11.06

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (FPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Werte Kollegen! Wie meine Vorredner heute schon bekannt gegeben haben, ist es zurzeit in Österreich zu einer der höchsten Preissteigerungen seit 30 Jahren ge­kommen.

Wie gesagt: Die Inflationsrate im Jänner wird 5,1 Prozent betragen. Die Statistik Austria sieht eine wesentliche Verringerung und eine diesbezügliche Erholung unter Umständen erst ab April beziehungsweise Mai. Für viele Österreicher wird die Bestreitung des tägli­chen Lebens eigentlich zum Existenzkampf, und vor allem die hohen Energiekosten stel­len die Menschen vor schwerwiegende Entscheidungen.

Man hat im „Report“ am 1.2. einen Beitrag gesehen, in dem man sich genau dieser The­matik gewidmet hat. Es ging darum, dass es sehr einschneidend ist, wenn ein Mensch sich entscheiden muss: Kaufe ich mir Heizmaterial, oder kaufe ich mir Lebensmittel? – Es ist eine Schande, dass sich in Österreich Menschen entscheiden müssen zwischen: Tue ich frieren, oder tue ich hungern?! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie als Bundeskanzler haben dann mit der Regierung reagiert und haben gesagt: Ja, wir werden ein sogenanntes Entlastungspaket schnüren, und wir werden den Menschen hel­fen. – Das spricht Sie und Ihre Regierung aber nicht davon frei, dass Sie eine wesentli­che Mitverantwortung an dieser Teuerungsexplosion tragen! Wenn Sie, Frau Schumann, sich jetzt hierherstellen, ein Plädoyer halten und die Regierung eigentlich für die Teue­rung kritisieren, dann frage ich: Wer hat denn sämtlichen Covid-Maßnahmen ohne Wenn und Aber zugestimmt? (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.)

Wer hat zugestimmt, sodass überhaupt auch solche Teuerungen zustande gekommen sind? Das sage nicht nur ich als Bundesrätin, sondern es hat auch der Ökonom der Wirtschaftsuni Wien Harald Oberhofer in seinen Recherchen herausgefunden, dass sehr wohl die Pandemie und die damit verbundenen Covid-Maßnahmen einen wesentlichen Beitrag – einen wesentlichen Beitrag! – zu der jetzigen Preissteigerung leisten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)

Dazu kommt noch, dass es im Zusammenhang mit der gesamten Pandemiebekämpfung und den ganzen Verordnungen ein Chaos par excellence gibt. Märkte reagieren immer mit Preiserhöhungen, wenn Unsicherheiten herrschen und Unsicherheiten gestreut wer­den. Damit man das ein bissel besser versteht, erlaube ich mir jetzt, Ihnen das anhand eines Beispiels aus dem Schulbereich zu erklären.

Bei uns in der Steiermark besteht Gott sei Dank die Möglichkeit, dass sowohl in Kinder­gärten als auch in Volksschulen Englisch unterrichtet wird. Wenn dieser Englischunter­richt am Vormittag stattfindet, also während normaler Unterrichtszeit, dann gilt das als Unterrichtseinheit, und es gelten die Covid-Maßnahmen an Schulen. Das ist ja gut so. Wenn aber dieser Englischunterricht auf einmal am Nachmittag stattfindet, dann wird es kompliziert, denn dann muss der Veranstalter dieses Englischunterrichtes bei den Eltern eine Bestätigung einholen, ob ihr Kind eventuell die Nachmittagsbetreuung besucht.

Wenn die Eltern bestätigen, dass das Kind die Nachmittagsbetreuung nicht besucht, dann darf es in den Englischkurs. Wenn das Kind aber, weil die Eltern berufstätig sind, die Nachmittagsbetreuung besucht, dann darf es erst dann den Englischkurs besuchen, wenn die Eltern bestätigen, dass sie das Kind nach dem Englischkurs abholen, weil es ja nicht mehr in die Nachmittagsbetreuung darf. Wenn aber der Veranstalter der Eng­lischkurse an derselben Schule ein Klassenzimmer mietet, ist vollkommen egal, welche Kinder den Englischkurs besuchen und woher sie kommen. Dann wundert man sich, dass alles chaotisch ist?! (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt noch andere Dinge, bei denen ich mir das oft denke, wie zum Beispiel im Fall einer Schule: Wirklich sämtliche Lehrer, sämtliche Kindergartenpädagogen sind so et­was von interessiert daran, in der jetzigen Zeit ihre Schützlinge so gut wie möglich ge­meinsam durch diese Pandemie zu bringen. Sie werden aber oft von den Verantwortli­chen komplett alleingelassen. Es hat zum Beispiel einen Direktor gegeben, der in einer Klasse seiner Schule mehrere positive Fälle hatte. Er hat die Bildungsdirektion ange­rufen und dort hat man ihm gesagt, sie wüssten nicht, was er tun soll, er solle das selbst entscheiden. Er war auf alle Fälle alleingelassen. Er geht dann in seiner Verzweiflung her und fragt die Schüler dieser Klasse, die 14-jährigen Schüler: Wollt ihr zu Hause blei­ben oder wollt ihr lieber in die Schule gehen? – Na, was glauben Sie, Herr Bundeskanz­ler, wofür sich die Kinder entschieden haben? (Heiterkeit bei BundesrätInnen der FPÖ und Beifall bei der FPÖ.)

