6895 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 13. November 2003 betreffend ein Bundesgesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz - AußStrG)

Der vorliegende Beschluss des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, dass das in seinen Grundzügen aus dem Jahr 1854 stammende Außerstreitgesetz vor allem in seinem mit 19 Paragraphen äußerst knapp und lückenhaft geregelten allgemeinen Teil nicht mehr den Anforderungen an eine moderne, der Rechtsstaatlichkeit verpflichtete Verfahrensordnung entspricht. Die bestehenden Regelungsdefizite wurden von der Rechtsprechung durch Analogie zur Zivilprozessordnung zu lösen versucht, was dazu geführt hat, dass große Bereiche der Regelungsaufgaben nicht vom Gesetz, sondern von der Praxis der Gerichte übernommen wurden. Eine Vorgangsweise, die im Licht des Art. 18 B-VG und des Art. 6 EMRK nicht unproblematisch ist.

Dies fällt umso schwerer ins Gewicht, als im außerstreitigen Verfahren, dem eine Vielzahl unterschiedlichster Materien zugewiesen wurde, zum überwiegenden Teil jene Rechtsbeziehungen zu regeln beziehungsweise zu entscheiden sind, die die Kernbereiche des Privat- und Familienlebens betreffen.

Es soll daher eine moderne, den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit, aber auch dem besonders hilfeorientierten und friedensrichterlichen Charakter des Außerstreitverfahrens Rechnung tragende, eigenständige Verfahrensordnung geschaffen werden, die insbesondere auch geeignet ist, die Lebensverhältnisse des Alltagslebens zukunftsorientiert zu regeln.

Im Zuge einer Gesamtreform des Außerstreitgesetzes werden die bestehenden Regelungsdefizite beseitigt, indem den Anforderungen des Art. 6 EMRK genügende Bestimmungen über die Sicherstellung des rechtlichen Gehörs, das Beweisverfahren, das Rechtsmittelverfahren ebenso vorgesehen werden wie die Umschreibung des Parteibegriffes und die Einführung der Rechtsinstitute der Unterbrechung, des Ruhens und des Innehaltens des Verfahrens sowie des Abänderungsverfahrens.

Erstmals werden generelle Regelungen über die Vertretungspflicht und den Kostenersatz eingeführt.

Unter Beachtung der Verfahrensvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung werden vor allem auch die im Besonderen Teil des Außerstreitgesetzes geregelten Verfahren moderner gefasst und der Rechtsweg für Angelegenheiten, die bisher teils im außerstreitigen, teils im streitigen Verfahren zu erledigen waren, zur Gänze in das Außerstreitverfahren übernommen. Dies betrifft vor allem die Integration des bisherigen Erbrechtsstreits als Verfahren über das Erbrecht in das Verlassenschaftsverfahren, die Abstammungsverfahren und die Verfahren über den gesetzlichen Unterhalt zwischen in gerader Linie verwandter Personen.

Das vorgeschlagene Außerstreitverfahrensgesetz wird zum Teil wegen des verbesserten Rechtsschutzes einen höheren Verfahrensaufwand erfordern, teilweise sind die neuen Bestimmungen aber auch auf Vereinfachung des Verfahrens und Entlastung der Gerichte angelegt. In welcher Relation sich diese Maßnahmen konkret auswirken, lässt sich im Voraus nicht zuverlässig abschätzen. Es soll daher einige Zeit nach In-Kraft-Treten eine Evaluierung der Auswirkungen des neuen Außerstreitverfahrens im Hinblick auf die Veränderungen in der Auslastung der Gerichte durchgeführt werden.

 

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 24. November 2003 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2003 11 24

Dr. Robert Aspöck            Dr. Elisabeth Hlavac

       Berichterstatter             Vorsitzende