7629 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Finanzausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 13. Juli 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das E-Geldgesetz, das Sparkassengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Börsegesetz 1989, das Pensionskassengesetz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden

Der vorliegende Gesetzesbeschluss des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, dass die so genannte „Basel II-Richtlinie“, bestehend aus der Neufassung der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute („EU-Bankrechtsrichtlinie“) und der Neufassung der Richtlinie 93/6/EWG des Rates vom 15. März 1993 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten („Kapitaladäquanzrichtlinie“) umzusetzen war.

Gegenüber den bisherigen Eigenmittelnormen für Banken ("Basel I") besteht "Basel II" aus drei Säulen (I bis III). Säule I enthält klassische Ordnungsnormen, stellt aber risikospezifischere Kapitalanforderungen an die Institute. Zur Erfassung der Risiken können die Banken entweder den Standardansatz anwenden oder - mit Bewilligung der Finanzmarktaufsicht - interne Verfahren. Damit wird der unterschiedlichen Größen-, Geschäfts- und Risikostruktur der Kreditwirtschaft Rechnung getragen sowie zugleich die Messmethoden differenziert und verfeinert.

Neu ist die Berücksichtigung operationeller Risken. Darunter versteht man die Gefahr von Verlusten infolge des Versagens  interner Verfahren, von Menschen und Systemen oder durch externe Ereignisse. Auch solche Risiken müssen künftig mit Eigenkapital unterlegt werden. Dabei können die Banken zwischen dem Basisindikatorsatz, der eine einheitliche Bemessung des Risikos für das Kreditinstitut vorsieht, dem Standardansatz, der eine Abstufung nach den Geschäftsfeldern vornimmt und dem "Fortgeschrittenen Messansatz" wählen oder - unter bestimmten Bedingungen - sich auch für eine Kombination dieser Ansätze entscheiden.

Säule II verstärkt und konkretisiert die im Bankwesengesetz schon bisher bestehenden umfassenden risikospezifischen Sorgfalts- und Organisationsverpflichtungen der Institute. Unter dem Titel ICAAP (Internal Capital Adequacy Assessment Process) werden den Banken eigenverantwortliche Strategien und Verfahren zur Risikoerfassung und Eigenmittelbemessung vorgeschrieben. Die Verantwortung für ein wirksames Risikomanagement tragen wie schon bisher die Geschäftsleiter. Eine Neuerung stellt die demonstrative Aufzählung der zentralen bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken dar, die durch das Risikomanagement eines Kreditinstitutes zu erfassen und zu begrenzen sind. Mit ICAAP soll das Kreditinstitut angesichts bestehender und zukünftiger Risiken jederzeit Höhe, Art und Verteilung des internen Kapitals ermitteln können. Als Kriterien für die Ausgestaltung des ICAAP werden Größe des Kreditinstitutes sowie Umfang und Komplexität der Geschäfte genannt.

Für die Finanzmarktaufsicht bedeutet der SREP (Supervisory Review and Evaluation Process) erhöhte qualitative Anforderungen. Die Aufsichtspolitik der FMA wird stärker system- und verfahrensorientiert und soll dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.

Die Säule III erweitert die Transparenzverpflichtungen auf dem Finanzmarkt. Die neuen Publikationspflichten umfassen die Organisations- und Geschäftsstruktur der Kreditinstitute und die wesentlichen Elemente ihres Risikomanagements. Transparenz wird aber auch von den Aufsichtsbehörden verlangt, die FMA wird daher – wie schon bisher – alle Gesetze und Verordnungen, Leitlinien und Strategien für ihre Aufsichtstätigkeit veröffentlichen.

Da die umzusetzenden EU-Richtlinien sehr umfangreich sind, werden die materiellen Ordnungsnormen und Bewilligungsverfahren der Säule I sowie die Vorschriften der Säulen II und III im Bankwesengesetz umfassend, jedoch ohne technische Details geregelt. Detailbestimmungen wie finanzmathematische Formeln werden Verordnungen der FMA enthalten.

