12.54

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Frau Präsidentin, herzli­chen Glückwunsch auch noch von meiner Seite! Liebe Damen und Herren Bundesräte und Bundesrätinnen! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, diese ökosoziale Steuerreform ist natürlich eines der zentralen Projekte die­ser Bundesregierung, und ich bin wirklich froh und dankbar, dass wir diesen Meilenstein heute auch im Bundesrat beschließen können. Landläufig wird immer gesagt: Es wurde eh im Nationalrat schon beschlossen und daher ist es durch! Ich bestehe immer darauf, darauf zu verweisen, dass es erst durch ist, wenn es im Bundesrat durch ist, und nicht vorher. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Schreuder.)

Ich möchte mich zu Beginn wirklich auch bei den Expertinnen und Experten bedanken, sowohl bei jenen im Finanzministerium, die sich in den letzten Monaten intensiv damit beschäftigt, eingesetzt haben, Unglaubliches geleistet haben, als auch bei jenen in den Ressorts unseres Koalitionspartners, die ebenfalls ihre Expertise eingebracht und die­sem riesigen Projekt auch zur Umsetzung verholfen haben.

In der Politik spricht man natürlich immer gern über Superlative. Ich bin normalerweise ein trockener Alemanne, aber ich glaube, das kann man wirklich als Superlativ betrach­ten und diese ökosoziale Steuerreform verdient diese Superlative sicher zu Recht. (Zwischenruf der Bundesrätin Grossmann.) – Lassen Sie mich aber über die Fakten reden, Frau Kollegin, das tue ich lieber, und ich komme dabei natürlich gerne auch auf ein paar Punkte, die Sie erwähnt haben, zurück!

Fakt ist auf der einen Seite, dass diese Reform mitsamt den ökologischen Anreizen die Österreicherinnen und Österreicher mit über 18 Milliarden Euro bis 2025 entlasten wird. Das ist Fakt, das sagen uns natürlich auch alle Expertinnen und Experten, auch der Budgetdienst des Parlaments übrigens. Das bestätigen uns aber auch Wirtschaftsfor­scher, die Expertinnen und Experten sowohl national als auch international, Wifo, IHS, Währungsfonds, OECD – also wenn man denen keinen Glauben schenkt, weiß ich auch nicht mehr.

Auch der internationale Vergleich macht uns sicher. Das ist auch Fakt: Andere Staaten in Europa erhöhen die Steuern, wir senken sie; dafür sind wir auch angetreten. Wir senken die Steuern. Und es gibt auch vereinzelt Staaten, die auf Österreich schauen, intensiv auf diese Steuerreform schauen und sich an diesem Beispiel Österreich, gerade was das Ökologische und Soziale betrifft – und darauf komme ich auch noch zu spre­chen –, orientieren wollen.

In Deutschland – Faktor zehn – ist eine Steuerreform mit 30 Milliarden Euro geplant; Kollege Bader hat das erwähnt. Das ist wirklich beeindruckend. Ich konnte vorletzte Wo­che Christian Lindner aus Deutschland treffen, der eigentlich sorgenvoll nach Österreich blickt, sorgenvoll aus seiner Sicht, weil ihn das natürlich auch unter Druck setzt (Heiter­keit der Bundesrätin Schumann) und auch viele Unternehmen aus Deutschland überle­gen lässt, ihre unternehmerische Tätigkeit nach Österreich zu verlegen. Das ist also schon etwas, und das wird natürlich auch international so gesehen.

Fakt ist aber auch, dass Österreich wesentlich besser durch die Krise kommt als viele vergleichbare Staaten. Wir haben im vergangenen Jahr trotz der Pandemie einen wirt­schaftlichen Aufschwung erlebt, eine wirtschaftliche Erholung erlebt und wollen unter anderem mit dieser ökosozialen Steuerreform diesen Aufschwung nützen und nachhaltig festigen. Darum geht es natürlich auch.

