13.46

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin, auch von meiner Seite herzliche Gratulation zur Präsidentschaft! Ich freue mich auch sehr über die Schwerpunkte im Bereich Elementarbildung, Frauen, Pensionen und Pfle­ge, die Sie genannt haben. Herzlichen Dank dafür.

Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Zuseherinnen und Zu­seher! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich muss mich jetzt doch auch noch zu diesem Tagesordnungspunkt melden, und zwar als Wienerin. Ich bin Wiener Bundesrä­tin, und wir haben als BundesrätInnen den Auftrag, alle Gesetzesvorhaben, die wir hier in diesem Haus beschließen sollen, durch die Brille unseres Bundeslandes zu bewerten und deren Nutzen und Auswirkungen für unser Heimatbundesland und die Bevölke­rung – in diesem Fall von Wien – zu prüfen. Und da ist mir jetzt leider nichts anderes übrig geblieben, als hier herauszukommen und das von dieser Seite noch einmal zu bewerten.

Vorneweg, damit kein Missverständnis entsteht: Natürlich ist es absolut an der Zeit und notwendig, Maßnahmen für das Klima zu setzen, natürlich ist es absolut notwendig, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, und zwar nicht nur bei Privatverbrauchern, sondern genau­so bei den großen Verursachern, den großen Unternehmen, den großen Schiffstankern, der Luftfahrt und so weiter, und natürlich ist es dringend notwendig, im ganzen Land den Ausbau des öffentlichen Verkehrs voranzutreiben.

Nun schlägt uns die Bundesregierung heute im Zuge dieser ökosozialen Steuerreform unter anderem einen Klimabonus vor, der die Mehrbelastung durch die CO2-Steuer für die Bevölkerung mit ebendiesem Klimabonus abmildern soll. Sprich: Höhere Verkehrs­kosten, ein höheres Verkehrsaufkommen in ländlichen Regionen, die durch mehr Auto­fahrten entstehen, weil dort der öffentliche Verkehr, die Infrastruktur schlechter ausge­baut sind und man eher ein Auto braucht, sollen abgemildert werden. Und es stimmt: In ländlichen Regionen gibt es, gerade was den öffentlichen Verkehr betrifft, großen Aufhol­bedarf.

Man teilt die Bevölkerung, abhängig eben von dieser Infrastruktur und dem öffentlichen Verkehr, in vier Bonusstufen ein. Dabei orientiert man sich an der Postleitzahl der Men­schen. Die Bundesregierung meint weiters – und das ist für mich ein entscheidender Punkt –, dass man entsprechend der Postleitzahl von Menschen ganz pauschal alle Wie­nerInnen – und das in dem Fall als einziges Bundesland – in die niedrigste Bonusstufe einordnen kann. Es gibt weitere Städte in unserem Land, deren Bewohner aber in die zweite Stufe eingeordnet werden, und Menschen im ländlichen Raum rangieren in der höchsten Stufe.

Mein Kollege Arlamovsky hat es bereits ausgeführt: Es gibt erste Verfassungsexperten, die bezweifeln, dass diese Pauschalisierung verfassungskonform ist, weil das sachlich so nicht begründbar ist. Eine Postleitzahl alleine kann kein Argument sein und kann nicht als Merkmal herangezogen werden. Vielmehr dürfte es unterschiedliche Klimasteuern nur für Gruppen geben, die ein unterschiedliches Verhalten in Bezug auf die Klimabelas­tung aufweisen, also beispielsweise wenn man Autofahrer im Vergleich zu Autolosen, Ölheizer zu Solarheizern, Vielflieger zu Fußgängern abwägt.

Jetzt kommt noch dazu, dass wir in Wien, und darauf sind wir sehr stolz, ein exzellentes Öffinetz haben. Es muss ja eigentlich das Ziel in ganz Österreich sein, dass Menschen auf ein Öffinetz zugreifen können (Bundesrätin Schumann: Sollte man glauben, ge­nau!), aber das behaupten natürlich auch andere Städte: Graz, Linz, Innsbruck, Salzburg haben auch ein Öffinetz und dennoch werden sie anders behandelt als Wien. Wir haben heute immer wieder von der Frau Ministerin, vom Herrn Minister, von einigen Kollegen gehört, es sei Ziel, die Bevölkerung zu entlasten und klimafreundliches Verhalten zu be­lohnen. Jetzt frage ich mich als Wienerin: Was sollen wir davon halten? (Bundesrätin Schumann: Ja, genau! – Heiterkeit bei der SPÖ.) Wir fahren Öffis, wir fahren weniger mit dem Auto und werden tatsächlich dafür bestraft, indem nämlich alle Wiener pauschal nur 100 Euro bekommen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Arlamovsky.)

