12.27

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Bundesräte! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Zuschauergalerie und vor den Fernsehern! Sehr geehrter Herr Minister, sehr geehrte Frau Minister! Kollege Bader, ich werde Ihnen ganz kurz erklären, warum dieses Paket nicht annähernd so gut ist, wie Sie sagen, und warum Sie unsere Zustimmung dazu nicht finden werden.

Das liegt in erster Linie einmal daran, dass dieses Paket – und vor allem der erste Teil, Punkt eins, den wir verhandeln, das Ökosoziale Steuerreformgesetz – uns zeigt, wie man Gesetze nicht macht, wie man das nicht machen soll. Wenn Sie davon reden, dass damit Arbeitsplätze gesichert werden, dann gebe ich Ihnen in einem Punkt recht: Gesi­chert und geschaffen werden Arbeitsplätze in der Zunft der Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, weil das, was da gemacht wird, alleine niemand mehr verstehen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Schauen Sie sich nur, bevor Sie das Gesetz loben, den neuen § 11 im Einkommensteu­ergesetz an! Das zeigt Ihnen, wie steuerliche Bestimmungen, Abgabenbestimmungen dazu missbraucht werden, durch Unlesbarkeit und Unexekutierbarkeit ohne Beiziehung von Experten eine sogenannte lenkende Maßnahme, die in der Steuerpolitik nichts zu suchen hat, zu kreieren. Ich will aber darauf gar nicht eingehen, das ist so komplex, die Hunderten Seiten, die das Einkommensteuergesetz jetzt schon umfasst (Bundesrat Steiner: Die der Bader eh nicht versteht!), werden durch Dutzende Seiten allein im Rah­men dieser Gesetzesnovelle ausgeweitet.

Ich werde aber ein Beispiel nennen, das sehr typisch ist. Es gibt ja auch Steuererhöhun­gen, wie Sie gesagt haben, weil das Ganze ja zumindest zum Teil ein Umverteilungspa­ket ist. Nehmen wir zum Beispiel die Besteuerung von Kryptowährungen: Zur Gewinnbe­steuerung aus Kryptowährungen kann man ja beziehungsweise würde Hons Pe­tutschnig, der berühmte Blogger aus Schlatzing, sagen: Na ja, das kann man ja lassen! – Jetzt aber kommt es: Was ist eine Kryptowährung? – Jeder weiß, was es ist. Wenn es jemand definieren müsste, würde er sagen: Eine Kryptowährung ist eine digital geschaf­fene und handelbare Einheit, deren Wert in Geld ausgedrückt werden kann. – So irgend­wie würde man es sagen, das würde jeder verstehen. So denkt, versteht und handelt aber der Gesetzgeber und auch die Bundesregierung natürlich nicht. Ich werde Ihnen vorlesen, was alleine aus dieser Definition geworden ist, und dann werden wir fragen – auch den Herrn Minister –, was Ihnen dabei auffällt.

Was ist jetzt eine Kryptowährung im Deutsch der Bundesregierung und ihrer Legisten? – Also: „Eine Kryptowährung ist eine digitale Darstellung eines Werts, die von keiner Zen­tralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht zwangs­läufig an eine gesetzlich festgelegte Währung angebunden ist und die nicht den gesetz­lichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen als Tauschmittel akzeptiert wird und die auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann.“ (Ruf bei der ÖVP: Na ja, versteht ja jeder! – Zwi­schenbemerkung von Bundesminister Brunner. – Zwischenruf des Bundesrates Prein­eder.) – Das versteht jeder.

Jetzt frage ich Sie, Herr Minister – wenn Sie sich schon einmischen, muss ich Sie das fragen –: Was fällt Ihnen dabei auf? Fällt Ihnen bei diesem Text etwas auf? (Bundesmi­nister Brunner: Sie sagen es mir ...!) – Ja, dann werde ich es Ihnen sagen: Das sind ja lauter Unds, also kumulativ, es muss alles zutreffen, damit man von einer Kryptowährung sprechen kann – da werden Sie mir recht geben.