Deshalb bieten wir auf der einen Seite unseren Unternehmen zusätzliche Möglichkeiten, Arbeitsplätze zu schaffen, Wohlstand in unserem Land zu erhalten. Wenn ich wieder die Expertinnen und Experten des Wifo zitieren darf: Die Wirtschaft wächst in diesem Jahr um über 5 Prozent, und ein 1 Prozent davon – 1 Prozent davon, das ist gewaltig! – ist auf die ökosoziale Steuerreform zurückzuführen. Das sind Zahlen, die man einfach auch nicht negieren kann, und das sind auch sehr erfreuliche Aussichten.

Auch da ist zu sagen: Das behaupte nicht ich. Der Politik wird immer vorgeworfen, Selbstlob zu betreiben, aber das behaupten nicht nur wir, sondern das sagen uns eben sämtliche renommierte Wirtschaftsforschungsinstitute national und auch international: 1 Prozent von diesen 5 Prozent Wachstum aufgrund der Steuerreform – das sind 30 000 Personen zusätzlich, die aufgrund dieser ökosozialen Steuerreform Arbeit finden werden.

Weil auch immer von der kalten Progression gesprochen wird – dieses Thema ist natür­lich ein interessantes; es wurde eh schon erwähnt –: Die Abschaffung der kalten Pro­gression nützt natürlich hauptsächlich den Besserverdienern – darum verstehe ich gera­de bei der Sozialdemokratie dieses Argument eigentlich nicht –, und wir haben uns eben dazu entschlossen, Geringverdiener als Erstes zu entlasten. (Bundesrätin Schumann: Genau!) Das ist ja der Sinn dieser Steuerreform, deswegen nicht die Abschaffung der kalten Progression in diesem Zusammenhang, sondern ein viel größeres Volumen, mit dem wir eben die niederste Einkommensstufe bereits entlastet haben; mit der zweiten und der dritten Stufe gehen wir noch einen Schritt.

Da können eben auch Schwerpunkte gesetzt werden. Das tun wir mit dieser Steuerre­form, das könnte man mit der Abschaffung der kalten Progression eben nicht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) – Danke. Wir setzen diese Schwerpunkte, indem wir ökologische Maßnahmen unterstützen, anreizen, indem wir die Geringverdiener am meisten entlas­ten. Das sind die Anreize, die wir setzen, das sind die Maßnahmen, die wir setzen, das sind die Schwerpunkte, die wir setzen. Das könnte man mit der Abschaffung der kalten Progression in diesem Ausmaß nicht tun.

Wir haben uns in der jetzigen Situation entschieden, Schwerpunkte zu setzen. Was sind die Schwerpunkte in dieser Steuerreform? – Das ist zum einen, dass wir arbeitende Menschen und Familien entlasten wollen; das ist zum Zweiten, dass wir den Standort Österreich, den Wirtschaftsstandort Österreich auch nachhaltig stärken wollen; und das sind eben auch Anreize für umweltfreundliches Verhalten, die wir mit dieser Steuerre­form setzen.

Über die CO2-Bepreisung wird viel diskutiert: Ist der Preis zu hoch? Ist er zu nieder? – Darüber kann man natürlich diskutieren. Was die CO2-Bepreisung betrifft, behauptet ja auch niemand, dass die Steuerreform das Allheilmittel für die Ökologisierung insgesamt ist. Das ist ein wichtiger Teil, aber es wird natürlich andere Teile geben und hat schon andere Teile gegeben, die für diese Transformation auch sehr, sehr notwendig sind. Mit der CO2-Bepreisung verändern wir aber das Steuersystem von Grund auf, belohnen also umweltfreundliches Verhalten und auch Investitionen in die Ökologisierung.

Wie gesagt, man kann über die Höhe des Preises trefflich diskutieren. Warum haben wir 30 Euro gewählt? – Auf der einen Seite leben wir in der Mitte Europas. Die deutschen Nachbarn haben 30 Euro, sind niedriger eingestiegen, sind jetzt bei 30 Euro gelandet – das ist einmal ein wesentlicher Punkt. Zum Zweiten müssen wir auch die Lebensrealitä­ten der Menschen berücksichtigen, das Soziale berücksichtigen – das ist ja genau das Ökologische und Soziale dieser Steuerreform.