Die Auswirkungen der neuen Eigenmittelnormen auf den Wirtschaftsstandort Österreich werden positiv eingeschätzt. Das interne Rating-Verfahren für die Eigenmittelbemessung bietet genauere Berechnungsmethoden, verbessert die Risikoerfassung und senkt das Eigenmittelerfordernis. Der Kreditrisiko-Standardansatz ist auch für kleine Kreditinstitute geeignet. In Verbindung mit dem künftig verbesserten Risikomanagement sind auch hier Erleichterungen bei den Eigenmittelanforderungen vorgesehen.

Auf die überwiegend klein- und mittelständische Struktur der österreichischen Wirtschaft kann angemessen Rücksicht genommen werden, da schon in den Verhandlungen zur EU-Richtlinie weitgehende Begünstigungen für KMU- und Retail-Finanzierungen erreicht werden konnten, die in den vorliegenden Gesetzesbeschluss übernommen wurden. Auf die Wettbewerbsposition des Wirtschaftsstandortes Österreich wurde bei der Umsetzung der von der Richtlinie eingeräumten nationalen Wahlrechte generell besonders geachtet. Ein erhöhter Verwaltungsaufwand wird durch die Implementierung und laufende Anwendung erweiterter und verfeinerter Risikoerfassungs- und Überwachungsverfahren bei den Kreditinstituten eintreten, dem stehen jedoch tendenzielle Eigenmittelerleichterungen gegenüber. Gesamtwirtschaftlich ist von einer stabilitätsfördernden Wirkung durch ein verbessertes Risikoerfassungsinstrumentarium auszugehen. Weiters profitieren Kreditnehmer auch ohne externes Rating durch die verstärkte Einbindung in die Bonitätsbeurteilung der Institute durch verbesserte Informationen über ihre Finanzsituation und die damit einhergehende Professionalisierung.

Auf die Wettbewerbsposition des Wirtschaftsstandortes Österreich wurde bei den eingeräumten nationalen Wahlrechten besonders geachtet. Etwa bei internen Forderungen zwischen Instituten in dezentralen Strukturen, die nicht durch Beteiligungen, sondern durch Vertrag oder Statut verbunden sind. Unter bestimmten Voraussetzungen wird es möglich sein, Forderungen zwischen Kreditinstituten, die Mitglieder desselben institutionellen Sicherungssystems sind, und Forderungen dieser Mitglieder gegenüber dem Zentralinstitut mit einem Forderungsgewicht von null % zu versehen. Zu diesen Voraussetzungen zählen eine der Beteiligungs-Gruppenstruktur gleichwertige wirtschaftliche Absicherung, der Ausschluss der Mehrfachverwendung von Eigenmitteln und eine zentrale Steuerung, insbesondere eine gesamthafte Risikoüberwachung. Von dieser Begünstigung sind, ebenso wie bei Kreditinstitutsgruppen, nur inländische Institute erfasst.

Zudem wird die Möglichkeit geschaffen, Ordnungsnormen auf der Grundlage von Abschlüssen zu berechnen, die nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) erstellt wurden. Dieses Wahlrecht soll auf Konzernebene für Wirtschaftsjahre in Anspruch genommen werden können, die nach dem 31. Dezember 2007 beginnen. Die Ausübung dieses Wahlrechtes wirkt zwingend auf die Berechnung der Ordnungsnormen auf Gruppenebene für alle in den Konzernabschluss einbezogenen Institute. Einen nahtlosen Übergang von den IFRS-Ansätzen auf jene Standards, die von der Bankrechtsrichtlinie vorgegeben sind, ermöglichen spezielle Überleitungen, die "Prudential Filters".

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates am 25. Juli 2006 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Günther Molzbichler.

An der Debatte beteiligten sich die Bundesräte Dr. Ruperta Lichtenecker, Edgar Mayer, Sonja Zwazl, Hans Ager und Wolfgang Schimböck.

Zum Berichterstatter für das Haus wurde Bundesrat Günther Molzbichler                                                                                                                 gewählt.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 25. Juli 2006 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2006 07 25

                            Günther Molzbichler                                                              Johann Kraml

                                   Berichterstatter                                                                       Vorsitzender