12.41

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich vermute, dass wir uns in diesem Haus einig sind, dass wir in einer Gesellschaft leben wollen, in der es möglichst wenige Suizide gibt. Wir müssen aber trotzdem akzeptieren, dass es trotz al­lem, was man als Gesellschaft, als Familie, in der Ärzteschaft und in der Palliativversor­gung versucht, Personen gibt, die nach allem dennoch Suizid begehen möchten.

Der VfGH hat eine Passage im § 78 StGB, was die Hilfeleistung zum Suizid betrifft, auf­gehoben, und würden wir diesbezüglich nichts beschließen, hieße das, dass die Beihilfe zum Suizid ungeregelt wäre. Das wollen die meisten von uns hier wahrscheinlich auch nicht. Deswegen ist es rein aus pragmatischen Gründen, selbst wenn man viele Kri­tikpunkte teilt, die du, Kollege Spanring, auch vorgebracht hast, notwendig, etwas zu beschließen. Die Kritikpunkte betreffen Fragen der Terminologie, dass etwa im Gesetz beziehungsweise in den Erläuterungen das begrüßenswerte Werbeverbot von der Mög­lichkeit, Informationen zu geben, wo die gesetzlich zulässigen Leistungen angeboten werden, nicht so genau abgrenzt ist, oder das begrüßenswerte Verbot wirtschaftlicher Vorteile nicht abgegrenzt wird von einem Selbstkostenersatz für die Personen, die die gesetzlich zulässigen Leistungen anbieten – Punkte, die einer Regelung bedürfen.

Es gibt bereits ein gesetzliches Vorbild für eine Regelung, was das Lebensende betrifft, das ist die Patientenverfügung, und so ähnlich ist auch diese Sterbeverfügung konstru­iert: Es ist ebenso notwendig, dass es eine medizinische Beratung gibt. Es ist ebenso notwendig, dass es eine rechtliche Beratung gibt. Diese beiden Beratungsschritte sind bei der Sterbeverfügung sinnvollerweise noch ausführlicher, es sind sogar noch mehr Personen, die zu so einer Beratung beigezogen werden müssen.

Letztlich verbleibt ein erkenntnistheoretisches Problem für die kleine Gruppe von Perso­nen, um die es hier geht – denn es geht ja nur um eine Teilmenge der Personen, die Suizid begehen wollen, nämlich die, die jemand anderen brauchen oder beiziehen möch­ten, um dessen Hilfeleistung dazu in Anspruch zu nehmen, und das ist ja hoffentlich wiederum nur eine sehr kleine Teilmenge der Suizidwilligen –, nämlich dass das ihr ernsthafter und vor allem selbstbestimmter Entschluss ist. Und die erkenntnistheoreti­sche Frage ist: Wie gewährleistet man, dass das tatsächlich ein selbstbestimmter Ent­schluss ist? – Es wird in dem Gesetz darauf abgestellt, dass es auf jeden Fall eine volljährige Person sein muss, dass es eine entscheidungsfähige Person sein muss und auch dass eine unheilbare beziehungsweise schwere Krankheit im Sinne des Gesetzes vorliegt, was auch Fälle einschließt, in denen der medizinische Zustand nicht durch eine Krankheit, sondern vielleicht durch einen Geburtsfehler oder durch einen Unfall oder durch eine missglückte Operation zustande gekommen ist.

Wenn durch die Beratungsschritte und durch die Einhaltung der sonstigen gesetzlichen Erfordernisse kein Zweifel mehr daran besteht, dass es tatsächlich der selbstbestimmte Wille dieser Person ist, dann ist es – so wie auch du, Frau Ministerin, schon gesagt hast – aufgrund der Achtung der Menschenwürde, des Respekts vor dem Leben, aber vor allem auch des Respekts vor der höchstpersönlichen Entscheidung dieser schwerst­kranken Menschen geboten, dass diese Personen auch eine Hilfeleistung für ihren selbst­bestimmten Suizid in Anspruch nehmen dürfen. – Danke.

12.45

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Vielen Dank.

Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Alma Zadić. Ich erteile ihr dieses.