13.04

Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA (Grüne, Wien): Frau Präsidentin! Liebe Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen vor den Bildschirmen und auch hier! Was täten KrimiautorInnen ohne KronzeugInnen? Und viel wichtiger: Was täten Gerichte und was täten die Korruptionsbekämpfung und die Wettbewerbsbehörden ohne KronzeugInnen? – Genau diese Frage stellten sich in den letzten zehn Jahren auch viele ExpertInnen und AnwenderInnen und beantworteten sie mit der Empfehlung, die Regelung aufrechtzuerhalten und zu verbessern.

Kurz zur Historie: 2009 wurde die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ge­gründet, und man wollte noch weitere Strategien und auch Maßnahmen entwickeln, um die Effektivität der Strafjustiz bei der Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korrup­tion zu erhöhen. 2011 war dann die Geburtsstunde der sogenannten großen Kronzeu­gInnenregelung in der Strafprozeßordnung. Sie wurde bis 2016 befristet, um zu evaluie­ren, was sie für die Aufklärung von Korruptions- und Wirtschaftsstrafsachen gebracht hat. Die ExpertInnen standen aber bei der Prüfung der Auswirkungen vor dem Problem, dass es zu wenige Fälle gab, die man prüfen und eventuell vergleichen konnte. Daher wurde die Kronzeugenregelung nochmals auf weitere fünf Jahre befristet eingeführt. Das würde nun in einer Woche enden.

Letztes Jahr fand dann wieder eine Evaluierung mit ExpertInnen, die sich das schon vorher angesehen hatten, und auch mit StakeholderInnen statt. Sie haben sie positiv beurteilt und empfahlen auch, sie weiterhin anzuwenden, aber sie zeigten auch Unklar­heiten in der Anwendung auf und machten Vorschläge für mehr Effektivität in der Hand­habung, die dann in diese Gesetzesänderung, die wir heute hoffentlich beschließen, aufgenommen wurden.

Nun wird wieder um sieben Jahre verlängert, obwohl ursprünglich eine unbefristete Re­gelung angedacht war, aber die Befristung hat wohl den Sinn, dass diese Regelung am Tapet und im Gespräch bleibt und ihre Effektivität und auch ihre Auswirkungen auf die Verfahrensdauer – eine Kürzung der Verfahrensdauer steht im Regierungsprogramm – weiterhin im Auge behalten werden.

Die Regelung betreffend Verbände soll im Verbandsverantwortlichkeitsgesetz diskutiert werden, was noch ansteht.

Was ist nun neu und worum geht es? – Als erste Rednerin darf ich es ein bisschen er­klären: KronzeugInnen sind Personen, die mutmaßlich eine schwere Straftat begangen haben – vom organisierten Verbrechen über schwere Gewaltverbrechen bis zu Verbre­chen gegen den Staat oder eben solche, die in die Zuständigkeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft fallen. Die mutmaßlichen TäterInnen müssen freiwillig an die Staatsanwaltschaft oder – das ist jetzt neu und an die Praxis angepasst – an die Kriminalpolizei herantreten, um um den KronzeugInnenstatus anzusuchen. Vorausset­zung für die Anerkennung als Kronzeuge oder Kronzeugin ist, dass der Aufklärungsbei­trag die Schwere der eigenen Tat übersteigt. Für diese Aufklärungsmitarbeit wird das Verfahren gegen die KronzeugIn als TäterIn mittels Diversion beendet; das bedeutet, mit einer Geldstrafe, gemeinnütziger Arbeit oder auch mit einem Tatausgleich. Das bedeutet eben auch, dass kein Strafurteil ausgesprochen und die Person auch nicht vorbestraft wird. Das wird als guter und zur Tat ausgewogener Anreiz für die Mitarbeit zur Aufklärung der Straftat gesehen.

Das Wettbewerbsgesetz kennt schon seit 2005 eine KronzeugInnenregelung, deren Ziel die Aufdeckung von Kartellen, wie zum Beispiel eben Preisabsprachen, ist; nun wird das mit der Strafprozeßordnung verknüpft.

Kurz zum Inhalt und zum Sinn dieser Regelung: Die an einer wettbewerbsrechtlichen Straftat beteiligten Unternehmen sind sich natürlich bewusst, dass sie mit hohen Geld­strafen rechnen müssen, wenn diese Kartellabsprachen aufgedeckt werden, und daher investieren sie sehr viel in die Geheimhaltung. Es wird dann natürlich auch schwieriger für die Strafverfolgungsbehörden, diesbezüglich zu Ermittlungsergebnissen zu kommen. Daher sind beteiligte MitarbeiterInnen dieser Unternehmen bei dieser Aufklärung sehr hilfreich. Man verspricht ihnen sozusagen einen größeren Anreiz, um da mitzuarbeiten und solche kartellrechtlichen Absprachen anzuzeigen oder eben auch frühzeitig ihr Wis­sen bereitzustellen. Daher wird ihnen auch die Nichtverfolgung der Straftat in Aussicht gestellt, aber erst dann, wenn sie ihr Wissen über die begangene Straftat bekannt gege­ben haben.

Neu ist eben, dass sie dieses Wissen – in der Vergangenheit – bekannt gegeben haben müssen und erst dann um den Kronzeugenstatus ansuchen können. Das soll eben einen noch größeren Anreiz bieten, aber es soll im Sinne der Verfahrensökonomie auch zu einer schnelleren Aufklärung und kürzeren Verfahren führen. Und nicht zu vergessen: Wir sind auch international dazu verpflichtet, diese KronzeugInnenregelung implemen­tiert zu haben.

Der wichtigste Effekt dieser Regelung – das habe ich auch schon betreffend Verfahren wegen Gewaltdelikten erwähnt – ist aber eine gute und Erfolg versprechende Aufklä­rung, weil sie Präventivcharakter hat. Je leichter eine Straftat aufgedeckt werden kann und je mehr Instrumente für diese Aufdeckung zur Verfügung stehen – und in diesem Fall: je leichter man zu MithelferInnen bei der Aufklärung kommt –, desto höher ist das Risiko der Aufdeckung und desto stärker ist der Präventivcharakter, desto mehr werden also potenzielle StraftäterInnen von der Begehung schwerer Delikte, von diesen Taten abgehalten. Die KronzeugInnenregelung beziehungsweise deren Verlängerung ist daher sehr begrüßenswert. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

13.11

Vizepräsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Vielen Dank.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Barbara Tausch. Ich erteile dieses.