7317 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus

über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juni 2005 betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

Die Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen haben am 27. April 2005 einen Antrag im Nationalrat betreffend eine Änderung der Bundesverfassung und zwar des Art. 36 Abs. 2 B-VG gestellt, womit der Vorsitzende des Bundesrates vom Bundesrat selbst aus dem Kreis der Bundesräte jener Partei, welche den Erstgereihten entsandt hat, gewählt werden sollte.

In der Sitzung des Verfassungsausschusses des Nationalrates am 7. Juni 2005 wurde aufgrund eines Antrages der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und Josef Bucher eine neue Fassung beschlossen. Danach sollte der Landtag die Möglichkeit erhalten, zu beschließen, dass der Vorsitz von einem anderen Bundesrat derselben Partei ausgeübt werden soll.

Schließlich wurde in der Sitzung des Nationalrates vom 9. Juni 2005 der zweiten Lesung durch die Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Dr. Josef Cap, Herbert Scheibner, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen ein gesamtändernder Abänderungsantrag eingebracht, der vom Nationalrat auch beschlossen wurde. Diesem Antrag war folgende Begründung beigegeben:

„Nach dem geltenden Art. 36 Abs. 2 B‑VG fungiert als Vorsitzender des Bundesrates der an erster Stelle entsendete Vertreter des zum Vorsitz berufenen Landes.

Durch den vorgeschlagenen Art. 36 Abs. 2 soll den Landtagen die Ermächtigung eingeräumt werden, zu beschließen, dass der Vorsitz von einem anderen der auf die mandatsstärkste (bzw. stimmenstärkste oder durch Los bestimmte) Partei (Art. 35 Abs. 1 B-VG) entfallenden Vertreter des Landes geführt werden soll. Dadurch kann ein Landtag auf Umstände reagieren, die eine Vorsitzführung durch den an erster Stelle entsendeten Vertreter als untunlich erscheinen lassen. Das von einem solchen Landtagsbeschluss betroffene Mitglied des Bundesrates ist damit zwar von der Vorsitzführung ausgeschlossen, behält jedoch sein Mandat.

Die nähere Regelung der Beschlusserfordernisse soll Sache der Landesverfassungsgesetzgebung sein, dies jedoch mit der Maßgabe, dass es für die Fassung eines entsprechenden Beschlusses des Landtages jedenfalls der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Landtages bedarf, deren Mandate auf diese Partei entfallen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass eine Beschlussfassung des Landtages nicht ohne oder gegen den Willen der Abgeordneten dieser Partei erfolgen kann. In der Praxis werden daher wohl bereits die Wahlvorschläge von den Abgeordneten dieser Partei eingebracht werden.

Die Fassung eines Beschlusses nach der vorgeschlagenen Bestimmung ist voraussetzungsgemäß nur dann möglich, wenn auf die Partei, die den Vorsitzenden stellt, mehr als ein Vertreter des Landes im Bundesrat entfällt. Im Übrigen kann eine solche Beschlussfassung jederzeit innerhalb der Gesetzgebungsperiode des Landtages und auch während der Vorsitzführung des betreffenden Landes erfolgen.“

Dieser Beschluss des Nationalrates stellt zwar eine Änderung der Bundesverfassung dar, enthält jedoch keine Einschränkung der Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung oder Vollziehung.


 

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juni 2005 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2005 06 21

Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg     Herwig Hösele

       Berichterstatter           Vorsitzender