die Universität Klagenfurt hat gute Gründe dafür gefunden. Ich bitte Sie, einen solchen Punkt mit Herrn Rektor Vitouch zu diskutieren, und nicht an dieser Stelle mit mir. Ich denke, Rektor Vitouch hat sich dabei durchaus etwas gedacht.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal Bundesminister Faßmann auch für diese Regie­rungsvorlage danken, die wirklich einige wichtige bildungspolitische Neuerungen um­fasst. Es sind einige Punkte schon angesprochen worden, etwa der Aufbaulehrgang für Elementarpädagogik. Ich halte das für einen ersten Schritt in diesem Bereich. Ich denke, dass gerade im Bereich der Elementarpädagogik noch einige Verbesserungen möglich sind und diese auch erfolgen werden – dazu gibt es ja auch schon einige Ansätze im Regierungsprogramm. Dass sich Absolventinnen und Absolventen der Fachschule für pädagogisches Assistenzpersonal jetzt weiterqualifizieren können, ist ein erster Schritt in diese Richtung. Ich halte das für ganz wichtig, weil wir ja sehen, dass gerade in der Elementarpädagogik qualifiziertes Personal fehlt.

Ein mir auch sehr wichtiger Punkt betrifft die Weiterentwicklung der digitalen Grundbil­dung, die jetzt als Pflichtgegenstand vorgesehen wird. Es passt auch genau in den Zu­sammenhang mit der Initiative Digitale Schule, dass sich künftig auch Schülerinnen und Schüler noch vermehrt mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen werden und es dadurch nicht zuletzt auch zu einem verstärkten Mint-Bezug, gerade in der Sekun­darstufe I, kommt.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen – ich durfte es heute auch schon kurz bei meiner Antrittsrede ansprechen –, dass ich die Digitalisierung als ein weiteres Thema sehe und nicht nur als eine reine Konzentration auf die technischen Teile, auf die Informatikteile. Ich halte eine digitale Grundbildung für ganz, ganz wichtig, damit sie den jungen Menschen auch die Möglichkeit gibt, wirklich in digitaler Souveränität in einer sich massiv ändernden Welt zu leben, um auch mit den digitalen Gefahren, die es einfach gibt, besser umgehen zu können.

Dass die Lehrerinnen und Lehrer entsprechend vorbereitet werden müssen, um den Unterricht zu gestalten, ist klar, aber auch da darf ich berichten, dass bereits an den Universitäten und pädagogischen Hochschulen mit den entsprechenden Vorbereitungs­arbeiten begonnen worden ist, dass es auch bereits entsprechende Weiterbildungs­an­gebote gibt, nicht zuletzt etwa durch Massive Open Online Courses und begleitende Unterrichtsmaterialien, die in den nächsten Monaten auch ausgerollt werden.

Der größte Bereich ist sicher die Sommerschule. Da gibt es Kritikpunkte, ich nehme diese zur Kenntnis. Ich denke aber, man sollte die Lehrerinnen und Lehrer auch nicht unterschätzen. Es kommt ein bisschen so durch, als ob die Lehrerinnen und Lehrer nun mit diesem neuen Programm überfordert und eigentlich nicht in der Lage wären, ent­sprechend auf die Kinder einzugehen. Das sehe ich nicht so. Ich halte es auch da für einen ersten wichtigen Schritt. Ich denke, gerade die Sommerschule ist durchaus aus­bau­fähig. (Zwischenruf der Bundesrätin Hahn.) Man kann sich ansehen, ob man das Programm noch weiter ausrollt, aber gerade in Anbetracht dessen, dass wir uns in einer Pandemie befinden, halte ich das für einen ersten wichtigen Meilenstein, um sicher­zustellen, dass die Kinder noch vermehrt Förderunterricht bekommen, sodass sie noch besser ausgebildet oder noch besser vorbereitet in ein nächstes Schuljahr gehen, nicht zuletzt, was gerade das Sprachbewusstsein in der Unterrichtssprache Deutsch angeht, und auch, was die Kreativität der Kinder angeht, denn gerade an den Volksschulen und den Schulen der Sekundarstufe I ist ja auch geplant, dass am Ende dieser zweiwöchigen


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 183

Sommerschule die Schülerinnen und Schüler Projekte präsentieren können, die sie wäh­rend dieser Zeit in einem ganzheitlichen Ansatz erarbeitet haben.