Klar ist auch, dass jeder Preis einen Lenkungseffekt hat, wenn die Begleitmaßnahmen entsprechend stimmen, also der Ausbau der Infrastruktur im öffentlichen Verkehr – da wird extrem viel investiert, so viel wie noch nie in dieser Zweiten Republik – und natürlich auch das Schaffen von Angeboten für jeden Einzelnen, um umsteigen zu können, Stich­wort Klimaticket. Darauf wird die Frau Bundesministerin sicher noch eingehen. Also wenn die Begleitmaßnahmen stimmen, wenn man umsteigen kann, dann hat jeder Preis einen Lenkungseffekt, und dieser Preis ist ein realistischer, ein fairer, und deswegen sind wir diesen Weg gegangen.

Wir müssen ja, wenn wir die grüne Transformation, die ökologische Transformation schaffen wollen, die Menschen mitnehmen, die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen. Wir können doch nicht über die Köpfe der Menschen hinweg irgendwelche Maßnahmen setzen. Wir müssen sie mitnehmen, weil diese Transformation nur gemeinsam gelingen kann, mit den Bürgern, mit den Unternehmen. Nur dann haben wir eine Chance. Wir wollen keine Gelbwestenzustände wie in Frankreich, wir wollen keine negative Abstim­mung wie in der Schweiz. Nein, wir wollen die Bürgerinnen und Bürger auf diesem Weg mitnehmen, und deswegen ist dieser soziale Bereich auch so wichtig. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Auf die einzelnen Maßnahmen erlaube ich mir, jetzt nicht mehr so im Detail einzugehen, diese wurden von den Vorrednerinnen und Vorrednern bereits erwähnt, auch vom Kollegen von den NEOS, der die einzelnen Maßnahmen ja durchgegangen ist. – Vielen Dank, danke auch für die sachliche Auseinandersetzung, denn man kann bei manchen Maßnahmen dafür oder dagegen sein, man muss fairerweise aber auch dazusagen, wenn etwas positiv ist, also danke für diesen sachlichen Zugang.

Es ist uns wichtig, die Lohn- und Einkommensbereiche zu entlasten. Da ist – und da sieht man auch, wie ernst wir den Begutachtungsprozess genommen haben – vonseiten der Sozialpartner, auch vonseiten der Sozialdemokratie gekommen, dass die Entlastung mit erst Mitte des Jahres zu spät ist. Darauf haben wir reagiert und haben einen Misch­steuersatz eingeführt, damit die Entlastung rückwirkend bereits mit 1.1. dieses Jahres in Kraft tritt und die Menschen in Österreich das auch sofort spüren. Danke für diesen Hin­weis, den wir sehr gerne aufgenommen haben.

Weil es mir auch wichtig ist, diesen sozialen Teil noch einmal herauszustreichen: Wir haben natürlich die kleinen Einkommen und die Pensionen entlastet. Das ist auch ganz entscheidend, darauf haben wir einen Fokus gelegt. Der Zuschlag zum Verkehrsabsetz­betrag wurde bereits inhaltlich erwähnt, auch der Pensionistenabsetzbetrag, der erhöht worden ist. Diese erhöhten Absetzbeträge für Geringverdiener werden auch sofort spür­bar, auch das werden wir rückwirkend mit 1.1. machen, das wird in der Veranla­gung 2021 berücksichtigt. Das, liebe Frau Kollegin (in Richtung Bundesrätin Gross­mann), das ist sozial! Genau das ist eben sozial und darauf sind wir auch stolz.

Auch die Familien profitieren: Die Familien profitieren auf der einen Seite durch den Fa­milienbonus Plus, aber – und das wurde ein bisschen falsch dargestellt (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann) – es profitieren natürlich auch Eltern, die wenig oder gar keine Lohn- und Einkommensteuer zahlen, indem wir den Kindermehrbetrag erhöhen und die­ser nicht mehr nur für Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher gilt, sondern auch für Fami­lien. (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Schumann.) Also wenn das nicht sozial und familienfreundlich ist, dann weiß ich auch nicht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir schaffen den Ausgleich schon, auch den sozialen Ausgleich. Diese Steuerreform ist sowohl ökologisch als auch sozial.