Ich meine, dass wir Wiener immer wieder in der Geschichte durch Maßnahmen der Bun­desregierung benachteiligt werden (Zwischenbemerkung von Bundesminister Brunner), sind wir schon ein bisschen gewohnt (Heiterkeit bei der ÖVP – Bundesrätin Schumann: Also die Tourismusministerin ist da ein bestes Beispiel! Tourismus, Frau Köstinger, dan­ke!), muss man auch in diesem Fall akzeptieren. Sie werden aber verstehen, dass wir Wiener das so nicht stehen lassen können, dass wir in Bausch und Bogen benachteiligt werden und dass wir auch diesen Lenkungseffekt nicht verstehen, der da mitverbreitet wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt bin ich aber natürlich nicht nur wehleidig, sondern möchte hier auch stolz einbrin­gen, dass die Wiener Stadtregierung vor wenigen Tagen, und daran können sich gerne auch die Bundesregierung und andere Bundesländer ein Beispiel nehmen, ein sehr um­fassendes Klimapaket, einen Klimafahrplan mit 100 einzelnen Maßnahmen mit dem Ziel ausgearbeitet hat: Wien wird bis 2040 klimaneutral. Das stimmt, das klingt ambitioniert, das ist ambitioniert, aber wir wissen auch, dass wir uns dieser Herausforderung stellen müssen, das eint uns wahrscheinlich auch hier.

Ich werde hier nicht alle 100 Maßnahmen auflisten, keine Sorge, man kann das nachle­sen, aber es geht zum Beispiel darum, dass wir den Strombedarf in Wien zur Gänze durch erneuerbare Energieträger decken wollen, dass wir bei jedem Neubau in Wien verpflichtend Fotovoltaikanlagen installieren werden und dass wir 1 Milliarde Euro für Gebäudesanierung im Jahr einsetzen werden, was wiederum Jobs bringt und vieles mehr. Darauf sind wir stolz und daran werden wir arbeiten.

Was man bei dieser ganzen Debatte nie aus den Augen verlieren darf – die Frau Minis­terin hat auch vom ökologischen Fußabdruck gesprochen –, ist nämlich die Frage: Wer verursacht die meisten Abgase? – Wir wissen aus zahlreichen Studien, dass es natürlich einen Unterschied macht, welches Einkommen man hat, und dass Reiche durch ihren Lebenswandel und ihren Ressourcenverbrauch zigmal mehr CO2-Austoß verursachen als normale BürgerInnen. (Rufe und Gegenrufe zwischen BundesrätInnen von Grünen und SPÖ.) Daher müssen sie auch zur Verantwortung gezogen werden. Das ist offen­sichtlich (Heiterkeit der Rednerin) ein emotionales Thema. (Bundesrat Raggl: Das sind aber die eigenen Leute! – Bundesrat Bader: Das sind die Eigenen! – Ruf bei der SPÖ: Ist ja wurst! Ihr macht ja nichts!)

Ich möchte noch einen Aspekt aus der Armutskonferenz einbringen. Sie fordert nämlich einen einkommensabhängigen Ökobonus, der die soziale Belastung ausgleichen könnte, denn man weiß auch, dass Reichere nicht nur mehr CO2 produzieren, sondern dass ärmere Menschen zusätzlich unter den Folgen des Klimawandels mehr leiden und des­halb auch mehr entlastet werden müssen.

Diese bestehende Ungerechtigkeit im Bereich des Klimawandels wird jetzt natürlich durch diese dramatische Teuerungswelle verstärkt, die heute schon mehrfach Thema war, die auch Landeshauptmann Wallner angesprochen hat. Was die Teuerung und die ökosoziale Steuerreform betrifft, die so sozial zu sein scheint, wie behauptet wird, werden wir diese sehr genau beobachten und in ein paar Monaten die Regierung daran messen, wie Armut dadurch auch reduziert werden wird. Wir sind zugegebenermaßen skeptisch, da uns alle, die in diesem Bereich tätig sind, aufzeigen, wie die Armut von Tag zu Tag steigt. Wir hoffen, wir würden uns wünschen, dass diese Maßnahmen wirken.

Wir als SPÖ haben schon seit Monaten gefordert, auf diese drohende Inflation, die jetzt da ist, und diese Energiekostensteigerung, Lebensmittelpreissteigerung, Mietkostenstei­gerung zu reagieren, hier ein großes Paket vorzulegen und diese Teuerung abzufangen. Wir haben verschiedenste Vorschläge wie die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Strom und Gas, einen Winterzuschuss von 300 Euro und so weiter gemacht. Es ist dringend an der Zeit, hier massiv gegenzusteuern. Ich denke, Sie haben jetzt auch verstanden, dass wir aus Wiener Sicht diesem Entwurf nicht zustimmen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.56

Präsidentin Mag. Christine Schwarz-Fuchs: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Bundesrat Martin Preineder zu Wort gemeldet. – Bitte.