Nehmen wir einmal diesen einen Halbsatz, das ist, glaube ich, der vierte Halbsatz von diesen insgesamt neun, heraus, der heißt: „und die nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt“. – Was fällt Ihnen bei diesem Halbsatz auf? Noch immer nichts? Dann sage ich Ihnen etwas: Seit September 2021 zum Beispiel ist die Krypto­währung Bitcoin in El Salvador neben dem Dollar gesetzliche Währung. Es gibt sogar einen staatlichen Garantiefonds, der das Kursrisiko abdeckt. Was heißt das also? – Bit­coin, die Kryptowährung, die in Österreich über 60 Prozent aller Umsätze mit sogenann­ten Kryptogeldern oder Kryptowährungen ausmacht, ist von dieser Regelung überhaupt nicht umfasst.

Sie machen eine Regelung, die alle kleinen, unbedeutenden – vielleicht auch die NFTs – umfasst, aber nicht die einzig wichtige Kryptowährung, nämlich den Bitcoin. Jetzt frage ich mich: Was soll denn das? Das ist ja keine Neuigkeit, dass Sie sagen könnten: Ah, das habe ich gestern erst in der Zeitung gelesen, dass das eingeführt wurde! – Ich habe es mir angeschaut: Bereits am 11. Juni 2021 wurde dieses Gesetz in El Salvador vom dortigen Kongress verabschiedet, und niemandem ist das aufgefallen.

Was kann ich dazu sagen? – Vielleicht eines noch – es ist ja lustig –: Die Bestimmungen über das Inkrafttreten sind auch interessant, sie sind in § 124b geregelt. Wissen Sie, wie viele Ziffern in diesem § 124b – ich spreche vom Einkommensteuergesetz – bereits exis­tieren? – Da muss ich selbst schauen: Es sind 382. Also allein der eingeschobene § 124b hat schon 382 Ziffern. Und damit es nicht zu einfach wird, werden diesen 382 Ziffern jetzt die Ziffern 383 bis 394 hinzugefügt.

Jetzt kann man sagen: Na ja, die Besteuerung von Kryptowährungen – abgesehen da­von, dass sie aufgrund der Formulierung, die Sie gewählt haben, ohnehin ein Witz ist – muss ja irgendwann beginnen und die könnte man ja einfach regeln. Man könnte sagen, sie betrifft Erträge aus Kryptowährungen, die vor dem 1. März 2021 angeschafft und nach dem 28.2.2022 ertragswirksam veräußert wurden. Das könnte man so regeln, dann würden die Bürger das vielleicht verstehen und es wäre ein bisschen kürzer.

Wie aber haben Sie das geregelt? – Ich muss Ihnen das einfach vorlesen, damit Sie sehen, in welcher Weise da der Irrsinn in die Legistik eingezogen ist, also von El Salva­dor überhaupt abgesehen. Es heißt: „Werden Kryptowährungen, die vor dem 1. März 2021 angeschafft wurden, nach dem 28. Februar 2022 zur Erzielung laufender Einkünfte aus Kryptowährungen gemäß § 27b Abs. 2 oder zum Erwerb von Kryptowährungen ge­mäß § 27b Abs. 2 zweiter Satz verwendet, ist bereits § 27b Abs. 2 anzuwenden und die erworbenen Kryptowährungen gelten als nach dem 28. Februar 2021 angeschafft. [...] Wer­den Kryptowährungen nach dem 31. Dezember 2021 und vor dem 1. März 2022 steuer­pflichtig realisiert, können die Einkünfte auf Antrag des Steuerpflichtigen bereits als Ein­künfte im Sinne des § 27b behandelt werden.“

Alles verstanden? Ich glaube, ein Kommentar ist überflüssig. Zustimmung zu einer sol­chen Bestimmung wird es unsererseits sicher nicht geben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.34

Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Elisabeth Kittl. – Bitte.