Vielleicht darf ich auch noch auf zwei Kritikpunkte eingehen. Dr. Hübner, danke für die Vorlesung und auch für die Einblicke, wie es in El Salvador so zugeht. Erstens einmal ist jeder Experte, jede Expertin sehr froh über diese Regelung, weil es endlich auch eine Regelung gibt, weil es auch Klarheit in diesem Bereich schafft. Bei den Kryptowährungen geht es ja nicht darum, ob sie ein Staat akzeptiert oder nicht – um das geht es nicht –, sondern es geht darum, dass sie von einer Zentralbank emittiert werden. Das ist eigent­lich das Entscheidende. Unsere Formulierung entspricht auch den geldwäscherechtli­chen Vorgaben, darauf muss man natürlich auch Rücksicht nehmen, und deswegen ist, glaube ich, auch diese Regelung eine sehr, sehr gute. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn ich noch kurz auf die Diskussion über die Körperschaftsteuer eingehen darf, liebe Kolleginnen und Kollegen vor allem von der Sozialdemokratie. Es wird natürlich immer wieder kritisiert: Wir gehen von 25 Prozent um 2 Prozent runter. Jetzt muss man aber wissen: Diese 25 Prozent gelten seit 2005. Seit 2005 gelten diese 25 Prozent, und die Welt, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat sich verändert, hat sich weiterentwickelt, und darauf müssen wir natürlich auch reagieren. Und ich sage Ihnen auch, warum wir re­agieren müssen: Fast alle unsere Nachbarländer haben die Körperschaftsteuersätze ge­senkt. Der durchschnittliche Körperschaftsteuersatz in der EU liegt bei 21,5 Prozent – bei 21,5 Prozent! Wir senken die Körperschaftsteuer auf 23 Prozent, und das ist für aus­ländische Investoren, für den Wirtschaftsstandort Österreich natürlich ganz entschei­dend. Das ist ein sehr wichtiger Faktor für die Standortwahl und dadurch auch für zu­sätzliche Arbeitsplätze, die in Österreich geschaffen werden.

Also es überrascht ein wenig aus meiner Sicht (Bundesrätin Schumann: Nein, es über­rascht nicht!), wenn gerade diese Maßnahmen hier kritisiert werden, und es überrascht weniger, dass unsere deutschen Nachbarn mit Sorgenfalten nach Österreich blicken (Heiterkeit der Bundesrätin Schumann), weil sie befürchten, dass deutsche Unterneh­men nach Österreich abwandern könnten, und viele Unternehmen überlegen sich das natürlich auch tatsächlich. Das bringt eben Arbeitsplätze, das bringt übrigens auch Steu­ereinnahmen. Interessanterweise sind die Steuereinnahmen über die Körperschaftsteu­er extrem gestiegen, um 55 Prozent in den letzten Jahren, und trotz der Senkung rech­nen unsere Expertinnen und Experten in Österreich damit, dass die Einnahmen sogar noch steigen werden.

Damit komme ich zur Finanzierung einer Steuerreform: Eine intelligente Steuerreform sollte sich von selbst tragen, und das mit genau solchen Maßnahmen. Mit dann schluss­endlich höheren Steuereinnahmen wird sich diese Steuerreform auch finanzieren und auch mit dem Wachstum, zu dem die Steuerreform 1 Prozent von diesen über 5 Prozent beitragen wird.

Zusammengefasst: Die Fakten sprechen, glaube ich, eine sehr eindeutige Sprache, ein Volumen von über 18 Milliarden Euro – netto übrigens, trotz der CO2-Bepreisung –, mas­sive Entlastung in allen Bereichen – Familien, arbeitende Menschen und Unternehmen –, und wir leisten mit dieser ökosozialen Steuerreform auch einen wesentlichen Beitrag für die ökologische Wende und stärken dadurch auch den Standort Österreich. Das ist uns wichtig und ich bedanke mich jetzt schon für die Unterstützung und für hoffentlich eine breite Mehrheit im Bundesrat. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.09

Vizepräsidentin Sonja Zwazl: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesminister Leonore Gewessler zu Wort gemeldet. – Ich bitte darum.