Anlage

 

Begründung

des Einspruches gegen den Beschluss des Nationalrates des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (Postgesetznovelle 2005)

Die jüngsten Postamts-Schließungswellen, bei denen es nicht in jedem Fall vollwertigen Ersatz für die Kunden gab, belegen, dass zur Sicherung guter flächendeckender Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen gesetzliche Verbesserungen dringend nötig sind. Das vorliegende Bundesgesetz lässt jedoch - entgegen den Ankündigungen und Behauptungen der Regierungsparteien – konkrete Verbesserungen vermissen:

·         Die in § 4 Abs 5 ergänzte Formulierung zur Untersagung von Postamtsschließungen per Bescheid des Verkehrsministers ist aufgrund mehrfach konjunktivischer Formulierung eine Scheinaktion und wird keine einzige Postamtsschließung verhindern. Selbst bei nachgewiesener Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben sieht das Gesetz ein Eingreifen des Ministers nur als Kann-Bestimmung vor. Dies ist völlig unzureichend.

·         Bereits bisher ist die Post AG nach der Post-Universaldienstverordnung als Universaldienst-Betreiberin zu Vorschlägen für Sicherung und Weiterentwicklung dieses „Post-Grundangebots“ verpflichtet. Die wortidente Übernahme dieser Formulierung ins Postgesetz bringt keine reale Verbesserung für Kundinnen und Kunden.

·         Auch die unzureichenden Möglichkeiten der Länder und Gemeinden, Verschlechterungen der Post-Infrastruktur zu verhindern, werden nicht substanziell verbessert.

Eine weitere wesentliche Schwachstelle des vorliegenden Bundesgesetzes ist, dass die Verpflichtung der Hauseigentümer zur Kostentragung für den Ersatz der bisherigen Post-Hausbrieffachanlagen durch „wettbewerbsneutrale“ Modelle nicht bereinigt wird. Dies ist zu überdenken, ebenso die nicht nachvollziehbare Strafdrohung von 30.000 € im Lichte des jüngsten Beschlusses im Verkehrsausschuss des Europaparlaments gegen unverhältnismäßige Strafen in diesem Bereich. Die Regierung weigert sich, die Kosten der neuen Hausbrieffachanlagen den davon ausschließlich profitierenden privaten Postdienste-Anbietern anzulasten.

Zudem ist der Schutz von Empfängern im neuen Postgesetzentwurf noch immer sehr mangelhaft. Eine konkrete Festlegung von verpflichtenden Kriterien für alle Anbieter von Postdiensten, wie etwa eine genaue Vorgabe für die Dichte der Aufgabe- und Abholpunkte, Zustellfrequenzen, definierte Versorgungsgebiete, Garantien für Vertraulichkeit, etc., ist nicht erfolgt. Die Regeln bieten daher nur unzureichende Rechte für Empfänger von Postsendungen. Rechtsunsicherheit und ein großer Interpretationsspielraum sind die Folge.

Ebenfalls sind auch im Rahmen des Universaldienstes keine konkreten und nachvollziehbaren Vorgaben (zB genaue Dichte und Verteilung von Postämtern) gemacht worden. Dadurch ist eine zusätzliche Ausdünnung des Postämternetzes zu befürchten.

Durch eine stärkere Öffnung der Direktwerbung, die laut Entwurf unter bestimmten Voraussetzungen nicht in den reservierten Dienst fallen,  geht die Novelle über die erforderlichen EU-Bestimmungen hinaus. Damit wird die Finanzierungsbasis des Universaldienstes enger, und eine weitere Einschränkung der Grundversorgung wäre die Folge.

Eine solche Öffnung, die über EU-Vorgaben hinaus reicht, wird daher abgelehnt.

Insgesamt ist die Postgesetznovelle vor allem der Vorbereitung der von der Regierung beabsichtigten Privatisierung der Post über die Börse gewidmet. Diese soll aus nicht nachvollziehbaren Gründen im nächsten Halbjahr, also vor dem Feststehen der endgültigen Details der Postmarkt-Liberalisierung auf EU-Ebene, durchgezogen werden. Durch die Privatisierung wären weitere Angebotsrücknahmen – Experten sprechen von der Schließung von 400 zusätzlichen Postämtern - und Verteuerungen für die Kundinnen und Kunden zu befürchten. Es würden auch bedeutende laufende Einnahmen des Bundes entfallen – die Post hat zuletzt dem Eigentümer jährlich zwischen 30 und 40 Millionen € an Dividenden (zuzüglich einer Sonderdividende von 334,3 Millionen € im Jahr 2001) überwiesen, die für wichtige gesellschafts- und wirtschaftspolitische Ziele – etwa eine Bildungs-, Forschungs- und Technologieoffensive – weiterhin dringend benötigt würden.

Den Regierungsparteien soll die Gelegenheit gegeben werden, diesen insgesamt falschen Kurs in der Postpolitik und die konkreten zum Nachteil der Postkunden und –kundinnen und der Bürger und Bürgerinnen getroffenen Festlegungen nochmals zu überdenken und entsprechende Verbesserungen vorzunehmen. Aus den erwähnten Gründen wird daher der Antrag gestellt, gegen den genannten Gesetzesbeschluss des Nationalrats Einspruch zu erheben.