Zurück zu den Teuerungen: Man muss schon ehrlich sagen: Gerade jetzt in dieser eh schon angespannten wirtschaftlichen Situation und sensiblen Zeit geht die Regierung her und beschließt die ökosoziale Steuerreform, bei der es sicher ein paar positive Dinge gibt; wenn aber das Kernstück die CO2-Bepreisung ist, dann darf man sich nicht wun­dern, dass die Benzinpreise steigen, Herr Bundeskanzler. Oder hat das keiner von euch vermutet? (Beifall bei der FPÖ.)

Ja, die freie Marktwirtschaft funktioniert immer so: Den Preis regulieren eigentlich immer Angebot und Nachfrage. Vor allem durch die Pandemie und durch viele Coronamaßnah­men ist es in vielen Bereichen zu Lieferengpässen gekommen. Das hat vor allem in der Bauwirtschaft, wenn es um Handwerker, um Sanierungen, um Elektrogeräte geht, zu starken Lieferengpässen geführt, was natürlich auch wieder automatisch eine Teuerung mit sich bringt. Warum? – Na, weil das Angebot kleiner ist als die Nachfrage.

Dann macht man noch einen Lockdown und beschließt vor allem auch noch einen Lock­down für Ungeimpfte. Was passiert? – Die Menschen wollen einkaufen, die Menschen brauchen Konsumgüter, nicht nur Lebensmittel. Man hat als Regierung also wieder et­was gemacht, das bei all den Onlineriesen die Zahlen explodieren lässt, denn die Men­schen müssen ihre Waren ja irgendwo einkaufen. Wenn man etwas online bestellt, dann muss das ja irgendwie ins Haus geliefert werden, also braucht man wieder den Trans­port. Man braucht die Güterbeförderung, also wird die Nachfrage nach Treibstoff höher. Damit haben wir natürlich noch einmal eine hausgemachte Preiserhöhung der Benzin­preise, denn wenn die Nachfrage so groß ist, reagiert der Markt einfach darauf. (Bundes­rat Preineder: Ab Hof beim Bauern einkaufen!) – Bitte? (Bundesrat Preineder: Ab Hof beim Bauern einkaufen! – Bundesrat Steiner: In Wien, gell! Was machen die Wiener?) – Ja, aber es hilft nichts, wenn Sie Menschen ausschließen, Menschen wollen sich etwas kaufen. (Bundesrat Spanring: Unfassbar! – Zwischenruf des Bundesrates Raggl.)

Dann beschließt man eine CO2-Bepreisung, weil man ja etwas gegen den Klimawandel tun will, trifft aber nebenbei eine Entscheidung, womit eigentlich der CO2-Wert auf Öster­reichs Straßen explodiert, weil so viele Menschen ihre Güter, die sie online bestellen, ja gerne daheim hätten. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Bundesräten Raggl, Bernard und Spanring. – Bundesrat Spanring: ... die Bauern nach Wien? Oder kommen die auch mit der U-Bahn?)

Sie haben am Freitag, am 28.1., in einer PK verkündet, dass die Regierung in Summe 1,7 Milliarden Euro in die Hand nehmen wird, um die Belastung für die Bevölkerung ab­zufedern. Circa 600 Millionen Euro sollen sofort ausbezahlt werden – sofort, muss man wissen, heißt bei dieser Regierung immer drei, vier, fünf, sechs, sieben Monate später oder wie beim Pflegebonus 1,5 Jahre später; okay, das ist Ihre Interpretation von sofort. Diese Einmalzahlung von 150 Euro klingt ja nicht schlecht. Ich würde sagen, es ist eine PR-wirksame Geste. Die Deutschen denken ja auch darüber nach und haben etwas Ähnliches beschlossen. Der Obmann der Bundesverbraucherzentrale in Deutschland hat aber gesagt, man braucht mindestens 500 Euro, um gegensteuern zu können.