Ich denke, das ist für die Kinder einfach ein ganz wichtiger Schritt, um nach dem Ende der Sommerschule wieder in das Schulleben hineinzukommen, und ich denke, es ist auch eine gute Möglichkeit für viele, die sich auch weiterentwickeln wollen, die nicht nur einen Aufholbedarf haben, sondern aus Freude am Lernen einen Vertiefungsbedarf haben, dass sie das in dieser Zeit tun können.

Ich würde es eigentlich nicht kleinreden, sondern es als einen ersten Schritt sehen und unsere Kinder ermutigen, das auch gut anzunehmen, und auch die jungen Menschen, die aus den Universitäten und pädagogischen Hochschulen kommen, genauso wie die Lehrerinnen und Lehrer dazu ermutigen und möchte mich bei ihnen bedanken, dass sie im Sommer diese zwei Wochen gemeinsam mit den Kindern investieren. Ich halte das für einen ersten guten Schritt, und ich danke allen, die dieses Vorhaben heute im Bun­des­rat unterstützen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

20.38

20.38.12


Vizepräsident Günther Novak: Danke, Herr Bundesminister.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein!

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

20.38.4322. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Registerzählungsgesetz geändert wird (1172 d.B. und 1280 d.B. sowie 10812/BR d.B.)


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nun zu Punkt 22 der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Johanna Miesenberger. – Ich bitte um den Bericht.


20.39.04

Berichterstatterin Johanna Miesenberger: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Registerzählungsgesetz geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates kei­nen Einspruch zu erheben.

20.39.34


Vizepräsident Günther Novak: Wir gehen in die Debatte ein.

Es sind keine Redner gemeldet, Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie die Plätze ein!


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 184

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit.

20.40.0723. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Niederlassungs- und Auf­ent­haltsgesetz, das BFA-Verfahrensgesetz und das Asylgesetz 2005 geändert werden (2081/A und 1281 d.B. sowie 10813/BR d.B.)


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Johanna Miesenberger. – Bitte.


20.40.33

Berichterstatterin Johanna Miesenberger: Ich bringe den Bericht über den Beschluss des Nationalrates vom 16. Dezember 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das BFA-Verfahrensgesetz und das Asylgesetz 2005 geändert werden.

Der Bericht liegt Ihnen vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage mit Stim­meneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

20.41.06


Vizepräsident Günther Novak: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort ist dazu niemand gemeldet.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie die Plätze ein!

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

20.41.34 24. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2021 betreffend ein Rahmenab­kommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Australien andererseits (988 d.B. und 1110 d.B. sowie 10810/BR d.B.)


Vizepräsident Günther Novak: Wir gelangen nun zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Ing. Isabella Kaltenegger. – Bitte um den Bericht.


20.41.57

Berichterstatterin Ing. Isabella Kaltenegger: Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Ihnen den Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegen­heiten über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2021 betreffend ein Rahmenabkommen zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einer­seits und Australien andererseits zur Kenntnis bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor, ich komme daher zur Antragstellung.

Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 185

1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Danke.

20.42.35


Vizepräsident Günther Novak: Wir gehen in die Debatte ein.

Es ist niemand zu Wort gemeldet.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung. – Bitte nehmen Sie die Plätze ein!

Da der gegenständliche Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungs­be­reiches der Länder regelt, bedarf dieser der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Nunmehr lasse ich über den Antrag abstimmen, dem vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die diesem Antrag zustimmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit ange­nom­men.

