7391 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates
Bericht
des Justizausschusses
über den Beschluss des Nationalrates vom 28. September
2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das
Richterdienstgesetz geändert werden
Der vorliegende Beschluss des Nationalrates trägt dem Umstand
Rechnung, dass das
Richterdienstgesetz (RDG) in seiner Stammfassung „Richter beim
Oberlandesgericht für den Sprengel des Oberlandesgerichtes“ vorsah. Diese
Richter konnten innerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichtes, bei dem sie
ernannt waren, bei einem anderen Gericht als dem Oberlandesgericht für den Fall
vorübergehenden Bedarfes infolge Krankheit, Urlaubes, Geschäftsüberlastung oder
infolge vorübergehender Vakanz eines Richterpostens für eine Dauer von
höchstens sechs Monaten verwendet werden. Die Zahl dieser so genannten
„Sprengelrichter alter Prägung“ war nach der Gerichtsverfassungsnovelle, auf
den vierten Teil der nach dem Stellenplan für die Bezirksgerichte außerhalb des
Sitzes eines Gerichtshofes festgesetzten Richterstellen, ausschließlich der
Gerichtsvorsteherstellen, nach der Stammfassung des RDG auf 30 vH dieser
Richterstellen bezogen auf den Sprengel des Oberlandesgerichtes begrenzt.
Die betreffenden Bestimmungen des RDG wurden
vom Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis VfSlg. 8523/1979 teilweise
aufgehoben. In der Folge wurden Vertretungsregelungen eingeführt, die sich
jedoch in der Praxis als nicht ausreichend erwiesen.
Durch den mit dem
Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 506/1994 in das Bundes-Verfassungsgesetz
(B‑VG) neu eingefügten Art. 88a wurde daher der einfachen Gesetzgebung die
Möglichkeit eingeräumt, in der Gerichtsverfassung zu bestimmen, dass bei einem
übergeordneten Gericht Stellen für Sprengelrichter vorgesehen werden können.
Zeitgleich mit dieser B-VG-Novelle
beschloss der Nationalrat ein Bundesgesetz, mit dem das
Gerichtsorganisationsgesetz, das Richterdienstgesetz, das
Staatsanwaltschaftsgesetz, die Reisegebührenvorschrift 1955 und das
Gehaltsgesetz 1956 geändert werden.
Die Zahl der Sprengelrichterstellen wurde
durch Art. 88a B‑VG auf 2 vH der bei den nachgeordneten Gerichten
bestehenden Richterplanstellen beschränkt. Im RDG wurde dies dahingehend
präzisiert, dass die Zahl der Sprengelrichter eines Oberlandesgerichtssprengels
2 vH der bei den Bezirksgerichten und Gerichtshöfen erster Instanz
systemisierten Planstellen nicht übersteigen dürfe.
Derzeit sind bei den Bezirks- und
Landesgerichten im Sprengel des Oberlandesgerichtes Wien 673, in den Sprengeln
der Oberlandesgerichte Graz und Linz jeweils 267 und im Sprengel des
Oberlandesgerichtes Innsbruck 179 richterliche Planstellen ohne besondere
gesetzliche Zweckwidmung systemisiert. Derzeit sind 13 Planstellen für Richter
für den Sprengel des Oberlandesgerichtes Wien, je fünf für die Sprengel der
Oberlandesgerichte Graz und Linz und drei Planstellen für den Sprengel des
Oberlandesgerichtes Innsbruck vorgesehen.
Damit ist der (verfassungs)gesetzliche
Rahmen ausgeschöpft. Die Regelung hat sich im Grunde sehr bewährt, allerdings
reicht die vorhandene Sprengelrichterkapazität, insbesondere für den Einsatz
zur Entlastung von Richtern, in deren Gerichtsabteilungen Rückstände bestehen
oder zu entstehen drohen, zahlenmäßig nicht aus. In etlichen dieser Fälle kann
dem verfassungsrechtlichen Gebot einer Entscheidung innerhalb angemessener
Frist (Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention)
mangels einer ausreichenden Zahl von Sprengelrichtern nur durch Änderungen der
Geschäftsverteilung („Sperre“ der betreffenden Gerichtsabteilung hinsichtlich
des Aktenneuanfalls, Abnahme von Akten) entsprochen werden.
Um die Funktionstüchtigkeit des
Gerichtsbetriebes sicherzustellen und Rechtsschutz innerhalb angemessener Frist
gewährleisten zu können, soll daher durch die vorgeschlagene Änderung des
Art. 88a B‑VG der verfassungsrechtlich zulässige Anteil der
Sprengelrichter von 2 auf 3 Prozent erhöht werden. Davon abgesehen soll sich an
der geltenden Rechtslage nichts ändern: Die Bestimmung der Verwendung der
Sprengelrichter wird also weiterhin der kollegialen Justizverwaltung
vorbehalten sein, und auch die Aufgaben der Sprengelrichter und die
Voraussetzungen für ihren Einsatz bleiben dieselben.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 11. Oktober 2005 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Wien, 2005 10 11
Johanna Auer Johann Giefing
Berichterstatterin Vorsitzender