7628 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Finanzausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 21. Juni 2006 betreffend das Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

Das zwischen Österreich und der Schweiz am 30. Jänner 1974 unterzeichnete Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (BGBl. Nr. 64/1975 idF BGBl. III Nr. 204/2001) hat sich in mehrfacher Hinsicht als revisionsbedürftig erwiesen.

Einerseits haben sich infolge des Inkrafttretens des bilateralen Abkommens zwischen der Schweiz und der EU über den freien Personenverkehr (Freizügigkeitsabkommen) die Rahmenbedingungen für die Einstufung österreichischer Arbeitnehmer als Grenzgänger geändert. Dies hätte – ohne DBA-Revision - zu einer beträchtlichen Verschiebung des Steueraufkommens bei den in Österreich ansässigen aber in der Schweiz berufstätigen Personen von Österreich in die Schweiz führen können. Das Problem wurde dadurch gelöst, dass die schweizerischen Lohneinkünfte der in Österreich ansässigen Arbeitnehmer generell in das Anrechnungssystem einbezogen wurden und gleichzeitig anstelle der bisherigen Begrenzung der schweizerischen Besteuerungsansprüche an den österreichischen Grenzgängereinkünften eine jährliche Teilvergütung der in der Schweiz erhobenen Steuern an die Republik Österreich vorgesehen wurde.

Andererseits haben sich bei den in der Schweiz tätigen österreichischen Arbeitnehmern große Probleme bei der Einbringung der die schweizerischen Einkünfte belastenden österreichischen Steuern ergeben. Hier wird künftig die Möglichkeit einer schweizerischen Vollstreckungshilfe geschaffen.

Weiters war eine Ausweitung der gegenseitigen Amtshilfeleistungen herbeizuführen; eine Verpflichtung hierzu ergab sich einerseits aus den Arbeiten in der OECD zur Beseitigung unfairer Besteuerungspraktiken und andererseits aus dem Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Regelungen, die den in der Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind (EU-Zinsenrichtlinienabkommen). Das Revisionsprotokoll sieht unter Berücksichtigung dieses Änderungsbedarfes erstmals eine Amtshilfemöglichkeit bei Holdinggesellschaften und generell bei Betrugsdelikten vor.

Und schließlich sind die Revisionsverhandlungen zum Anlass genommen worden, eine OECD-konforme Quellenentlastung bei Lizenzgebühren herbeizuführen, eine Absicherung der österreichischen Wegzugsbesteuerung zu gewährleisten und eine OECD-konforme Abkommensanpassung bei der Künstler- und Sportlerbesteuerung zu vereinbaren.

Die im Februar 2004 in Bern aufgenommenen Revisionsverhandlungen sind am 28. April 2005 mit der Paraphierung des vorliegenden Änderungsprotokolls abgeschlossen worden.

Mit dem Inkrafttreten des Protokolls könnten durch die Neuordnung der Grenzgängerbesteuerung Mindereingänge bei der Einkommensteuer in der Größenordnung von jährlich etwa 9 Mio. € anfallen, dies allerdings gemessen an den derzeitigen Gegebenheiten. Damit wird aber ein potentieller Steuerverlust von bis zu 80 Mio. € vermieden, der eintreten würde, wenn allmählich sämtliche Grenzgänger die durch das schweizerische Freizügigkeitsübereinkommen mit der EU eröffneten Möglichkeiten nutzen, um – ohne Aufgabe ihres Lebensmittelpunktes in Österreich - den Status eines Grenzgängers abzulegen und solcherart der österreichischen Steuer zu entfliehen.

Das Protokoll ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend und bedurfte daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es enthält keine verfassungsändernden bzw verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch das Protokoll Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereich der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates am 4. und 25. Juli 2006 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Dr. Ruperta Lichtenecker, Jürgen Weiss, Ing. Reinhold Einwallner, Helmut Wiesenegg und Dr. Franz Eduard Kühnel.

Ein Beschluss über den Antrag des Bundesrates Dr. Franz Eduard Kühnel, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, ist infolge Stimmengleichheit nicht zu Stande gekommen.

Weiters ist ein Beschluss über den Antrag des Bundesrates Dr. Franz Eduard Kühnel, dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B‑VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen, infolge Stimmengleichheit nicht zu Stande gekommen.

Zum Berichterstatter für das Haus wurde Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel gewählt.

Wien, 2006 07 25

                         Dr. Franz Eduard Kühnel                                                          Johann Kraml

                                   Berichterstatter                                                                       Vorsitzender