7290 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz

über den Beschluss des Nationalrates vom 12. Mai 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz, das Impfschadengesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz und das Bundesberufungskommissionsgesetz geändert werden (Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2005 - VRÄG 2005)

Neben dem Sozialversicherungsrecht und der Sozialhilfe ist das Sozialentschädigungsrecht ein wichtiger Bestandteil des Sozialrechts.

Allerdings hat das Sozialentschädigungsrecht – im Gegensatz zur Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland – keine einheitliche gesetzliche Grundlage. Innerhalb des Sozialentschädigungsrechts bestehen Unterschiede im System, im Leistungsrecht und im Verfahren.

Durch diesen Gesetzesbeschluss wird ein weiterer wesentlicher Schritt zur Vereinheitlichung des Verfahrens und der Mindestsicherung gesetzt. Durch diese Maßnahmen wird auch eine weitgehende Gleichbehandlung von Verbrechensopfern und Impfgeschädigten gewährleistet.

Im einzelnen enthält der gegenständliche Beschluss des Nationalrates folgende Änderungen:

-       Hoheitliche Vollziehung des Verbrechensopfergesetzes mit Anwendung der Verfahrensbestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes und Normierung eines kostenlosen Rechtszuges an die für Sozialentschädigungsangelegenheiten zuständige Bundesberufungskommission.

-       Gewährung einer einkommensabhängigen Zusatzleistung zur Mindestsicherung für Opfer von Verbrechen und deren Hinterbliebene.

-       Ausdehnung des bestehenden Anspruches auf Psychotherapie nach dem Verbrechensopfergesetzes sowohl bei den Opfern als auch bei den Hinterbliebenen.

-       Verbesserungen im Bereich der Heilfürsorge und der Rehabilitation nach dem Verbrechensopfergesetz durch Übernahme von kausalen Kostenbeteiligungen und Rezeptgebühren des Opfers.

-       Umsetzung der Richtlinie des Rates der Europäischen Union zur Entschädigung der Opfer von Straftaten.

-       Normierung einer pauschalierten Bemessungsgrundlage der Beschädigtenrente im Impfschadengesetz für alle schwer geschädigten Kinder, bei denen keine Ausbildung festgestellt werden kann.

-       Entfall der Verjährungsbestimmungen im Impfschadengesetz.

-       Aufrundung der Beträge der Kriegsgefangenenentschädigung.

-       Klarstellungen in den Sozialentschädigungsgesetzen.

Der vorliegende Gesetzesbeschluss stützt sich kompetenzrechtlich hinsichtlich der Art. 2 bis 4 und 7 auf Art. 10 Abs. 1 Z 12 und 15 B-VG, hinsichtlich des Art. 5 auf Art. I des BGBl. Nr. 77/1957 und hinsichtlich Art. 6 auf Art. 10 Abs. 1 Z 16 B-VG.

Das Verbrechensopfergesetz (Art. 1) wird derzeit im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung gemäß Art. 17 B-VG vollzogen. Die nunmehr vorgesehene hoheitliche Vollziehung durch Verwaltungsbehörden mit Einräumung eines Instanzenzuges an Stelle der bisherigen ausschließlichen Möglichkeit einer zivilrechtlichen Klage gegen den Bund erfordert eine eigenständige Verfassungsbestimmung (Art. 1 Ziffern 1 und 8), da eine verfassungsrechtliche Bundeskompetenz für Gesetzgebung und Vollziehung dieses Bereiches im Rahmen der Hoheitsverwaltung nicht gegeben ist.

Auf Verwaltungsebene soll die Vollziehung des Verbrechensopfergesetzes in erster Instanz weiterhin durch das Bundessozialamt und seine Landesstellen erfolgen. Berufungsinstanz soll die – schon gegenwärtig mit Sozialentschädigungsangelegenheiten betraute – Bundesberufungskommission (Bundesbehörde) werden. Nach Art. 102 Abs. 2 B-VG können bestimmte dort näher genannte Angelegenheiten abgehend von der mittelbaren Bundesverwaltung unmittelbar von Bundesbehörden vollzogen werden. Die Vollziehung des Verbrechensopfergesetzes ist in Art. 102 Abs. 2 B-VG allerdings nicht genannt. Die Festlegung der dargelegten Behördenzuständigkeiten könnte folglich gemäß Art. 102 Abs. 4 B-VG auf einfachgesetzlichem Weg mit Zustimmung aller Länder erfolgen. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit und da schon allein die Übertragung der Gesetzgebungskompetenz für die vorgesehenen Maßnahmen an den Bund einer Verfassungsbestimmung bedarf, soll an Stelle der Einholung der Zustimmung jedes einzelnen Landes auch die Übertragung der Vollziehung an Bundesbehörden im Bereich der Länder durch Verfassungsbestimmung erfolgen. Hiefür ist eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG erforderlich. Dadurch wird sichergestellt, dass die Interessen der Länder entsprechend gewahrt sind.

Der Ausschuss für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage am 23. Mai 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,

1.             gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2.             dem Beschluss des Nationalrates im Sinne des Artikel 44 Absatz 2 B‑VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Wien, 2005 05 23

Ana Blatnik               Roswitha Bachner

    Berichterstatterin             Vorsitzende