20.43.49 Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Vizepräsident Günther Novak: Es liegt mir ein schriftliches Verlangen von fünf Mit­gliedern des Bundesrates vor, das Amtliche Protokoll hinsichtlich der Tagesordnungs­punkte 1 bis 24 zu verlesen, damit dieser Teil des Amtlichen Protokolls mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt. Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr diesen Teil des Amtlichen Protokolls.

„Tagesordnungspunkte 1 bis 5:

Die Bundesräte Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 5 einen Entschließungsantrag ein.

Abstimmungen:

TO-Punkt 1: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

TO-Punkt 2: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

TO-Punkt 3: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

TO-Punkt 4: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 186

TO-Punkt 5: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

Der Entschließungsantrag wird abgelehnt.

Tagesordnungspunkte 6 bis 8:

Abstimmungen:

TO-Punkt 6: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

TO-Punkt 7: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

TO-Punkt 8: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

Tagesordnungspunkte 9 und 10:

Die Bundesräte Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 10 einen Entschließungsantrag ein.

Abstimmungen:

TO-Punkt 9: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stimmen­einhelligkeit angenommen.

TO-Punkt 10: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird mit Stim­meneinhelligkeit angenommen.

Der Entschließungsantrag wird abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 11:

Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

Tagesordnungspunkt 12:

Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

Tagesordnungspunkte 13 und 14:

Abstimmungen:

TO-Punkt 13: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

TO-Punkt 14: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen.

Tagesordnungspunkte 15 und 16:

Abstimmungen:

TO-Punkt 15: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird ange­nom­men.

TO-Punkt 16: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

Tagesordnungspunkte 17 und 18:

Die Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen bringen zu TOP 17 einen Entschließungsantrag ein.


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 187

Abstimmungen:

TO-Punkt 17: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

Der Entschließungsantrag wird abgelehnt.

TO-Punkt 18: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

Tagesordnungspunkte 19 und 20:

Abstimmungen:

TO-Punkt 19: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

TO-Punkt 20: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

Tagesordnungspunkt 21:

Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

Tagesordnungspunkt 22:

Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

Tagesordnungspunkt 23:

Abstimmung: Berichterstattung: Antrag, keinen Einspruch zu erheben, wird angenom­men.

Tagesordnungspunkt 24:

Abstimmung: Berichterstattung: Antrag,

1. keinen Einspruch zu erheben, wird angenommen,

2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, wird angenommen.“

*****

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieses Teiles des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Das Amtliche Protokoll gilt daher hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 1 bis 24 gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

*****

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf und Zuweisungen


Vizepräsident Günther Novak: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten bezie­hungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt zwölf Anfragen, 3965/J-BR/2021 bis 3976/J-BR/2021, eingebracht wurden.


BundesratStenographisches Protokoll935. Sitzung, 935. Sitzung des Bundesrates am 21. Dezember 2021 / Seite 188

Eingelangt ist der Entschließungsantrag der Bundesräte Michael Bernard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer Treibstoffpreisdeckelung“, der dem Finanz­aus­schuss zugewiesen wird, der

Entschließungsantrag der Bundesräte Marlies Steiner-Wieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzungsstrategie für die Anliegen und Forderungen des Tierschutz­volks­begehrens für das Jahr 2022“, der dem Gesundheitsausschuss zugewiesen wird, sowie der

Entschließungsantrag der Bundesräte Mag. Bettina Lancaster, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „bundesweit einheitliche finanzielle Unterstützung für Gemeinden bei der Anschaffung von Gerätschaften der Feuerwehr“, der dem Finanzausschuss zuge­wie­sen wird.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates ist bereits auf schriftlichem Wege erfolgt. Als Sitzungstermin ist morgen, Mittwoch, der 22. Dezember 2021, 9 Uhr, in Aussicht genommen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

20.48.57Schluss der Sitzung: 20.48 Uhr

Impressum:

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