Wir wissen aber: Die Regierung macht Geldgeschenke natürlich nur an Großunterneh­mer und befreundete Unternehmer. Das können wir auf der Liste von kontrast.at lesen: Der Kurz-Freund Martin Ho als Gastronom bekommt 1,7 Millionen Euro, der ÖVP-nahe René Benko 8 Millionen Euro, der Glücksspielkonzern Novomatic 2,4 Millionen Euro – alles arme Menschen –, und Starbucks – das finde ich am besten – bekommt 280-mal mehr Steuergelder von uns geschenkt, als es in Österreich überhaupt Steuern zahlt. Ja geht es noch? (Bundesrat Spanring: Das ist ein Wahnsinn! Ein Wahnsinn!) Mediamarkt kriegt 16,3 Millionen Euro, damit sie 63 Millionen Euro Dividende ausschütten können. Das ist ein total falsches Signal! Das heißt, wenn Sie den Menschen wirklich helfen wollen, dann erkundigen Sie sich einmal bei jenen, denen es wirklich sehr, sehr schlecht geht, was sie tatsächlich brauchen. Das wäre einmal richtig und wichtig. (Beifall bei der FPÖ.)

Das heißt, wir haben es zwar geschafft, dass Österreich die Nummer zwei ist, was die Förderungen im Coronabereich betrifft, aber wenn man schaut, wie wir wirtschaftlich durch die Krise gekommen sind, finden wir uns leider etwas weiter hinten.

Zu dem ganzen Übel kommt noch hinzu, dass der ORF sagt: Jetzt erhöhen wir einmal schnell die GIS-Gebühr um 8 Prozent. Jetzt frage ich Sie ernsthaft: Warum haben Sie nicht Ihre Kontakte und Ihre Netzwerke, die Sie ja sonst auch immer gerne nutzen, dazu genutzt, um diese Gebührenerhöhung zu verhindern? Das wäre einmal ein sinnvoller Lobbyismus gewesen! (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Spanring: ... hätte genügt!)

Der ORF begründet seine Zwangsgebühren ja immer damit, dass er sagt: Ja, wir haben den staatlichen Auftrag, wir müssen die Menschen neutral und wahrheitsgemäß infor­mieren. Jetzt sage ich Ihnen ein Beispiel, wie neutral - -

Vizepräsident Günther Novak: Frau Bundesrätin, bitte kommen Sie zum Ende.

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (fortsetzend): Der Journalist Andreas Wetz hat im Zuge seiner Recherchen, bei denen es um die Beratung der Experten der Regierung gegangen ist, entdeckt, dass der ORF auf dem Onlinekanal eine Stunde lang eine PK zum Thema Covid-Impfungen für Kinder übertragen hat. Als er dann weiter recherchiert hat, wer der Veranstalter ist, ist er auf Folgendes draufgekommen: Der Veranstalter war der Österreichische Verband der Impfstoffhersteller, die Moderatorin ist eine Führungs­kraft im Pfizer-Impfwesen und zusätzlich spielt sie noch eine tragende Rolle in einem Verein, der als Aufgabe hat, gutes Klima für die pharmazeutische Industrie in Europa herzustellen. (Bundesrätin Steiner-Wieser: Na bravo!) Solche Dinge überträgt der ORF. Und das ist dann neutral, wahrheitsgemäß und objektiv? Dafür soll ich meine Gebühren zahlen? (Beifall bei der FPÖ. – Bundesrat Spanring: Abmelden! Abmelden!)

Vizepräsident Günther Novak: Ich bitte um den Schlusssatz, Frau Kollegin.

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (fortsetzend): Ich muss Ihnen jetzt aber trotz­dem noch eine persönliche Geschichte erzählen, Herr Nehammer, weil - -

Vizepräsident Günther Novak: Frau Kollegin, ich bitte um den Schlusssatz, sonst rufe ich den nächsten Redner auf. (Zwischenruf des Bundesrates Steiner. – Bundesrat Span­ring: Zur Geschäftsordnung!) Ich bitte um Ihren Schlusssatz. (Bundesrat Steiner: Ak­tuelle Stunde: 10 Minuten!)

Bundesrätin Andrea Michaela Schartel (fortsetzend): Okay, 10 Minuten, gut. (Beifall bei der FPÖ. – Bundeskanzler Nehammer – in Richtung der sich zu ihrem Sitzplatz be­gebenden Bundesrätin Schartel –: Aber wir können nachher noch darüber reden!)

11.18

Vizepräsident Günther Novak: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross. Ich erteile ihm dieses.